PPmP Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 12 Dezember 2021 Seite 479–530 71 . Jahrgang Indexiert in: • MEDLINE • EMBASE • SCOPUS • Current Contents (Social & Behavioral Sciences) • Social Sciences Citation • PSYNDEX • PsycINFO Index Offi zielles Organ des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (DKPM) Organ der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP) Übersicht ▪ Untersuchungen zur „Wirkung“ von Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbildung Originalarbeiten ▪ Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung aus Betroff enenperspektive ▪ Welche digitalen Angebote nutzen psychisch vorer- krankte Menschen während der Corona-Pandemie Fort- und Weiterbildung ▪ Fatigue bei Long COVID

Editorial Board PPmP Herausgeberboard und Redaktion Beate Ditzen, Heidelberg Florian Junne, Magdeburg Anne Karow, Hamburg Wolfgang Lutz, Trier Anja Mehnert-Theuerkauf, Leipzig Bernhard Strauß, Jena Stephan Zipfel, Tübingen Ehemalige Herausgeber Dieter Beckmann, Gießen Elmar Brähler, Gießen Walter Bräutigam, Berlin Franz Caspar, Bern Martina de Zwaan, Hannover Erdmuthe Fikentscher, Halle Edgar Heim, Bern Wolfgang Herzog, Heidelberg Fritz Hohagen, Lübeck Horst Kächele, Ulm Margit v. Kerekjarto, Hamburg Uwe Koch, Hamburg Ernst Kretschmer, Tübingen Wolfgang Senf, Essen Hubert Speidel, Kiel Michael v. Rad, München Walter Th. Winkler, Gütersloh Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie Organschaften Organ des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin Organ der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart www.thieme.de/ppmp www.thieme-connect.de/products Indexiert in MEDLINE, EMBASE, SCOPUS, Current Contents (Social & Behavioral Sciences), Social Sciences Citation Index, PSYNDEX, PsycINFO Impact Factor: 1,430 Beirat Harald Baumeister, Ulm Uwe Berger, Jena (Forschungsfragen) Corinna Bergelt, Hamburg Thomas Berger, Bern Hendrik Berth, Dresden Ulrike Dinger-Ehrenthal, Heidelberg Andreas Dinkel, München Peter Esser, Leipzig Christoph Flückiger, Zürich Thomas Forkmann, Essen Hans-Christoph Friederich, Heidelberg Franziska Geiser, Bonn Heide Glaesmer, Leipzig Christine Heim, Berlin Sabine Herpertz, Heidelberg Stephan Herpertz, Bochum Anja Hilbert, Leipzig Andreas Hinz, Leipzig Burkard Jäger, Hannover Philipp Klein, Lübeck Klaus Lieb, Mainz Bernd Löwe, Hamburg Astrid Müller, Hannover Christoph Nikendei, Heidelberg Ulrike Ravens-Sieberer, Hamburg Gaby Resmark, Tübingen Jenny Rosendahl, Jena Julian Rubel, Gießen Ingo Schäfer, Hamburg Christina Schut, Gießen Andreas Stengel, Tübingen Martin Teufel, Essen Birgit Watzke, Zürich Michael Witthöft, Mainz Tanja Zimmermann, Hannover 479

Inhalt PPmP Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie Dezember 2021 · 71. Jahrgang · Seite 479–530 483 Dank an die Gutachter*innen 508 Originalarbeit | Welche digitalen Angebote nutzen 485 Psycho-Skop | Psychopathologie und COVID-19: Mehr Depres sionen, aber weniger paranoides Denken Daniela Schultheis 486 Psycho-Skop | Frühstück und Psyche: ein Zusammen- hang? Arnim Quante psychisch vorerkrankte Menschen während der Corona- Pandemie und gibt es Zusammenhänge mit Angst und depressiven Symptomen? Alina Dahmen, Franziska Maria Keller, Christina Derksen, Lukas Kötting, Sonia Lippke Original Article | Which Digital Services do Psychosomatic Rehabilitation Patients Use During the Corona Pandemic and do Interrelations with Anxiety and Depressive Symptoms Exist? 487 Editorial | Postvirale Phänomene nach SARS-Cov-2: 515 CME-Fortbildung | Fatigue bei Long COVID Anna-Lena Implikationen für die psychosoziale Versorgung Christine Allwang, Florian Junne Editorial | Post-Viral Phenomena after SARS-Cov-2: Implications for Psychosocial Care 489 Übersicht | Untersuchungen zur „Wirkung“ von Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbildung – Ein systematisches Review Bernhard Strauß, Dolinda Taeger Review Article | Eff ects of Personal Therapy During Psychotherapy Training – A Systematic Review Weingärtner, Andreas Stengel Continuing Medical Education | Fatigue at Long COVID 528 Fragen aus der Forschungspraxis | Ist Sexismus ein Forschungsthema in der Gesundheitsversorgung? Uwe Berger Impressum auf der letzten Seite Covergestaltung: © Thieme Bildnachweis Cover: © Thieme/Ulrike Watermann 499 Originalarbeit | Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung aus Betroff enenperspektive – Ergebnisse einer Beobachtungsstudie Uta Gühne, Daniel Richter, Johanna Breilmann, Esther Täumer, Peter Falkai, Reinhold Kilian, Andreas Allgöwer, Klemens Ajayi, Jessica Baumgärtner Peter Brieger, Karel Frasch, Stephan Heres, Markus Jäger, Andreas Küthmann, Albert Putzhammer, Bertram Schneeweiß, Michael Schwarz, Thomas Becker, Markus Kösters, Steffi G. Riedel-Heller Original Article | Peer Support: Utilization and Benefi t in Severe Mental Illness – Results from an Observational, Cross-Sectional Study 481

Dank an die Gutachter*innen Dank an die Gutachter*innen Vielen Dank! Der 71. Jahrgang der PPmP ist mit dem vorliegenden Heft abgeschlossen. Wir möchten uns bei allen bedanken, die unsere Zeitschrift gelesen oder an ihren fachlichen Inhalten mitgewirkt haben: Herzlichen Dank für Ihr Interesse, für Ihr Engagement und Ihr Vertrauen! Ein ganz besonderer Dank gilt all jenen, die uns bei den zahlreichen Begutachtungsverfahren unterstützt haben, und auf deren Exper tise und große Sorgfalt wir uns jederzeit verlassen konnten – namentlich sind dies: Christian Albus, Köln Uwe Altmann, Jena Sylke Andreas, Witten Jan Armbruster, Stralsund Julia Asbrand, Berlin Rainer Banse, Bonn Laura Bastgen, Trier Simone Behrens, Tübingen Johanna Behringer, Erlangen Jürgen Bengel, Freiburg Manfred Beutel, Mainz Sarah Biedermann, Hamburg Kirsten Bikowski, Heidelberg Annette Binder, Tübingen Thomas Bock, Hamburg Friederike Boehlen, Heidelberg Maya Boehm, Leipzig Elmar Brähler, Leipzig Katja Brenk-Franz, Jena Hanna Christiansen, Marburg Bernadette Dawans, Trier Jana Denkinger, Tübingen Nicola Döring, Ilmenau Jochen Ernst, Leipzig Rebecca Erschens, Tübingen Gerhard Eschweiler, Tübingen Oliver Evers, Heidelberg Hans Förstl, München Simon Forstmeier, Siegen Adrian Gallistl, Jena Romina Gawlytta, Jena Edgar Geissner, München Kristina Geue, Leipzig Julia Giesemann, Trier Ariane Göbel, Hamburg Johanna Graf, Tübingen Mila Hall, Gießen Jana Hansmeier, Leipzig Armin Hartmann, Freiburg Anne Herrmann-Werner, Tübingen Peter Herschbach, München Martin Holtmann, Hamm Christina Hunger-Schoppe, Witten Fabian Hüttig, Tübingen Adriane Icenhour, Essen Tim Kaiser, Greifwald Nina Knoll, Berlin Axel Kobelt-Pönicke, Braunschweig Sebastian Kohlmann, Hamburg Volker Köllner, Teltow Peter Kropp, Rostock Claas Lahmann, Freiburg Imad Maatouk, Heidelberg Andreas Maerker, Zürich Johannes Mander, Heidelberg Nazar Mazurak, Tübingen Thomas Meyer, Göttingen Martina Michaelis, Freiburg Sascha Milin, Hamburg Steff en Moritz, Hamburg Susanne Mudra, Hamburg Beate Muschalla, Braunschweig Kaline Mütze, Mainz Timo Nieder, Hamburg Rüdiger Nübling, Karlsruhe Stephan Ott, Tübingen Andrea Petermann-Meyer, Aachen Judith Peth, Hamburg Thomas Probst, Krems Leonhard Quintero Garzón, Leipzig Hannah Quittkat, Osnabrück Swantje Reimann, Tübingen Franz Resch, Heidelberg Hertha Richter-Appelt, Hamburg Michaela Riediger, Jena Christine Rummel-Kluge, Leipzig Irja Rzepka, Heidelberg Norbert Schäff eler, Tübingen Henning Schauenburg, Heidelberg Julia Schellong, Dresden Andreas Schindler, Hamburg Laura Schmidt, Heidelberg Ekaterina Schneider, Heidelberg Romy Schröter, Hamburg Ulrich Schultz-Venrath, Köln Frank Schulz-Kindermann, Hamburg Ulrike Schulze, Böblingen Katinka Schweizer, Hamburg Klaus-Peter Seidler, Hannover Wolfgang Söllner, Nürnberg Derek Spieler, Freiburg Carsten Spitzer, Rostock Svenja Taubner, Heidelberg Patrick Terhürne, Trier Heiner Vogel, Würzburg Matthias Vogel, Magdeburg Steff en Walter, Ulm Florian Weck, Potsdam Kerstin Weidner, Dresden Heinz Weiß, Stuttgart Stefan Westermann, Hamburg Gloria-Beatrice Wintermann, Dresden Markus Wirtz, Freiburg Joachim Wittkowski, Würzburg Werner Wittmann, Mannheim Felix Wucherpfennig, Köln Uwe Wutzler, Stadtroda Johannes Zimmermann, Kassel Katrin Ziser, Tübingen Rüdiger Zwerenz, Mainz Ganz gleich, ob Sie der PPmP nun lesend, schreibend, mit Ihrer Begutachtungskompetenz oder ganz einfach in Freundschaft verbunden sind: Wir wünschen Ihnen allen ein glückliches und gesundes neues Jahr! Herausgeber und Verlag Dank an die Gutachter. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 483 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 483

