Trainieren, worauf es ankommt Sie wollen Spaß beim Lernen und keine Wissenslücke riskieren? Dann ist dieses Fragen-Antwort-Buch genau das Richtige, um Ihre Kenntnisse in der Notfallmedizin spielerisch zu vertiefen. Simulieren Sie die Prüfungssituation und schätzen Sie Ihren Leistungsstand ein. 1111 relevante Fragen des gesamten Fachgebietes werden in knapper Form gestellt und präzise beantwortet. Kein überflüssiger Ballast – sondern das Wichtigste für die Prüfung. Der Inhalt orientiert sich am Kursbuch der Bundesärztekammer für die Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ und an den aktuellen ERC-Leitlinien. 2019. 4., unveränderte Aufl. 304 S., 60 Abb., kart. ISBN 978 3 13 242943 7 49,99 € [D] www.thieme.de/shop . . ff ff u u a a H H . . A A . . r r D D : : G G h h p p n n e e t t s s o o k k d d n n a a s s r r e e V V n n e e d d n n e e l l l l i i a a f f n n a a e e d d n n e e d d r r e e w w ] ] D D l l [ [ b b a a h h r r e e ß ß u u a a n n e e g g n n u u r r e e f f e e i i L L i i , , 9 9 9 9 4 4 3 3 A A R R H H , , t t r r a a g g t t t t u u t t S S r r e e t t s s i i g g e e r r s s l l e e d d n n a a H H d d n n u u - - z z t t i i S S , , e e B B . . n n e e t t l l a a h h e e b b r r o o v v r r e e m m ü ü t t r r r r I I d d n n u u n n e e g g n n u u r r e e d d n n ä ä s s i i e e r r P P G G K K g g a a l l r r e e V V e e m m e e h h T T g g r r o o e e G G i i . . t t e e n n h h c c e e r r e e b b r r e e t t i i e e w w Spielerisch lernen

In eigener Sache Dr. Hella Schmidt Projektmanagement Sie wundern sich, weil Sie diesen Text schon im letzten Heft gelesen haben? Stimmt! Wir haben seit der ersten Ausgabe viele neue Leser dazu gewonnen und möchten auch unseren neuen Lesern einmal kurz vorstellen, was sie von der Notaufnahme up2date erwarten können. Wenn Sie den Text also schon kennen: Einfach umblättern – und schon geht es los mit der Fortbildung mit dem roten Faden. Ihre neue Notaufnahme up2date Liebe Leserin, lieber Leser, Sie halten heute das neue Heft der neuen Notaufnahme up2date in Händen. Eine neue Fortbildungszeitschrift – „braucht es das denn?“, werden Sie sich vielleicht fra- gen. – Ja! Denn die Notaufnahme up2date ist nicht einfach eine weitere Zeitschrift, sondern die erste, die ganz speziell auf Ihre Bedürfnisse als Handelnder und Ent- scheider in einer Notaufnahme zugeschnitten ist und die Sie darüber hinaus auf die neue Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ vorbereitet. Viele Gespräche mit Ihnen und Ihren Kollegen haben uns davon überzeugt, dass Sie sich in der Notaufnahme genau das wünschen, wofür unser seit vielen Jahren er- folgreiches up2date-Konzept steht: Fortbildung pur, ohne Ballast, praxisrelevant und mit System. Daher haben wir uns entschieden, die vielen Rückmeldungen um- zusetzen und unsere bisher 16-köpfige up2date-Familie um ein neues Familienmit- glied zu erweitern: die Notaufnahme up2date. Das up2date-Konzept für Ihren ärztlichen Alltag Die Notaufnahme up2date erscheint 4-mal im Jahr. Nicht zu häufig (denn wir ken- nen ja den ausgefüllten Alltag in der Notaufnahme) und doch so, dass Sie sich regel- mäßig fortbilden können. Jede Ausgabe enthält 4 CME-Artikel, die Sie systematisch und übersichtlich auf den letzten Stand in einem relevanten Gebiet bringen. Hierfür haben wir ein Curriculum entwickelt, welches innerhalb von 5 Jahren den komplet- ten Inhalt der neuen Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ abdeckt. Wir publizieren immer dann eine Aktualisierung zu einem Thema, wenn sich zu einem Beitrag interessante Neuerungen ergeben haben. So sind Sie stets auf dem neuesten Stand und können Ihr persönliches Handbuch im Sammelordner (s. u.) stets aktuell halten. Praxisorientiert – für das gesamte interdisziplinäre Notaufnahme-Team Wir durchziehen die Beiträge mit konkreten Fällen, damit Sie das Gelesene direkt auf Ihre Patienten übertragen können. Auch die zusätzlichen Rubriken in der Not- aufnahme up2date bieten Ihnen Inhalte, die Sie in Ihrem Arbeitsalltag direkt anwen- den können: Schritt für Schritt werden Methoden und Techniken in Bilderfolgen er- klärt, SOPs veranschaulichen wichtige Arbeitsabläufe, Leitlinie kompakt: Fokus Not- aufnahme fasst für Sie das wichtigste für die Arbeit in der Notaufnahme aus aktuel- len Leitlinien zusammen und Studienreferate geben einen kompakten Überblick über die aktuelle internationale Literatur. Die elektronischen Angebote Die Kombination von gedruckter und elektronischer Ausgabe ist seit Jahren der Goldstandard für Fachzeitschriften. Deshalb bieten wir Ihnen auch eine digitale Ver- sion des Hefts. Unter eref.thieme.de/notaufnahme-u2d finden Sie als Abonnent die aktuelle sowie in Zukunft auch alle bisher erschienenen Ausgaben. Stöbern Sie in diesem wachsenden Archiv aus Artikeln und Bildern und nutzen Sie unsere intelli- gente Suche. Und wenn Sie CME-Punkte sammeln möchten, kommen Sie darüber ganz bequem zum CME-Portal: die richtigen Antworten zu den CME-Fragen ankreu- zen, abschicken und die Bestätigung downloaden oder automatisch an Ihre Ärzte- kammer übermitteln lassen. So einfach füllt sich Ihr Punktekonto mit bis zu 48 Punk- ten pro Jahr. 2 Notaufnahme up2date 2020; 2: 2–3

Herausgeberboard Herausgeberboard Michael Bernhard (Schriftleiter) Jg. 1976, PD Dr. med., MHBA, Facharzt für Anästhesiolo- gie, Zusatzbezeichnung Notfallmedizin und Intensivmedi- zin. Habilitation 2014. Von 2011 bis 2018 Leitender Ober- arzt der Zentralen Notaufnahme, Universitätsklinikum Leipzig. Seit 2018 Ärztlicher Leiter der Zentralen Notauf- nahme, Universitätsklinikum Düsseldorf. Schriftführer des Wissenschaftlichen Arbeitskreises (WAK) Notfallmedizin und WAK Zen- trale Notaufnahme der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Atemwegsmanage- ment und konservatives Schockraummanagement in der Zentralen Not- aufnahme. Frank Eifinger Jg. 1971, PD Dr. med., Kinder- und Jugendarzt, pädiatri- scher Intensivmediziner und Neonatologe. Chefarzt der Kinderklinik Köln-Porz am Rhein. Aktiv im Notarztdienst der Stadt Köln. Wissenschaftlicher Schwerpunkt im Be- reich der pädiatrischen Notfallversorgung. Ingo Gräff Jg. 1967, PD Dr. med., 1991–1998 Studium der Human- medizin Rheinische Friedrich Wilhelms-Universität Bonn, 1999-2004 Facharztausbildung Anästhesie Universitätskli- nikum Bonn (UKB), 2005 Europäisches Anästhesiediplom (DESA). 2007–2008 Oberarzt chirurgisch/anästhesiologi- sche Intensivstation UKB. Seit 2008 Ärztlicher Leiter Inter- disziplinäre Notfallzentren und Kurzliegerstationen am Universitätsklini- kum Bonn. Wissenschaftliche Schwerpunkte sind die Prozessoptimie- rung und Ersteinschätzung in der Zentralen Notaufnahme. Thomas Henke Jg. 1967, Dr. med., MHBA, Chirurg und Unfallchirurg. Seit 2014 Ärztlicher Leiter des Zentrums für Notfallmedizin am Ev. Krankenhaus in Oldenburg. Tätigkeiten am Bundes- wehrkrankenhaus Ulm bis 2006. Einsatzchirurg der Bun- deswehr und Militärbeobachter der Vereinten Nationen. Seit 2007 Unfallchirurg am Ev. Krankenhaus Oldenburg bis 2016 Leitender Oberarzt. Netzwerksprecher des Regionalen Trauma- netzwerkes von 2014-2016. Bernhard Kumle Jg. 1969, Prof. Dr. med., Medizinstudium in Freiburg, Fach- arzt für Anästhesiologie, Zusatzbezeichnung Intensivme- dizin und Notfallmedizin. Seit Jahren in der bodengebun- denen und luftgestützten Notfallrettung tätig. Langjähri- ger Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensiv- medizin am Schwarzwald-Baar Klinikum in Villingen- Schwenningen. Seit 2013 Direktor der Zentralen Notaufnahme mit Auf- nahmestation am Großklinikum Villingen-Schwenningen. Honorarpro- fessor der Hochschule Furtwangen University. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Prozesse, Organisation und Professionalisierung von Not- aufnahmen und Schockraummanagement. Christian Künstler Jg. 1983, Fachpfleger für Notfallpflege (DKG), Manager für Klinische Notfall- und Akutmedizin sowie klinischer Risikomanager. Als Pflegepädagoge im Bereich der Fort- und Weiterbildung für Notfallpflege bundesweit unter- wegs. Seit 2006 Zentrale Interdisziplinären Notaufnahme im Florence-Nightingale-Krankenhaus Düsseldorf und pflegerischer Abteilungsleiter. Seit 2014 Leitung von interdisziplinären, interprofessionellen notfallmedizinischen Simulationstrainings. Dominik Michalski Jg. 1979, Prof. Dr. med., Facharzt für Neurologie, Zusatzbe- zeichnung Neurologische Intensivmedizin. Habilitation 2013 in Experimenteller Neurologie bzw. 2014 in Neurolo- gie. Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Universitätsklinikums Leipzig, Schwerpunkte: Schlaganfall- behandlung (Stroke Unit) und Neurologische Intensivme- dizin. Weiterbildungsbefugnis Zusatzweiterbildung Neurologische Inten- sivmedizin. Benjamin Ondruschka für Rechtsmedizin. Jg. 1984, PD Dr. med., Facharzt Habilitation 2018. Oberarzt am Institut für Rechtsmedi- zin der Universität Leipzig. Wissenschaftliche Schwer- punkte: Determination von Überlebenszeiten nach leta- len Schädel-Hirn-Traumen und der rechtsmedizinischen Bewertung von Reanimationsmaßnahmen und -verlet- zungen. Martin Pin Jg. 1964, Facharzt für Innere Medizin. Seit 2011 Chefarzt der Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme und Akut- station des Florence Nightingale Krankenhaus der Kaisers- werther Diakonie in Düsseldorf. Langjährige Tätigkeit im bodengebundenen und luftgestützten Rettungsdienst, Leitender Notarzt. Schwerpunkte: Etablierung von Team Ressource Management Trainings für den Schockraum, Patientensicher- heit und Risikomanagement. Präsident der Deutschen Gesellschaft für interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA). Sylvia Schacher Jg. 1965, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin und Innere Medizin, Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. Seit 2018 Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme des Ev. Krankenhaus Köln-Kalk (akad. Lehrkrankenhaus Univer- sität Köln). 2015–2018 Oberärztin im Interdisziplinären Notfallzentrum der Universitätsklinikum Bonn. Viele Jahre Notärztin im Rhein-Sieg-Kreis. Besonderes Interesse: Kommunikation in der Medizin und Aus-/Fortbildung. Rubrikherausgeber SOP / Arbeitsablauf Roland Bingisser Jg. 1961, Prof. Dr. med., Medizinstudium an der Universi- tät Zürich, Facharzt für Innere Medizin, speziell Notfallme- dizin. Seit 2004 Chefarzt am Universitätsspital Basel, Leiter des Notfallzentrums. Herausgeber der Notfall-Standards „medStandards.org“. Rubrikherausgeber Leitlinie kompakt: Fokus Notaufnahme Martin Fandler Jg. 1986, Dr. med. univ., Oberarzt Interdisziplinäre Notauf- nahme Klinikum Bamberg. Facharzt Innere Medizin; Zu- satzbezeichnung Notfallmedizin. Auslandsaufenthalte in Notfallzentren in den USA und Südafrika. Arbeitsschwer- punkte: Interdisziplinäre Notaufnahme und Notarztdienst. Gründer „Nerdfallmedizin“. Wissenschaftlicher Beirat Jörg Christian Brokmann (Aachen), Christian Dohmen (Bonn), Oliver Heinzel (Tübingen), Domagoj Schunk (Kiel), Patric Tralls (Solingen), Sebastian Wolfrum (Lübeck) 4 Notaufnahme up2date 2020; 2: 4

Leitlinie kompakt: Fokus Notaufnahme Obere gastrointestinale Blutung Martin Fandler, Alexander Kleophas Die gastrointestinale Blutung ist ein häufiges und teils dramatisches Krankheits- bild in den Notaufnahmen. Alle wichtigen Informationen zum Krankheitsbild sind in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) beschrieben. In dieser Rubrik finden Sie eine kompakte Zusammenfassung der für Notaufnahmen relevanten Aspekte aus der aktuellen Leitlinie. Originaltitel: S2k-Leitlinie Gastrointestinale Blutung Veröffentlicht: Z Gastroenterol 2017; 55: 883 – 936 (doi: 10.1055/s-0043-116856) Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Gastroen- terologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) Relevante Inhalte für die Notaufnahme: Risikoein- schätzung, Diagnostik und Therapie der Gastrointesti- nalen (GI-)Blutung Aufgaben der Notfallmedizin in der Versorgung der GI-Blutung (▶ Abb. 1): 1. Risikoeinschätzung (kritisch/nicht kritisch) 2. Einteilung nicht-variköse/potentiell variköse Blutung Einteilung varikös/nicht-varikös ▪ V. a. variköse (obere) GI-Blutung: Immer stationäre Überwachung ▪ V. a. nicht-variköse obere GI-Blutung: Stationär/ Ambulant nach modifizierter Glasgow-Blatchford- Score (0/1 Punkte: Niedrigrisiko, ambulant mög- lich), siehe ▶ Tab. 1. ▶ Tab. 1 Modifizierter Glasgow-Blatchford-Score (mGBS) zur Risikoabschätzung bei vermuteter nicht-variköser oberer GI-Blutung nach DGVS (angepasst sowie Umrechnung BUN-Harnstoff) Kriterium Ausprägung Punktzahl 1 1 2 3 2 3 4 6 1 3 6 3. Risikoadaptierte Therapie 4. Planung Endoskopie in Rücksprache mit Gastro- Herzfrequenz ≥ 100 /min systolischer RR 100 – 109 mmHg 90 – 99 mmHg < 90 mmHg Harnstoff (mg/dl) ≥ 38,9 und < 47,9 ≥ 47,9 und < 59,9 ≥ 59,9 und < 149,8 ≥ 149,8 Hämoglobin (g/dl) nur ♂ ≥ 12 und < 13 ≥ 10 und < 12 < 10 enterologie Ersteinschätzung Risikoeinschätzung bei V. a. GI-Blutung: ▪ (Fremd-)Anamnese (siehe ▶ Tab. 2) – Blutungszeichen (z. B. Kaffeesatz-Erbrechen, Hämatemesis, Teerstuhl, Hämatochezie, Abgang von Koageln) und Dauer – Begleitsymptomatik (z. B. Synkope, Vigilanz- minderung) – Medikation (Thrombozytenaggregationshemmer [TAH], Antikoagulation [AK], nichtsteroidale Antirheumatikum [NSAR]) – Vorerkrankungen (z. B. Leberzirrhose, Ulkus- leiden, GI-Malignome, GI-Eingriffe/Endoskopien) – Erhebung des (mutmaßlichen) Patientenwillens (Endoskopie erwünscht?) ▪ Untersuchung – inkl. digital-rektal mit Test auf okkultes Blut ▪ Vitalparameter ▪ (Point-of-Care-)Bestimmung Hb und Laktat (im Ver- lauf Labor: Blutbild, Gerinnungsparameter, ggf. Nie- renfunktions-, Leberwerte) 6 Fandler Martin et al. Obere Gastrointestinale Blutung … Notaufnahme up2date 2020; 2: 6–8

Leitlinie kompakt: Fokus Notaufnahme ▶ Tab. 2 Vorschlag Fragebogen (Fremd-)Anamnese. Kriterium Befund Blutungsmanifestation ▪ Kaffeesatzerbrechen ▪ Hämatemesis ▪ Teerstuhl ▪ Hämatochezie ▪ Abgang von Blutkoageln Dauer Begleitsymptome ▪ orthostatische Dysregulation ▪ Synkope ▪ Vigilanzminderung ▪ Aspiration ▪ Agitation Medikation ▪ Thrombozytenaggregationshemmung ▪ einfach (Acetylsalicylsäure, Clopidogrel) ▪ dual (Clopidogrel, Ticagrelor, Prasugrel) ▪ Antikoagulation ▪ Vitamin-K-Antagonist (Phenprocoumon, Warfarin), letzter INR (nummerischer Wert, Zeitpunkt) ▪ NOAK (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban, Dabigatran) ▪ Heparine (unfraktioniert, niedermolekular) ▪ triple-Therapie (Kombination duale Throm- bozytenaggregationshemmung und Anti- koagulation) ▪ NSAR (Ibuprofen, Diclofenac, Etoricoxib) Begleit-, Vorerkrankungen ▪ Leberzirrhose ▪ splanchnische Thrombose ▪ Ulkusleiden ▪ stattgehabte varizöse oder nicht-varizöse GI-Blutung ▪ Malignome GI-Trakt ▪ hämatologische Neoplasie ▪ kürzlich stattgehabte PT(C)A ▪ kürzlich stattgehabte Polypektomie Schließt (mutmaßlicher) Patientenwille Endoskopie aus? Endoskopie Hämorrhagischer Schock: Endoskopie unmittelbar nach Kreislaufstabilisierung Nicht-variköse obere GI-Blutung, Hochrisikoprofil: Zeitnahe Endoskopie innerhalb 24 h ▪ Identifikation von Hochrisiko-Patienten: – Glasgow-Blatchfort-Score ≥ 12 Punkte (siehe ▶ Tab. 1) – alternativ AIMS65-Score (eines der Folgenden positiv: Albumin < 3 g/dl, INR > 1,5, Vigilanz- minderung, systolischer Blutdruck < 90 mmHg, Alter > 65 Jahre) – Hochrisiko-Anamnese (GI-Tumor, TAH oder AK, hohes Alter, schwere Begleiterkrankungen) – Laktat > 5 mmol/l (45 mg/dl) Nicht-variköse obere GI-Blutung, stabil: Endoskopie innerhalb 72 h V. a. variköse obere GI-Blutung: Zeitnahe Endoskopie innerhalb 12 h Bei hämodynamischer Instabilität unabhängig von vermuteter Blutungsquelle: Frühestmögliche Endosko- pie Korrespondenzadresse Dr. med. univ. Martin Fandler Interdisziplinäre Notaufnahme und Aufnahmestation Sozialstiftung Bamberg Buger Str. 80 96049 Bamberg E-Mail: martin.fandler@me.com Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenskonflikt besteht. Bibliografie DOI https://doi.org/10.1055/a-1042-3710 Notaufnahme up2date 2020; 2: 6–8 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 2628-7595 8 Fandler Martin et al. Obere Gastrointestinale Blutung … Notaufnahme up2date 2020; 2: 6–8

SOP / Arbeitsablauf sofortige Patientenbeurteilung/Monitorisierung wenn möglich/zutreffend: Antigenzufuhr stoppen pulsloser Patient ▪ sofort Beginn CPR nach ERC-Guidelines [1]; da wahrscheinlich nicht defibrillierbarer Rhythmus → 1 mg Adrenalin vorbereiten, wenn bestätigt: rasche i.v. Gabe Puls vorhanden ▪sofort Adrenalin 0,5 mg i.m. ▪ ≥ 1 großlumiger Zugang; falls 2. Versuch ▪ balancierte Infusionslösung 1–2 l rasch i.v. ▪ O2, Ziel-SpO2 ≥ 94 % frustran → i.o. Zugang Stridor/Dyspnoe/Zyanose: ▪ Oberkörper erhöht lagern ▪ Salbutamolinhalation/Adrenalininhalation ▪ Intubationsbereitschaft (erfahrenster verfügbarer Arzt) ▪ Koniotomieset (z.B. Surgicric®/Quicktrach®) ans Bett kein Hinweis auf A-/B-Problem: ▪Beine erhöht lagern Adrenalin 0,5 mg i.m. bei Bedarf alle 5–15 min wiederholen wenn therapierefraktär: ▪ Ausschluss von DD (insbes. kardiales Ereignis, C1-INH-Mangel-Angioödem, tracheobronchialer Fremdkörper) ▪ Adrenalinperfusor 0,1 μg/kg/min, Dosisanpassung nach Klinik ▪ bei Patienten unter Betablockerdauertherapie: Glucagon 1–5 mg i.v. über 5 min, ggf. im Anschluss 5–15 μg/min ▪ Vasopressoren (z.B. Noradrenalin: Start mit 8–12 μg/min) bei Nichtansprechen ECMO erwägen [2] Erwägen (möglicher zusätzlicher Nutzen): ▪ H1-Blocker (v.a. zur Verminderung von Pruritus/Urtikaria) ▪ H2-Blocker (v.a. zur Verminderung von Pruritus/Urtikaria) ▪ Glukokortikoide (v.a. bei bekanntem Asthma und schwerem Bronchospasmus) Überwachung bis sicher symptomfrei Sekundärprophylaxe (!): Aufklärung/Adrenalinautoinjektor rezeptieren/allergologische Abklärung bahnen ▶ Abb. 1 Algorithmus Anaphylaxie. A-Problem: Airway-(Atemwegs-)Problem B-Problem: Breathing-(Beatmungs-)Problem C1-INH: C1-(Komplement-)Esterase-Inhibitor CPR: kardiopulmonale Reanimation DD: Differenzialdiagnosen ECMO: extrakorporale Membranoxygenierung ERC: European Resuscitation Council i. m.: intramuskulär i. o.: intraossär i. v.: intravenös l: Liter 10 Ratzenböck Elisabeth. SOP Anaphylaxie … Notaufnahme up2date 2020; 2: 9–13

SOP / Arbeitsablauf Patienten unter Betablockertherapie Bei diesen Patienten sind theoretisch die Betarezepto- ren besetzt, sodass Adrenalin hier nicht wirken kann. Eine retrospektive Studie zeigte jedoch keinen erhöh- ten Adrenalinbedarf in diesem Kollektiv [10]. Bei Thera- pierefraktärität sollte jedoch Glucagon 1 – 5 mg i. v. als Betablockerantagonist verabreicht werden, da Gluca- gon die Adenylatcyclase unabhängig von den β-Rezep- toren aktiviert und somit Hypotonie und Bronchospas- mus antagonisieren kann. Da Glucagon insbesondere bei zu rascher Verabreichung emetisch wirkt, müssen die Atemwege gesichert sein [4, 6]. ZUSATZINFO Beispiele für mögliche Differenzialdiagnosen der Anaphylaxie ▪ Erkrankungen der Atemwege, z. B.: – tracheobronchiale Fremdkörper – Infekt (z. B. Epiglottitis) – exazerbiertes Asthma bronchiale/COPD ▪ kardiovaskuläre Erkrankungen, z. B.: – Myokardinfarkt – Herzrhythmusstörungen – dekompensierte Vitien – vasovagale Synkope – Lungenembolie ▪ endokrinologische Erkrankungen, z. B.: – Hypoglykämie – thyreotoxische Krise ▪ psychiatrische Erkrankungen, z. B.: – Angst- und Panikstörungen – psychogene Hyperventilation – Psychosen ▪ dermatologische Erkrankungen, z. B.: – Urtikariaerkrankungen – parainfektiöses Exanthem ▪ immunologische Erkrankungen, z. B.: – Angioödem durch C1-INH-Mangel ▪ pharmakologische Reaktionen, z. B.: – Histaminosen (z. B. Scombroidose) Überwachungsdauer Es gibt keine Empfehlung aus Leitlinien hinsichtlich einer adäquaten Überwachungsdauer bei Patienten mit anaphylaktischer Reaktion. In Anbetracht der Tat- sache, dass maximal ein Fünftel bis ein Viertel der Ana- phylaxien biphasisch ablaufen [7, 11] und der üblicher- weise sehr guten Prognose der adäquat therapierten (!) Anaphylaxie können die meisten Patienten jedoch am- bulant behandelt werden. In den USA konnte in den letzten Jahren eine deutliche Reduktion der Hospita- lisationsraten erreicht werden (von 24,8 % im Jahr 2008 auf 14,5 % in 2016) [12]. Eine Schweizer Studie fand keinen Letalitätsunterschied bei Anaphylaxie- patienten, die länger bzw. kürzer als 8 Stunden über- wacht wurden [13]. Merke Biphasische Verläufe treten gehäuft bei verspäteter Adrenalingabe auf. Üblicherweise können Patienten sicher entlassen wer- den, ▪ die seit 4 Stunden symptomfrei sind bzw. 4 Stunden nach letzter Adrenalingabe, ▪ die physisch und intellektuell in der Lage sind, einen Adrenalinautoinjektor zu bedienen (bzw. entspre- chende Hilfestellung haben), ▪ deren persönliche/Wohnsituation erlaubt, in ange- messener Zeit eine Klinik zu erreichen bzw. die zeit- nah vom lokalen Rettungsdienst erreicht werden. Sekundärprophylaxe Die Therapie einer Anaphylaxie ist mit erfolgreichem Abklingen der Symptomatik keinesfalls abgeschlossen, da mindestens 30 % der Patienten mit einer Anaphyla- xie eine oder mehrere weitere Episoden erfahren [14]. Merke Jeder Anaphylaxiepatient muss bei Entlassung: ▪ mindestens einen Adrenalinautoinjektor rezeptiert bekommen und in der Handhabung instruiert werden, ▪ allergologisch angebunden werden, ▪ bei Medikamentenallergien einen Allergie- ausweis erhalten. Hinsichtlich der Adrenalinautoinjektoren gibt es Studi- en, die zeigen, dass bei adipösen Patienten oder auch bei Frauen mit vermehrten lokalen Fettdepots die Län- ge der Epipen®-Nadel (15,2 mm) zu kurz für eine i. m. Applikation des Adrenalins in den M. vastus lateralis sein kann. Gegebenenfalls kann hier auf einen Emera- de®-Pen (Nadellänge 25 mm; Bezug über internationa- le Apotheken) ausgewichen werden. Im Zweifel ist bei 12 Ratzenböck Elisabeth. SOP Anaphylaxie … Notaufnahme up2date 2020; 2: 9–13

Schritt für Schritt PVK-Anlage bei Kindern – Schritt für Schritt Maria Elbe, Sarah Käter, Frank Eifinger Auch für pädiatrisch erfahrenes Personal kann eine venöse Zugangsanlage im Kindesalter eine Herausforderung darstellen. Umso wichtiger sind eine gute Vor- bereitung und optimale Rahmenbedingungen für alle Beteiligten. Einleitung Kinder sind ein sensibles Patientenklientel. Ihnen unbe- kannte Personen, Orte und Gegenstände in Kombinati- on mit Schmerzen, fehlendem Verständnis und Un- wohlsein schüren Ängste und führen zur Verunsiche- rung. Daraus kann Unruhe bis extreme Wehrigkeit so- wie mangelnde Kooperation resultieren. Zusätzlich werden die Arbeitsbedingungen für das medizinische Personal teilweise durch Unerfahrenheit, ungeeignetes Material, Zeit- und Erfolgsdruck erschwert [1]. Außer- dem kann die lokale Anatomie (z. B. erschwert subku- tanes Fettgewebe im 6. – 24. Lebensmonat die Venen- suche) und Pathophysiologie (z. B. Hypovolämie, Hypo- thermie) für eine schwierige Venenpunktion sorgen [1]. Hintergrund „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ – ein gern zi- tierter Satz. Doch was bedeutet dies für die Zugangs- anlage bei Kindern? Es gibt Notfallsituationen bei Kindern, in denen die so- fortige und sichere Zugangsanlage samt Volumen- und Medikamentensubstitution entscheidend für den wei- teren Verlauf sind. Dazu zählen zum Beispiel: ▪ intravenöse Antibiose bei (drohender) Sepsis, ▪ Rehydrierung bei ausgeprägter Gastroenteritis, ▪ intravenöse Medikamentengabe bei einem Status epilepticus, ▪ Kortisongabe bei allergischer Reaktion. Insbesondere bei einem Schock ist die sofortige ad- äquate Volumensubstitution eines der wichtigsten Therapieelemente. Daher sollte die PVK-Anlage rasch bei noch erhaltenem Kreislauf erfolgen. Ein Schock im Anfangsstadium ist bei Kindern schwer zu erkennen, da dieser lange kompensiert bleibt [2]. So kann die Einschätzung einer kritischen Situation un- geschultem Personal schwer fallen. Anzeichen für einen Schock sind: ▪ Tachykardie, ▪ Tachy(dys)pnoe, ▪ verlängerte Rekapillarisierungszeit, ▪ Bewusstseinsstörung, ▪ Temperaturregulationsstörung, ▪ verringerte Diurese. Cave Der Blutdruck kann bei Kindern aufgrund eines an- steigenden Gesamtgefäßwiderstands lange Zeit im Normbereich gehalten werden [2]. In einer Reanimationssituation sind alternative Zu- gangswege bei frustraner PVK-Anlage zu etablieren. Hierfür kommen die intraossäre Infusion sowie bei Neu- geborenen ein zentraler Nabelvenenkatheter infrage. Dennoch ist stets die Indikation für eine PVK-Anlage bei diesem sensiblen Patientenklientel streng zu prü- fen. Es gibt Fälle, in denen primär kein venöser Zugang erforderlich ist, sodass über mögliche alternative Ap- plikationsformen von Medikamenten nachzudenken ist. Hierbei kommen orale, rektale, inhalative sowie in- tranasale Applikationsverfahren in Betracht [3]. Intravasale Punktionen in geschädigten oder infizierten Hautarealen sind kontraindiziert [3]. Eine Ausnahme stellen Verbrennungspatienten mit großen Verbren- nungsflächen dar. Schritt 1 – Vorbereitung Im Vorfeld sollte das benötigte Material sorgfältig zu- sammengestellt werden (▶ Abb. 1, ▶ Abb. 2). Wenn möglich sollten die Materialien nicht in Sichtweite des Kindes gelegt werden, um die Angst bei Blick auf die Spritze nicht unnötig zu vergrößern. Insbesondere bei Kindern ist das Risiko einer ausge- prägten Agitation während der PVK-Anlage groß, so- dass möglicherweise das Kind schmerz- und angstbe- dingt nicht losgelassen werden kann. Demnach braucht man zwingend eine zweite Person zur Assis- tenz, die das Kind beruhigt und ggf. festhält. Eine ad- 14 Elbe Maria et al. PVK-Anlage bei Kindern … Notaufnahme up2date 2020; 2: 14–19

Schritt für Schritt ▶ Abb. 4 Sichtung der Venenverhältnisse. Schritt 3 – Händedesinfektion und Tragen von sauberen Einmal- handschuhen Eine korrekte Händedesinfektion senkt signifikant die Häufigkeit für nachfolgende PVK-assoziierte Komplika- tionen (z. B. Phlebitis, Bakteriämie) [7]. Aufgrund erschwerter Arbeitsbedingungen (Kinder als Patienten, Incompliance, Wehrigkeit, aufgeregte Eltern usw.) sollten unbedingt Maßnahmen zum Arbeits- schutz eingehalten werden. Schritt 4 – Positionieren des Patienten Um erfolgreich eine PVK-Anlage durchzuführen, sollte der Patient still halten. Dafür sollte eigens eine Assis- tenzperson abgestellt werden, die sich ganz auf das Be- ruhigen und Festhalten des Kindes konzentrieren kann. Gleichzeitig kann die Assistenzperson hierbei auch die manuelle Stauung der Extremität übernehmen. ▶ Abb. 5 Bei schlechten Venenverhältnissen ist die Dia- phanoskopie (z. B. Venoscope®) ein gutes Hilfsmittel. Im abgedunkelten Raum können dafür die durchscheinenden Venen auf der Haut nachgezeichnet und anschließend bei guten Lichtverhältnissen an gleicher Stelle punktiert wer- den. Als Hilfsmittel stehen die Diaphanoskopie (▶ Abb. 5), die Durchleuchtung mittels Infrarotlicht sowie die So- nografie zur Verfügung. Cave Nicht jede Lichtquelle ist atraumatisch. Längere Anwendung kann (v. a. bei Früh- und Neugeborenen) zu Hautschädigungen führen. ▶ Abb. 6 Beispiel einer Fixierung mit gleichzeitiger Stauung. 16 Elbe Maria et al. PVK-Anlage bei Kindern … Notaufnahme up2date 2020; 2: 14–19

Schritt für Schritt ▶ Abb. 9 Fixierung des PVK. a U-förmiger Pflasterzügel. b Zusätzliche Fixierung des Schlauches. ▶ Abb. 10 Anlage des Verbands. Es wird empfohlen, zur Vermeidung PVK-assoziierter Infektionen zum Offenhalten des Zugangs keine Man- drins zu verwenden. Alternativ sollte der Zugangsweg über einen konstanten Fluss von Infusionslösung oder das Blocken mit steriler 0,9 %iger NaCl-Lösung nach An- schluss eines Extensionssets offen gehalten werden [7]. FAZIT PVK-Anlagen bei Kindern erfordern Erfahrung und Übung, doch gewisse Tipps und Tricks helfen dabei. Also nur Mut! Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Maria Elbe 2010–2016 Studium der Humanmedizin an der Universität zu Köln. Seit 2017 Facharzt- ausbildung in der Kinderklinik des Kranken- hauses Porz am Rhein. Dr. med. Sarah Käter 2004–2011 Studium der Humanmedizin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 2011–2016 Facharztausbildung Kin- der- und Jugendmedizin. 2016 Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Seit 01/2017 Oberärztin der Kinderklinik Porz am Rhein. Seit 05/2018 Zusatzbezeichnung Schlaf- medizin. PD Dr. med. Frank Eifinger Chefarzt der Kinderklinik Köln-Porz am Rhein. Kinder- und Jugendarzt, pädiatrischer Inten- sivmediziner und Neonatologe, aktiv im Not- arztdienst der Stadt Köln. Wissenschaftlicher Schwerpunkt im Bereich der pädiatrischen Notfallversorgung. Korrespondenzadresse Maria Elbe Kinderklinik Porz am Rhein Urbacher Weg 19 51149 Köln E-Mail: m.elbe@khporz.de 18 Elbe Maria et al. PVK-Anlage bei Kindern … Notaufnahme up2date 2020; 2: 14–19

Impressum Notaufnahme up2date 2. Jahrgang Die Notaufnahme up2date erscheint 4-mal jährlich. ISSN (Print): 2628-7595 eISSN: 2628-7609 Eigentümer & Copyright © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York 2020 Schriftleitung Priv.-Doz. Dr. Michael Bernhard, MHBA Ärztlicher Leiter Zentrale Notaufnahme Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstrasse 5, 40225 Düsseldorf Tel. (Klinik): +49 211 81 077 49 E-Mail: michael.bernhard@med.uni-duesseldorf.de Herausgeber Priv.-Doz. Dr. Frank Eifinger, Köln-Porz E-Mail: F.Eifinger@khporz.de Priv.-Doz. Dr. Ingo Gräff, Bonn E-Mail: ingo.graeff@ukbonn.de Dr. Thomas Henke, Oldenburg E-Mail: Thomas.Henke@evangelischeskrankenhaus.de Prof. Dr. Bernhard Kumle, Villingen-Schwenningen E-Mail: Bernhard.Kumle@sbk-vs.de Christian Künstler, Düsseldorf E-Mail: kuenstler@kaiserswerther-diakonie.de Prof. Dr. Dominik Michalski, Leipzig E-Mail: dominik.michalski@medizin.uni-leipzig.de Priv.-Doz. Dr. Benjamin Ondruschka, Leipzig E-Mail: benjamin.ondruschka@medizin.uni-leipzig.de Martin Pin, Düsseldorf E-Mail: martin.pin@me.com Dr. Sylvia Schacher, Köln-Kalk E-Mail: Sylvia.Schacher@evkk.de Die Herausgeber sind nicht verantwortlich für in der Zeitschrift enthaltene Anzeigen und Beilagen. Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 301120, 70451 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-0, Fax: +49 711 8931-298 www.thieme.de, www.thieme.de/ notaufnahme-up2date www.thieme-connect.de/products Web-App: www.thieme.de/eref-app Redaktion Sie erreichen die Redaktion unter: notaufnahme-u2d.impressum@thieme.de V.i.S.d.P.: Lea-Marie Tröster, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Andreas Schweiger, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 300880, 70448 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-245, Fax: +49 711 8931-470 E-Mail: andreas.schweiger@thieme-media.de Produktionsmanagement Tel.: +49 711 8931-618, Fax: +49 711 8931-393 E-Mail: heike.ebeling@thieme.de Abonnentenservice Wir bitten unsere Abonnenten, Adressänderungen dem Abonnentenservice mitzuteilen, um eine rei- bungslose Zustellung der Zeitschrift zu gewährleis- ten. 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Informationen für unsere Autoren Manuskriptrichtlinien und andere Informationen für Autoren entnehmen Sie bitte den Autorenhinweisen unter dem Reiter „Autoren“ auf www.thieme.de/not- aufnahme-up2date. Grundsätzlich werden nur solche Manuskripte angenommen, die noch nicht anderwei- tig veröffentlicht oder zur Veröffentlichung einge- reicht worden sind. Bitte beachten Sie: Wir können keine Abbildungen an- nehmen, die bereits in Büchern, Zeitschriften oder elektronischen Produkten anderer Anbieter publiziert worden sind oder an denen ein Dritter Nutzungsrech- te hat (z.B. Arbeitgeber). Der Grund: Auch gegen Li- zenzgebühr ist es kaum noch möglich, die Nutzungs- rechte in dem für uns erforderlichen Umfang zu erhal- ten. Bitte zahlen Sie deshalb keine Lizenzgebühren (z. B. bei „RightsLink“/Copyright Clearance Center) – auch die Standard-Lizenzverträge von „Creative Commons“ sind für eine Publikation leider nicht aus- reichend. Diese Zeitschrift bietet Autoren die Möglichkeit, ihre Artikel gegen Gebühr in Thieme connect für die all- gemeine Nutzung frei zugänglich zu machen. Bei In- teresse wenden Sie sich bitte an: notaufnahme-u2d.impressum@thieme.de Bezugspreise 2020* Normalpreis ermäßigter Preis für Ärzte in der Weiterbildung und Studenten Fachpflegepersonal und Rettungsdienst Versandkosten Gesamtkosten Abo 179,00 135,00 Inland Europa Weltweit 29,90 29,90 36,30 36,30 50,20 50,20 Inland 208,90 164,90 Europa Weltweit 215,30 171,30 229,20 185,20 105,00 29,90 36,30 50,20 134,90 141,30 155,20 For users in the USA Authorization of photocopy items for internal or per- sonal use, or the internal or personal use of specific clients, is granted by Georg Thieme Verlag Stuttgart. New York for libraries and other users registered with the Copyright Clearance Center (CCC) Transactional Reporting Service; www.copyright.com. 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Das gilt insbesondere für Vervielfältigung und Verbreitung in gedruckter Form, Übersetzung, Über- tragung und Bearbeitung in andere Sprachen oder Fassungen sowie die Einspeicherung und Verbreitung in elektronischen Medienformen (z. B. CD-Rom, DVD, USB-Speicher, Datenbank, cloud-basierter Dienst, e- book und sonstige Formen des electronic publishing) und auch öffentlicher Zugänglichmachung (z. B. In- ternet, Intranet oder andere leitungsgebundene oder -ungebundene Datennetze), u. a. durch Wiedergabe auf stationären oder mobilen Empfangsgeräten, Mo- nitoren, Smartphones, Tablets oder sonstigen Emp- fangsgeräten per Download (z. B. PDF, ePub, App) oder Abruf in sonstiger Form etc. Hinweis zu Studien-Referaten Die Autorinnen und Autoren unserer Referate-Rubri- ken schreiben frei- oder nebenberuflich für verschie- dene Auftraggeber aus Verlagsbranche, Wissenschaft und Industrie. 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Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung zum 30. September vorliegt. ** Der institutionelle Jahresbezugspreis inkludiert Online-Zugriff für 1 Standort. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Thieme Group Satz: seitenweise, Tübingen Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe (Saale) 20 Notaufnahme up2date 2020; 2: 20

CME-Fortbildung Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen: Schwindel in der Notaufnahme: Was nun? Veronika Scheuer, Christi- an Neubert, Bernhard Schick Heft 1/2020 ALLES ONLINE LESEN JETZT FREISCHALTEN Mit der eRef lesen Sie Ihre Zeitschrift: online wie offline, am PC und mobil, alle bereits erschienenen Artikel. Für Abonnenten kostenlos! https://eref.thieme.de/notaufnahme-u2d Sie haben Ihre Zeitschrift noch nicht freigeschaltet? Ein Klick genügt: www.thieme.de/eref-registrierung.