Psycho-Skop Psychopathologie und COVID-19: Mehr Depres- sionen, aber weniger paranoides Denken ▶ Abb. 1 Eine Partnerschaft kann vor negativen Auswirkungen der Corona- Pandemie auf die seelische Gesundheit schützen – allerdings nur dann, wenn sich die Partner auch sehen können (Quelle: WavebreakmediaMicro/stock.adobe. com). Castellini et al. A longitudinal observation of general psychopathology before the COVID-19 outbreak and during lockdown in Italy. Journal of Psychosomatic Research2021; 141: 110328 Die Corona-Pandemie hat Einfluss auf die seelische Gesundheit von Menschen. Doch wie genau äußert sich das im Füh- len, Denken und Verhalten? Welche Um- stände stellen Risikofaktoren dar und welche gelten eher als protektive Fakto- ren? Diesen Fragen ist das italienische Forscherteam G. Castellini et al. mithilfe einer Online-Studie nachgegangen und hat dabei ein Längsschnitt- mit einem Querschnitt-Studiendesign verknüpft. Die Wissenschaftler untersuchten zum einen Veränderungen in der Psychopatho- logie von Menschen vor und während der Corona-Pandemie in Italien. Zum anderen wollten sie Prädiktoren für diese Verände- rungen ausfi ndig machen und eine Verbin- dung zu den Auswirkungen veränderter Le- bensumstände aufgrund von COVID-19 herstellen. Eine wichtige Erweiterung zur bisherigen Forschung bezüglich des Zu- sammenhangs von Corona und psychischer Gesundheit stellt die Unterscheidung von internalisierenden Symptomen wie etwa Ängste und Depressionen und interperso- nellen Schwierigkeiten einschließlich para- noidem Denken dar. Insgesamt nahmen 671 Probanden (479 Frauen, 192 Männer) aus der Toskana an der Online-Erhebung teil. Davon wurden 130 Teilnehmer sowohl einige Wochen vor dem Ausbruch von Corona (T0) als auch 6 Wochen nach der Einführung des ersten Lockdowns durch die italienische Regierung (T1) befragt (Längsschnitt-Design). Weite- re 541 Probanden wurden einmalig wäh- rend des Lockdowns (T1) befragt (Quer- schnitt-Design). Als Messinstrument diente das Brief Symptom Inventory (BSI), welches eine Selbstbeurteilung der Psychopatholo- gie auf neun Subskalen vorsieht. Die Daten- auswertung fand mithilfe logistischer und linearer Regressionsanalysen, multivariater Modelle und linearer gemischter Modell- analysen statt. Vorherige Psychopathologie als Prädiktor Die Längsschnittuntersuchung belegte einen signifi kanten Zuwachs an depressiven (p ˂ 0,003) und ängstlichen (p ˂ 0,001) Symp- tomen. Umgekehrt zeigte sich ein Rück- gang an interpersoneller Sensitivität (p ˂ 0,001) und paranoidem Denken (p ˂ 0,001) während des Lockdowns. Keine Verände- rungen zwischen beiden Messzeitpunkten ergaben sich bei Variablen wie Somatisie- rung, zwanghaftem Verhalten, Feindselig- keit oder Psychotizismus. Weiterhin waren erhöhte Werte bei Psychopathologie vor der Corona-Pandemie mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für wahrgenommene Verschlechterungen in den Bereichen Be- ziehungen, Schlaf, Sexualität, Angst vor Ge- wichtszunahme, Essanfälle und verstärkte Nutzung sozialer Medien während des Lockdowns verbunden. Vor Corona bereits vorhandene psychische Symptome sagten auch signifi kant posttraumatische Sympto- me bezüglich COVID-19 vorher: Die Wahr- scheinlichkeit PTBS-ähnlicher Symptome bezogen auf Corona war bei vorheriger Psy- chopathologie um das knapp 13-Fache er- höht (95 % KI: 3,24–49,81, p ˂ 0,001). Partnerschaft als protektiver Faktor Mithilfe des Querschnittdesigns ließen sich folgende Eff ekte beobachten: Eine höhere psychische Belastung war verbunden mit einer Verschlechterung von sozialen Bezie- hungen, vermehrten Haushaltskonfl ikten, Essanfällen, Ängsten vor Gewichtszunah- me, erhöhter Nutzung sozialer Medien, Me- dikation gegen Stress und Schlafstörungen. Einen besonders hohen Einfl uss hatte der wahrgenommene wirtschaftliche Schaden auf die vermehrte Nutzung sozialer Medi- en, Verschlechterung des Schlafes sowie der Sexualität und die Angst, an Gewicht zuzunehmen. In einer Partnerschaft zu sein, war negativ assoziiert mit den o.g. Sympto- men und kann somit als protektiver Faktor während des Lockdowns betrachtet wer- den. Dies traf allerdings nur dann zu, wenn die Partner sich auch sehen konnten. Die Autoren empfehlen, die Corona-Pande- mie als neuartigen Stressor in Form einer traumatischen Erfahrung ähnlich wie Na- turkatastrophen oder Krieg einzustufen. Wirtschaftliche Unsicherheit als Risikofak- tor für die psychische Gesundheit bestätigt die dringende Notwendigkeit angemesse- ner Hilfsangebote. FA ZIT Während des Lockdowns in Italien zeigte sich ein gegensätzlicher Trend: Internalisierende Symptome wie Depressionen und Ängste nahmen zu, während zwischen- menschliche Schwierigkeiten und paranoides Denken rückläufi g waren. Als Risikofaktoren gelten bereits vor der Pandemie existieren- de Psychopathologien und eine wahrgenommene Verschlechterung der Lebensumstände – v. a. ökonomische Schäden. Partner- schaften stellten einen protektiven Faktor dar, allerdings nur, wenn die Paare sich während des Lockdowns sehen konnten. Daniela Schultheis, Karlsruhe Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 485 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 485

Editorial Postvirale Phänomene nach SARS-Cov-2: Implikationen für die psychosoziale Versorgung Post-Viral Phenomena after SARS-Cov-2: Implications for Psychosocial Care 10.1055/a-1645-4665 0937-2032 Bibliografi e Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 487 – 488 DOI ISSN © 2021 . Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag , Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Florian Junne Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Universitätsklinikum Magdeburg A.ö.R. Leipziger Straße 44, Haus 19 39120 Magdeburg fl orian.junne@med.ovgu.de Christine Allwang Florian Junne Autoren Christine Allwang1, Florian Junne2 Institute 1 Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychothe- rapie, Universitätsklinik Magdeburg, Otto-von-Guericke-Universi- tät Magdeburg 2 Als im Januar 2020 das neuartige Corona-Virus Einzug in die Nach- richten und Berichterstattungen fand, ahnten in den Anfangsstun- den wahrscheinlich nur wenige, welche Beeinträchtigung unser Leben durch dieses Virus erfahren würde. Doch die Infektionszah- len, schweren Erkrankungen und Todesfälle erreichten innerhalb von Tagen und Wochen eine Größenordnung, die schnell erkennen ließ, dass es sich hierbei um einen Erreger handelt, der es nötig machte, Maßnahmen zu ergreifen und Einschränkungen des öff ent- lichen Lebens zu veranlassen, die es in dieser Form bis dato nicht gegeben hatte. Am 11.März 2020 wurde der COVID-19 Ausbruch offi ziell durch die WHO zu einer weltumspannenden Pandemie er- klärt. Die erste Welle der Pandemie bereits war geprägt von vielen schweren Infektionen mit oft nicht beherrschbaren Verläufen und einer dementsprechend großen Anzahl an Todesopfern. Im weite- ren Verlauf und insbesondere während der 2. Welle zeigte sich neben der akuten Infektion mit SARS-COV-2 bei manchen Patien- ten eine zweite Problematik. So wurden in zunehmender Anzahl bei einem Teil der Patienten nach SARS-Cov-2 Infektion bzw. nach COVID im Nachgang eine persistierende oder auftretende Symp- tomatik beschrieben. Bei diesen Patienten traten dabei auch unab- hängig von der initialen Ausprägung der SARS-CoV-2-Infektion z. B. eine anhaltende massive Energielosigkeit, anhaltende Körpersymp- tome auf, oft ohne hinreichendes somatisches Korrelat. Über die Namensgebung dieser neu aufgetretenen Symptoma- tik herrschte zu Beginn der Berichterstattung Uneinigkeit und es wurden die Begriff e „Long-COVID“ und „Post-COVID“ ohne eine klare Regel oder eine allgemeingültige Defi nition zur Beschreibung des Phänomens verwendet. Seit Anfang Oktober 2021 existiert nun eine Definition der WHO, die das Post-COVID Syndrom folgendermaßen defi niert: „ Post-COVID- 19 ist ein Zustand, der bei Personen in der Regel etwa 3 Monate nach vermutlicher oder bestätigter Infektion mit SARS-CoV-2 auftritt und der sich durch solche Symptome äußert, die mindestens über die Dauer von 2 Monaten anhalten und nicht durch eine andere Diagnose erklärt werden können. Zu den typischen Symptomen zäh- len Fatigue, Luftnot, kognitive- Einschränkungen, aber auch andere Symptome; diese haben einen Einfl uss auf die tägliche Alltagsfunk- tionsfähigkeit. Die Symptome können nach einer zunächst stattgeha- bten Genesung neu auftreten oder nach der Akutinfektion fortbestehen und in ihrer Intensität fl uktuieren oder auch wiederholt auftreten [ 1 ] . Die in der Literatur bisher am häufi gsten beschriebenen Symp- tome eines Post-COVID-Syndroms sind starke körperliche Erschöp- fungszustände und Müdigkeit (Fatigue), Atembeschwerden, anhal- Allwang C, Junne F. Postvirale Phänomene nach SARS-Cov-2: … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 487 – 488 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. Allwang C, Junne F. Postvirale Phänomene nach SARS-Cov-2: … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 487 – 488 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 487

Übersicht Untersuchungen zur „Wirkung“ von Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbildung – Ein systematisches Review✱ Eff ects of Personal Therapy During Psychotherapy Training – A Systematic Review Autoren Bernhard Strauß , Dolinda Taeger Institut Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie, Universitätsklinikum Jena, Deutschland Schlüsselwörter Psychotherapieausbildung , Selbsterfahrung , Eff ekte , Therapeutische Kompetenz , Therapieergebnis Key words psychotherapy training , personal therapy , eff ects , therapeutic competence , outcome eingereicht akzeptiert online publiziert 12.07.2021 24 . 02 . 2021 26 . 04 . 2021 10.1055/a-1499-8115 0937-2032 Bibliografi e Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 489 – 498 DOI ISSN © 2021. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Korrespondenzadresse Prof. Dr. Bernhard Strauß Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie Universitätsklinikum Jena Stoystraße 3 07740 Jena Deutschland bernhard.strauss@med.uni-jena.de * Anmerkung: Diese Übersicht entstand auf der Basis der 2020 abgeschlossenen Masterarbeit von Dolinda Taeger im Fach Psychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit dem Titel „Systematische Übersicht zur Wirkung von Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbildung“. ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund Der Nutzen von Selbsterfahrung bzw. eigener Psychotherapie als Bestandteil der Psychotherapieausbildung wird immer wieder hinterfragt. Im deutschen System wird Selbsterfahrung sowohl in der psychosozialen ärztlichen Wei- terbildung wie auch im Kontext des Psychotherapiestudiums und der nachfolgenden Weiterbildung weiterhin ein zentraler Bestandteil der Weiterbildung bleiben. Ziel der Arbeit Erstellung einer Übersicht über Wirkungen von Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbildung. Material und Methode Systematisches Literaturreview von Studien zwischen 2005 und 2020. Literatursammlung über Datenbanken, Vorabrecherche und Durchsicht von Literatur- verzeichnissen thematisch verwandter Arbeiten. Auswahl an- hand vorab festgelegter Ein- und Ausschlusskriterien. Ergebnisse 13 Studien wurden ausgewählt. Die relevanten Befunde wurden studienübergreifend zu 7 Ergebnisvariablen zusammengefasst. Es zeigen sich überwiegend positive Wir- kungen von Selbsterfahrung im Hinblick auf interpersonale Fähigkeiten, Selbstwahrnehmung, das Wissen und Verständnis therapeutischer Arbeit, Wohlbefi nden und Entlastung. Zufrie- denheit und die Anerkennung der subjektiven Bedeutung für den Kompetenzerwerb sind ausgeprägter als Berichte über intensive Emotionen und Belastungen. Schlussfolgerung Selbsterfahrung weist off enbar einen hohen Wert für die berufl iche Entwicklung angehender Therapeuten auf und sollte daher auch ein fester Ausbildungsbestandteil sein. Eine regelmäßige Evaluation ist allerdings zu empfehlen. In zu- künftiger Forschung sollten neben den bisher vorherrschenden Selbstberichtsverfahren vermehrt auch objektive Erhebungs- methoden verwendet, die Repräsentativität der Stichproben gesteigert und Langzeiteff ekte untersucht werden. ABSTR AC T Background Self-experiential work/personal therapy as part of psychotherapeutic training is often under critical discussion. In the German system, self-experiential work will remain an established part of training in psychosocial medical specialties and will continue to be part of the future curriculum in psycho- therapy and in practical training subsequent to the study. Strauß B, Taeger D. Untersuchungen zur „Wirkung“ von … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 489 – 498 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 489