CME-Fortbildung ▶ Tab. 1 Mögliche Ursachen des Leitsymptoms „akuter Schwindel“. Okulomotorik und Nystagmus Peripher-vestibuläre Ursache Zentrale Ursache Kleinhirninfarkt BPLS (benigner par- oxysmaler Lagerungs- schwindel) Neuropathia vestibu- laris Morbus Menière Zoster oticus (→ Ram- say-Hunt-Syndrom) Perilymphfistel Internistische/meta- bolische/medikamen- teninduzierte Ursache Intoxikation, z. B. Alko- hol, Medikamente Hirnstamminfarkt Blutzuckerentgleisung vestibuläre Migräne – auch ohne Kopf- schmerzen Herzrhythmusstörungen Anämie Hypotension Elektrolytstörung ▶ Tab. 2 Systematische Schwindelanamnese: Präzise Fragen erleichtern die Einordnung der Symptomatik. Schwindelanamnese Fragen Charakter Dauer und Häufigkeit Drehschwindel („wie im Karussell“), Schwankschwindel („wie auf dem Schiff“), Liftschwindel, Benommenheitsgefühl, Gangstörung/Gangunsicherheit, Latero- pulsation („Rechtsdrall“?, „Linksdrall“?), Leeregefühl Sekunden? Minuten? Stunden? Dauer- schwindel? Erstereignis oder Rezidiv? Symptombeginn und Symp- tomverlauf plötzlich, „aus voller Gesundheit“? Zuneh- mend? Im zeitlichen Verlauf gebessert? Auslöser spontan? Bei Belastung (Niesen, Pressen)? Bei Lageänderung? otologische Begleitsympto- me und Vorerkrankungen Hörminderung? Tinnitus? Ohrdruck? Otor- rhoe? Vorangegangene Ohroperationen? neurologische Begleitsymp- tome und Vorerkrankungen Zephalgie? Bewusstseinsstörung? Motori- sche oder sensible Ausfälle? Migräne? Po- lyneuropathie? internistische Begleitsymp- tome und Vorerkrankungen Diabetes mellitus? Arterielle Hypertonie – hypertone Entgleisungen? Palpitationen? Klinische neurootologische Untersuchung Die regelmäßig durchgeführte neurootologische Un- tersuchung dient der Abgrenzung einer peripher-vesti- bulären gegenüber einer zentralen Ursache des Schwindels. Hierfür sollte sich der Untersucher möglichst an einem festen Untersuchungsschema orientieren. Unter Zuhil- fenahme der Frenzel-Brille werden die im Folgenden genannten Parameter geprüft. Als erstes wird die Okulomotorik des Patienten geprüft: Bei fixiertem Kopf sollten die Augen gleichmäßig in alle neun Blickrichtungen einem in etwa 30 cm entfernten Gegenstand (z. B. Stift) folgen. Hinweise auf eine zen- trale Störung sind eine sakkadierte Blickfolge oder die Angabe von Doppelbildern (sofern keine Augenmuskel- lähmung vorliegt). Eventuell demaskiert sich bei der Prüfung der Blickfolge ein Blickrichtungsnystagmus. ZUSATZINFO Blickrichtungsnystagmus Die Schlagrichtung des Nystagmus ändert sich mit der Blickrichtung. Ein Blickrichtungsnystag- mus ist meist nicht pathologisch bei ▪ Auftreten in Endstellung, ▪ Beschränkung auf nur wenige Schläge, ▪ Erschöpfbarkeit, ▪ fehlender Seitendifferenz. Dies sind Zeichen eines physiologischen End- stellnystagmus. Anzeichen für eine zentrale Stö- rung sind deutliche Seitendifferenz und Anhalten für mehr als 20 Sekunden. Ein Hinweis auf eine peripher-vestibuläre Störung ist der gerichtete horizontale Spontannystagmus: Die schnelle Komponente des Nystagmus schlägt unab- hängig von der Blickrichtung immer zur selben Seite. Die Intensität des Nystagmus nimmt beim Blick in Schlagrichtung und beim Aufblick zu (Alexander-Ge- setz). Der peripher entstandene Spontannystagmus wird bei Fixation supprimiert. Die Untersuchung ist da- her im abgedunkelten Zimmer sowie unter Zuhilfenah- me einer Frenzel-Brille einfacher. Unter Provokation (Kopfschütteln) nimmt die Intensität des Spontannys- tagmus zu. PR A XISTIPP Der horizontale Spontannystagmus, der unter Fixation supprimierbar ist und beim Blick in Schlagrichtung sowie unter Provokation stärker wird, ist ein Hinweis auf eine peripher-vestibuläre Störung. Ein vertikaler oder rein torsioneller Spontannystagmus, der unter Fixation zunimmt und die Richtung wechselt (bidirektionaler Nys- tagmus), ist Hinweis auf eine zentrale Störung. 24 Scheuer Veronika et al. Schwindel in der … Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34

CME-Fortbildung ZUSATZINFO HINTS nach Kattah Drei klinische Zeichen zeigen mit hoher Sensitivität einen möglichen Hirnstamminfarkt an: ▪ Head Impulse Test: vestibulookulärer Reflex nicht gestört ▪ Nystagm: Blickrichtungsnystagmus, richtungswechselnder Nystagmus, vertikaler Nystagmus ▪ Test of Skew: vertikale Divergenz → Hirnstamminfarkt wahrscheinlich! Cave: Das Fehlen der klinischen Zeichen schließt einen Hirn- stamminfarkt nicht mit Sicherheit aus! Hinsichtlich der Bildgebung gilt: Wird eine kranielle Bildgebung erwogen, ist die kranielle Magnetresonanz- tomografie mit Kontrastmittel bei unklaren Fällen diag- nostisches Mittel der Wahl und einer Computertomo- grafie überlegen. PR A XISTIPP Prüfung der vertikalen Divergenz Patient und Untersucher sitzen sich gegenüber. Der Untersucher hält sich eine Untersuchungs- leuchte mittig über die Nasenwurzel und fordert den Patient auf, das Licht mit beiden Augen zu fixieren. Der Untersucher achtet darauf, ob der Lichtreflex am Rand der Pupille auf einer Höhe liegt. Wenn der Lichtreflex einseitig höher steht, liegt auf dieser Seite eine vertikale Abweichung der Pupille nach unten vor. Es besteht der drin- gende Verdacht auf einen ipsilateralen Hirn- stamminfarkt. werden Pro- und Supinationsbewegungen in schneller und wechselnder Reihenfolge durchgeführt („Glüh- birne eindrehen“). Gelingt dies dem Patienten nicht oder ist eine Seite deutlich verlangsamt, besteht auch hier der Hinweis auf eine zentrale Störung. Ein intakter Seiltänzergang vorwärts oder gar rückwärts (beim Ge- hen werden die Füße direkt vor- bzw. nacheinander über einer gedachten Linie gesetzt) schließt eine zen- trale Störung aus. Vestibulospinale Reaktionen Als letztes folgt die Untersuchung der vestibulospina- len Reaktionen mittels Romberg- und Unterberger- Test. Ziel des Romberg-Tests ist es, aufrecht und mit geschlossenen Augen sowie mit nach vorne gestreck- ten Armen für 60 Sekunden stehen zu bleiben. Bei peri- pher-vestibulären Störungen besteht eine gerichtete Fallneigung zur betroffenen Seite. Eine ungerichtete Fallneigung sowie diffuses Schwanken sind entspre- chend nicht vereinbar mit einer peripher-vestibulären Störung. Beim Unterberger-Test tritt der Patient in der oben eingenommenen Position bis zu 50-mal auf der Stelle und sollte dabei nicht mehr als 45° zur Seite und einen Meter nach vorne abweichen [3]. PR A XISTIPP Schwindel Plus Eins: Pathologische HINTS, neue okzipitale Kopfschmerzen, neu aufgetretene neurologische Symptomatik bedingen eine so- fortige neurologische Vorstellung. Im Folgenden wird auf die häufigsten Ursachen des pe- ripher-vestibulären Schwindels [4] und dessen Diagno- semöglichkeiten in der Notaufnahme eingegangen. Merke Jeder Patient mit auffälligen HINTS muss schnellst- möglich neurologisch vorgestellt werden. Die häufigsten Ursachen des peripher-vestibulären Schwindels Zerebelläre Koordination Als nächstes sollten der Armvorhalteversuch und die Prüfung der zerebellären Koordination durchgeführt werden. Für den Armvorhalteversuch setzt sich der Pa- tient aufrecht, schließt die Augen und hält beide Arme in Supinationsstellung maximal weit vor sich. Hinwei- send auf eine zentrale Störung sind ein einseitiges Ab- sinken oder eine Pronationstendenz. Unmittelbar an- schließend kann der Finger-Nase-Versuch durchge- führt werden: „Führen Sie jetzt zügig den rechten Zei- gefinger zur Nase, danach im Wechsel den linken.“ Die Bewegung sollte flüssig und zielgerichtet sowie ohne Intentionstremor durchgeführt werden, ansonsten er- gibt sich der Hinweis auf eine zentrale Störung. Weiter- hin wird die Diadochokinese geprüft: Mit den Händen Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel Die Lebenszeitprävalenz eines BPLS wird auf über 2 % geschätzt [8], damit ist er die häufigste akute peri- pher-vestibuläre Störung. Ursächlich sind aus der Ma- cula utriculi gelöste Otolithen, die sich nun frei in der Endolymphe der sechs Bogengänge bewegen (Canalo- lithiasis) oder seltener an der Kupula der Bogengänge angehaftet sind [9]. Ganz charakteristisch ist die Anamnese dieses Krankheitsbilds. So beschreiben die Betroffenen einen Drehschwindel (bis zu einer Minute) mit vegetativer Begleitsymptomatik, der vor allem bei Lageänderungen des Körpers/Kopfes auftritt, bei- spielsweise beim nächtlichen Umdrehen im Bett. Am häufigsten lösen sich die Otolithen dabei: ▪ idiopathisch (70 %) ▪ posttraumatisch (8 – 15 %) 26 Scheuer Veronika et al. Schwindel in der … Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34

betrachtet und nicht das komplexe Zusammenspiel der Bogengänge beider Seiten beleuchtet. PR A XISTIPP Beim Aufsetzen des Patienten im letzten Schritt des Epley-Manövers verspüren die Patienten häufig erneut Schwindel und können deutlich schwanken: Daher muss eine Sicherung des Patienten stets gewährleistet sein. Bei einem „einfachen“ pBPLS, der sich prompt auf das durchgeführte Befreiungsmanöver bessert, ist die HNO-ärztliche Vorstellung nicht unmittelbar notwen- dig. Kombinierte, habituierte oder wiederkehrende Formen sollten im Verlauf elektiv HNO-ärztlich vorge- stellt werden. Neuropathia vestibularis Der Begriff der Neuropathia vestibularis beschreibt eine akut eintretende, idiopathische, einseitige peri- pher-vestibuläre Funktionsstörung. Plötzlich eintreten- der, anhaltender Drehschwindel verbunden mit vege- tativer Begleitsymptomatik bei gleichzeitig fehlenden Hinweisen auf eine zentrale Genese der Beschwerden sind typische klinische Kriterien. Obligat ist eine Stö- rung des vestibulookulären Reflexes auf der betroffe- nen Seite bei gleichzeitig sichtbarem, unter Fixation supprimierbarem Spontannystagmus zur Gegenseite. Die Fallneigung besteht zur betroffenen Seite. Gele- gentlich berichten die Patienten über einen zweigipfli- gen Verlauf der Beschwerden mit initial kurzer Episode von Drehschwindel einige Tage zuvor [3]. Merke Ein regelgerechter Kopf-Impuls-Test bei Patienten mit Spontannystagmus und Schwindel ist nicht ver- einbar mit einer Neuropathia vestibularis! Eine schnellstmögliche neurologische Vorstellung zum Ausschluss Kleinhirn- oder Hirnstamminfarkt ist obli- gat. CME-Fortbildung ▶ Abb. 2 Epley-Manöver [13] zur Befreiung des pBPLS links. a/b Die Ausgangsposition ist mit derjenigen im Dix-Hallpike-Manöver identisch: Die Patientin sitzt auf der Untersuchungsliege und dreht den Kopf um etwa 45° zur betroffenen Seite. c Mit Hilfe legt sie sich auf den Rücken und lässt dabei den fixierten Kopf über die Kante der Liege hängen. d Nach etwa 1 Minute wird der Kopf in weiterhin hängender Position zur Gegen- seite gedreht. e Nach etwa 1 Minute folgt eine Drehung des Körpers in Richtung des Kopfs. f Abschließend richtet sich die Patientin seitlich auf. Bei einem pBPLS der rechten Seite erfolgt die Lagerung exakt umgekehrt. Aufgrund der Häufigkeit des BPLS des hinteren Bogen- gangs (pBPLS) wird nachfolgend das entsprechende La- gerungsmanöver mit dem passenden Befreiungsmanö- ver erläutert (▶ Abb. 1, ▶ Abb. 2). Aus didaktischen Gründen wird isoliert der einzelne hintere Bogengang 28 Scheuer Veronika et al. Schwindel in der … Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34

CME-Fortbildung Neurologie Neuropathia vestibularis ▪ anhaltender Drehschwindel (Stunden bis Tage) ▪ horizontaler Spontannystagmus zur gesunden Seite, gestörter vestibulookulärer Reflex auf der betroffenen Seite ▪ Fallneigung zur betroffenen Seite und vegetative Begleitsymptomatik ▪ keine zentralen oder audiologischen Symptome (Vertikalabweichung der Pupillen) Vorstellung bei: ▪ Bewusstseinsstörung ▪ Okulomotorikstörung, Skew-Deviation ▪ Diplopie, Dysarthrie, Dysphagie, Dysphonie, Dysmetrie, Dysästhesie, Drop attacks ▪ zentral anmutender Spontannystagmus (nicht supprimierbar durch Fixation, vertikale Schlag- richtung oder rein rotatorisch, Richtungswechsel) ▪ pathologischer Blickrichtungsnystagmus (nicht erschöpflich, seitendifferent, nicht in Endstel- ▪ im Zweifelsfall ▪ ! Im Falle einer gewünschten Bildgebung: kranielle MRT mit Kontrastmittel (Deadly D‘s) lung) O N H Notaufnahme Patient mit akutem Schwindel 1) Basisdiagnostik 2) Anamnese 3) internistische, orientierende neurologische und neurootologische Untersuchung Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel ▪ bewegungsabhängiger Drehschwindel bis zu 1 Minute mit vegetativer Begleitsymptomatik ▪ keine zentralen oder audiologischen Symptome ▪ ggf. Befreiungsmanöver nach Epley Morbus Menière akute cochleovestibuläre Störung ▪ Drehschwindel (Minuten bis Stunden) ▪ audiologische Symptome: Hörminderung, Tinnitus ▪ vegetative Begleitsymptomatik ▪ horizontaler Spontannystagmus Innere Medizin Vorstellung bei: ▪ Hinweis für internistische Genese des Schwindels, ▪ unauffällige orientierende neurologische und neurootologische Untersuchung z. B. Auffälligkeiten im EKG wie Herzrhythmus- störungen, Elektrolytstörung usw. ▶ Abb. 3 Diagnostischer Algorithmus in der Notaufnahme bei Patienten mit dem Leitsymptom Schwindel: Ziel ist es, eine erste Einordnung in mögliche neurologische, internistische oder peripher-vestibuläre Ursachen zu treffen. 30 Scheuer Veronika et al. Schwindel in der … Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34

CME-Fortbildung Interessenkonflikt Erklärung zu finanziellen Interessen Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an zu Sponsoren dieser Fortbildung bzw. durch die Fortbildung in ihren Geschäftsinteressen berührten Firma: nein. Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen Die Autorinnen und Autoren geben an, dass kein Interes- senkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Veronika Scheuer Dr. med. Jahrgang 1989. 2008–2014 Studium der Humanmedizin an der Universität des Saarlandes. 2014 Promotion. Seit Januar 2015 Assistenzärztin für Hals-, Nasen- und Ohren- heilkunde an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitäts- klinikum des Saarlandes UKS, Homburg. Christian Neubert Dr. med. Jahrgang 1982. 2005 – 2012 Studi- um der Zahnmedizin und Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, Universität des Saarlandes und Medizinischen Universität Innsbruck (Österreich). 2016 Pro- motion. Seit Januar 2019 Oberarzt an der Kli- nik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum des Saarlandes UKS, Homburg. Bernhard Schick Prof. Dr. med. Jahrgang 1967. Studium der Humanmedizin an der Philipps-Universität Marburg. 1993 Promotion. Facharztausbil- dung an der HNO-Klinik des Städtischen Kli- nikums Fulda. In der Folge Leitender Oberarzt an der HNO-Klinik des Universitätsklinikums des Saarlandes und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. 2003 Habilitation. Seit 2008 Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum des Saarlandes UKS, Homburg. Korrespondenzadresse Dr. med. Veronika Scheuer Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum des Saarlandes UKS, Kirrberger Straße 66421 Homburg E-Mail: Veronika.Scheuer@uks.eu Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbe- stimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Veronika Scheuer, Homburg. Literatur [1] Neuhauser HK. Epidemiology of vertigo. Curr Opin Neurol 2007; 20: 40–46 [2] Neuhauser HK. Epidemiology of dizziness and vertigo. Ner- venarzt 2009; 80: 887–894 [3] Haid CT. Vestibularisprüfung und vestibuläre Erkrankungen – Ein Leitfaden für Praxis und Klinik zur Diagnostik und The- rapie von Schwindel und Gleichgewichtsstörungen. Berlin: Springer; 1990 [4] Brandt T, Strupp M. General vestibular testing. Clin Neuro- physiol Off J Int Fed Clin Neurophysiol 2005; 116: 406–426 [5] Halmagyi GM. Diagnosis and management of vertigo. Clin Med Lond Engl 2005; 5: 159–165 [6] Halmagyi GM, Curthoys IS. A clinical sign of canal paresis. Arch Neurol 1988; 45: 737–739 [7] Kattah JC, Talkad AV, Wang DZ et al. HINTS to diagnose stroke in the acute vestibular syndrome: three-step bedside oculomotor examination more sensitive than early MRI dif- fusion-weighted imaging. Stroke 2009; 40: 3504–3510 [8] von Brevern M, Radtke A, Lezius F et al. Epidemiology of benign paroxysmal positional vertigo: a population based study. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2007; 78: 710–715 [9] Brandt T, Steddin S. Current view of the mechanism of be- nign paroxysmal positioning vertigo: cupulolithiasis or ca- nalolithiasis? J Vestib Res Equilib Orientat 1993; 3: 373–82 [10] Strupp M. Schwindel – Diagnose. AWMF-Registernummer: 030/017. 2012 [11] Tomaz A, Ganança MM, Ganança CF et al. Benign paroxys- mal positional vertigo: concomitant involvement of diffe- rent semicircular canals. Ann Otol Rhinol Laryngol 2009; 118: 113–117 [12] Epley JM. Positional vertigo related to semicircular canalit- hiasis. Otolaryngol Head Neck Surg 1995; 112: 154–161 [13] Epley JM. The canalith repositioning procedure: for treat- ment of benign paroxysmal positional vertigo. Otolaryngol Head Neck Surg 1992; 107: 399–404 [14] Schuknecht HF, Gulya AJ. Endolymphatic hydrops. An over- view and classification. Ann Otol Rhinol Laryngol Suppl 1983; 106: 1–20 [15] Lopez-Escamez JA, Carey J, Chung WH et al. Diagnostic criteria for Menière’s disease according to the Classification Committee of the Bárány Society. HNO 2017; 65: 887–893 Bibliografie DOI https://doi.org/10.1055/a-0958-1084 Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 2628-7595 32 Scheuer Veronika et al. Schwindel in der … Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34

CME-Fortbildung | CME-Fragebogen Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 8 Frage 10 Welche Aussage ist richtig? Ein Blickrichtungsnystagmus sowie ein vertikaler Spontannystagmus sind Hinweise auf… eine Neuropathia vestibularis. eine Elektrolytstörung. A einen BPLS. B C D Herzrhythmusstörungen. E einen Kleinhirn- oder Hirnstamminfarkt. Frage 9 Welches der folgenden akuten Schwindelsyndrome kann noch in der Notaufnahme kausal behandelt werden? Welche Aussage ist richtig? Die Menière-Trias umfasst… Tinnitus, Schwankschwindel und Gangunsicherheit. A Drehschwindel, Tinnitus, Hörminderung. B C Drehschwindel, Ataxie, Diplopie. D Tinnitus, Hörminderung, Ataxie. E Fallneigung, Drehschwindel, Gangstörung. A Neuropathia vestibularis. B Morbus Menière. C D BPLS. E Bogengangsdehiszenz. Phobischer Schwankschwindel. 34 Scheuer Veronika et al. Schwindel in der … Notaufnahme up2date 2020; 2: 23–34

Trainieren Sie den Notfall Der Radiologe als Partner im Trauma-Team Als Radiologe übernehmen Sie im Schockraum eine entscheidende Rolle bei der Versorgung polytrauma- tisierter Patienten. Viel hängt von der schnellen Auswahl des richtigen bildgebenden Verfahrens ab. Und davon, wie effizient die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Trauma-Team funktioniert. Dieses Buch beschreibt die Indikationen der bild- gebenden Verfahren in der Schockraumdiagnostik mit Vor- und Nachteilen. Bilder der neuesten Gerätegenerationen illustrieren die Fälle. Polytrauma- Management ist Zeitmanagement. Deshalb machen die Autoren Vorschläge für koordinierte und standardisierte Abläufe. Buch + Online-Version in der eRef ISBN 978 3 13 200781 9 Vorbestellpreis bis 3 Monate nach Erscheinen: 159,99 € [D] danach 199,99 € [D] Jetzt zum Vorbestellpreis www.thieme.de/shop . n e t s o k d n a s r e V n e d n e l l i a f n a e d n e d r e w ] D l [ b a h r e ß u a n e g n u r e f e i L i e B . ff u a H . A . c . h . r D : G h p , 9 9 4 3 A R H , t r a g t t u t S r e t s i g e r s l e d n a H d n u - z t i S , n e t l a h e b r o v r e m ü t r r I d n u n e g n u r e d n ä s i e r P G K g a l r e V e m e h T g r o e G i . t e n h c e r e b r e t i e w

CME-Fortbildung Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen: Die Hyponatriämie in der Notaufnahme – eine ernst zu nehmende Elektrolytstörung Till Dringenberg, Matthias Schott Heft 1/2020 ALLES ONLINE LESEN JETZT FREISCHALTEN Mit der eRef lesen Sie Ihre Zeitschrift: online wie offline, am PC und mobil, alle bereits erschienenen Artikel. Für Abonnenten kostenlos! https://eref.thieme.de/notaufnahme-u2d Sie haben Ihre Zeitschrift noch nicht freigeschaltet? Ein Klick genügt: www.thieme.de/eref-registrierung.

CME-Fortbildung Vasokonstriktion Ca2+ Ca2+ TRPC VMZ Blutdruck, Blutdruck, Scherkräfte Scherkräfte + + ATP↑ ATP↑ A β1-AR β1-AR Gs Gs – – Gq Gq AT1R AT1R + + Renin Renin GRZ GR Adrenalin Adrenalin AT-2 AT-2 afferente Arteriole A1AR Gi – – Ca2+ pH↑ Na+ NHE2 H+ Ca2+ ADP/ AMP A ADP/ AMP + A1AR Gi 3 Na+ ATPase NKCC2 + TRPC Ca2+ EGMZ 2 K+ ATP Cl– Depolarisation Ca2+ MDZ Na+ 2 Cl–↑ K+ distaler Tubus ▶ Abb. 1 Schematische Darstellung des juxtaglomerulären Apparats der Niere und ausgewählte Regulationsmechanismen der Reninsekretion (grün eingefärbter Bereich). Auf der einen Seite führt die Aktivierung des β1-Adrenorezeptors durch Katecholamine zu einer Sekretion von Renin, was bei einem reduzierten effektiv arteriellen Blutvolumen der Fall ist. Ein hoher Blutdruck hingegen kann die Reninausschüttung durch die Freisetzung von Adenosin hemmen. MDZ: Macula-densa-Zelle; EGMZ: extraglomeruläre Mesangiumzelle; GRZ: glomeruläre Zelle; VMZ: vasomotorische Zelle; A1AR: Adenosinrezeptor A1; AT1R: Angiotensin-2-Rezeptor Typ 1; β1AR: β1-Adrenorezeptor; AT-2: Angiotensin 2; A: Adenosin; ATP: Adenosintriphosphat medizin ist diese Einteilung bisweilen problematisch, da sich der Entwicklungszeitraum der Elektrolytstörung häufig nicht sicher in der Notaufnahme abschätzen lässt. Die sogenannte Pseudohyponatriämie nimmt eine Sonderstellung ein, da diese durch Laborartefakte bei hohen intrinsischen Lipid- und Proteinkonzentratio- nen zustande kommt. Cave Patienten mit akut aufgetretener Hyponatriämie (< 48 h) sind durch Zellschwellungen, Patienten mit chronischer Hyponatriämie durch Zellschrumpfun- gen im Rahmen einer forcierten Natriumkorrektur gefährdet. Zentrale Mechanismen der Salz- und Wasserregulation Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS): Das RAAS registriert zum einen Blutdruckschwankun- gen über den juxtaglomulären Apparat der Niere (▶ Abb. 1), zum anderen Salzschwankungen über die Zona glomerulosa der Nebennierenrinde [5]. Bei hypo- toner Kreislaufsituation bzw. Hyponatriämie wird in letzter Konsequenz das Mineralokortikoid Aldosteron ausgeschüttet, welches in den epithelialen Zellen des renalen Sammelrohrs an den Mineralokortikoid-Re- zeptor bindet und dort die Expression der luminalen ENaC- und ROMK-Kanäle sowie die der basolateralen Na+-K+-ATPase induziert (▶ Abb. 2). Hierdurch wird eine bedarfsgerechte Rückresorption von Natrium und Wasser ermöglicht. Durch die Messung der Na- triumkonzentration im Urin kann ein indirekter Rück- schluss auf den Aktivierungsgrad des RAAS erfolgen. Dabei ist allerdings die Medikamentenanamnese zu berücksichtigen, da Diuretika und RAAS-Blocker die Natriumkonzentration im Urin deutlich beeinflussen können [6]. Der ADH-H2O-Stoffwechsel: Spezialisierte Zellen des vorderen Hypothalamus erkennen Schwankungen der Serumosmolalität und setzen im Hypophysenhinter- lappen das antidiuretische Hormon (ADH) frei. Hierbei spielen Rezeptoren aus der TRPV-Familie (transient re- ceptor potential vanilloid) eine wichtige Rolle, da sie osmotisch bedingte Zellschwellungen erkennen kön- nen. Tritt eine Zellschwellung ein, wird die zentrale ADH-Sekretion über elektrophysiologische Mechanis- men gehemmt und die Wasserausscheidung beschleu- nigt [1]. Unter physiologischen Umständen besteht hierbei eine positive Korrelation zwischen Serumosmo- lalität und ADH-Konzentration und eine negative Kor- relation zwischen Serumosmolalität und Urinmenge. 40 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

CME-Fortbildung zumeist sehr niedrigen Natriumausscheidung im Urin bei gleichzeitig vorliegenden peripheren Ödemen. Ziel dieser Kaskade ist die Aufrechterhaltung des Kreislaufs. Trotz einer gesteigerten Natriumrückresorption mit z. T. deutlich erhöhtem Gesamtkörpernatrium kommt es bei der Herz- und Leberinsuffizienz häufig zu einer Hyponatriämie, da aufgrund verschiedenster Mecha- nismen zu viel freies Wasser im venösen System und im Interstitium verbleibt und nicht mehr kreislaufrele- vant mobilisiert werden kann [10, 11]. Bei der Nebennierenrindeninsuffizienz und beim adre- nogenitalen Salzverlustsyndrom (homozygotes AGS) hingegen fehlt die mineralokortikoide Wirkung von Al- dosteron, was zu einem renalen Natriumverlust und einer Kaliumretention führt. Erkennbar ist dies an einer hypoosmolaren Hyponatriämie mit deutlich gesteiger- + > 20 mmol/l). Weiter- ter Natriumausscheidung (Nau führende Hinweise für eine Nebennierenrindeninsuffi- zienz sind eine Hyperkaliämie, eine metabolische Azi- dose sowie hypotone Blutdruckwerte. Konkreter Hin- weis ist ein niedriger Kortisolspiegel im Serum (s. u.). Eine Vielzahl von Erkrankungen und Medikamenten kann für eine Störung der zentralen Osmoregulation mit konsekutiver Retention von freiem Wasser verant- wortlich sein. Diese Fehlregulation wird als Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) bezeichnet und ist an einer Diskrepanz zwischen niedriger Seru- mosmolalität und inadäquat hoher Urinosmolalität er- kennbar (▶ Tab. 2). Tumorerkrankungen insbesondere neuroendokrinen Ursprungs können zu einer paraneo- plastischen ADH-Sekretion mit z. T. ausgeprägter hypoosmolarer Hyponatriämie führen. In sehr seltenen Fällen kann eine schwere Hypothyreose mit einer Was- serretention vergesellschaftet sein [12]. Die hyperglykämische Entgleisung bei Patienten mit einem Diabetes mellitus, aber auch Kontrastmittel- oder Mannitolgaben können die seltenere hyperosmo- lare Hyponatriämie zur Folge haben [1]. Durch die An- häufung solcher osmotisch wirksamen Substanzen kommt es zu Flüssigkeitsverschiebungen zwischen dem Intra- und Extrazellulärraum, wobei die physiolo- gischen Osmolyte entsprechend verdünnt werden. In der Literatur wird diese Verlaufsform auch als sog. „translocational hyponatremia“ bezeichnet. Das Ge- samtkörpernatrium bleibt dabei unberührt. Cave Die hypoosmolare Hyponatriämie tritt deutlich häufiger als die iso- und hyperosmolare Hypo- natriämie. Akute Krankheitsbilder Die Anamnese akuter Krankheitsbilder zielt auf Störun- gen, die zu einer akuten, innerhalb von ca. 48 Stunden aufgetretenen Hyponatriämie führen. Dies ist insbe- sondere bei Gastroenteritis mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö, akut exazerbierten chronisch-entzündli- chen Darmerkrankungen und Kurzdarmsyndromen oder großen Brandwunden der Fall. Diese Krankheits- bilder gehen meist mit einem extrarenalen Salzverlust einher, erkennbar an einer sehr niedrigen renalen Na- + < 20 mmol/l) und klinischen triumausscheidung (Nau Zeichen einer Exsikkose. Durch außergewöhnliche kör- perliche Belastungssituationen (z. B. Marathonläufe, schwere körperliche Arbeit, stattgehabte Operationen) kann ein akutes SIADH durch eine stressinduzierte ADH-Sekretion ausgelöst werden. Eine hohe Trinkmen- ge natriumarmer Flüssigkeiten nach hoher körperlicher Beanspruchung bzw. eine Infusionstherapie mit hy- poosmolaren Lösungen nach Operationen können die Situation aggravieren [13]. Medikamente Die Medikamentenanamnese sollte klären, ob der Pa- tient Pharmaka einnimmt, die mit dem RAAS, der Diu- rese oder der ADH-Sekretion interagieren. Diuretika und RAAS-Blocker können die Natriumrückresorption im Sammelrohr hemmen und hierüber einen renalen Natriumverlust verursachen. Medikamente mit modu- ▶ Tab. 2 SIADH – mögliche Ursachen. Malignome Lungenerkrankungen Störungen des ZNS Medikamente Andere ▪ Karzinome (Lunge, ▪ Infektionen Oropharynx, GIT- Tumoren, Urogenital- trakt) ▪ Lymphome ▪ Sarkome (Pneumonie, Abszess, Tuberkulose) ▪ Asthma ▪ Mukoviszidose ▪ COPD ▪ akutes Atemversagen ▪ Überdruckbeatmung ▪ Infektionen (Enzephali- tis, Meningitis) ▪ Blutungen (SAB, SDH, SHT) ▪ Hirntumore ▪ andere (Multiple Sklerose, Guillain- Barré-Syndrom) ▪ Stimulation der Vaso- pressinausschüttung oder Wirkverstärkung (Chlorpropamid, SSRI, Carbamazepin, Anti- psychotika) ▪ Vasopressin und -ana- loga (Desmopressin, Oxytocin, Vasopressin) ▪ erblich ▪ idiopathisch ▪ transitorisch (Ausdauersport, Vollnarkose) ▪ Aids GIT: Gastrointestinaltrakt, Aids: erworbenes Immundefizienzsyndrom, ZNS: zentrales Nervensystem, COPD: chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, SAB: Sub- arachnoidalblutung, SDH: Subduralhämatom, SHT: Schädelhirntrauma, SSRI: selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer 42 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

CME-Fortbildung ▶ Tab. 4 Hyponatriämie – Klassifikation nach Volumenstatus. Gesamtkörper-Wasser Gesamtkörper-Natrium extrazelluläre Flüssigkeit Ödeme Ursachen Hypervolämie Euvolämie Hypovolämie ↑↑ ↑ ↑↑ vorhanden ↑ ↔ ↔ nicht vorhanden ↓ ↓↓ ↓ nicht vorhanden chronische Herzinsuffizienz, Leber- zirrhose, nephrotisches Syndrom SIADH, Polydipsie, Hypothyreose Diuretika/RAAS-Blocker, Neben- nierenrindeninsuffizienz, renale/ extrarenale Salzverlustsyndrome SIADH: Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion, RAAS: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System Bildgebung Anhand der nativ-radiologischen Thoraxbildgebung in der Notaufnahme kann geprüft werden, ob eine Kar- diomegalie, Pleuraergüsse, eine pulmonalvenöse Stau- ung oder eine pulmonale Flüssigkeitsbelastung vorlie- gen. Sonografisch lässt sich der Durchmesser der V. ca- va inferior an der Einmündung in den rechten Vorhof überprüfen. Als Normwerte gelten ein Durchmesser von bis zu 2 cm und ein inspiratorischer Kollaps auf we- niger als ⅓ des Gefäßdurchmessers in Atemruhelage. Hierbei ist zu beachten, dass der Durchmesser der V. cava inferior bereits durch die Körperlage und den Schallkopfdruck beeinflusst wird, sodass bei der Sono- grafie standardisierte Untersuchungsbedingungen ge- schaffen werden sollten. Die sonografische Untersu- chung des Abdomens erlaubt eine rasche Einschät- zung, ob eine intraperitoneale Flüssigkeitsbelastung (Aszites) vorliegt. Laborchemische Untersuchungen Die Bestimmung der Serumosmolalität ist für die Ein- teilung der Hyponatriämie in eine hypoosmolare oder hyperosmolare Verlaufsform essenziell. Sie kann zum einen durch das Zentrallabor analysiert, zum anderen mit der Formel Osms = 2 × Nas + + Harnstoff / 2,8 + Glukose / 18 (Harnstoff und Glukose in mg/dl) berechnet werden. Zur Differenzierung zwischen einem intra- oder extra- renalen Natriumverlust eignet sich die Bestimmung +), zur Unter- der Natriumkonzentration im Urin (Nau scheidung zwischen primärer Polydipsie und SIADH die Bestimmung der Urinosmolalität [17]. Sekundäre laborchemische Hinweise für den intravasalen Flüssig- keitsstatus können der Hämoglobinspiegel, der Harn- stoff im Serum sowie das natriuretische Peptid proBNP liefern. Einschränkend muss erwähnt werden, dass die- se Parameter durch eine Vielzahl von Faktoren beein- flusst werden und die Interpretation des Flüssigkeits- status ausschließlich anhand dieser Größen ggf. nicht zielführend ist [6]. Ein niedriger Kortisolspiegel unterhalb des laborspezifi- schen Normbereichs kann Hinweis für eine Neben- nierenrindeninsuffizienz sein. Da die Kortisolsekretion einer zirkadianen Rhythmik unterliegt und ein nächtli- cher Abfall der Kortisolsekretion physiologisch ist, soll- te die Messung des Kortisolspiegels idealerweise in den Morgenstunden erfolgen. Zur Differenzierung zwi- schen einer primären und sekundären Nebennierenrin- deninsuffizienz können die Konzentrationen von ACTH, Renin und Aldosteron bestimmt werden. Bei der mani- festen primären Nebennierenrindeninsuffizienz liegen ACTH und Renin unabhängig von der Tageszeit meist deutlich oberhalb des Normbereichs. Bei der sekundä- ren Nebennierenrindeninsuffizienz hingegen finden sich ein niedriger Kortisol- und ein niedriger ACTH- Spiegel, wobei die Konzentrationen von Renin und Al- dosteron unauffällig sein können. Copeptin gilt als sta- biler Biomarker des ADH-H2O-Stoffwechsels und kann zur Diagnostik des SIADH herangezogen werden [18]. Untergruppierungen der Hyponatri- ämie und ihre klinischen Erkennungs- merkmale Sind Anamnese, körperliche Untersuchung, Bildgebung und Blutuntersuchung abgeschlossen, kann die vorlie- gende Hyponatriämie in ihre Unterformen unterteilt und ein entsprechendes Therapiekonzept erarbeitet werden (▶ Abb. 3). Hypovoläme, hypoosmolare Hyponatriämie Klinisch liegt eine Exsikkose vor. Der Urin des Patienten ist konzentriert, die Spiegel von Harnstoff und Hämo- globin verhältnismäßig hoch. Auf Nachfrage geben die Patienten ein gesteigertes Durstgefühl an. Ursächlich steht der Natrium- und Wasserverlust im Vordergrund, wobei die Bestimmung der Natriumkonzentration im 44 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