▶ Tab. 1 Weiterbildung für nicht-ärztliche PsychotherapeutInnen [ 5 ] . Übersicht über die Selbsterfahrungsanteile in den Facharztgebieten nach der MWBO von 2018 für Ärzte [ 4 ] und der Aus- bzw. Weiterbildung Stunden an Selbsterfahrung Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie 150 Stunden Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 120 Arzt für Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und -psychotherapie Zusatzweiterbildung Psychotherapie Zusatzweiterbildung Psychoanalyse 200 Einzel- und Gruppenselbsterfahrung 150 180 Lehranalyse Davon (mind.) Gruppenselbsterfahrung 40 Doppelstunden Plus 40 Doppelstunden 40 60 Doppelstunden Gruppenselbsterfahrung Zusatzweiterbildung Sexualmedizin 50 Stunden themenzentrierte Einzel- und/oder Gruppenselbsterfahrung Psychologische Psychotherapeuten (§ 5 Absatz 1 Satz 1 PsychTh-APrV) Insgesamt 120 Stunden (ohne spezifi zierten Gruppenanteil) Psychotherapeuten nach der künftigen, neuen Muster-Weiterbildungs-Ordnung (MWBO) Vermutlich mindestens 125 Stunden, davon mindestens 40 Doppelstunden Gruppenselbsterfahrung In einer Studie von Laireiter [ 7 ] berichteten etwa 25 % der Stu- dienteilnehmer über negative Erfahrungen, wobei für viele, die ne- gative Folgen nannten, die Bedeutung von Selbsterfahrung unklar war, sie sich wenig vorbereitet fühlten, Abhängigkeiten als Prob- lem erlebten, ebenso wie fehlende Wahlmöglichkeiten. Für man- che stellte die Selbsterfahrung eine temporäre Erfahrung „ohne weitere Konsequenzen“ dar. Selbsterfahrung als Thema der Psychotherapieforschung In der Psychotherapieforschung ist der Aspekt der Ausbildung grundsätzlich lange Zeit vergleichsweise vernachlässigt worden. Erst in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich so etwas wie eine spe- zifi sche Ausbildungsforschung entwickelt [ 8 – 10 ] . Diese Ausbil- dungsforschung ist sicher auch dadurch angeregt worden, dass es zunehmende Evidenz dafür gibt, dass die Person des Therapeuten von substantieller Bedeutung für das Therapieergebnis zu sein scheint, und dass sich in vielen Studien, die große Fallzahlen von Therapeuten und Patienten untersuchen, eine Verteilung ergibt, an deren jeweiligen Enden psychotherapeutisch Tätige zu fi nden sind, die entweder kontinuierlich erfolgreiche Behandlungen oder eher erfolglose Behandlungen generieren (die sog. „Super- bzw. Pseudo-Shrinks“) [ 11 ] . Die Therapeuteneinfl üsse sind spätestens seit den Untersuchungen von Strupp und seiner Vanderbilt-Arbeits- gruppe [ 12 ] als entscheidender Faktor für negative Verläufe in der Psychotherapie oder sogar für ein Scheitern von Psychotherapien nachgewiesen (vgl. [ 13 ] ). Strupp und seine Arbeitsgruppe haben, wie später viele andere gezeigt, dass insbesondere eigene negati- ve Beziehungserfahrungen von Psychotherapeuten im Entwick- lungsverlauf mit dazu beitragen, dass in bestimmten Beziehungs- konstellationen beispielsweise subtile Feindseligkeiten gegenüber den Patienten sichtbar bzw. spürbar werden können, die letztlich eine vorliegende Begrenzung interpersonaler Kompetenz ausdrü- cken. Diese wiederum könnten zumindest potentiell in einer persönlichen Therapie bzw. Selbsterfahrung verbessert werden könnte [ 14 ] . Im Kontext der Ausbildungsforschung wurde – ähnlich wie für die Anwendung der Psychotherapie – ein generisches Modell ent- wickelt [ 8 ] , in dem der eigentliche Prozess der Psychotherapieaus- bildung (oder -weiterbildung) u. a. diff erenziert wird nach den ein- zelnen Bestandteilen der Ausbildung, wie bspw. die praktische Tä- tigkeit, der Erwerb theoretischen Wissens, Supervision und Selbsterfahrung. Ähnlich wie im Bereich der Supervision, zu der es allerdings in jüngster Zeit vermehrt Forschung gibt (z. B. [ 15 , 16 ] ), ist die Forschung zur Selbsterfahrung deutlich übersichtlicher, was sicherlich auch mit der Komplexität des Gegenstandes und der Frage verbunden ist, wie die Wirkung von Selbsterfahrung eigent- lich operationalisiert und nachgewiesen werden kann. In älteren Übersichten (z. B. [ 17 ] ) wird die Selbsterfahrung im Hinblick auf die Therapeutenvariable den „zu erschließenden“ sta- bilen Eigenschaften des Therapeuten zugeordnet. In der Übersicht von Beutler kamen die Autoren zu dem klaren Schluss, dass die ei- gene Therapie keinen systematischen Einfl uss auf die Wirksamkeit von Behandlungen zu haben scheint, wobei die Autoren durchaus kritisch diskutierten, ob der unmittelbare Einfl uss von Selbsterfah- rung überhaupt untersuchbar – und noch mehr - zu erwarten sei. Konzeptionell ist eigentlich davon auszugehen, dass die Wirkung von Selbsterfahrung nicht unmittelbar, sondern langfristig auch im Hinblick auf die Veränderung, Konsolidierung und Stabilisierung der persönlichen Eigenschaften des Therapeuten gerichtet sein sollte. Dafür spricht, dass die Bedeutung von Selbsterfahrung im Kontext des lebenslangen Lernens als sehr hoch eingeschätzt wird. So zeigte sich in einer Befragung von Orlinsky u. a. [ 18 ] , die sich auf mehr als 4000 zumeist psychodynamisch praktizierende Psycho- therapeuten bezog, dass die Selbsterfahrung nach der Erfahrung mit den Patienten in der Therapie und dem Erhalt formaler Super- vision und Hilfe als drittwichtigstes Moment der Psychotherapeu- tenkarriere von zahlreichen Faktoren, die in der Studie als bedeut- sam für die professionelle Entwicklung erachtet wird. In derselben Studie wurde der Nutzen der Selbsterfahrung für die Identitätsent- wicklung, für die Stärkung der Identität und die Haltung zur The- rapiemethode sowie für die Entwicklung von Selbstrefl exivität, Strauß B, Taeger D. Untersuchungen zur „Wirkung“ von … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 489 – 498 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 491

Über Web of Science, PsycINFO und Wiley Online Library identifizierte Artikel Artikel aus Vorabrecherche und Durchsicht der Literaturverzeich- nisse relevanter Arbeiten n = 157 n = 23 Gesamtzahl der Artikel n = 180 Entfernung von n = 43 Duplikaten Review der Titel und Zusammenfassungen n = 137 Ausschluss: n = 102 (Kriterien nicht erfüllt) Review der Volltexte n = 35 Ausschluss: n = 22 (Kriterien nicht erfüllt) In das systematische Review aufgenommene Artikel: n =13 ▶ Abb. 1 Darstellung der Literaturauswahl in Anlehnung an die PRISMA-Empfehlungen [46]. nächst wurden die Ein- und Ausschlusskriterien auf Titel und Zu- sammenfassungen aller identifi zierten Artikel angewendet, danach auf die Volltexte. Der Auswahlprozess ist in ▶ Abb. 1 dargestellt. Die Durchsicht der Literaturverzeichnisse der ausgewählten Arti- kel ergab keine weiteren geeigneten Studien. Nach der Zusammen- fassung der Studieninformationen wurden gleiche und ähnliche Formen der Wirkung artikelübergreifend in Textform zu einer Er- gebnisvariable zusammengefasst. Ergebnisse Beschreibung der ausgewerteten Studien Insgesamt liegen Daten von N = 6047 Studienteilnehmern vor. In- formationen über die 13 ausgewerteten Studien sind in ▶ Tab. 2 zusammengefasst [ 31 – 43 ] . In der Verhaltenstherapie zeigte sich eine häufi gere Nutzung von Gruppenselbsterfahrung, in den psy- choanalytisch und psychodynamisch orientierten Verfahren eine Präferenz für Einzelselbsterfahrung. dien äußerten sich die Teilnehmer zufrieden mit dem (meist relativ hohen, d. h. über 100 liegenden) Stundenumfang [ 33 , 37 , 40 , 41 ] . Zufriedenheit Die Teilnehmer zeigten sich zufrieden mit der Selbsterfahrung [ 42 ] und der Tätigkeit der Selbsterfahrungsleiter [ 41 ] . Die Lehrkräfte waren im Durchschnitt zufrieden mit der Integration in die Ausbil- dung, psychodynamisch orientierte waren zufriedener als verhal- tenstherapeutisch orientierte [ 33 ] . Interpersonale Fähigkeiten Viele Teilnehmer beschrieben das eigene Erleben der Patientenrol- le als eine wichtige, aber herausfordernde Erfahrung [ 31 , 37 ] . Be- richtet wurde oft eine Steigerung von Empathie [ 31 , 32 , 41 ] und Verständnis [ 39 , 40 ] . Auch Respekt [ 31 , 32 , 37 ] , Bescheidenheit [ 31 , 32 ] , Off enheit [ 31 ] , Vertrauen [ 32 ] und das Verständnis von Menschen [ 41 ] wurden als verbessert erlebt. Ähnlichkeiten zwi- schen Patienten und Therapeuten wurden erkannt und die thera- peutische Arbeit als „weniger allmächtig“ erlebt [ 31 ] . Ergebnisvariablen von Selbsterfahrung Subjektive Bedeutsamkeit für den Kompetenzerwerb Studienteilnehmer schätzten die Selbsterfahrung als bedeutsam ein [ 32 , 34 , 37 , 38 , 40 – 42 ] mit Hinweisen auf einen höheren Stel- lenwert in den psychodynamisch orientierten Verfahren gegen- über den verhaltenstherapeutischen [ 33 , 37 , 42 ] . In etlichen Stu- Selbstwahrnehmung Vielfach wurde von Teilnehmern geäußert, dass sie ein Bewusst- sein für eigene Themen entwickelt und ihre Selbstwahrnehmung verbessert haben [ 31 , 32 , 36 , 37 , 39 , 40 , 43 ] . Eigene Themen konn- ten so besser von denen des Patienten abgegrenzt werden [ 31 , 37 , 40 ] . Ähnliche Berichte handeln von einer Verbesserung des Ver- Strauß B, Taeger D. Untersuchungen zur „Wirkung“ von … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 489 – 498 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 493