CME-Fortbildung Euvoläme, hypoosmolare Hyponatriämie Klinisch liegen weder Zeichen der Hypovolämie, noch der Hypervolämie vor [12]. Der Blutdruck ist eher hy- perton, die Patienten verneinen ein gesteigertes Durst- gefühl. Der Urin kann konzentriert oder maximal ver- dünnt sein, die Konzentration von Harnstoff ist verhält- nismäßig niedrig [22]. Pathophysiologisch steht die Wasserretention im Vordergrund [10]. Die dadurch be- dingte intravasale Volumenüberladung supprimiert die Reninsekretion aus dem juxtaglomerulären Apparat, was zu einer hohen Natriumausscheidung führt (s. ▶ Abb. 1). Dieser Kompensationsmechanismus wird durch die Infusion niedrig konzentrierter Kochsalz- lösungen (NaCl 0,9 %) negativ beeinflusst, erkennbar an einer Verschlechterung der Ausgangssituation [23]. + > 20 mmol/l, Urinosmolalität > 100 mosm/l: Es ▪ Nau liegt höchst wahrscheinlich ein SIADH vor, erkenn- bar an einem Missverhältnis zwischen hoher Urin- osmolalität und niedriger Serumosmolalität [10]. Es sollte stets nach verursachenden Medikamenten, aber auch nach Tumor- bzw. ZNS-Erkrankungen gesucht werden. ▪ Nau + > 20 mmol/l, Urinosmolalität < 100 mosm/l: Am ehesten ursächlich ist die primäre Polydipsie bei psychiatrischen oder alkoholabhängigen Patienten [15]. Die ADH-Sekretion ist adäquat supprimiert, erkennbar an einer hohen Menge eines maximal verdünnten Urins. Hypervoläme, hypoosmolare Hyponatriämie In der klinischen Untersuchung liegt eine Flüssigkeits- belastung vor. Es finden sich periphere Ödeme, ggf. eine intrakorporale Flüssigkeitsretention mit Pleuraer- güssen oder Aszites. Die Urinmorphologie kann je nach Ausprägung der Organinsuffizienzen und Kreis- laufsituation verdünnt bis konzentriert sein. Der Blut- druck ist variabel. Häufig klagen die Patienten über Dyspnoe und eine Allgemeinzustandsverschlechte- rung. In der thorakalen Bildgebung lassen sich ggf. eine pulmonalvenöse Stauung, eine Kardiomegalie so- wie eine Verbreiterung der mediastinalen Silhouette, sonografisch eine verbreiterte und nicht atemmodu- lierte V. cava inferior nachweisen [24]. ▪ Nau + < 20 mmol/l: Es liegt eine dekompensierte Herz- oder Leberinsuffizienz bzw. ein nephrotisches Syn- drom vor. Als Zeichen der eingeschränkten Kreis- lauffunktion mit einem reduzierten EABV kommt es zu einer dauerhaften Aktivierung des RAAS und der ADH-Sekretion, erkennbar an einer sehr niedrigen Natriumausscheidung und peripheren Ödemen [24]. ▪ Nau + > 20 mmol/l: Der hydrop dekompensierte Patient mit hoher Natriumausscheidung kommt praktisch nur bei fortgeschrittener Niereninsuffi- zienz mit fehlender Dilutionsfähigkeit des Primär- harns sowie bei Patienten mit Herz- und/oder Leberinsuffizienz unter forcierter diuretischer Therapie vor. Hyperosmolare Hyponatriämie Am häufigsten verantwortlich ist die hyperglykämische Entgleisung bei Patienten mit Diabetes mellitus. Eben- so können Kontrastmittel oder Mannitolinfusionen im Rahmen einer Chemotherapie zu osmotischen Flüssig- keitsverschiebungen führen [1]. Die Beschwerden ste- hen meist in Zusammenhang mit der Grunderkran- kung. Die Therapie der Hyponatriämie WICHTIG Grundsätzlich muss sich die Therapie der Hypo- natriämie nach der zugrunde liegenden Ursache richten. Bevor eine „voreilige Laborkorrektur“ mit Kochsalzlösungen durchgeführt wird, müs- sen nicht nur das zugrunde liegende Störungs- bild, sondern auch die generelle Therapiebedürf- tigkeit überprüft und anderweitige Differenzial- diagnosen ausgeschlossen werden. Nur im Falle der schweren symptomatischen Hypona- triämie, wie sie häufig bei akuter Entwicklung auftritt, sollte die kalkulierte und frühzeitige Gabe einer hoch- konzentrierten Kochsalzlösung erfolgen. Hierzu eignet sich die Infusion von 100 ml 3 %iger NaCl-Lösung über einen Zeitraum von ca. 10 Minuten. Die Infusion kann bis zu zweimal wiederholt werden, bis sich die Sympto- me des Patienten verbessern [25]. WICHTIG Tritt kein durchgreifender Befundwandel ein, muss die Differenzialdiagnose überprüft werden. Generell sollte auf ein behutsames Anheben der Natriumkonzentration geachtet werden, um zentralnervöse Komplikationen eines zu schnel- len Osmolalitätsausgleichs zur verhindern. Gerade bei der chronischen hypoosmolaren Hypo- natriämie adaptiert sich der Intrazellulärraum über einen langen Zeitraum an die Hypoosmolalität des Se- rums. Eine forcierte Natriumkorrektur induziert Flüs- sigkeitsverschiebungen vom Intra- in den Extrazellulär- raum, wodurch es zu einer Zellschrumpfung kommt. Das ZNS reagiert hierauf besonders sensibel, wobei die Gefahr der sog. Demyelinisierung von pontinen und ex- trapontinen Neuronen besteht. Hierbei tritt nach einer initialen enzephalopathischen zunächst eine kurzfristi- ge Erholungsphase ein (ca. 48 Stunden), wonach sich 46 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

CME-Fortbildung PR A XIS Die Infusionsrate einer 3 %igen NaCl-Lösung lässt sich mit folgender Formel berechnen: Trotz häufig idiopathischer Genese sollte bei Patienten mit gesichertem SIADH stets nach zugrunde liegenden Ursachen gesucht werden. Laufrate in mlh = Körpergewicht in kg* angestrebte Korrekturrate in mmoll/h Bei Patienten mit nachgewiesenem SIADH muss stets nach auslösenden Ursachen gesucht werden. Cave Strebt man eine Korrektur des Natriumspiegels um beispielsweise 1 mmol/h an, sollte die Infusi- onsgeschwindigkeit bei einem 70 kg schweren Patienten demnach 70 ml/h betragen. Hierbei ist ein engmaschiges klinisches und laborchemi- sches Monitoring obligat. Patienten mit chronischer euvolämer Hyponatriämie (> 48 Stunden) sind durch Zellschrumpfungen im Rah- men einer zu forcierten Natriumkorrektur gefährdet (Risiko: Myelinolyse). Daher gilt es, auf eine behutsame Anhebung der Natriumspiegel zu achten. Der grund- sätzliche Therapieansatz der chronischen euvolämen Hyponatriämie sieht die strikte Einhaltung einer Flüs- sigkeitsrestriktion vor, üblicherweise initial 1000 – 1250 ml/d. Dies gilt sowohl für die primäre Polydipsie als auch für das SIADH. In die täglich angestrebte Flüs- sigkeitsgesamtmenge gehen alle inkorporierten Flüs- sigkeiten ein, auch etwaige Infusionslösungen. Auf eine niedrig konzentrierte NaCl-Lösung (NaCl 0,9 %) sollte bei Patienten mit euvolämer Hyponatriämie ver- zichtet werden, da hierdurch körpereigene Gegenregu- lationsmechanismen negativ beeinflusst werden. Ne- ben der regelmäßigen Bestimmung der Natriumspiegel können ein steigender Harnstoff im Serum und fallende Blutdruckwerte auf einen Therapieerfolg hindeuten. Weitere Hinweise für eine Entspannung der intravasa- len Volumenüberladung sind ein steigender Reninspie- gel und ein fallendes proBNP. Bei fehlendem Anspre- chen auf eine Trinkrestriktion kann ein medikamentö- ser Therapieversuch mit einem V2-Rezeptorantagonis- ten durchgeführt werden. ZUSATZINFO Zugelassen zur Behandlung des SIADH ist Tol- vaptan (Samsca). Es handelt sich um ein hoch- effektives Medikament, das bei Patienten mit gesichertem SIADH zu einer zuverlässigen Exkre- tion von freiem Wasser und zu einer raschen Anhebung der Natriumspiegel führt. Gerade bei Patienten mit einer initial ausgeprägten Hypo- natriämie ( < 125 mmol) zeigt sich häufig ein schnell eintretender Effekt, sodass häufig zu- nächst Gegenregulationsmaßnahmen notwen- dig sind. Nachteil der Behandlung mit Vaptanen sind die hohen Therapiekosten. Die Therapie der hypervolämen, hypoosmolaren Hyponatriämie Bei der Herz-, Leber- und Niereninsuffizienz ist der bio- chemische und symptomatische Schweregrad der Hy- ponatriämie meistens geringer ausgeprägt als bei an- deren Verlaufsformen. Ein Erreichen des Normbereichs ist nicht zwingend erforderlich, da die Patienten hin- sichtlich der Hyponatriämie häufig asymptomatisch sind. Grundsätzlich muss sich die Therapie nach der Grunderkrankung (Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz, Niereninsuffizienz) richten. Medikamentös sollte ne- ben der konservativen Herzinsuffizienztherapie eine optimale diuretische Therapie etabliert werden. Hierzu eignen sich besonders Schleifendiuretika, da diese die Diurese eines hypoosmolaren Urins ermöglichen. Bei Patienten mit hydrop dekompensierter Leberzirrhose wird die Kombination aus einem Schleifendiuretikum mit Spironolacton empfohlen, wobei die Hinzunahme von Spironolacton bei gleichzeitig vorliegender Hypo- natriämie kritisch diskutiert werden muss. Aus ernäh- rungsmedizinischer Sicht sollte auf eine kochsalzarme Diät und eine begrenzte Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Der Einsatz von Vaptanen befindet sich derzeit sowohl bei Patienten mit Herz- als auch mit Leberinsuf- fizienz in Erprobung. Erste Daten bei herzinsuffizienten Patienten sind vielversprechend [30, 31]. Bei Patienten mit Leberzirrhose ist der Einsatz von Vaptanen hinge- gen aufgrund hepatotoxischer Nebenwirkungen be- grenzt [32]. Die Therapie der hyperosmolaren Hyponatriämie Sie richtet sich nach der Grunderkrankung. Hier steht fast ausschließlich die Leitlinien-gerechte Behandlung der hyperglykämischen Entgleisung im Vordergrund. Durch den langsamen Ausglich der akkumulierten Os- molyte reguliert sich auch die Hyponatriämie. Zusammenfassung Die Hyponatriämie ist die häufigste Elektrolytstörung des Menschen und Prädiktor für eine hohe Letalität. Aufgrund einer Vielzahl möglicher Verlaufsformen und Schweregrade gilt sie als kompliziertes Störungsbild und bedarf einer adäquaten Differenzialdiagnostik und ursachenorientierten Therapie. In der Literatur werden unterschiedliche Einteilungen und diagnostische He- rangehensweisen beschrieben, wobei ein allgemein- 48 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

CME-Fortbildung KERNAUSSAGEN ▪ Die Hyponatriämie ist die häufigste Elektrolytstörung in der Notaufnahme. Aktuelle Studien gehen von einer Prävalenz von 15 – 20 % bei stationär aufgenommenen Patienten aus. ▪ Die Hyponatriämie wird unter Berücksichtigung der Seru- mosmolalität in eine hypoosmolare, isoosmolare und hyper- osmolare Verlaufsform eingeteilt. Die hypoosmolare Hypo- natriämie ist die weitaus häufigste Unterform. ▪ Die hypoosmolare Hyponatriämie wird anhand des klinischen Flüssigkeitsstatus in eine hypovoläme, euvoläme bzw. hyper- voläme Verlaufsform unterteilt. Als „grobe Merkhilfe“ gilt: Die hypovoläme Verlaufsform bedarf einer Volumensubsti- tution, die euvoläme Verlaufsform einer Trinkrestriktion und die hypervoläme Verlaufsform einer kalkulierten diuretischen Therapie. ▪ Die Einteilung der Hyponatriämie in eine akute (< 48 h) bzw. chronische Verlaufsform ist insbesondere für die initiale The- rapieentscheidung sinnvoll, in der Notaufnahme aber häufig schwer zu eruieren. Die akute Hyponatriämie erlaubt eine raschere Natriumkorrektur durch eine 3 %ige NaCl-Lösung. Die chronische Hyponatriämie sollte sehr behutsamen aus- geglichen werden. ▪ Patienten mit akuter symptomatischer Hyponatriämie sind durch Zellschwellungen, Patienten mit chronischer Hypo- natriämie durch Zellschrumpfungen im Rahmen einer zu for- cierten Natriumkorrektur gefährdet. Zellschwellungen füh- ren im schlimmsten Fall zur zentralen Einklemmungssympto- matik, Zellschrumpfungen im schlimmsten Fall zur pontinen Myelinolyse. ▪ Um das zugrunde liegende Störungsbild der Hyponatriämie zu erkennen, ist die Anwendung eines diagnostischen Algo- rithmus notwendig, der die Anamnese, das klinische Erschei- nungsbild und weiterführende Laboranalysen berücksichtigt. Autorinnen/Autoren Till Dringenberg Dr. med., Jahrgang 1984. 2005–2012 Studium der Humanmedizin an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Seit 2013 Arzt des Funktionsbereiches Spezielle Endo- krinologie (Universitätsklinikum Düsseldorf). 18 Monate internistischer Dienst in der Zentralen Notaufnahme. Promotion über den familiären Hyperaldosteronismus Typ 1. Matthias Schott Prof. Dr. med., Jahrgang 1970. Professor für Endokrinologie und Ärztlicher Leiter des Funktionsbereiches Spezielle Endokrino- logie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Mitglied verschiedener Fachgesellschaften wie z.B. der DGE, DGIM und des BDI. Mitautor von > 150 wissenschaftlichen Arbeiten. Korrespondenzadresse Dr. med. Till Dringenberg Klinik für Endokrinologie und Diabetologie Funktionsbereich Spezielle Endokrinologie Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstr. 5 40225 Düsseldorf E-Mail: till.dringenberg@med.uni-duesseldorf.de Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifi- zierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Till Dringenberg, Düsseldorf. Schlüsselwörter Literatur Hyponatriämie in der Notaufnahme, Pathophysiologie der Hyponatriämie, diagnostischer Algorithmus, differenzierte Therapie, Gefahren der Natriumkorrektur Interessenkonflikt Erklärung zu finanziellen Interessen Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehe- partner, Kinder) an im Bereich der Medizin aktiven Firma: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehe- partner, Kinder) an zu Sponsoren dieser Fortbildung bzw. durch die Fortbildung in ihren Geschäftsinteressen berühr- ten Firma: nein Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessen- konflikt besteht. [1] Spasovski G, Vanholder R, Allolio B et al. Hyponatraemia Guideline Development Group. Clinical practice guideline on diagnosis and treatment of hyponatraemia. Eur J Endo- crinol 2014; 170: G1 – 47 [2] Cohen DM, Ellison DH. Evaluating hyponatremia. JAMA 2015; 313: 1260 – 1261 [3] Chung HM, Kluge R, Schrier RW et al. Clinical assessment of extracellular fluid volume in hyponatremia. Am J Med 1987; 83: 905 – 908 [4] Hoorn EJ, Zietse R. Diagnosis and Treatment of Hyponatre- mia: Compilation of the Guidelines. J Am Soc Nephrol 2017; 28: 1340 – 1349 [5] Dringenberg T, Schwitalla M, Haase M et al. Control of CYP11B2/CYP11B1 expression ratio and consequences for the zonation of the adrenal cortex. Horm Metab Res 2013; 45: 81 – 85 [6] Hoorn EJ, Hotho D, Hassing RJ et al. Unexplained hypona- tremia: seek and you will find. Nephron Physiol 2011; 118: 66 – 71 50 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

CME-Fortbildung | CME-Fragebogen Punkte sammeln auf CME.thieme.de Diese Fortbildungseinheit ist in der Regel 12 Monate online für die Teilnahme verfügbar. Den genauen Einsendeschluss finden Sie unter https://eref.thieme.de/CXDJ5WI. Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, finden Sie unter https://cme.thieme.de/hilfe eine ausführliche Anleitung. Wir wünschen viel Erfolg beim Beantworten der Fragen! Unter https://eref.thieme.de/CXDJ5WI oder über den QR-Code kommen Sie direkt zur Startseite des Wissenstests. VNR 2760512020158722401 Frage 1 Frage 5 Welche Endokrinopathie kann zu einer hypoosmolaren Hyponatriämie führen? Welche Aussage ist richtig? Ein SIADH kann erkannt werden an… A Der Hyperparathyreoidismus. B Der Hypogonadismus. C Die Hyperprolaktinämie. D Die Hyperthyreose. E Der Hypokortisolismus. einer inadäquat hohen Urinosmolalität. einem hohen Harnstoff im Serum. A einer Hyperosmolalität des Serums. B C D einem gesteigerten Durstgefühl des Patienten. E eher niedrigen Blutdruckwerten. Frage 2 Frage 6 Welche Aussage ist richtig? Die akute (< 48 h) symptomatische Hyponatriämie tritt am ehesten auf bei… A älteren Menschen mit langjähriger Diuretika-Therapie. jungen Menschen mit Erstmanifestation eines Diabetes B mellitus Typ 1. psychiatrischen Patienten mit primärer Polydipsie. C D Kindern mit Hyperthyreose. E Patienten mit einem Diabetes insipidus centralis. Frage 3 Welches Diuretikum führt am häufigsten zur hyposomolaren Hyponatriämie? Spironolacton. A Furosemid. B C Hydrochlorthiazid. D Xipamid. E Mannitol. Frage 4 Welche Aussage zur pontinen Myelinolyse trifft zu? A Sie tritt vor allem bei der akuten symptomatischen B C Hyponatriämie auf. Sie führt in schweren Verläufen zur unteren Einklemmung. In der Frühphase lassen sich typischerweise Signalsteige- rungen in der kraniellen MRT nachweisen. D Sie entsteht durch Zellschwellungen des ZNS. E Akustisch evozierte Hirnstammpotenziale können in der Frühphase zur Diagnostik herangezogen werden. Frage 7 Welche Aussage ist richtig? Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit einer euvolämen hypoosmolaren Hyponatriämie ist… die Gabe von Diuretika. eine Therapie mit Tolvaptan. A die parenterale Gabe von NaCl 0,9 %. B C D die Einhaltung einer Flüssigkeitsrestriktion. E eine Therapie mit RAAS-Blockern. Welche Aussage ist richtig? Bei einer Hypoosmolalität des Serums wird unter physiologischen Umständen… Frage 8 A die Ausschüttung von ADH gesteigert. die Ausschüttung von ADH verringert. B C die Ausschüttung von Renin gesteigert. D die Ausschüttung von Renin verringert. E Keine Antwort trifft zu. Welche Aussage ist richtig? Kein Zeichen einer hypervolämen Volumensituation ist/sind… Aszites. eine atemkollaptische V. cava inferior. A periphere Ödeme. B C D eine verbreiterte kardiale Silhouette. E eine pulmonalvenöse Stauung. 52 Dringenberg Till et al. Die Hyponatriämie in … Notaufnahme up2date 2019; 1: 39–53

Notizen

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CME-Fortbildung Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen: Das stumpfe Abdominaltrauma Pirmin Storz, Hany Ashmawy, Marius Kivilis, Wolfram Trudo Knoefel Heft 1/2020 ALLES ONLINE LESEN JETZT FREISCHALTEN Mit der eRef lesen Sie Ihre Zeitschrift: online wie offline, am PC und mobil, alle bereits erschienenen Artikel. Für Abonnenten kostenlos! https://eref.thieme.de/notaufnahme-u2d Sie haben Ihre Zeitschrift noch nicht freigeschaltet? Ein Klick genügt: www.thieme.de/eref-registrierung.