ständnisses für die Persönlichkeitsentwicklung, der Abgrenzungs- fähigkeit [ 41 ] , der Wahrnehmung des Selbst in der Interaktion [ 39 , 40 ] , der Fähigkeit zur Refl exion interpersonaler Prozesse [ 39 ] und der Wahrnehmung anderer Menschen [ 43 ] . Die Stärkung von Fähigkeiten zur Selbstexploration [ 37 ] und Selbstrefl exion [ 31 ] wur- den ebenfalls genannt. Wissen und Verständnis therapeutischer Arbeit Bei Messina et al. [ 35 ] zeigte sich eine Assoziation von persönlicher, vor allem wirksamer persönlicher Therapie mit der wahrgenom- menen berufl ichen Entwicklung und dem sogenannten heilenden Engagement. Andere Berichte ergaben, dass Selbsterfahrung bei der Integration von Wissen unterstützte sowie das Verständnis für Techniken [ 31 , 40 ] und den Therapieprozess vertiefte [ 32 , 40 ] . Das Verständnis für die Funktion von Symptomen und die Aff ektregu- lation sowie das Fallverständnis wurde von vielen Teilnehmern bei Sedlacek [ 41 ] als verbessert erlebt. Der eigene Therapeut nahm oft eine positive Modellfunktion ein [ 31 , 37 , 40 , 41 ] , gelegentlich wurde aber auch negatives Therapeutenverhalten beobachtet [ 31 ] ). Leichte Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Selbst- erfahrung und therapeutischem Selbstvertrauen zeigten sich [ 31 , 34 , 40 ] . Wohlbefinden und Entlastung Viele Teilnehmer mit eigener Therapieerfahrung gaben an, beson- ders von der als unterstützend erlebten Beziehung zu ihrem The- rapeuten profi tiert zu haben [ 31 , 36 – 38 ] . Die Teilnehmer konnten sich öff nen, fühlten sich gesehen und ihre Selbstakzeptanz verbes- serte sich [ 36 ] . Es wurde erkannt, dass auch Therapeuten Proble- me zu bewältigen haben [ 37 , 39 ] . Berichtet wurde von einer Ver- besserung des allgemeinen Selbstvertrauens [ 36 ] , emotionalen Wohlbefi ndens [ 37 ] und der Integration persönlicher Aspekte in die therapeutische Rolle [ 31 ] . Leichte Hinweise auf eine Reduktion dysfunktionaler Verhaltens- und Erlebensweisen waren zu fi nden [ 36 , 43 ] . Intensive Emotionen und Belastung, potentiell negative Auswirkungen Der Beginn der Selbsterfahrung löste bei Teilnehmern Angst und Unsicherheit [ 39 ] , manchmal Skepsis bezüglich des Nutzens, aber auch Vorfreude aus [ 39 , 41 ] . Die eigene Therapie wurde als Mög- lichkeit des Erlebens tiefer Emotionen beschrieben [ 32 ] und war für die Teilnehmer oft herausfordernd [ 37 , 38 ] . Sich in der Gruppe zu öff nen wurde als intensiv und hilfreich [ 37 ] sowie als unbehaglich und angstauslösend erlebt [ 40 ] und kostete viele Teilnehmer Über- windung [ 41 ] . Die emotionale Intensität in den Gruppensitzungen wurde als erschöpfend erlebt [ 39 , 40 ] , die Interaktion anfangs als oberfl ächlich und erst später als persönlich [ 39 ] . Belastungen be- standen laut Teilnehmerangaben durch die möglichen negativen Auswirkungen auf persönliche Beziehungen und die eigene thera- peutische Arbeit [ 38 ] , den zeitlichen und fi nanziellen Aufwand [ 31 ] sowie teilweise durch die Pfl icht und Vorgaben zu Häufi gkeit und Dauer [ 31 , 32 , 38 ] , Empfehlungen einiger Teilnehmer waren zu Be- ginn der eigenen Therapie noch keine eigenen Patienten zu behan- deln [ 37 ] , die zeitlichen Bedingungen individuell anzupassen [ 32 , 37 ] sowie mehr Vorabinformation zur Verfügung zu stellen [ 40 ] . Therapeuten von Ausbildungsteilnehmern berichteten Dilem- mata der speziellen Therapeut-Patient-Beziehung wie zum Beispiel Probleme mit Vertrauen, Gefühle der Bewertung oder das Erken- nen einer mangelnden Berufseignung [ 32 ] . Diskussion Obwohl Selbsterfahrung insbesondere in der Tradition der psycho- analytischen Lehranalyse, zumindest hierzulande, sehr lange ein fester Bestandteil der Psychotherapieausbildung ist, wird dieses Thema immer wieder kontrovers diskutiert, wobei diese Kontro- verse sicherlich auch aus dem unterschiedlichen Stellenwert resul- tiert, der Selbsterfahrung in verschiedenen Psychotherapieverfah- ren zugemessen wird. Die Debatte zwischen Freyberger und Sar- tory aus dem Jahr 2009 [ 2 , 6 ] macht dies deutlich. Während Freyberger die in der Einleitung genannten Argumente für die Selbsterfahrung aus psychodynamischer Perspektive hochhält, ver- tritt Sartory die kritische Haltung, dass aufgrund mangelnder wis- senschaftlicher Belege für die Erhöhung einer „Behandlungseff ek- tivität“ durch die Teilnahme an Selbsterfahrungsgruppen, Selbst- erfahrung obsolet sei. Sartory plädiert dafür, die Bearbeitung persönlicher Schwierigkeiten und die Klärung eines Rollenverständ- nisses im Kontext von Supervisionen zu bearbeiten und empfi ehlt tatsächlich für die Förderung von „Reifungsprozessen bei angehen- den Therapeuten“ die Nutzung von Zeit „für off ene Gespräche mit Freunden oder den Besuch guter Filme“ ( [ 6 ] , S.55). In der wissenschaftlichen Literatur zur Selbsterfahrung, die in der Tat noch nicht besonders umfangreich ist, kommen bisher vor- liegende Übersichtsarbeiten durchaus zu einer positiveren Ein- schätzung. Da die Arbeit nicht in den Literaturdatenbanken vor- handen war, die für die systematische Literaturrecherche genutzt wurden, sei diesbezüglich auch auf eine Untersuchung der Arbeits- gruppe um Anton Leitner [ 3 ] gesondert verwiesen, die unter dem Projekttitel „Selbsterfahrung als Ausbildungsbestandteil der Psy- chotherapie – Qualitätsmerkmal oder Mythos?!“ die Rolle der Selbsterfahrung mit einem gemischten Methodenansatz unter- suchten und letztendlich zu der Auff assung kommen, dass trotz durchaus vorhandener Unterschiede in Abhängigkeit vom Verfah- ren (wobei hier nur tiefenpsychologische, humanistische und sys- temische Ausbildungen miteinander verglichen wurden) die Be- wertung von Selbsterfahrung insgesamt durchaus positiv ausfällt. Die Autoren schreiben: „Unter vielfältigen Auseinandersetzungen mit der eigenen Persönlichkeit, der Biographie und dem eigenen Erleben der Eff ekte psychotherapeutischer Methoden liegt ein gro- ßes Potential, welches den Verlauf der Ausbildung in erster Linie positiv prägt“. ( [ 3 ] S.126). Ziel unserer Übersichtsarbeit war die Erstellung einer systema- tischen Übersicht von Forschungsergebnissen der letzten 15 Jahre zu Wirkungen von Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbil- dung. Aus den 13 ausgewählten Artikeln wurden 7 Ergebnisvaria- blen extrahiert. Im Review zeigen sich überwiegend positive Wirkungen wie auch in den thematisch verwandten Arbeiten von Bennett-Levy und Finlay-Jones [ 28 ] sowie Macran und Shapiro [ 29 ] . Es wurden weniger negative Wirkungen als in der Studie von Murphy et al. [ 1 ] gefunden. Bei Murphy wurden als negative Wirkungen unter ande- rem starke emotionale Belastungen und Probleme in Folge der ei- genen Therapie, Einschränkungen der eigenen Praxis, das Erleben Strauß B, Taeger D. Untersuchungen zur „Wirkung“ von … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 489 – 498 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 495

connect the experiences of each to the other”. In einer späteren Arbeit von Orlinsky et al. [ 51 ] wurde dieser Aspekt wieder aufge- nommen mit dem Hinweis darauf, dass Selbsterfahrung/personal therapy letztendlich ein Bestandteil der Ausbildung sein sollte, der dieser Verantwortung bzw. Responsivität gerecht wird. FA ZIT FÜR DIE PR A XIS ▪ Eine überwiegend positive Wirkung von Ausbildungs- selbsterfahrung ist nach den vorliegenden Befunden anzunehmen. Die off enbar wenigen nachteiligen Wirkun- gen sollten weiter untersucht, refl ektiert und reduziert werden. ▪ Selbsterfahrung sollte fester Ausbildungsbestandteil sein, wobei eine regelmäßige Evaluation zu empfehlen ist. Dies sollte in Deutschland v. a. für die Selbstrefl exion im Rahmen des neuen Studiums (§11 PsychThApprO) erfolgen. ▪ Generell sollte zukünftige Forschung zum Thema vermehrt auch objektive Erhebungsmethoden, wie z. B. Methoden zur Erfassung von Empathie, (selbst-)refl exiver Kompetenz und der Emotionsregulation aus dem Feld der psychothe- rapeutischen Ausbildungs- und Kompetenzforschung verwenden, Stichproben von höherer Repräsentativität auswählen und Langzeiteff ekte untersuchen. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonfl ikt besteht. Literatur [1] Murphy D , Irfan N , Barnett H et al. A systematic review and meta- synthesis of qualitative research into mandatory personal psychothe- rapy during training . Couns Psychother Res 2018 ; 18 : 199 – 214 [9] Ambühl H . Die Entwicklung von Beziehungs- und interaktionellen Kompetenzen . in : Laireiter AR, Willutzki U Hrsg . Ausbildung in Verhaltenstherapie (S. 221–238) . Göttingen : Hogrefe ; 2005 [10] Willutzki U , Fydrich T , Strauß B . Aktuelle Entwicklungen in der Psychotherapie-ausbildung und der Ausbildungsforschung . Psycho- therapeut 2009 ; 60 : 353 – 364 [11] Lambert M J . The Effi cacy and Eff ectiveness of Psychotherapy . In MJ Lambert (Ed.) Bergin and Garfi eld’s handbook of psychotherapy and behavior change . 6th ed. pp. 169 – 218 NY : Wiley ; 2013 [12] Strupp H H . The Vanderbilt Psychotherapy Studies: Synopsis . Journal of Consulting and Clinical Psychology 1993 ; 61 : 431 – 433 [13] Strauß B . Scheitern in der Psychotherapie . Psychotherapeut . 2021 ; im Druck [14] Castonguay L G , Boswell J F , Constantine M et al. Training implications of harmful eff ects of psychological treatments . Am Psycholog 2010 ; 65 : 34 – 49 [15] Strauß B , Wheeler S . Nodop St. Klinische Supervision Überblick über den Stand der Forschung . Psychotherapeut 2010 ; 55 : 455 – 464 [16] Nodop S , Thiel K , Strauß B . Supervision in der psychotherapeutischen Ausbildung in Deutschland . Psychotherapeut 2010 ; 55 : 485 – 495 [17] Beutler L E , Malik M , Alimohamed S et al. Therapist variables . In : Lamnert MJ Ed. Bergin and Garfi elds handbook of psychotherapy and behaviour change . p. 227 – 306 . 5th ed. John Wiley ; New York : 2004 [18] Orlinsky D E , Ronnestad H , Gerin P et al. Development of psychothera- pists: Comncepts, questions, and emethods of a collaborative study . Psychotherapy Research 1999 ; 9 : 127 – 153 [19] Nodop St , Strauß B . Kompetenzbereiche in der psychotherapeutischen Ausbildung . Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 2014 ; 43 : 171 – 179 [20] Rief W , Schramm E , Strauß B . Psychotherapie – Ein kompetenzorien- tiertes Lehrbuch . München : Elsevier ; 2021 [21] Orlinsky D E , Ronnestad H . How psychotherapists develop . Washing- ton : APA ; 2005 [22] Tschan W . Missbrauchtes Vertrauen . Bern : Karger ; 2001 [23] Schneider W . Nebenwirkungen von Psychotherapie beim Psychothera- peuten . In : M Linden, B Strauß Hrsg . Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie (2. Aufl .) (S.137–154) . Berlin : WMV ; 2018 [24] Märtens M . Der Therapeut als Ansatzpunkt für die Vermeidung von Psychotherapienebenwirkungen . In M Linden, B Strauß , (Hrsg) . Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie (2. Aufl .) (S.155–163) . Berlin : WMV ; 2018 [25] Strauß B , Schwartze D , Freyberger H J . Traumatische Nebenwirkungen in der Psychotherapie . Trauma & Gewalt 2018 ; 12 : 284 – 294 [2] Freyberger H J . Muss ich wirklich selbst auf die Couch? Verhaltensthe- [26] Linden M , Strauß B . Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie . rapie 2009 ; 19 : 53 – 54 Berlin : WMV ; 2018 [3] Frank C , Gahleitner S B , Gerlich K et al. Selbsterfahrung als Ausbil- dungsbestandteil der Psychotherapie . Resonanzen 2015 ; 2 : 114 – 129 [4] 2018 ; https://www.bundesaerztekammer.de/fi leadmin/user_upload/ downloads/pdf-Ordner/Weiterbildung/20201112_13_MWBO-2018. pdf (letzter Zugriff 23.2.2021) [5] Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeu- ten (PsychThApprO) vom 4. März 2020. BGBI. I Nr. 11 S. 448 [6] Sartory G . Selbsterfahrung für Psychotherapeuten ist nicht mehr zeitgemäß . Verhaltenstherapie 2009 ; 19 : 54 – 55 [7] Laireirer A R . Selbsterfahrung in der Ausbildung in Verhaltenstherapie . In : Laireiter AR, Wullutzki U Hrsg . Ausbildung in Verhaltenstherapie . Hogrefe ; Göttingen : 53 – 101 2005 [8] Strauß B , Kohl S . Themen der Ausbildungsforschung in der Psychothe- rapie . Psychotherapeut 2009 ; 54 : 411 – 426 [27] Dobernig E , Laireiter A R . Where do behavior therapists take their troubles? III. Befunde zu Häufi gkeit, Art und Nutzen von Selbsterfah- rung und Eigentherapie von Teilnehmern und Absolventen verhaltens- therapeutischer Ausbildung in Laireiter AR Hrsg . Selbsterfahrung in Psychotherapie und Verhaltenstherapie – empirische Befunde . 417 – 456. Tübingen : dgvt ; 2000 [28] Bennett-Levy J , Finlay-Jones A . The role of personal practice in therapist skill development: a model to guide therapists, educators, supervisors and researchers . Cogn Behav Ther 2018 ; 47 : 185 – 205 [29] Macran S , Shapiro D A . The role of personal therapy for therapists: A review . Br J Med Psychol 1998 ; 71 : 13 – 25 [30] Bennett-Levy J . Why therapists should walk the talk: The theoretical and empirical case for personal practice in therapist training and professional development . J Behav Ther Exp Psychiatry 2019 ; 62 : 133 – 145 Strauß B, Taeger D. Untersuchungen zur „Wirkung“ von … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 489 – 498 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 497

Originalarbeit Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung aus Betroff enenperspektive – Ergebnisse einer Beobachtungsstudie Peer Support: Utilization and Benefi t in Severe Mental Illness – Results from an Observational, Cross-Sectional Study , Daniel Richter 1 , 2 , Johanna Breilmann 3 , Esther Täumer 4 , Peter Falkai 4 , Reinhold Kilian 3 , Autoren Uta Gühne 1 Andreas Allgöwer 5 , Klemens Ajayi 6 , Jessica Baumgärtner 7 , Peter Brieger 6 , Karel Frasch 3 , 8 , Stephan Heres 6 , Markus Jäger 3 , 9 , Andreas Küthmann 10 , Albert Putzhammer 11 , Bertram Schneeweiß 6 , Michael Schwarz 6 , Thomas Becker 3 , Markus Kösters 3 ,* , Steffi G. Riedel-Heller 1 ,* Institute 1 Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Leipzig, Deutschland Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIQ), Berlin, Deutschland Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II am Bezirkskrankenhaus Günzburg, Universität Ulm, Günzburg, Deutschland Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität München, München, Deutschland Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie, Universität Ulm, Ulm, Deutschland Kbo-Isar-Amper-Klinikum, Region München, Deutschland Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Bezirkskrankenhaus Augsburg, Universität Augsburg, Deutschland Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Bezirkskrankenhaus Donauwörth, Deutschland Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Bezirkskrankenhaus Kempten, Deutschland 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Bezirkskrankenhaus Memmingen, Deutschland 11 Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosoma- tik, Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren, Deutschland Schlüsselwörter Peer-Arbeit , Genesungsbegleitung , Implementierung , Inanspruchnahme , schwere psychische Erkrankungen Key words peer support , peer support worker , implementation , utilisation , severe mental illness eingereicht akzeptiert 22 . 09 . 2021 12 . 10 . 2021 10.1055/a-1667-9966 0937-2032 Bibliografi e Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 499 – 507 DOI ISSN © 2021 . Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag , Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Korrespondenzadresse Dr. Uta Gühne Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) Medizinische Fakultät, Universität Leipzig Philipp-Rosenthal-Straße 55 04103 Leipzig Deutschland uta.guehne@medizin.uni-leipzig.de ZUSAMMENFASSUNG Ziel der Studie Genesungsbegleitung spielt in der Behandlung schwer psychisch erkrankter Menschen eine zunehmende Rol- le. Zur Wirksamkeit liegen internationale Befunde vor. Über Wissen, Nutzung und Nutzenbewertung ist in Deutschland bisher wenig bekannt. Die vorliegende Arbeit geht dieser Frage nach und stellt Ergebnisse aus einer Beobachtungsstudie mit 10 teilnehmenden Zentren in Süddeutschland vor. * geteilte Letztautorenschaft Gühne U et al. Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 499 – 507 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 499

Peer-Arbeit und Genesungsbegleitung sind eng mit einer Recovery- Orientierung verwoben [ 8 ] . Recovery in einer personenzentrierten Per- spektive meint einen persönlichen Wachstumsprozess und eigens ge- stalteten Weg zurück zu einem hoffnungsvollen, sinnerfüllten und selbstbestimmten Leben – auch mit der Erkrankung [ 9 ] . Als bedeuten- de Prozessvariablen von Recovery werden Zuversicht, Verantwortungs- übernahme, eine sinnstiftende Auseinandersetzung mit der Erkrankung und auch eine Zugehörigkeit und Verbundenheit mit Anderen ange- nommen; hierbei spielt die - auf geteilter Erfahrung aufbauende – Peer- arbeit eine große Rolle [ 10 ] . Genesungsbegleitung ermöglicht „eine gemeinsame Sprache zu fi nden und eine von Akzeptanz, Verständnis und Empathie getragene Beziehung einzugehen. Der Experte [oder die Expertin] durch Erfahrung kann authentisch das Gefühl von Hoff nung und den Glauben an Weiterentwicklung vermitteln. Er kann aus eige- ner Erfahrung die Interessen des Gegenübers sensibler wahrnehmen und dabei unterstützen, Verantwortung zu übernehmen und die eige- nen Interessen selbst zu vertreten“ ( [ 11 ] S.8). International liegen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) sowie Metaanalysen aus RCTs vor, in denen die Wirksamkeit der ver- schiedenen Ansätze von Peer-Arbeit untersucht wurde [ 12 ] . Einen Überblick dazu bietet die S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“ [ 13 ] . In der Zusammenschau der Befunde verweisen die Autoren und Autorinnen auf positive Ef- fekte, die insbesondere hinsichtlich des Recovery-Prozesses von Be- deutung sind und z. B. in einem hoff nungsvollen Erleben, in einem stärkeren Empowerment und Selbstwirksamkeitserleben liegen. Peer-Arbeit scheint darüber hinaus auch andere positive Eff ekte zu haben und kann beispielsweise das Beziehungserleben zwischen Be- troff enen und Behandelnden stärken, eine gezielte Inanspruchnah- me von Versorgungsangeboten fördern, Lebensqualität und psycho- soziale Funktionen verbessern und insgesamt zu einer größeren Be- dürfniserfüllung auf Betroff enenseite führen [ 13 ] . Mit den Studien von Mahlke et al. [ 14 ] sowie von Heumann et al. [ 15 ] liegen auch Wirksamkeitsuntersuchungen aus Deutschland vor. Ergänzend zu den Wirksamkeitsstudien beschäftigen sich zahl- reiche, insbesondere qualitative Untersuchungen mit Fragen zur Um- setzung und zu Rollenbildern von Peer-Arbeit in der Psychiatrie [ 16 – 18 ] . Herausfordernd bei der Implementierung wird nach wie vor eine gelungene Balance der Genesungsbegleitenden im gleichzeitigen Gegenüber von Betroff enen und Anderen, in der Psychiatrie-Tätigen, gesehen [ 19 ] . Voraussetzung sind deshalb einheitliche Ausbildungs- standards der Peers sowie Schulungen des Klinikpersonals, präzise Aufgaben- und Rollendefi nitionen sowie eine kontinuierliche Super- vision und Begleitung bei der Implementierung [ 17 , 18 , 20 , 21 ] . Kaum untersucht wurde bisher die Perspektive der Betroff enen auf die Genesungsbegleitung. Über das Wissen und die Inanspruch- nahme von Genesungsbegleitung durch Patienten und Patientin- nen mit schweren psychischen Erkrankungen in Deutschland ist wenig bekannt. Die vorliegende Arbeit geht folgenden Fragestellungen nach: I. Inwieweit kennen und nutzen schwer psychisch erkrankte Menschen Genesungsbegleitung? II. Welche möglichen Faktoren sind mit einer Nutzung von Genesungsbegleitung verbunden? III. Wie wird der Nutzen von Genesungsbegleitung aus Sicht der Betroff enen bewertet? Material und Methoden Studiendesign und Setting Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen des IMPPETUS-Projek- tes (Implementierung der Patientenleitlinie Psychosoziale Thera- pien für Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen), das im ersten Teil eine beobachtende Querschnittsstudie einschloss, erhoben. Die Rekrutierung der Teilnehmenden erfolgte zwischen März und September 2019 an zehn Kliniken in Oberbayern und Schwaben 1 , die für die Pflichtversorgung psychisch erkrankter Menschen zuständig sind. Die Teilnehmenden wurden kurz vor ihrer Entlassung aus (teil-)stationärer Behandlung durch geschul- te Studienmitarbeitende zur Datenerhebung interviewt. Alle Teil- nehmenden gaben im Vorfeld der Befragung eine schriftliche Ein- verständniserklärung ab. Ein positives Ethikvotum (Ref: 463/18) durch die Universität Ulm lag vor Beginn der Studie vor. Die Studie folgt einem a priori defi nierten Protokoll [ 22 ] . Einschlusskriterien Eingeschlossen wurden Patienten und Patientinnen mit einer schwe- ren psychischen Erkrankung, deren Vorliegen vor Einschluss in Re- kurrenz auf die, der S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schwe- ren psychischen Erkrankungen“, zugrunde liegende Defi nition [ 13 ] geprüft wurde. Dementsprechend wurden Teilnehmende bei (i) Vor- liegen einer Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störung (ICD-10: F2x) oder aff ektiven Störung (ICD-10: F3x), (ii) einer Erkran- kungsdauer von mindestens zwei Jahren und (iii) bei Hinweisen auf erhebliche Beeinträchtigungen des psychosozialen Funktionsniveaus eingeschlossen. Zur Operationalisierung von (iii) wurden folgende Schwellenwerte verwendet: 1) Global Assessment of Functioning (GAF) [ 23 ] von ≤ 60 und 2) Health of the Nation Outcome Scales (HoNOS) [ 24 ] mit einer Punktzahl von (a) ≥ 2 bei einem der Items der Subskala für symptomatische Probleme (Punktzahlen 6, 7 und 8) und einer Punktzahl von ≥ 2 bei jedem der vier Items der Subskala für soziale Probleme (Punktzahlen 9, 10, 11 und 12), oder (b) einer Punktzahl von ≥ 3 bei mindestens einem dieser Items (9, 10, 11 oder 12). Weitere Einschlusskriterien umfassten (iv) ein Alter von 18 bis 65 Jahren, (v) eine bestehende Einwilligungsfähigkeit und (vi) aus- reichende deutsche Sprachkenntnisse. Teilnehmende Es wurden insgesamt 878 Personen angesprochen, von denen 471 Interesse zeigten und einem Screening zustimmten. 458 Personen erfüllten die Einschlusskriterien und willigten in die Studienteilnah- me ein. Eine Datenerhebung erfolgte bei 398 Teilnehmenden. Die hier durchgeführten Analysen zur Genesungsbegleitung wurden mit Daten von 359 Teilnehmenden durchgeführt, wobei eine Per- son nachträglich aufgrund Nichteinhaltung der Einschlusskriterien (Alter < 65 Jahre) aus den Analysen ausgeschlossen wurde. Bei wei- teren 38 Personen lagen keine Daten zur Inanspruchnahme von Genesungsbegleitung vor ( ▶ Abb. 1 ). Für sieben Teilnehmende 1 Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum der Ludwig-Maxi- milians-Universität München, kbo-Isar-Amper-Klinikum Haar, kbo-Klinik Schwabing, kbo-Klinik Taufkirchen (Vils), Bezirkskrankenhaus Günzburg, Bezirkskrankenhaus Kempten, Bezirkskrankenhaus Memmingen, Bezirks- krankenhaus Donauwörth, Bezirkskrankenhaus Augsburg, Bezirkskran- kenhaus Kaufbeuren. Gühne U et al. Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 499 – 507 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 501

▶ Tab. 1 Grundlegende soziodemografi sche und andere Charakteristika. alle Patienten Genesungsbegleitung n = 359 genutzt n = 55 (15,3 %) nicht genutzt n = 304 (84,7 %) Werte t-Test (df)/ Chi-Quadrat-Test (Pearson) (df); p-Werte Alter (Jahre), MW (SD) (n = 357) 42,7 (13,2) 42,3 (12,4) 43,1 (13,0) t = − 0,4046 (355) Geschlecht, n ( %) männlich weiblich Berufl iche Bildung, n ( %) (n = 355) gering (kein Berufsabschluss) mittel (Ausbildung, Berufsabschluss) hoch (Fachhochschule, Uni. o. ä.) Haushaltseinkommen 1 , n ( %) (n = 325) gering (bis 1000 €) mittel (1001–2000 €) hoch (mehr als 2000 €) Familienstand, n ( %) ledig verheiratet/Partnerschaft geschieden/verwitwet/getrennt Migrationshintergrund, n ( %) (n = 356) nein ja 2 GAF, MW (SD) (n = 354) 156 (43,5) 203 (56,5) 88 (24,8) 199 (56,0) 68 (19,2) 108 (33,2) 100 (30,8) 117 (36,0) 200 (55,7) 88 (24,5) 71 (19,8) 291 (81,7) 65 (18,3) 42,4 (9,7) 27 (49,1) 28 (50,9) 13 (24,1) 33 (61,1) 8 (14,8) 23 (49,0) 17 (36,1) 7 (14,9) 36 (65,5) 7 (12,7) 12 (21,8) 46 (85,2) 8 (14,8) 42,2 (8,8) 129 (42,4) 175 (57,6) 75 (24,9) 166 (55,2) 60 (19,9) 85 (30,6) 83 (29,9) 110 (39,5) 164 (53,9) 81 (26,6) 59 (19,5) 245 (81,1) 57 (18,9) 42,9 (9,6) Alter bei Ersterkrankung, MW (SD) (n = 335) 27,0 (13,1) 25,1 (9,2) 27,3 (13,3) Körperliche Erkrankung, n ( %) (n = 356) nein ja Wohnort, n ( %) (n = 358) ländlich (bis 20 000 EW) mittelstädtisch (bis 500 000 EW) großstädtisch (mehr als 500 000 EW) Anzahl weiterer genutzter Behandlungsangebote 3 , n ( %) (n = 355) 175 (49,2) 181 (50,8) 144 (40,2) 120 (33,5) 94 (26,3) 23 (41,8) 32 (58,2) 25 (46,3) 13 (24,1) 16 (29,6) 152 (50,5) 149 (49,5) 119 (39,1) 107 (35,2) 78 (25,7) p = 0,69 χ² = 0,8399 (1) p = 0,36 χ² = 0,9297 (2) p = 0,63 χ² = 11,3986 (2) p = 0,003 χ² = 4,9240 (2) p = 0,085 χ² = 3,1675 (1) p = 0,075 t = − 0,4940 (352) p = 0,62 t = − 1,127 (333) p = 0,25 χ² = 1,4019 (1) p = 0,24 χ² = 2,5511 (2) p = 0,279 1–2 3 und mehr 223 (62,8) 132 (37,2) 34 (63,0) 20 (37,0) 189 (62,8) 112 (37,2) χ² = 0,0006 (1) p = 0,981 Häufi gkeit (teil-)stationärer Behandlung in den letzten 12 Monaten, n ( %) (n = 358) Nie Einmal Mehr als einmal 41 (11,5) 176 (49,2) 141 (39,3) 6 (10,9) 25 (45,5) 24 (43,6) 35 (11,6) 151 (49,8) 117 (38,6) χ² = 0,4966 (2) p = 0,780 Aufgrund fehlender Werte kann die Größe der Subgruppen variieren; 1 Höhe der gesamten Einnahmen pro Haushalt, 2 wenn Teilnehmer oder ein Elternteil migriert ist, 3 aktuelle Behandlung durch Hausarzt, Facharzt, Psychologe, sozialpsychiatrischen Dienst, Krankenhaus, Tagesklinik, sonstiges; GAF: Global assessment of functioning, MW Mittelwert, SD Standardabweichung, df degrees-of-freedom. Gühne U et al. Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 499 – 507 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 503