CME-Fortbildung ▶ Tab. 1 Häufigkeiten verschiedener Organverletzungen beim stumpfen Abdominaltrauma [5]. Organ Milz Leber Intestinum Pankreas Zwerchfell Mesenterium Häufigkeit der Verletzung 30 % 19 % 13 % 5 % 3 % 2 % ZUSATZINFO Zur Schockbehandlung sollte eine möglichst restriktive Volu- mentherapie erfolgen mit dem Ziel, den Kreislauf auf niedrig- stabilem Niveau zu halten, um eine vorhandene Blutung nicht zu verstärken (beim Erwachsenen mittlerer arterieller Druck ≈ 65 mmHg, systolischer arterieller Druck ≈ 90 mmHg) [8]. ZUSATZINFO Folgende Symptome können auf eine bedrohliche Verletzung hinweisen: ▪ Hypotension ▪ Tachykardie/Bradykardie ▪ instabiler Thorax ▪ inverse Atmung ▪ Abwehrspannung/Peritonismus ▪ Fraktur kaudaler Rippen ▪ Ausstritt von Hämoliquorrhoe aus Nase und/oder Ohr(en) ▪ instabiler Beckenring ▪ äußerliche Prellmarken ▪ fehlende Leistenpulse eines „Load and Go“ auf das Nötigste beschränkt wer- den. Obligat sind jedoch Maßnahmen der Schockbe- handlung, insbesondere wenn ein Schock klinisch vor- liegt. Eine Ausnahme kann ein vorhandenes Schädel-Hirn- Trauma darstellen, bei dem zugunsten der zerebralen Perfusion Normotension angestrebt werden sollte [8]. Beim Volumenersatz werden kristalloide Vollelektrolyt- lösungen favorisiert. Hydroxyethylstärke-(HES-)haltige Infusionen sollen nach einem Rote-Hand-Brief des Bun- desinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nur dann zur Behandlung eines akuten Blutverlusts einge- setzt werden, wenn kristalloide Lösungen alleine als nicht ausreichend erachtet werden [9]. Gelatine wie- derum weisen ein höheres Risiko einer Immunreaktion auf [10]. Je nach Verletzungsgrad und Ausmaß des Blutverlusts sollte frühzeitig an eine Transfusion und Gerinnungssubstitution gedacht und im Schockraum eine entsprechende Basisdiagnostik durchgeführt wer- den [8]. Die Übernahme eines polytraumatisierten Patienten erfolgt im Schockraum leitliniengerecht durch ein Team, welches aus mindestens drei Ärzten (zwei Chi- rurgen, ein Anästhesist) bestehen sollte, wobei min- destens ein Anästhesist und ein Chirurg Facharztstan- dard haben sollen. Die präklinisch – soweit möglich – erhobene (Fremd-) Anamnese und die durchgeführte Therapie wird durch den Notarzt mitgeteilt. Für das stumpfe Abdominal- trauma sind insbesondere im Straßenverkehr die Ge- schwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge, ein angeleg- ter Sicherheitsgurt und das Auslösen eines Airbags von Bedeutung. Bei Stürzen sind Informationen über die Fallhöhe und den Untergrund relevant. Im Anschluss an die Übergabe folgt eine komplette kör- perliche Untersuchung am entkleideten Patienten. Hierbei müssen angefangen von einer äußeren Inspek- tion ein orientierender neurologischer Status erhoben, die Stabilität von Thorax und Becken überprüft werden, eine palpatorische Untersuchung des Abdomens auf Abwehrspannung oder Peritonismus erfolgen sowie Sphinktertonus, Wirbelsäule und Extremitäten beur- teilt werden. Als erstes bildgebendes Verfahren kommt die Sonogra- fie in Form des erweiterten Focused Assessment with Sonography for Trauma (e-FAST) zum Einsatz. Dieses beinhaltet folgende Einstellungen: ▪ Recessus hepatorenalis (Morison-Pouch), ▪ Recessus splenorenalis Raum (Koller-Pouch), ▪ Excavatio rectouterina bzw. rectovesicalis (Douglas- Raum, von oberhalb der Symphyse aus), ▪ perikardialer Raum (von subxiphoidal aus), ▪ rechter und linker Recessus costodiaphragmaticus, rechter und linker anterior-kranialer Pleuraraum (medioklavikulär). Die Sonografie ist in der Regel sofort verfügbar und kann parallel zu anderweitigen dringlichen Maßnah- men am Patienten durchgeführt werden. Neuere Me- taanalysen zeigen, dass die Sensitivität des e-FAST für freie Flüssigkeit oder die Verletzung parenchymatöser Organe zwar teilweise mit bis zu 97 % angegeben wird, jedoch oft deutlich niedriger ausfällt. Die Spezifität liegt jedoch in den meisten Studien nahe 100 % [11, 12]. Für die klinische Routine bedeutet dies, dass der fehlende Nachweis freier Flüssigkeit oder einer Verlet- zung parenchymatöser Organe keinen sicheren Aus- schluss darstellt. Bis zu jeder 10. Organläsion kann un- entdeckt bleiben. Beim hämodynamisch stabilen Pa- 60 Storz Pirmin et al. Das stumpfe Abdominaltrauma … Notaufnahme up2date 2020; 2: 59–72

CME-Fortbildung des FAST nachweisen. Auch in der CT können sie in der Frühphase aufgrund nur geringer Umgebungsreaktion schwer nachweisbar sein. Vor allem freie Luft, freie Flüssigkeit ohne Bezug zu einem parenchymatösen Or- gan und Kontrastmittelaustritte können hier Hinweise geben. Therapie – allgemein Allgemein gilt der Grundsatz, dass stabile Pateinten von einer definitiven operativen Versorgung profitie- ren. Bei instabilen Patienten gilt es jedoch, sekundären Schaden durch große Eingriffe und lange OP-Zeiten zu minimieren. Merke Es wird eine Damage Control Surgery (DCS) empfoh- len. Anatomische Rekonstruktionen werden dann zweizeitig durchgeführt. Die leitliniengerechte Indikation zur DCS besteht in der AHK-Trias aus: ▪ Azidose (pH < 7,2), ▪ Hypothermie ( < 34 °C), ▪ Koagulopathie (International Normalized Ratio [INR] > 1,6 bzw. Transfusionsbedarf im OP > 4 l) [18]. Die DCS umfasst folgende Schritte [8]: ▪ Rasche Blutstillung und die Vermeidung einer (weiteren) peritonealen Kontamination, ▪ temporärer Bauchdeckenverschluss, ▪ Damage Control Resuscitation (intensivmedizini- sche Stabilisierung inklusive permissiver Hypoten- sion, Azidoseausgleich, Substitution von Gerin- nungsfaktoren und Blutprodukten sowie Anstreben von Normothermie und Normokalzämie), ▪ geplante Reoperationen zur Reparatur und Rekonstruktion der Organverletzungen, ▪ definitiver Bauchdeckenverschluss im Intervall. Therapie der intraabdominellen Blutung Wird beim kreislaufinstabilen Patienten freie Flüssig- keit intraabdominell nachgewiesen oder ist auch unter Massentransfusion keine Kreislaufstabilisierung zu er- reichen, sollte eine sofortige Notfalllaparotomie leit- liniengerecht via Längslaparotomie erfolgen, ggf. noch im Schockraum. Vorteile der Längslaparotomie sind neben einer guten Exponierbarkeit des gesamten Abdomens die Möglichkeit der Verlängerung zur Ster- notomie oder alternativ unter Durchtrennung der Rip- penknorpel zu einer links- oder rechtsseitigen anterola- teralen Thorakotomie. Auch kann die Längslaparotomie schneller und blutärmer angelegt werden [8]. Eine si- tuationsbedingte Entscheidung zur queren Ober- bauchlaparotomie wird jedoch von der Leitlinie nicht absolut ausgeschlossen. Die hierzu bislang sehr einge- schränkte Datenlage vergleichender Studien zeigt eine kürzere Operationsdauer bei der Längslaparotomie [19]. Cave Wichtig ist bei der Notfalllaparotomie eine enge Abstimmung zwischen Chirurgen und Anästhesisten, da sich im Moment der Eröffnung von Faszie und Peritoneum die intraabdominellen Druckverhältnisse ändern und bei einer großen Blutung signifikante hämodynamische Auswirkungen möglich sind. Ist die Blutungsquelle nicht bekannt oder direkt er- sichtlich, erfolgt ein Packing aller vier Quadranten mit- tels Bauchtüchern, um eine rasche Blutungskontrolle zu erreichen. Gelingt dies hierdurch nicht, kann die Aorta unmittelbar infradiafragmal suprazöliakal tem- porär abgeklemmt werden. Zum Aufsuchen der Blu- tungsquelle werden die Quadranten dann selektiv de- packed und exploriert. Mussten zentrale Gefäße abge- klemmt werden, sollte möglichst rasch eine Verlage- rung der Klemmen nach peripher in die Nähe der Blu- tungsquelle angestrebt werden, um die Ischämiezeit der übrigen Versorgungsgebiete möglichst gering zu halten. Verletzungen großer Gefäße FALLBEISPIEL Der Patient wird notfallmäßig in den OP ver- bracht. Nach der medianen Laparotomie zeigt sich reichlich frisches Blut im linken Oberbauch. Der rechte Oberbauch sowie der Unter- und Mit- telbauch zeigen sich unauffällig. Entsprechend wird zunächst der linke Oberbauch mittels Pa- cking tamponiert, die Bursa omentalis eröffnet und der Milzhilus sowie der Pankreasschwanz zur sicheren Schonung dargestellt. Hier fallen bereits die sogenannten „Kalkspritzer“ auf der Pankreas- oberfläche auf. Die genaue Inspektion zeigt keine sonstige makroskopisch erkennbare Läsion. Es folgt nach Ligatur die Durchtrennung der Hilus- gefäße, und somit ist die Blutung gestoppt. Da- nach wird die Milz von den peritonealen Adhä- sionen freipräpariert und explantiert. Nach Durchführung einer Lavage mittels warmer iso- tonischer Kochsalzlösung zeigen sich bei der Durchmusterung des übrigen Abdomens im Be- reich des Lebersegments II ein subkapsuläres Hämatom sowie mehrere Einblutungen am Lig. hepatoduodenale, welche jedoch im Laufe des Eingriffs größenkonstant sind. Eine Doppler-So- nografie der Gefäße im Lig. hepatoduodenale 62 Storz Pirmin et al. Das stumpfe Abdominaltrauma … Notaufnahme up2date 2020; 2: 59–72

CME-Fortbildung Leber Leberverletzungen stellen die zweithäufigste Verlet- zung eines parenchymatösen Organs im Rahmen eines stumpfen Abdominaltraumas dar. Besonders aufgrund der hohen Inzidenz von Komplikationen von etwa 30 % stellen diese auch im postoperativen Management eine Herausforderung dar und erfordern neben der chirurgi- schen Blutstillung oftmals weitere Interventionen im Verlauf. Auch die Leberverletzungen werden von der American Association for Surgery of Trauma (AAST) nach Moore u. Mitarb. eingeteilt [21], jedoch in sechs Schweregra- de (▶ Tab. 3): ▪ Der Großteil der Leberverletzungen verteilt sich hierbei auf die Grade I und II [23]. Auch hier kann beim hämodynamisch stabilen Patienten unter eng- maschiger Kontrolle eine konservative Therapie er- wogen werden. Kreislaufinstabilität stellt jedoch eine Indikation zur Laparotomie dar. ▪ Verletzungen der Grade I – III, d. h. einfache Dekap- sulierungen und oberflächliche Parenchymeinrisse, können unter temporärer Kompression mit Koagu- lationsverfahren, Fibrinkleber und Kollagenvlies ver- sorgt werden. Gegebenenfalls kann es notwendig sein, durch ein Pringle-Manöver unter Okklusion des Lig. hepatoduodenale die arterielle und portalvenö- se Gefäßversorgung der Leber zu drosseln. Sollte unter dem Pringle-Manöver keine Kontrolle der Blu- tung erreichbar sein, kann eine Verletzung der Le- bervenen oder der V. cava vorliegen. In diesem Falle kann die V. cava supra- sowie infrahepatisch abge- klemmt werden. ▪ Bei schwereren Rupturen (Grad IV – VI) oder hämo- dynamischer Instabilität muss eine schnelle Blu- tungskontrolle erreicht werden. Packing oder das Einschlagen in ein Vicrylnetz, das sogenannte „Mesh-Wrapping“, können hier unter Umständen die einzigen effektiven Erstmaßnahmen sein [24, 25]. Hierzu muss für eine vollständige Kom- pression die Leber komplett mobilisiert werden. Beim Packing der Leber muss darauf geachtet wer- den, dass das Organ nicht zu stark komprimiert und damit nicht mehr durchblutet wird. In der Regel rei- chen zwei (bis maximal vier) Bauchtücher für eine Kompression völlig aus. Nach 24 – 48 Stunden sollte dann ein Second Look mit Depacking und gegebe- nenfalls erneutem Packing oder einer definitiven Versorgung erfolgen. Hierbei kann ein nicht anato- misches Resektionsdébridement durchgeführt wer- den, welches im Vergleich zur anatomischen Resek- tion eine günstigere Prognose hat [26]. ▪ Grad-V- bis -VI-Verletzungen können in extrem seltenen Fällen eine Lebertransplantation erforder- lich machen. Niere und ableitende Harnwege Das Ausmaß von Nierenverletzungen wird auch nach Moore u. Mitarb. klassifiziert [27] (▶ Tab. 4). Das thera- peutische Vorgehen richtet sich wesentlich nach dem Zustand und Gesamtverletzungsmuster des Patienten. Häufig kann zumindest zunächst eine konservative Ver- sorgung erfolgen. Lediglich bei ausgedehnten Verlet- zungen und hämodynamisch instabilem Patienten kann eine Nephrektomie notwendig werden. Interven- tionell-radiologische Embolisationsverfahren können bei Verletzungen der Grade IV – V entscheidend zur Blutungskontrolle beitragen. ▶ Tab. 3 Schweregrade der Leberverletzungen [21]. Grad Verletzungstyp Beschreibung der Verletzung I II III IV V VI Hämatom Lazeration Hämatom Lazeration Hämatom Lazeration Lazeration Lazeration subkapsulär, < 10 % der Organoberfläche Kapseleinriss mit < 1 cm Tiefe subkapsulär, 10 – 50 % der Organoberfläche intraparenchymatös, < 10 cm Durchmesser Kapseleinriss, 1 – 3 cm Tiefe, < 10 cm in der Ausdehnung subkapsulär, > 50 % Organoberfläche rupturiertes subkapsuläres oder parenchymatöses Hämatom intraparenchymatöses Hämatom > 10 cm oder in der Größe zunehmend > 3 cm Tiefe Parenchymzerstörung, die 25 – 75 % des Leberlappens oder 1 – 3 Segmente umfasst Parenchymzerstörung, die > 75 % des Leberlappens oder > 3 Segmente innerhalb eines Leberlappens umfasst Gefäßverletzung Verletzung juxtahepatischer Gefäße, z. B. V. cava oder Lebervenen Gefäßverletzung Avulsion der Leber 64 Storz Pirmin et al. Das stumpfe Abdominaltrauma … Notaufnahme up2date 2020; 2: 59–72

CME-Fortbildung ▶ Tab. 5 Schweregrade der Pankreasverletzungen [30]. Grad Verletzungstyp Beschreibung der Verletzung I II III IV V Hämatom Lazeration Hämatom Lazeration Lazeration Lazeration Lazeration kleinere Kontusion ohne Gangverletzung oberflächliche Lazeration ohne Gangverletzung große Kontusion ohne Gangverletzung oder Gewebsverlust große Lazeration ohne Gangverletzung oder Gewebsverlust distale Durchtrennung oder Parenchymverletzung mit Gangverletzung proximale Durchtrennung oder Parenchymverletzung mit Beteiligung der Ampulla Vateri massive Zerstörung des Pankreaskopfs HINTERGRUND Die Schockraumvorbereitung Der Schockraum muss stets für die Versorgung eines poly- traumatisierten Patienten vorbereitet sein. Bildgebende Diagnostik (z. B. Sonografie-, Computertomograf) müssen regelmäßig und vor jedem Eintreffen eines Patienten auf ein- wandfreie Benutzung überprüft werden. Idealerweise findet ein Team-Time-out des behandelnden Teams mit den wich- tigsten Informationen über den polytraumatisierten Patienten, soweit bekannt, noch vor dem Eintreffen des Patienten statt. Die Schockbox – beinhaltet leitliniengerecht fünf Erythrozy- tenkonzentrate der Blutgruppe 0 Rhesus negativ sowie FFPs – wird von der Blutbank in den Schockraum geliefert. Eintreffen des Patienten Beim Eintreffen des Patienten wird seitens des begleitenden Notarztes eine Übergabe durchgeführt. Diese beinhaltet mög- lichst alle über den Patienten bekannte Informationen wie z. B. Name, Alter, Unfallhergang, leichte/komplizierte Bergung, Einklemmung, prähospitaler klinischer Befund, Vitalparame- terverlauf, Verletzungen bzw. Anhalt für Verletzungen, Be- gleitpersonen, verabreichte Medikamente und weitere für die Versorgung des Patienten relevante Informationen. Anlage einer Drainage, die chirurgische Versorgung folgt im Verlauf. Alternativ kann eine kleine Verletzung des Ductus pancreaticus über eine ERCP mittels Sten- timplantation versorgt werden. Therapie von Hohlorganverletzungen Darmwandkontusionen und -lazerationen, aber auch Darmwandperforationen und Verletzungen von Me- senterialgefäßen werden häufig aufgrund eher unspe- zifischer Zeichen nicht in der initialen Diagnostik er- kannt [31]. Die Ursachen reichen von einer direkten Krafteinwirkung durch Einquetschung, plötzlichem in- traluminalem Druckanstieg in einer Darmschlinge bis hin zu Verletzungen aufgrund von Scherkräften zwi- schen fixierten und mobilen Darmanteilen. Daher tre- ten Hohlorganverletzungen am häufigsten im Bereich FALLBEISPIEL Bereits in den ersten postoperativen Tagen auf der Intensivstation kommt es zu einem deutli- chen fortgesetzten CRP-Anstieg, weswegen eine erneute CT-Bildgebung veranlasst wird. Hierbei kommt eine hypodense Läsion des Pankreaskor- pus zur Darstellung, welche aufgrund einer auf selber Höhe befindlichen Wirbelkörperfraktur für eine Lazeration des Pankreas verdächtig ist. Trotz konservativer Maßnahmen demarkieren sich in einer CT-Kontrolle nach etwa 1 Woche zuneh- mend Defektzonen am Pankreas (▶ Abb. 2). Eine MRCP weist eine größere Defektzone am Über- gang Pankreaskorpus/Pankreasschwanz sowie eine kleinere Defektzone am Pankreaskopf nach. Beide liegen im Verlauf des Hauptgangs, sodass von einer Verletzung desselbigen auszugehen ist. ▶ Abb. 2 CT-Abdomen desselben Patienten aus dem Fallbeispiel ca. 1 Woche später. Hier ist die Defektzo- ne des Pankreaskorpus nun klar zu sehen (Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Gerald An- toch, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf). 66 Storz Pirmin et al. Das stumpfe Abdominaltrauma … Notaufnahme up2date 2020; 2: 59–72