▶ Tab. 3 Patienten und Patientinnen mit schweren psychischen Erkrankungen (n = 290). Ergebnisse der binären logistischen Regression hinsichtlich möglicher Zusammenhänge für eine Nutzung von Genesungsbegleitung durch Determinanten Kategorie Geschlecht Alter Bildung Haushaltseinkommen Familienstand Migrationshintergrund GAF-Wert Alter bei Ersterkrankung Körperliche Erkrankung Wohnort weiblich männlich gering mittel hoch gering mittel hoch ledig verheiratet geschieden/getrennt lebend nein ja nein ja ländlich (bis 20 000 EW) mittelstädtisch (bis 500 000 EW) großstädtisch (mehr als 500 000 EW) Inanspruchnahme weiterer Behandlungsangebote 1 1–2 Häufi gkeit (teil-)stationärer Behandlung in den letzten 12 Monaten 3 und mehr Einmal Nie Mehr als einmal Pseudo-R 2 n = 290 95 % CI 0,67 0,97 0,46 0,39 0,32 0,06 0,13 0,39 0,34 0,97 0,94 3,01 1,05 2,67 4,59 1,68 0,68 2,03 4,59 2,90 1,04 1,02 0,40 1,74 0,21 0,27 1,20 1,63 0,55 2,33 0,26 0,44 3,05 2,01 OR Ref. 1,41 1,01 Ref. 1,11 1,34 Ref. 0,74 0,20 * * Ref. 0,52 0,63 Ref. 1,00 1,00 0,98 Ref. 0,83 Ref. 0,50 0,68 Ref. 1,13 Ref. 0,88 0,95 0,09 GAF – Global Assessment of Functioning, EW Einwohner, OR Odds Ratio, 1 aktuelle Behandlung durch Hausarzt, Facharzt, Psychologe, sozialpsychiat- rischen Dienst, Krankenhaus, Tagesklinik, sonstiges, CI – Confi dence Interval, * p ≤ 0,05; * * p ≤ 0,01; * * * p < 0,001. N 24 19 5 3 4 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % äußerst hilfreich hilfreich mäßig hilfreich etwas hilfreich nicht hilfreich ▶ Abb. 2 Nutzenbewertung zur Genesungsbegleitung durch Studien teilnehmende (N = 55). Familienkonstellationen [ 30 , 31 ] . Die niedrigen Erwerbsraten bei psychisch erkrankten Menschen wurden vielfach aufgezeigt [ 32 ] und treff en auch auf die vorliegende Stichprobe zu [ 33 ] . Neben den soziodemografi schen Daten wurden auch mögliche Zusammen- hänge hinsichtlich einer Nutzung von Genesungsbegleitung mit krankheitsassoziierten Variablen untersucht. Es zeigte sich weder für die Stärke der psychosozialen Beeinträchtigung, noch für die erinnerte Dauer psychischer Probleme oder für das Vorliegen einer somatischen Komorbidität ein Zusammenhang. Wenngleich die Nutzung von Genesungsbegleitung durch 15 % der Befragten gering scheint, haben immerhin knapp 40 % derjeni- gen Befragten, welche Genesungsbegleitung kennen, diese auch genutzt. Von diesen gaben 78 % an, Genesungsbegleitung als hilf- reich bzw. äußerst hilfreich wahrgenommen zu haben. Dieser Be- Gühne U et al. Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 499 – 507 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 505

[4] Wienberg G , Steinhart I . Das Funktionale Basismodell der Versorgung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen – ein Update . Psychiatr Prax 2020 ; 47 : 9 – 15 . doi: 10.1055/a-1033-2900 mental illness (IMPPETUS) (21.02.2019) . Im Internet: https://www. drks.de/drks_web/navigate.do?navigationId = trial.HTML&TRIAL_ ID = DRKS00015801 [5] Czernin K , Bermpohl F , Heinz A et al. Auswirkungen der Etablierung des psychiatrischen Behandlungskonzepts „Weddinger Modell“ auf mechanische Zwangsmaßnahmen . Psychiatr Prax 2020 ; 47 : 242 – 248 . doi: 10.1055/a-1116-0720 [6] Schwarz J , Geissler M , Küsel M et al. Genesungsbegleitung und stationsäquivalente Behandlung . Nervenheilkunde 2020 ; 39 : 731 – 738 . doi: 10.1055/a-1193-8261 [7] Holtmann W . Arbeit und Psyche – Recovery im berufl ichen Alltag. In: Aktion Psychisch Kranke; Weiß P; Fegert JM Hrsg. Planen – umsetzen – bewerten: Psychiatriepolitik gestalten . Köln : Psychiatrie Verlag ; 2019 : S. 93 – 100 [8] Knuf A . Recovery, Empowerment und Peerarbeit. In: Utschakowski J; Sielaff G; Bock T; Winter A Hrsg.: Experten aus Erfahrung. Peerarbeit in der Psychiatrie . Köln : Psychiatrie Verlag ; 2016 : S. 35 – 49 [9] Anthony W . Recovery from mental illness: The guiding vision of the mental health service system in the 1990s . Psychosocial Rehabilitation Journal 1993 ; 16(4) : 11 – 23 [10] Leamy M , Bird V , Le Boutillier C et al. Conceptual framework for personal recovery in mental health: systematic review and narrative synthesis . Br J Psychiatry 2011 ; 199 : 445 – 452 . doi: 10.1192/bjp. bp.110.083733 [11] Heuchemer P , Errami S . Experten aus Erfahrung. Menschen mit psychischen Erkrankungen als Mitarbeiter in Behandlungsteams . Köln : Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. ; 2016 [12] Chien W T , Clifton A V , Zhao S et al. Peer support for people with schizophrenia or other serious mental illness . Cochrane Database Syst Rev 2019 ; 4 : CD010880 . doi: 10.1002/14651858.CD010880.pub2 [13] Gühne U , Weinmann S , Riedel-Heller S G et al. S3-Leitlinie Psychosozia- le Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. S3-Praxisleitlini- en in Psychiatrie und Psychotherapie. Hrsg: DGPPN. 2. Aufl . Berlin : Springer ; 2019 [14] Mahlke C I , Priebe S , Heumann K et al. Eff ectiveness of one-to-one peer support for patients with severe mental illness – a randomised controlled trial . European Psychiatry 2017 ; 42 : 103 – 110 [15] Heumann K , Janßen L , Ruppelt F et al. Auswirkungen von Peer-Beglei- tung für Angehörige auf Belastung und Lebensqualität. Eine Pilotstudie . Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie 2016 ; 64 : 45 – 53 [16] Heumann K , Schmid C , Wilfer A et al. Kompetenzen und Rollen (-erwartungen) von Genesungsbegleitern in der psychiatrischen Versorgung – Ein partizipativer Forschungsbericht . Psychiatr Prax 2019 ; 46 : 34 – 40 . doi: 10.1055/a-0597-8188 [17] Groß S E , Zielasek J , Kitzig F et al. Selbst- und Fremdwahrnehmung von Genesungsbegleitenden im klinisch-psychiatrischen Alltag . Psychiatr Prax 2021 ; 48 : 44 – 48 . doi: 10.1055/a-1181-4353 [18] Aretz T , Jungbauer J . Wie bewerten Führungskräfte den Einsatz von psychiatrieerfahrenen Genesungsbegleitern? Psychiatr Prax 2019 ; 46 : 432 – 438 . doi: 10.1055/a-1004-7093 [19] Burr C , Rother K , Elhilali L et al. Rollen und Arbeitsinhalte von Peers und Expertinnen und Experten durch Erfahrung in Praxis, Bildung, Entwicklung und Forschung in der Psychiatrie . Psychiatr Prax 2021 ; 48 : 135 – 142 . doi: 10.1055/a-1287-6074 [20] Gillard S , Gibson S L , Holley J et al. Developing a change model for peer worker interventions in mental health services: a qualitative research study . Epidemiol Psychiatr Sci 2014 ; 24 : 435 – 445 [21] Hurley J , Cashin A , Mills J et al. Qualitative study of peer workers within the ‘Partners in Recovery’ programme in regional Australia . Int J Ment Health Nurs 2018 ; 27 : 187 – 195 . doi: 10.1111/inm.12308 [22] Breilmann J , Kilian R , Riedel-Heller S G et al. Protocol for a cross-sectio- nal observational study: Implementation status of the German guideline for psychosocial interventions for patients with severe [23] Jones S H , Thornicroft G , Coff ey M et al. A brief mental health outcome scale-reliability and validity of the Global Assessment of Functioning (GAF) . Br J Psychiatry 1995 ; 166 : 654 – 659 . doi: 10.1192/bjp.166.5.654 [24] Wing J K , Beevor A S , Curtis R H et al. Health of the Nation Outcome Scales (HoNOS). Research and development . Br J Psychiatry 1998 ; 172 : 11 – 18 . doi: 10.1192/bjp.172.1.11 [25] Roick C , Kilian R , Matschinger H et al. Die deutsche Version des Client Sociodemographic and Service Receipt Inventory – Ein Instrument zur Erfassung psychiatrischer Versorgungskosten . Psychiat Prax 2001 ; 28 : 84 – 90 . doi: 10.1055/s-2001-17790 [26] Puschner B , Repper J , Mahlke C et al. Using Peer Support in Developing Empowering Mental Health Services (UPSIDES): Background, Rationale and Methodology . Ann Glob Health 2019 ; 85(1) : 53 . doi: 10.5334/ aogh.2435 [27] Ibrahim N , Thompson D , Nixdorf R et al. A systematic review of infl uences on implementation of peer support work for adults with mental health problems . Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol 2019 ; 55(3) : 285–293 . doi: 10.1007/s00127-019-01739-1 [28] Jacobi F , Becker M , Bretschneider J et al. Ambulante fachärztliche Versorgung psychischer Störungen: Kleine regionale Unterschiede im Bedarf, große regionale Unterschiede in der Versorgungsdichte . Nervenarzt 2016 ; 87 : 1211 – 1221 . doi: 10.1007/s00115-016-0147-4 [29] Kunze H , Schepker R . Qualität der psychiatrischen (Krankenhaus-) Versorgung – Perspektiven? Psychiatr Prax 2020 ; 47 : 332 – 336 . doi: 10.1055/a-1179-4194 [30] Kawakami N , Abdulghani E A , Alonso J et al. Early-life mental disorders and adult household income in the World Mental Health Surveys . Biol Psychiatry 2012 ; 72 : 228 – 237 . doi: 10.1016/j.biopsych.2012.03.009 [31] Levinson D , Lakoma M D , Petukhova M et al. Associations of serious mental illness with earnings: results from the WHO World Mental Health surveys . Br J Psychiatry 2010 ; 197 : 114 – 121 . doi: 10.1192/bjp. bp.109.073635 [32] Jäckel D , Siebert S , Baumgardt J et al. Arbeitsbezogene Teilhabebeein- trächtigungen und Unterstützungsbedarf von Patienten in der (teil-) stationären psychiatrischen Versorgung . Psychiatr Prax 2020 ; 47 : 235 – 241 . doi: 10.1055/a-1112-5519 [33] Gühne U , Pabst A , Löbner M et al. Employment status and desire for work in severe mental illness: results from an observational, cross-sectional study . Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol 2021 ; 56(9) : 1657–1667 . doi: 10.1007/s00127-021-02088-8 [34] Huxley P , Evans S , Madge S et al. Development of a social inclusion index to capture subjective and objective life domains (Phase II): psychometric development study . Health Technol Assess 2012 ; 16 : iii – vii . ix-xii, -1-241 . doi: 10.3310/hta16010 [35] Schaeff er D , Vogt D , Berens E-M et al. Health Literacy in Deutschland. In: Schaeff er D, Pelikan J (Hrsg.) Health Literacy. Forschungsstand und Perspektiven . Göttingen : Hogrefe ; 129 – 144 . 2017 [36] Breilmann J , Kilian R , Riedel-Heller S G et al. Implementation of the patient version of the evidence-based (S3) guideline for psychosocial interventions for patients with severe mental illness (IMPPETUS): study protocol for a cluster randomised controlled trial . Trials 2020 ; 21 : 275 . doi: 10.1186/s13063-020-4200-z [37] Gühne U , Quittschalle J , Kösters M et al. TheraPart direkt. Psychosozia- le Therapien für eine verbesserte Partizipation am gesellschaftlichen Leben. Schulungsmaterial zur Informationsveranstaltung für Menschen mit (schweren) psychischen Erkrankungen . Köln : Psychiatrie Verlag ; 2021 Gühne U et al. Genesungsbegleitung: Inanspruchnahme und Nutzenbewertung … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 499 – 507 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 507

plementation of medical therapies. With overall limited thera- py capacities, the use of digital (health) applications can be of particular importance in the therapy of chronic and psycholo- gical diseases in particular. The present study investigates which health apps are being used by people with mental health problems. Methods 1,060 insured persons in preparation for psychoso- matic rehabilitation measures were surveyed by means of an online questionnaire. Descriptive analyses, frequency analyses, and analyses of variance with post-hoc tests and correlation analyses were used for evaluation. Results Participants used on average three apps; the most common topics were “nutrition” (n = 313), “self-diagnosis” (n = 244) and “relaxation” (n = 234). Female participants were more likely to use apps than male participants, and younger participants were more likely to use apps than older partici- pants. Symptoms of anxiety were correlated to the use of digi- tal applications, especially concerning heart rate and blood pressure monitoring, while depressive symptoms were not associated with a more frequent use of apps. Discussion Digital apps are being frequently used by people with mental health problems. Increasing acceptance of digital (health) apps has signifi cant potential in the treatment of chro- nic mental illness in particular. The focus should be on indivi- dual applications with integration into the regular care process. Conclusion Increasing digitalization, also in the healthcare sector, can be used to ensure care, especially in times of contact restrictions and limited human resources. Einleitung Die durch SARS-CoV-2 ausgelöste Pandemie erfordert zahlreiche Maßnahmen wie Kontaktreduktion und Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln, um eine exponentielle Ausbreitung des Virus zu verhindern. Diese Maßnahmen führen jedoch zu einem Anstieg von psychischen Erkrankungen wie Posttraumatischen Belastungs- störungen und Angststörungen in der Bevölkerung. Dies betriff t vor allem Menschen, die bereits vorher belastet waren [ 1 – 3 ] . Wei- terhin kommt es zu einer sozialen Isolation, die einen relevanten Risikofaktor für die Entstehung psychischer Beeinträchtigungen darstellt und negative Eff ekte auf die psychische und körperliche Gesundheit hat [ 3 , 4 ] . Es ist daher von einem mittelfristig erhöhten Bedarf an ambulanten und stationären Behandlungen auszugehen, der von den ohnehin schon begrenzten personellen Ressourcen [ 5 ] gedeckt werden muss. Die Versorgungssituation mit langen War- tezeiten auf einen Psychotherapieplatz [ 6 ] im ambulanten Bereich wird verschärft durch die gebotenen Hygiene- und Abstandsregeln, die einen erhöhten zeitlichen Aufwand verursachen sowie bei Grup- pentherapien eine Reduzierung der Gruppengrößen erfordern und somit die Kapazitäten weiter begrenzen. Eine Lösung, um Menschen gerade in Pandemie-Zeiten ange- sichts der generell begrenzten Ressourcen und der Angst vor einer Ansteckung einen Zugang zu Versorgung zu ermöglichen, sind di- gitale Angebote [ 5 ] oder Gesundheits-Apps. Insbesondere Gesund- heits-Apps, die sich thematisch mit Lebensstilaspekten wie körper- licher Aktivität, Entspannung und Ernährung befassen, können für Prävention, Monitoring oder die Therapie von verschiedenen Er- krankungen nützlich sein [u. a. 7 ] . Ein gesundes Lebensstilverhal- ten trägt zum psychischen Wohlbefi nden bei [ 8 ] , welches wieder- um mit einem geringeren kardiovaskulären Risiko [ 9 ] und einem geringeren Risiko für das Auftreten einer Depression (insbesonde- re bei jüngeren Patient/innen) [ 10 ] assoziiert ist. Wenn psychische Störungen aufgetreten sind, können internet- basierte Angebote die bestehende Therapie ergänzen [ 11 , 12 ] , was in Anbetracht der schon jetzt hohen Prävalenz (beispielsweise sind in Deutschland jedes Jahr 27,7 % [ 13 , 14 ] der erwachsenen Bevöl- kerung von einer Depression betroff en) relevant ist. Beim Einsatz digitaler Gesundheitsanwendungen ist jedoch zu beachten, dass ungesunder Nutzen (problematischer Internetgebrauch, Internet- abhängigkeit) von digitalen Anwendungen sich negativ auf die Ge- sundheit und das psychische Wohlbefi nden sowie verstärkend auf psychische Störungen auswirkt [ 15, 16 ] . Bei Betrachtung der Vorteile des Gebrauchs von Gesundheits- anwendungen, aber auch möglicher Risiken ist klar, dass es Richt- linien geben muss, wie Gesundheits-Apps in die Therapie und in den gesamten Versorgungsprozess eingebunden werden können [ 17 ] . Mit der Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung [ 18 ] wurde 2020 erstmalig die gesetzliche Grundlage für einen Leis- tungsanspruch der Versicherten auf die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) geschaff en, d. h. es kann bei zu- gelassenen Apps die Verordnung durch einen Arzt oder einen Psy- chotherapeuten erfolgen und die Kosten werden von der Kranken- versicherung übernommen. Voraussetzung für eine Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind u. a. der Nachweis eines positiven Versorgungseff ektes sowie Belege zu Datenschutz und Datensicherheit [ 19 ] , sodass bis jetzt nur wenige Apps zugelassen sind. Gleichzeitig müssen Ärzt/innen darüber informiert werden, wie diese Apps genutzt werden können und wie mit dem Großteil der Apps umzugehen ist, die noch nicht als DiGA zugelassen sind. Eine erste Plattform, die den Austausch zwischen Ärzt/innen und Psy- chotherapeut/innen über die Bewertung von Gesundheits-Apps ermöglicht, stellt das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versor- gung bereit [ 20 ] . Über den tatsächlichen Gebrauch von Gesundheits-Apps durch Menschen mit psychisch-psychosomatischen Vorerkrankungen gibt es derzeit nur sehr wenige Anhaltspunkte. Gleichzeitig ist ge- rade in Zeiten der Corona-Pandemie mit den einhergehenden deut- lichen Kontakteinschränkungen auch im Hinblick auf Arztkontakte von großer Bedeutung, wie die Apps sinnvoll und evidenzbasiert genutzt werden können. Die vorliegende Studie untersucht daher, welche Gesundheits- Apps von Menschen mit psychisch-psychosomatischen Erkrankun- gen genutzt werden. Insbesondere sollen die folgenden Fragen un- tersucht werden: Dahmen A et al. Welche digitalen Angebote nutzen … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 508 – 514 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 509

▶Tab. 1 die angeben, die abgefragten Apps zu nutzen). Übersicht über die Nutzung digitaler Gesundheitsapps in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter und Grunderkrankung (Prozent derjenigen, Nutzung digitaler Gesundheits-Apps Geschlecht Entspannung Ernährung Blutdruck/Herzfrequenz Selbstdiagnose Medikamenteneinnahme N % N % Weiblich Männlich 178 55 26,6 15,0 234 75 35,0 20,5 N 82 88 % 12,3 24,0 N % 159 82 23,8 22,4 N 41 15 % 6,1 4,1 Nutzung digitaler Gesundheits-Apps Alter Entspannung Ernährung Blutdruck/Herzfrequenz Selbstdiagnose Medikamenteneinnahme 20–29 Jahre 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–59 Jahre > 60 Jahre körperliche Grunderkrankung Ja Nein N 9 40 58 110 16 % 25,7 31,7 26,0 22,6 9,5 N 12 44 60 145 50 % 34,3 34,9 26,9 29,8 29,8 N 7 22 37 79 26 % 20,0 17,5 16,6 16,2 15,5 N 9 32 49 116 36 % 25,7 25,4 22,0 23,8 21,4 N 3 14 15 16 8 % 8,6 11,1 6,7 3,3 4,8 Nutzung digitaler Gesundheits-Apps Entspannung Ernährung Blutdruck/Herzfrequenz Selbstdiagnose Medikamenteneinnahme N 84 138 % 19,2 25,0 N 130 163 % 29,7 29,6 N 80 79 % 18,3 14,3 N 102 127 % 23,3 23,0 N 28 26 % 6,4 4,7 Teilnehmende mit Symptomen einer generalisierten Angststö- rung nutzten signifi kant mehr Apps im Vergleich zu Teilnehmen- den ohne Symptome einer generalisierten Angststörung (F(1, 1058) = 4,94, p = 0,026). Zwischen Teilnehmenden mit und ohne Symptome einer depressiven Erkrankung gab es jedoch keinen sig- nifi kanten Unterschied hinsichtlich der Häufi gkeit der Nutzung von Apps (F(1, 1058) = 0,83, p = 0,363). Die Nutzung digitaler Apps steht bei zwei von fünf Kategorien in signifi kantem Zusammenhang mit Symptomen einer generali- sierten Angststörung, jedoch nicht mit Symptomen einer depres- siven Erkrankung ( ▶ Tab. 2 ). Wer eine auff ällige Symptomatik hin- sichtlich einer generalisierten Angststörung zeigte, nutzte signifi - kant häufi ger Apps zur Blutdruck-/Herzfrequenzmessung (p = 0,009). Diskussion Die in dieser Studie vor Antritt einer Rehabilitation befragten psy- chosomatischen Patient/innen nutzen am häufi gsten Apps zu den Themenbereichen Ernährung, Selbstdiagnose und Entspannung, wobei die Nutzung mit Alter, Geschlecht und Vorhandensein einer körperlichen Grunderkrankung zusammenhängt. Gesundheits- Apps, die sich auf Ernährung und Entspannung beziehen, werden in dieser Studie signifi kant häufi ger von Frauen genutzt, während Männer signifi kant häufi ger Apps zur Messung von Blutdruck/Herz- frequenz nutzten. Die Tatsache, dass Frauen prozentual häufi ger Präventions- bzw. Gesundheitsangebote in Anspruch nehmen, ist hinreichend bekannt und wird hiermit bestätigt [u. a. 22 ]. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass jüngere Teilnehmende deutlich häufi ger Apps nutzten, was sich durch eine höhere Tech- nikaffi nität erklären lässt. Diese stellt eine Voraussetzung für den Gebrauch von digitalen Gesundheitsanwendungen dar und sollte vor der Empfehlung abgefragt bzw. gezielt gefördert werden [ 23 ] . Die Nutzung allgemeiner Apps, wie hier zur Medikamenteneinnah- me und zur Messung von Blutdruck/Herzfrequenz, die häufi ger von Menschen mit einer körperlichen Grunderkrankung genutzt wur- den, kann weiterhin gerade für Menschen, die in Regionen mit einer gering ausgeprägten medizinischen Infrastruktur leben, hilfreich sein. In Anbetracht insgesamt knapper personeller Ressourcen im Gesundheitswesen, die durch die derzeitigen Kontaktbeschrän- kungen und die damit verbundene Reduktion an möglichen ana- logen Therapien weiter begrenzt werden, sind daher gerade solche Gesundheits-Apps hilfreich, die ohne direkten und zeitgleichen Kontakt mit medizinischen Fachkräften auskommen. Das Ergebnis, dass die Hälfte der Teilnehmenden mindestens drei Apps nutzt, entspricht der derzeitigen Aufbruchssituation im Gesundheitswesen: die Digitalisierung wird per Gesetz vorange- trieben [z. B. 18 , 24 ] , die Anzahl zugelassener DiGA steigt stetig und es ist eine gestiegene Aufgeschlossenheit der Bevölkerung gegen- Dahmen A et al. Welche digitalen Angebote nutzen … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 508 – 514 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 511