CME-Fortbildung TIPP Hilfreiche Tipps für die Notfalllaparotomie ▪ Der Kolonrahmen umgibt naturgemäß den kompletten Dünndarm. ▪ Das Colon transversum fungiert auch als eine Trennwand zwischen dem Oberbauch und dem Rest des Abdomens. Ist mehr Blut kranial des Colon transversum zu finden, dann ist die Blutungsquelle am ehesten im Oberbauch. Ist es mehr unterhalb des Colon transversum, dann ist die Blutungsquelle eher im Mittel- oder Unterbauch. ▪ Bei einem Hämoperitoneum reichen häufig zwei Sauger nicht aus, da vielfach auch Koagel vorhanden sind, sodass die Sau- ger sich ansaugen und nicht effektiv sind. Hier würde eine manuelle Ausräumung der Koagel oder Ausräumung mittels Nierenschale helfen. Wenn das Blut nur in flüssiger Form vor- handen ist oder wenige Koagel enthält, dann müssten zwei Sauger ausreichend sein. den lateralen Bereichen und verlaufen radiär entlang der Muskelfasern. Trotzdem können linksseitige Zwerchfellverletzungen i. d. R. leichter diagnostiziert werden, da in der Akutphase bei Hernierung von in- traabdominellen Organen diese eher links vorkommt. Ein konventionelles Röntgenbild des Thorax ist in aller Regel vollkommen ausreichend, um dies zu diagnosti- zieren, da in der linken Thoraxhälfte ein Enterothorax zu sehen ist. Rechtsseitig ist dies aufgrund der Lage so- wie der Größe der Leber weniger häufig. Wegen der hierzu nötigen hohen Krafteinwirkung sind Zwerchfell- verletzungen häufig mit intraabdominellen oder intrat- horakalen Verletzungen vergesellschaftet [32, 33]. Eine zeitnahe chirurgische Sanierung einer Zwerchfellverlet- zung ist besonders dann erforderlich, wenn eine Min- derperfusion hernierter Organe droht oder die Beat- mung des Patienten aufgrund der Verdrängung der Lunge erschwert ist. KERNAUSSAGEN ▪ Die besondere Schwierigkeit des Managements abdominell traumatisierter Verletzter liegt in der oft großen Gesamtverletzungsschwere bei häufigen Begleitverletzungen (AIS). ▪ Einige Läsionen sind in der Frühphase nur schwer nachweisbar: Zwerchfellrupturen bei- spielsweise werden in bis zu ⅔ der Fälle überse- hen, ca. 13 % der Verletzungen im Bereich des Gastrointestinaltrakts werden nicht primär mit- tels CT oder anderer bildgebender Verfahren diagnostiziert [27]. ▪ Übersehene abdominelle Verletzungen stellen eine häufige Todesursache polytraumatisierter Patienten dar. ▪ Konservativ nicht beherrschbare hämodynami- sche Instabilität stellt eine Indikation zur Not- falllaparotomie (ggf. sogar im Schockraum) dar, weiterführende Diagnostik muss gegebenen- falls zurückgestellt werden. ▪ Insgesamt gilt bei der Versorgung abdomineller Traumafolgen das Prinzip der Damage Control Surgery. ▪ Bei nicht eindeutig abgrenzbarer Blutungsquel- le kann ein Packing als Erstversorgung erfolgen. ▪ Milzverletzungen müssen je nach Schweregrad nicht unbedingt zur Splenektomie führen, je- doch ist immer die Gesamtverletzungsschwäre und der Zustand des Patienten zu berücksich- tigen. ders wichtig, da gleichzeitig Verletzungen des Pankreas vorliegen können. Duodenalverletzungen werden nach einer eigenen Klassifikation eingeteilt und die operati- ve Versorgung ist komplexer. Das nötige operative Spektrum reicht von einer Übernähung und Anlage ei- ner T-Drainage über eine Duodenojejunostomie bis hin zur partiellen Pankreatikoduodenektomie. Jejunum und Ileum werden vom Treitz-Ligament bis nach ileozökal durchgemustert. Kleinere Perforationen können hier oft mit einer Übernähung versorgt wer- den, wobei darauf zu achten ist, dass diese quer ange- legt ist, um keine Stenosierung hervorzurufen. Liegen größere Defekte oder gleichzeitige Mesenterialverlet- zungen vor, sollte eine segmentale Resektion erfolgen. Mesenteriale Blutungen können neben der chirurgi- schen Versorgung auch interventionell-radiologisch angegangen werden, wenn dies die Gesamtsituation zulässt. Je nach Zustand und Gesamtverletzungsmuster des Pa- tienten kann es notwendig sein, im Sinne des Damage Control eine Diskontinuitätsresektion mit Blindver- schluss der Darmenden und einen temporären Bauch- deckenverschluss zur Prophylaxe eines abdominellen Kompartmentsyndroms vorzunehmen. Eine zweizeiti- ge Kontinuitätswiederherstellung oder Anlage eines Anus praeter sollte jedoch nicht mit zu großem Ab- stand zur primären OP erfolgen, da Komplikationen aufgrund des Sekretstaus drohen. Therapie von Zwerchfellverletzungen Zwerchfellrupturen sind selten, werden jedoch in bis zu ⅔ der Fälle erst verzögert diagnostiziert. Hierbei ist die rechte Hälfte des Zwerchfells etwas dreimal häufiger als die linke betroffen, die Rupturen liegen meist in 68 Storz Pirmin et al. Das stumpfe Abdominaltrauma … Notaufnahme up2date 2020; 2: 59–72

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CME-Fortbildung | CME-Fragebogen Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 6 Frage 9 Welche der folgenden Verletzungen kann nach einem stump- fen Bauchtrauma zu rechtsseitigen Unterbauchschmerzen füh- ren? Welche Antwort ist nicht richtig? Welche der folgenden Verletzungen – egal welchen Grades – bedarf immer einer chirurgischen operativen Therapie? A Zwerchfellruptur. B C D Intramuskuläres Hämatom des M. rectus abdominis rechts Fraktur der linken 9. Rippe. Pankreasverletzung. kaudal. Verletzung der linken Niere. E Frage 7 A Leberruptur. B Milzruptur mit hämodynamischer Instabilität bei einem Erwachsenen. C Darmperforation. D Gallenblasenperforation. E Nierenblutung. Frage 10 Welche Aussage ist nicht richtig? Ein stumpfes Abdominal- trauma… Welche Aussage ist richtig? Damage Control Surgery (DCS) bedeutet … A kann intraabdominelle Verletzungen aufweisen, die initial A die vollständige operative Versorgung einer Leberruptur schwer zu erkennen sind. kann extraabdominelle Begleitverletzungen haben. kann keine extraabdominellen Begleitverletzungen haben. B C D kann lebensbedrohlich sein. E kann eine Gallenblasenperforation verursachen. Frage 8 Welches der folgenden Organe ist am häufigsten bei einem stumpfen Bauchtrauma verletzt? A Zwerchfell. B Mesenterium. C D Milz. E Pankreas. Leber. mit Durchführung einer Hemihepatektomie im initialen Eingriff, da anatomische Resektionen mit einem besseren Outcome assoziiert sind. die Durchführung einer simultanen Appendektomie bei der initialen Exploration, um eine sekundäre Appendizitis zu vermeiden. nur das Nötigste zu operieren und eventuell Komplettie- rung sekundär nach Stabilisierung des Patienten. B C D die primäre Versorgung aller Verletzungen, z. B. knöcherne nicht dislozierte Frakturen direkt im Anschluss an eine Not- fallsplenektomie. die notfallmäßige Versorgung einer Zwerchfellruptur ohne pulmonale Einschränkungen oder Inkarzeration von abdo- minellem Inhalt. E 72 Storz Pirmin et al. Das stumpfe Abdominaltrauma … Notaufnahme up2date 2020; 2: 59–72

CME-Fortbildung Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen: Influenza Frank Hanses Heft 1/2020 Sepsis in der Notaufnahme Christoph Dodt Heft 1/2019 ALLES ONLINE LESEN JETZT FREISCHALTEN Mit der eRef lesen Sie Ihre Zeitschrift: online wie offline, am PC und mobil, alle bereits erschienenen Artikel. Für Abonnenten kostenlos! https://eref.thieme.de/notaufnahme-u2d Sie haben Ihre Zeitschrift noch nicht freigeschaltet? Ein Klick genügt: www.thieme.de/eref-registrierung.

CME-Fortbildung FALLBEISPIEL Frau M., eine 70-jährige Patientin mit vorbe- kannter arterieller Hypertonie, koronarer Herzer- krankung und Herzinsuffizienz, Z. n. mehrfacher kardialer Dekompensation im Vorjahr, zuletzt je- doch unter medikamentöser Therapie stabil, stellt sich im Februar erneut in der Notaufnahme vor. Die Patientin klagt über Dyspnoe, Husten, Kopf- und Halsschmerzen. In der körperlichen Untersuchung finden sich diskrete Beinödeme, leichte basal betonte Rasselgeräusche über den Lungen beidseits, eine Temperatur von 38,3 °C (tymp.), sonst unauffällige Vitalparameter – die Patientin ist voll orientiert, gute Raumluftsätti- gung (SO2 96 %). Frau M. glaubt zumindest, im Herbst eine Grippeimpfung erhalten zu haben, der Impfpass liegt nicht vor. Passt die Klinik zu einer „echten“ Grippe? Bezie- hungsweise muss differenzialdiagnostisch zu- mindest an eine Influenza gedacht werden? Trotz Impfung? Muss mit einem komplizierten Verlauf gerechnet werden? „Reicht“ der klinische Befund oder sollte die Diagnose mikrobiologisch gesi- chert werden? gie, Fallzahlen und Dynamik einer Influenzawelle sind für Deutschland jeweils auf den Seiten der Arbeitsge- meinschaft Influenza (AGI) am RKI nachzulesen [2]. Klinik Die klinischen Symptome einer Influenza Infektion überlappen stark mit denen anderer respiratorischer Virusinfektionen wie Parainfluenza, RSV, Koronaviren, Adenoviren, Entero- und Rhinoviren, hMPV bis hin zu selteneren Erregern wie SARS und MERS. Typisch ist ein abrupter Symptombeginn nach kurzer Inkubationszeit von 1 – 2 Tagen mit Fieber, generellem Krankheitsge- fühl Symptomen (▶ Tab. 1). Klassisch ist die Trias aus Fieber, Husten und Halsschmerzen, individuell können die Symptome je- doch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein bis hin zu ei- nem fast asymptomatischen Verlauf [1 – 3]. und respiratorischen (Malaise) Beim immunkompetenten Patienten liegt die typische Krankheitsdauer im Bereich von 5 – 7 Tagen, kann ab- hängig von Prädisposition, Risikofaktoren und Kompli- kationen jedoch auch deutlicher länger sein. Die Dauer der Infektiosität (d. h. die Dauer des Ausscheidens von Viren) liegt bei 4 – 5 Tagen ab Symptombeginn für an- derweitig gesunde Patienten, für hospitalisierte Pa- tienten bei etwa 7 Tagen. In der Regel zeigt sich eine Besserung der klinischen Hauptsymptome nach 3 Ta- gen. Einzelne Symptome wie Fieber, Husten und ein all- ▶ Tab. 1 Typische Klinik einer Influenzainfektion [1]. Symptome allgemein Klinik Fieber Schüttelfrost Kopfschmerzen Muskel-/Gliederschmerzen generelles Krankheitsgefühl (Malaise) selten Übelkeit/Erbrechen respiratorisch Husten (oft trocken) Halsschmerzen Schnupfen, ev. Konjunktivitis gemeines Krankheitsgefühl können aber auch über Wochen persistieren. Eine fehlende klinische Besse- rung nach wenigen Tagen sollte den Verdacht auf mög- liche Komplikationen lenken (▶ Tab. 2). Pulmonale bzw. respiratorische Komplikationen sind am häufigsten (in ca. 4 – 19 %, [4]), gefürchtet sind vor allem sekundäre, dann meist bakterielle Pneumonien. Typisch für eine sekundäre bakterielle Pneumonie ist ein zweigipfeliger Krankheitsverlauf mit einer erneuten Verschlechterung nach einer initialen klinischen Besserung in den ersten Tagen. Ein schwerer Verlauf innerhalb der ersten 1 – 3 Tage ist oft eher direkt Influenza-assoziiert. Zur Diffe- renzialdiagnose virale Pneumonie versus (sekundäre) bakterielle Pneumonie kann z. B. das Procalcitonin (PCT) im Serum eingesetzt werden, das gerade für re- spiratorische Infektionen gut etabliert ist. Das CRP ist hierzu wenig geeignet und oft auch im Rahmen einer Influenzainfektion selbst deutlich erhöht. Nicht zuletzt aufgrund der saisonal hohen Zahl Influen- zainfizierter muss aber auch das Auftreten extrapulmo- naler Komplikationen beachtet werden. Die Häufigkeit kardialer Komplikationen wie der Myokarditis schwankt zwischen 0 % und 10 % ([5], mit einer deutlich höheren Rate in postmortalen Untersuchungen). Zum Aus- schluss einer Influenza-assoziierten Myokarditis emp- fehlen sich bei Patienten mit schwerer Erkrankung oder gleichzeitig bestehenden kardialen Beschwerden (Brustschmerz, Rhythmusstörungen, neu aufgetretene Herzinsuffizienz) die Durchführung eines EKG sowie die Bestimmung kardialer Biomarker (Troponin). Die relati- ve Häufigkeit anderer, insbesondere neurologischer Komplikationen, ist vergleichsweise schlecht unter- sucht [6]. 76 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

CME-Fortbildung te Verfahren infrage, serologische Untersuchungen zum Antikörpernachweis oder die Virusisolation mit- tels Kultur spielen akutmedizinisch keine Rolle. In der Praxis spielen die Nukleinsäure-basierten Verfah- ren (z. B. RT-PCR) aufgrund ihrer hohen Sensitivität, Spezifität und breiten Einsetzbarkeit bzw. Kombinier- barkeit die wichtigste Rolle. Antigen-basierte Tests so- wie einige „Point-of-Care“-(POC-)Tests können zwar hilfreich sein, teils aufgrund einer schlechteren Sensiti- vität eine Influenzainfektion jedoch auch nicht zu- verlässig ausschließen [9]. Insbesondere einige klassi- sche, meist Antigen-basierte Tests, die zum schnellen (< 30 min) Influenzanachweis („Influenzaschnelltest“) vermarktet werden, kommen über eine bescheidene Sensitivität von 50 % nicht hinaus [10]. Mittlerweile sind jedoch auch PCR-basierte Verfahren im Einsatz, die soweit miniaturisiert und standardisiert sind, dass sie für den POC-Einsatz (auch in der Notaufnahme) in- frage kommen. In mehreren Studien ließ sich zeigen, dass der niedrigschwellige, zeitnahe Einsatz eines POC-Tests zum Nachweis (bzw. Ausschluss) einer Influ- enza sowohl den Einsatz spezifischer Virustatika gegen Influenza erhöht als auch die Verwendung von Antibio- tika signifikant vermindert [11]. Mittels Nukleinsäure-basierter Verfahren lässt sich im Regelfall eine Virusausscheidung über 5 – 7 Tage hin- weg nachweisen, im Einzelfall auch darüber hinaus, mehr als 14 Tage stellt jedoch die absolute Ausnahme dar. In der Praxis muss daher eine erneut positive PCR mit mehr als 2 Wochen Abstand (insbesondere bei ent- sprechender Klinik) als erneuter Influenzanachweis ge- wertet werden. Beim Einsatz von POC-Tests (inklusive Schnelltests) sollte nicht vergessen werden, dass der direkte Nach- weis von Influenzaviren gemäß § 7 Abs. 1 des Infekti- onsschutzes meldepflichtig ist und dem Gesundheits- amt namentlich gemeldet werden muss. Entsprechen- de Vorkehrungen sollten daher beim Einsatz solcher Tests auch in Notaufnahmen getroffen werden. Der Ablauf der Versorgung von Patienten, die sich in der Influenzasaison mit einer passenden Symptomatik in der Notaufnahme darstellen, kann z. B. wie in ▶ Abb. 3 dargestellt erfolgen. Im Pandemiefall sind auch Konstel- lationen vorstellbar, in denen aufgrund eines drama- tisch erhöhten Patientenaufkommens mit spezifischen Beschwerden die üblichen Triage-Systeme in der Not- aufnahme angepasst werden müssen. Detaillierte Über- legungen hierzu und Vorstellung eines „Pandemic Influ- enza Triage Algorithm (PITA)“ finden sich auf den Inter- netseiten der Centers for Disease Control and Preventi- on (CDC) [12]. ▶ Abb. 1 Bilaterale, basal betonte, fleckige Infiltrate im Rahmen einer Influenza Pneumonie. (Quelle: Alveolar In- filtrates and Atelectasis. In: Burgener F, Kormano M, Pudas T, Hrsg. The Chest X-Ray. Differential Diagnosis in Con- ventional Radiology. 2nd revised edition. Thieme: Stutt- gart; 2005. doi:10.1055/b-006–160935). ▶ Abb. 2 Bilaterale jedoch rechts deutlich ausgeprägtere Konsolidierungen im Rahmen einer Influenza Pneumonie. (Quelle: Pulmonary Edema and Symmetrical Bilateral Infil- trates. In: Burgener F, Kormano M, Pudas T, Hrsg. The Chest X-Ray. Differential Diagnosis in Conventional Radio- logy. 2nd revised edition. Thieme: Stuttgart; 2005. doi:10.1055/b-006–160935). Zur Diagnosesicherung in der Akutmedizin eignet sich der Nachweis aus Atemwegsmaterial wie Rachenspül- wasser, Nasen- oder Rachenabstriche, Bronchialsekret. Tiefe Nasenabstriche scheinen dabei eine höhere Sensi- tivität als Rachenabstriche [8] zu haben (sind aber auch deutlich unangenehmer für den Patienten). Ab 2 Tage nach Symptombeginn nimmt die Chance, Influenzavi- ren nachzuweisen, außerdem stetig ab. Zum Nachweis kommen entweder Antigen- oder Nukleinsäure-basier- 78 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

CME-Fortbildung FALLBEISPIEL Frau M. berichtet weiter auf gezielte Nachfrage, dass die Symptome vor genau 2 Tagen auf der Heimfahrt von einem Ausflug begonnen hätten. In der weiteren Untersuchung in der Notaufnah- me zeigen sich laborchemisch erhöhte Entzün- dungsparameter (CRP 80 mg/l, Leukozyten 14/ nl), die restlichen Laborparameter sind im We- sentlichen unverändert zu den Vorbefunden. In der Röntgen-Untersuchung des Thorax zeigt sich eine leichte Zeichnungsvermehrung beidseits. Aufgrund der mit einer Influenza vereinbaren Klinik (die auch durch die vorangegangene Imp- fung nicht ausgeschlossen ist) und erhöhtem Ri- siko für einen schweren Verlauf (Alter, Vorer- krankungen) wird die Patientin stationär aufge- nommen und eine Influenzadiagnostik veran- lasst. Mittels RT-PCR lassen sich Influenza-B-Vi- ren im Rachenspülwasser nachweisen. Sollte eine antivirale und/oder antibiotische The- rapie begonnen werden? Welche Isolations- bzw. Prophylaxemaßnahmen sind indiziert? zirkulierende Viren. Antiviral wirksame Substanzen mit anderen Angriffspunkten befinden sich noch in der kli- nischen Entwicklung. Einzelne Substanzen wie der En- donukleasehemmer Baloxavir und der RNA-Polymera- se-Inhibitor Favipravir sind aber bereits außerhalb der EU (hier Japan) auf dem Markt. Obwohl breit eingesetzt, ist die Effektivität und klini- sche Wirksamkeit der Neuraminidasehemmer in den letzten Jahren in der Fach- und Laienpresse kontrovers diskutiert worden. Bei unkomplizierter Influenzain- fektion in anderweitig gesunden Erwachsenen führt die Therapie mit Neuraminidasehemmern lediglich zu einer durchschnittlichen Verkürzung der Symptomdau- er von weniger als 1 Tag (0,6 Tage bei einer durch- schnittlichen Symptomdauer von 7 Tagen). Ein Einfluss auf Influenza-assoziierte Komplikationen wie Hospitali- sierung oder Pneumonien ließ sich in einer sorgfältigen Cochrane-Analyse ebenfalls nicht belegen [13]. Der Ef- fekt bei Patienten mit einem höheren Risiko (vorer- krankte Patienten oder Patienten mit schwererem Ver- lauf) ist nicht mit gleicher Evidenz untersucht. Eine Me- taanalyse von Studien im Rahmen der „Schweinegrip- pe“-Epidemie ab 2009 kommt zu dem Schluss, dass der Effekt auf das Überleben von im Rahmen einer In- fluenzainfektion hospitalisierten (!) Patienten bei ei- nem Therapiebeginn innerhalb der ersten 2 Tage (nach Beginn der Symptome) am größten ist [14]. Prinzipiell ließ sich jedoch ein (stetig sinkender) Effekt auf die Le- talität noch über einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen nach Symptombeginn nachweisen. Insgesamt zeigen alle zugelassen Neuraminidasehem- mer die beste Wirksamkeit in den ersten 48 Stunden nach Symptombeginn. Unter Umständen kann aber auch eine Therapie bis zu 5 Tage nach Krankheitsbe- ginn noch sinnvoll sein (schwer erkrankte, hospitalisier- te Patienten), in speziellen Einzelfällen sogar darüber hinaus. Eine Therapie mit Neuraminidasehemmern bei leicht erkrankten Patienten (die einfachste Definition wäre „nicht stationär behandlungsbedürftig“) bringt wenig klinische Vorteile. Eine antivirale Therapie sollte v. a. bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen schwereren Verlauf (vorerkrankte oder schwangere Pa- tienten, hospitalisierte Patienten) in Erwägung gezo- gen werden [9], bei allen anderen Erkrankten ist auch eine rein symptomatische Therapie vertretbar. Eine laborgestützte Sicherung der Diagnose sollte zwar angestrebt werden, muss vor Therapiebeginn (insbe- sondere bei schwer Erkrankten oder Patienten mit ent- sprechenden Grunderkrankungen) jedoch nicht abge- wartet werden. Merke Für Schwangere existiert keine offizielle Empfehlung, bislang ist jedoch keine erhöhte Embryotoxizität auf- gefallen, sodass aufgrund des erhöhten Risikos bei Schwangeren Neuraminidasehemmer (und hier am ehesten Oseltamivir) gegeben werden sollten. Eine zusätzliche antibiotische Therapie sollte nur bei Hinweisen auf eine gleichzeitige bakterielle Infektion (meist Pneumonie) oder sekundäre Verschlechterung gegeben werden. Vor allem bei ambulant erworbenen Pneumonien (CAP) kann man sich dabei an den Emp- fehlungen zur Therapie der CAP generell orientieren (vgl. S3-Leitlinie der AWMF). Insbesondere bei Fieber (und klassischerweise älterem Patienten) sollte eine Dehydratation durch Flüssigkeitssubstitution ausgegli- chen werden. In dem Zusammenhang können auch An- tipyretika hilfreich sein, um einem weiteren übermäßi- gen Flüssigkeitsverlust vorzubeugen. Antipyretika lin- dern darüber hinaus die klinische Symptomatik (Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen), ein überzeugender Einfluss auf die Dauer der Erkrankung ist jedoch nicht beschrieben [1]. Zum Einsatz kommen sollten in erster Linie Paracetamol und Ibuprofen, Aspirin sollte auf- grund der beschriebenen Assoziation mit einem Reye- Syndrom vor allem bei Kindern und Jugendlichen ge- mieden werden. Die Studienlage zu anderen additiven Therapien ist zu heterogen, um generelle Empfehlungen abgeben zu können. Dies gilt für mutmaßlich immunmodulatori- sche Ansätze wie die Therapie mit Makroliden oder Sta- tinen, in besonderem Maße jedoch auch für die adju- vante Therapie mit Steroiden. Die derzeit verfügbare Evidenz speziell bei der Influenza ist von so niedriger 80 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

Infl uenza Frank Hanses 1Ansteckung Übertragung der Infl uenzaviren von Person zu Person (Aerosol, Tröpcheninfektion) oder Kontakt- übertragung (kontaminierte Oberfl ächen) 2 Patient mit Symptomen Symptome • Hohes Fieber (> 38 °C) • Muskel- und Gliederschmerzen • Husten • Kopfschmerzen • Halsschmerzen • Abgeschlagenheit, Frösteln Prävention von Übertragung in der Notaufnahme • Adäquate Handhygiene • Desinfektion kontaminierter Oberfl ächen • Mund-/Nasenschutz, Einmalhandschuhe, Kittel • Adäquate Immunität (Schutzimpfung) • ggf. Chemoprophylaxe nach Exposition mit Neuraminidasehemmern bei Risikopatienten Quelle: Hanses F. Infl uenza. Notaufnahme up2date 2020; 2 (1); 75-92 3 Patient in der Notaufnahme • Isolierung/Abschirmung des Patienten/ Hygienemaßnahmen • Mund-/Nasenschutz • Abstand zu weiteren Patienten

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CME-Fortbildung Im Einzelfall (bzw. im besonderen Pandemiefall) kann eine Chemoprophylaxe mit Neuraminidasehemmern (z. B. Oseltamivir) bei entsprechender Exposition, feh- lender Immunität und hohem Risiko in Betracht gezo- gen werden. Eine Chemoprävention mit Neuraminida- sehemmern kann entweder post- oder präexpositionell erfolgen. Die Wirkung ist in bis zu 90 % der Fälle effek- tiv, hält aber nur so lange an, wie die Medikation auch eingenommen wird. Beide Szenarien können jedoch insbesondere im Pandemiefall eine wichtige Rolle spie- len, entsprechend wurde eine Bevorratung im nationa- len Pandemieplan vorgesehen. In der Ausbruchssituation (auch saisonaler Epidemie) können weitere Maßnahmen erwogen werden. Infrage kommen: ▪ eine generelle Mundschutzpflicht für Personal im direkten Patientenkontakt, ▪ das aktive Ansprechen und „Heimschicken“ von Personal mit respiratorischen Symptomen, ▪ aktive Surveillance mit großzügiger Indikation zum zeitnahen Testen u. a. Impfung Eine regelmäßige (sprich jährliche) Impfung ist der ef- fektivste Ansatz zur Prävention und Kontrolle von Influ- enzainfektionen. Sinnvollerweise erfolgt diese im Herbst (nicht zu früh) vor Beginn der Influenzasaison im Oktober oder November (für die Nordhalbkugel). Dem Impfschutz des medizinischen Personals in Not- aufnahmen kommt dabei aufgrund des regelmäßigen Kontakts sowohl mit akut an respiratorischen Sympto- men erkrankten Patienten als auch mit entsprechend vorerkrankten, besonders vulnerablen Patienten (siehe Risikofaktoren) eine besondere Bedeutung zu. Leider ist der Anteil an regelmäßig geimpftem Personal im Gesundheitswesen allgemein und in den Notaufnah- men im Besonderen deutlich ausbaufähig. Sinnvolle Strategien beinhalten Aufklärungskampagnen, „Füh- ren durch Vorbild“ der Leitungsebene, niedrigschwelli- ge Angebote (z. B. Impfungen vor Ort am Arbeitsplatz) und „Nudging“-Strategien z. B. mit wiederkehrender individueller Ansprache und sanftem Drängen. sind zwei Der saisonale Impfstoff wird anhand von WHO-Emp- fehlungen Anfang eines jeden Jahres (für die nördliche Hemisphäre) für die kommende Influenzasaison zu- sammengestellt. Beinhaltet Influenza-A- Stämme (zurzeit ein H1N1-Subtyp, ein H3N2-Subtyp) sowie eine (trivalente Vakzine) oder beide (tetravalen- te Vakzine) Influenza-B-Linien. Die Effektivität der Imp- fung variiert, ist bei älteren Patienten schlechter und hängt wesentlich von der Übereinstimmung der Impf- stämme mit den dominierend zirkulierenden epidemi- schen Virusstämmen ab. Typische Effektivitätsraten lie- gen im Bereich von 50 – 60 % [9]. Auch eine dokumen- PR A XISTIPP Die typischen menschlichen Grippeviren sind hoch kontagiös (d. h. leicht von Mensch zu Mensch übertragbar). Zur Kontaktvermeidung tragen bei: ▪ Frühzeitiges Erkennen (und ggf. Isolation) von möglicherweise infizierten Patienten. ▪ Schutz der eigenen Mund-/Rachenschleimhäu- te durch Tragen eines Mund-/Nasenschutzes. In der Regel ist hierzu eine normale („chirurgi- sche“) Maske ausreichend, eine FFP2-Maske sollte nur bei sehr engem Kontakt zu den Atemwegen getragen werden. ▪ Vermeidung der Weiterverbreitung von infi- ziertem Material. Wichtig ist die allgemeine Basishygiene und v. a. Händehygiene. ▪ Impfung (wichtigster Ansatz zur Unterbrechung von Influenzaübertragungen). Die heutigen Impfstoffe sind gut verträglich, müssen aber jedes Jahr aufgefrischt werden. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die regelmäßige Impfung für medizinisches Personal auch zum Schutz der Patienten. ▪ Eine medikamentöse Therapie (z. B. mit Tami- flu) für schwerer erkrankte, z. B. hospitalisierte Patienten. Bei ansonsten gesunden Patienten (und Kollegen) mit unkompliziertem Verlauf empfiehlt sich eine rein symptomatische The- rapie und „Isolation“ zu Hause. FALLBEISPIEL Frau M. wird unter den oben beschriebenen Iso- lations- und Schutzmaßnahmen in ein Einzelzim- mer aufgenommen. Aufgrund der bestehenden Risikofaktoren wird eine antivirale Therapie mit Oseltamivir 75 mg 1 – 0 – 1 für 5 Tage begonnen, auf eine antibiotische Therapie wurde bei fehlen- den Hinweisen auf eine bakterielle Superinfekti- on verzichtet. Nach wenigen Tagen zeigt sich zunächst eine kli- nische Besserung, der weitere Verlauf zeigt sich durch eine Dekompensation aufgrund einer Ver- schlechterung der vorbestehenden Herzinsuffi- zienz etwas protrahiert. Schlussendlich kann die Patientin die Klinik nach insgesamt 10 Tagen stationären Aufenthalts jedoch in deutlich ge- bessertem Allgemeinzustand weitgehend be- schwerdefrei verlassen. 86 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

CME-Fortbildung ZUSATZINFO Personengruppen, für die durch die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STI- KO) eine regelmäßige Impfung gegen saisonale Influenza empfohlen wird [16]: ▪ alle älteren Personen: ab 60 Jahre ▪ Personen jeden Alters mit erhöhter gesund- heitlicher Gefährdung: – chronische Atemwegserkrankungen – Herz- oder Kreislaufkrankheiten – Leber- oder Nierenkrankheiten, – Diabetes mellitus oder andere Stoffwech- selkrankheiten – chronische neurologische Erkrankungen – angeborene oder erworbene Immundefi- zienz ▪ Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen ▪ Schwangere: – gesunde Schwangere ab dem 2. Trimenon – Schwangere mit einer chronischen Grund- krankheit ab dem 1. Trimenon ▪ Personen mit erhöhter beruflicher Gefährdung: medizinisches Personal ▪ Personen als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen: – pflegende Angehörige – medizinisches Personal ZUSATZINFO Aktuelle Informationen ▪ Deutschland: Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch Institut (https://influenza.rki. de/) ▪ Europa: ECDC & WHO (http://flunewseurope. org/) sammenleben ideale „Gefäße“ für eine Rekombination („Reassortment“) einzelner Segmente des Genoms zu Stämmen mit neuem Pandemiepozential bilden. Die größte beschriebene Influenzapandemie vor jetzt fast genau 100 Jahren war die „spanische“ Grippe [17], siehe auch Box Hintergrund dazu. Und auch wenn die modernen medizinischen Voraussetzungen im Ver- gleich zu 1918 dramatisch besser sind, ist doch leicht vorhersehbar, dass alle diese Kapazitäten in einem ech- ten Pandemiefall schnell erschöpft wären. HINTERGRUND „Spanische Grippe“ Die größte beschriebene Influenzapandemie vor jetzt 100 Jahren, die „spanische“ Grippe 1918 und danach, war gleichzeitig die größte Virus- epidemie des 20. Jahrhunderts [17]. Die ersten Berichte stammen nicht aus Europa, sondern den USA. Von dort breitete sich die Grippe in mehre- ren Wellen (mit der schwersten Welle im Herbst 1918) mutmaßlich in Zusammenhang mit Trup- pentransporten aus den USA in der Endphase des 1. Weltkriegs über Europa aus. Am Ende führte die Grippepandemie zu geschätzt über 400 000 zusätzlichen Toten allein in Deutschland und weltweit zu etwa 50 – 100 Millionen Toten. Zum Vergleich: Der gesamte 1. Weltkrieg führte zu deutlich weniger Todesfällen (ca. 8 Millionen). Besorgniserregend bei den demografischen Cha- rakteristika war neben den erwarteten Todesfäl- len bei Kleinkindern und Älteren v. a. ein hoher Letalitätsgipfel bei den 20- bis 50-Jährigen. Die Rate an schweren pulmonalen Komplikationen bei ansonsten gesunden jungen Erwachsenen wurde mit bis zu 20 % angegeben und viele fielen meist schweren bakteriellen Superinfektionen zum Opfer. Der Pandemiestamm war bereits in den 30er-Jahren ausgestorben, konnte jedoch mittlerweile rekonstruiert werden. Bei dem Erre- ger handelte es sich um einen Influenza-A (H1N1)-Stamm, ähnlich dem heutigen Erreger der „Schweinegrippe“. Bis heute lässt sich das Pandemiepotenzial eines Influenzavirus nicht allein aufgrund der geneti- schen Information ausreichend vorhersagen. Und auch wenn die heutigen medizinischen Voraus- setzungen im Vergleich zu vor 100 Jahren we- sentlich weiter sind, wären die Kapazitäten in ei- nem echten Pandemiefall doch schnell erschöpft. Zur Vorbereitung auf eine erneute Pandemie müssen daher entsprechende Kapazitäten (Beat- mungsmöglichkeiten, Neuraminidasehemmer zur Therapie und Chemoprophylaxe usw.) vorge- halten werden. 88 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

CME-Fortbildung Literatur [1] Uyeki TM. Influenza. Ann Intern Med 2017; 167: ITC33– ITC48 [2] Arbeitsgemeinschaft Influenza. Robert Koch-Institut; https://influenza.rki.de/; Stand: 23.10.2019 [11] Egilmezer E, Walker GJ, Bakthavathsalam P et al. Systematic review of the impact of point-of-care testing for influenza on the outcomes of patients with acute respiratory tract in- fection. Rev Med Virol 2018; 28: e1995 [12] Pandemic Influenza Triage Tools.https://www.cdc.gov/cpr/ healthcare/pan-flu-app/desktop/d.index.html; Stand: 23.10.2019 [3] Paules C, Subbarao K. Influenza. Lancet 2017; 390: 697–708 [13] Jefferson T, Jones MA, Doshi P et al. Neuraminidase inhibi- [4] Falsey AR. Community-acquired viral pneumonia. Clin Ger- iatr Med 2007; 23: 535–552 [5] Ukimura A, Satomi H, Ooi Y et al. Myocarditis Associated with Influenza A H1N1pdm2009. Influenza Res Treat 2012; 2012: 351979 [6] Cárdenas G, Soto-Hernández JL, Díaz-Alba A et al. Neurolo- gical events related to influenza A (H1N1) pdm09. Influenza Other Respir Viruses 2014; 8: 339–346 [7] CDC. Influenza (flu) including seasonal, avian, swine, pan- demic, and other. Centers for Disease Control and Preventi- on, 18. Oktober 2019, https://www.cdc.gov/flu/index.html; Stand: 23.10.2019 [8] Lieberman D, Lieberman D, Shimoni A et al. Identification of Respiratory Viruses in Adults: Nasopharyngeal versus Oro- pharyngeal Sampling. J Clin Microbiol 2009; 47: 3439–3443 [9] Abraham MK, Perkins J, Vilke GM et al. Influenza in the Emergency Department: Vaccination, Diagnosis, and Treat- ment: Clinical Practice Paper Approved by American Acade- my of Emergency Medicine Clinical Guidelines Committee. J Emerg Med 2016; 50: 536–542 [10] Merckx J, Wali R, Schiller I et al. Diagnostic Accuracy of No- vel and Traditional Rapid Tests for Influenza Infection Com- pared With Reverse Transcriptase Polymerase Chain Reac- tion: A Systematic Review and Meta-analysis. Ann Intern Med 2017; 167: 394–409 tors for preventing and treating influenza in adults and children. Cochrane Database Syst Rev 2014; 4: CD008965 [14] Muthuri SG, Venkatesan S, Myles PR et al. Effectiveness of neuraminidase inhibitors in reducing mortality in patients admitted to hospital with influenza A H1N1pdm09 virus in- fection: a meta-analysis of individual participant data. Lan- cet Respir Med 2014; 2: 395–404 [15] Rodrigo C, Leonardi-Bee J, Nguyen-Van-Tam J et al. Corti- costeroids as adjunctive therapy in the treatment of influ- enza. Cochrane Database Syst Rev 2016; 3: CD010406 [16] RobertKoch-Institut. RKI-Ratgeber Influenza (Teil 1).Er- krankungen durch saisonale Influenzaviren. https://www. rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratge- ber_Influenza_saisonal.html#doc2382022bodyText13; Stand: 23.10.2019 [17] Salzberger B, Mohr A, Hitzenbichler F. Die Influenza 1918. Dtsch Med Wochenschr 2018; 143: 1858–1863 Bibliografie DOI https://doi.org/10.1055/a-0977-3745 Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 2628-7595 90 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

CME-Fortbildung | CME-Fragebogen Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 8 Frage 10 Welche Aussage ist richtig? Aktuelle tetravalente Influenza- impfstoffe… enthalten 2 verschiedene Influenza-B-Stämme. enthalten 4 verschiedene Influenza-A-Stämme. A enthalten 8 verschiedene Influenzasubtypen. B C D sind nicht für Kinder zugelassen. E sollten vorerst nur bei mangelnder Verfügbarkeit trivalen- ter Impfstoffe eingesetzt werden. Frage 9 Welche Aussage ist richtig? Eine Influenzaimpfindikation besteht laut STIKO bei… A Forstarbeitern. B C D generell bei nach 1970 geborenen mit unklarem Impf- Kinder in Kindertagesstätten. Küchenpersonal. status. Pflegekräften in Notaufnahmen. E Welche Aussage zu Influenzapandemien trifft zu? A Die „HongKong“-Grippe in den 60er-Jahren des 20. Jahr- hunderts war die bislang schwerste beschriebene Influen- zapandemie. B Die „spanische“ Grippe ist nach derzeitigem Kenntnisstand durch ein Reassortment in Schweinen (cerdo iberico) wäh- rend des spanischen Bürgerkriegs entstanden. Von aviären Influenzastämmen („Vogelgrippe“) geht auf- grund der fehlenden Übertragbarkeit auf Säugetiere kein Pandemierisiko aus. C D Die „Schweinegrippe“ von 2009 ist, vielleicht aufgrund von Impfkampagnen, entgegen aller Prognosen bereits wieder verschwunden. Eine der größten bekannten Influenzaepidemien vor etwa 100 Jahren hat deutlich mehr Menschen das Leben gekostet als der 1. Weltkrieg. E 92 Hanses Frank. Influenza … Notaufnahme up2date 2020; 2: 75–92

DIE ERSTE Fortbildungszeitschrift speziell für die Notaufnahme Y 5 N P 9 1 ff u a H . A . r D : G h p , 9 9 4 3 A R H , t r a g t t u t S : r e t s i g e r s l e d n a H d n u z t i S , G K g a l r e V e m e h T g r o e G i . n e t l a h e b r o v r e m r ü t r r I d n u n e g n u r e d n ä s i e r P . r h a J o r p n e b a g s u A 4 , n e t s o k d n a s r e V . l g z z t o b e g n A MOBIL LESEN ONLINE & OFFLINE mit der kostenlosen eRef App Alltag in der Notaufnahme: Blitzschnell Fachwissen abrufen und entscheiden, stets den Überblick behalten und auch unter Stress Hand in Hand arbeiten. Genau dafür gemacht: Notaufnahme up2date. Sie liefert ausschließlich Themen, die Sie bei Ihrer Arbeit in der Notaufnahme weiterbringen. In klarer Sprache und Gestaltung. Angenehm zu lesen. Einfach Fortbildung pur. Das können Sie erwarten: CME-Artikel, SOP-Beiträge und Schritt-für-Schritt-Anlei- tungen – immer mit klarem Bezug zu Ihren Patienten in der Notaufnahme. Der ideale Begleiter für die neue Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin. Jetzt zum Einführungspreis: 107 € statt 179 € plus Geschenk! www.thieme.de/notaufnahme-u2d up2date – Fortbildung mit dem roten Faden