Therapieprozess jedoch unterstützen können [vgl. 17 ] . All dies sind Aspekte, die die aktuelle Erhebung nicht als Inhalt hatte und nun weiter beforscht werden sollten. Die vorliegende Studie hat einige Limitationen, die bei der In- terpretation der Ergebnisse und der Planung weiterer Studien be- rücksichtig werden sollten. Es wurde ausschließlich der Gebrauch von Gesundheits-Apps durch psychisch-psychosomatisch vorer- krankte Menschen untersucht. Zusätzlich besteht eine Einschrän- kung der Generalisierbarkeit, da nur Patient/innen in die Studie ein- geschlossen wurden, die einen Zugang zum Klinikgruppen-eigenen Online-Portal hatten. Diese nutzen digitale Angebote daher ver- mutlich noch eher als Personen, welche diesen Zugang nicht haben, weshalb die Nutzung von Apps in dieser Studie leicht überschätzt worden sein könnte. Der langfristige Gebrauch von Gesundheits- Apps durch psychisch-psychosomatisch vorerkrankte Menschen sowie insbesondere ihr Nutzen sollte außerhalb einer querschnitt- lichen Befragung auch im Rahmen einer längsschnittlichen Befra- gung evaluiert werden. FA ZIT FÜR DIE PR A XIS Gesundheits-Apps, die Lebensstil- und Gesundheitsverhal- ten zum Inhalt haben, werden von bis zu einem Drittel der Befragten genutzt und könnten in die Versorgung psychi- scher Erkrankungen eingebunden werden. Dies ist insbeson- dere dann der Fall, wenn die Apps die Voraussetzungen als DiGA erfüllen und damit eine weitere Verbreitung erreicht werden kann. Richtlinien zur Integration in den Versor- gungsprozess sollten von den Fachgesellschaften festgelegt und die Apps partizipatorisch besser an die Zielgruppen angepasst werden. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonfl ikt besteht. Literatur [1] Qiu J , Shen B , Zhao M et al. A nationwide survey of psychological distress among Chinese people in the COVID-19 epidemic: Implica- tions and policy recommendations . Gen Psychiatry 2020 ; 33 : 19 – 21 [2] Gallagher M W , Zvolensky M J , Long L J et al. The Impact of COVID- 19-Experiences and Associated Stress in Anxiety, Depression, and Functional Impairment in American Adults . Cognit Ther Res 2020 ; 44 : 1043 – 1051 . doi: 10.1007/s10608-020-10143-y [3] Gruber J , Prinstein M J , Clark L A et al. Mental health and clinical psychological science in the time of COVID-19: Challenges, opportuni- ties, and a call to action . Am Psychol 2020 Aug 10; 10.1037 . doi: 0.1037/amp0000707 [4] Cacioppo S , Grippo A J , London S et al. Loneliness: Clinical import and interventions . Perspect Psychol Sci 2015 ; 10 : 238 – 249 . doi: 10.1177/1745691615570616 [5] Kazdin A E , Blase S L . Rebooting psychotherapy research and practice to reduce the burden of mental illness . Perspect Psychol Sci 2011 ; 6 : 21 – 37 . doi: 10.1177/1745691610393527 [6] Bundespsychotherapeutenkammer Ein Jahr nach der Reform der Psychotherapie-Richtlinie: Wartezeiten . 2018 ; https://www.bptk.de/ publikationen/bptk-studie/ [7] Albrecht U-V , von Jan U . Gesundheits-Apps in der Prävention – nütz- lich, wirksam, sicher? Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017 ; 52 : 432 – 438 [8] Lippke S , Dahmen A , Gao L et al. To what extent is internet activity predictive of psychological well-being? Psychol Res Behav Manag 2021 ; 14 : 207 – 219 . Doi.org/10.2147/PRBM.S274502 [9] Ikeda A , Steptoe A , Shipley M et al. Psychological wellbeing and aortic stiff ness: longitudinal study . Hypertension 2020 ; 76 : 675 – 682 [10] Westerhof G J , Keyes C L . Mental illness and mental health: the two continua model across the lifespan . Journal of adult development 2010 ; 17 : 110 – 119 [11] Richards D , Richardson T . Computer-based psychological treatments for depression: a systematic review and meta-analysis . Clinical psychology review 2012 ; 32 : 329 – 342 [12] Arnberg F K , Linton S J , Hultcrantz M et al. Internet-delivered psycholo- gical treatments for mood and anxiety disorders: A systematic review of their effi cacy, safety, and cost-eff ectiveness . PLoS ONE 2014 ; 9 : e98118 . https://doi.org/10.1371/journal.pone.0098118 [13] Jacobi F , Höfl er M , Strehle J et al. Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung . Der Nervenarzt 2014 ; 85 : 77 – 87 [14] Jacobi F , Höfl er M , Strehle J et al. Erratum zu: Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul „Psychische Gesundheit “(DEGS1- MH) . Der Nervenarzt 2016 ; 87 : 88 – 90 [15] Gao L , Gan Y , Whittal A et al. Problematic Internet Use and Perceived Quality of Life: Findings from a Cross-Sectional Study Investigating Work-Time and Leisure-Time Internet Use . Int J Environ Res Public Health 2020 ; 17 : 40 – 56 . doi: 10.3390/ijerph17114056 [16] Cikrikci Ö . The eff ect of internet use on well-being: meta-analysis . Computers in Human Behavior 2016 ; 65 : 560 – 566 [17] Baumann E , Czerwinski F , Rosset M et al. Wie informieren sich die Menschen in Deutschland zum Thema Gesundheit? Erkenntnisse aus der ersten Welle von HINTS Germany . Bundesgesundheitsbl 2020 ; 63 : 1151 – 1160 . doi: 10.1007/s00103-020-03192-x [18] Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Digitale Gesundheitsanwendun- gen-Verordnung – DiGAV) vom 08.04.2020. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 18, ausgegeben zu Bonn am 20.04.2020 [19] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das Fast Track Verfahren für digitale Gesundheitsanwendungen nach §139e SGB V. Ein Leitfaden für Hersteller, Leistungserbringer und Anwender [20] Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung. kvappradar. https:// www.kvappradar.de [21] Kroenke K , Spitzer R L , Williams J B et al. An ultra-brief screening scale for anxiety and depression: the PHQ-4 . Psychosomatics 2009 ; 50 : 613 – 621 . doi: 10.1176/appi.psy.50.6.613 [22] Ludwig S , Starker A , Hermann S et al. Inanspruchnahme von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in Deutschland – Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2014/2015-EHIS) . Bundesgesundheitsbl 2020; 63 : 1491 – 1501 . 2020. doi: 10.1007/s00103-020-03239-z [23] Davies F , Shepherd H L , Beatty L et al. Implementing Web-Based Therapy in Routine Mental Health Care: Systematic Review of Health Professionals’ Perspectives . J Med Internet Res 2020 ; 22 : e17362. doi: 10.2196/17362 Dahmen A et al. Welche digitalen Angebote nutzen … Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 508 – 514 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 513

CME-Fortbildung Fatigue bei Long COVID Anna-Lena Weingärtner , Andreas Stengel Persistierende oder neu auftretende Symptome nach durchgemachter Infektion mit SARS-CoV-2 sind häufi g und werden als Long COVID bezeichnet. Hierbei stellt die Fatigue das mit großem Abstand häufi gste Symptom dar. Der aktuelle Artikel be- schäftigt sich mit Fatigue im Rahmen von Long COVID, versucht eine pathogeneti- sche Einordnung und macht Vorschläge zur entsprechenden Behandlung. ABKÜR ZUNGEN BDD EBV ICD-10 ICD-11 MERS-CoV PASC RVV SARS CoV-2 Bodily Distress Disorder Epstein-Barr Virus International Classifi cation of Diseases, 10th revision International Classifi cation of Diseases, 11th revision Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus Post-acute Sequelae of SARS-CoV-2 Ross-River-Virus Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus-2 Einleitung Seit Beginn der COVID-19-Pandemie wird die durch das Virus SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung mit Hochdruck beforscht. Kurz nach Auftreten der ersten Infektionen wurde bekannt, dass die Akutphase primär von Symp- tomen wie Fieber, Erschöpfung und trockenem Husten ge- prägt ist. Zusätzlich können diverse neurologische, gas- trointestinale, kardiovaskuläre, nephrologische und der- matologische Manifestationen auftreten [ 1 ] . Nachdem die ersten Betroff enen die akute Infektion über- standen hatten, zeigte sich, dass ein erheblicher Anteil (80 %) nach 2–16 Wochen noch unter anhaltenden Symp- tomen leidet [ 2 ] . Mit Long COVID, Post COVID oder PASC (Post-Acute Sequelae of SARS-CoV-2) haben sich zur Bes- chreibung dieses Krankheitszustands mittlerweile ver- schiedene Begriffl ichkeiten im Sprachgebrauch etabliert. COVID-Symptome gewertet [ 3 ] (was womöglich zu früh ist), während dies in anderen Untersuchungen erst nach 60 Tagen der Fall ist [ 4 ] . In Deutschland sind bisher nach offi ziellen Angaben – die Dunkelziff er dürfte noch deutlich darüber liegen – 3,73 Millionen Menschen an COVID-19 erkrankt, 97 % bzw. 3,61 Millionen gelten davon als genesen (Vgl. offi zielle Angab- en Robert-Koch-Institut, Stand 02.07.2021). Als genesen werden dabei diejenigen Personen bezeichnet, bei welchen keine Viruslast mehr nachweisbar ist. Vor dem Hintergrund der Annahme, dass 80 % der betrof- fenen Personen unter Symptomen im Sinne eines Long COVID-Syndroms leiden, sind bzw. werden von den bis dato erkrankten Deutschen 2,89 Millionen Menschen be- troffen sein. Eine Studie untersuchte diese langanhal- tenden Symptome bei einer Stichprobe von 384 hospital- isierten Patient*innen mehrere Wochen (47–59 Tage) nach deren Entlassung aus dem Krankenhaus. Große Teile der Patient*innen gaben an, immer noch an Dyspnoe (53 %) oder Husten (34 %) zu leiden. Bei 30 % bzw. 10 % dieser Stichprobe war ein erhöhter D-Dimer- bzw. C-Reak- tives Protein-Spiegel nachweisbar, was ein Hinweis auf eine noch anhaltende Entzündungsreaktion darstellt [ 5 ] . In einer anderen Untersuchung wurde bei postakuten Pa- tient*innen ein erhöhter Anteil an pathologischen Brus- tröntgenaufnahmen verzeichnet – vermutlich im Rahmen einer aktiven Endothelentzündung bzw. Vaskulitis [ 6 ] . Die Schwere der initialen SARS-CoV-2-Infektion, ein höheres Lebensalter, ein höherer Body-Mass-Index sowie vorbeste- hende Lungenerkrankungen wurden als Risikofaktoren für persistierende Symptome mit somatischem Korrelat iden- tifi ziert [ 7 ] . Im vorliegenden Artikel werden wir einheitlich von Long COVID sprechen. Bis heute gibt es allerdings keine klare Defi nition. So werden in manchen Studien bereits 14 Tage nach der initialen Infektion Daten erhoben und als Long Aber nicht alle nach der akuten Infektion persistierende Symptome lassen sich auf ein noch anhaltendes Infektions- geschehen bzw. auf ein eindeutiges somatisches Korrelat zurückführen. Eine aktuelle Meta-Analyse von 15 Studien Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 515

formen Störungen) [ 11 ] . Verschiedene Untersuchungen zeigten zudem, dass es einen Zusammenhang von selbst wahrgenommener psychosozialer Belastung und Müdig- keit gibt [ 12 ] . Merke Depression, Angststörungen und psychosoziale Belastungen sind sehr häufi ge Ursachen oder Begleiterscheinungen bei Patient*innen mit Müdigkeit. Neben den seelischen Störungen gibt es eine Vielzahl körperlicher Erkrankungen, bei welchen Müdigkeit ins Symptomspektrum fällt. Diese Tatsache trägt vermutlich dazu bei, dass viele Behandler*innen sich davor fürchten, eine für die Müdigkeit ursächliche körperliche Erkrankung zu übersehen. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bei unauff äl- liger Anamnese und unauff älligem körperlichen Befund selten bösartige Erkrankungen hinter dem Symptom Müdigkeit stehen. Tritt Müdigkeit als Symptom einer schw- erwiegenden Erkrankung auf, sind praktisch immer weitere Hinweise auf die entsprechende Erkrankung zu fi n- den. Aus diesem Grund ist z. B. eine Tumordiagnostik auf- grund des Symptoms Müdigkeit ohne weitere Hinweise auf das Vorliegen einer solchen Erkrankung nicht indiziert. Merke Tritt Müdigkeit als Symptom einer schwerwiegenden Erkrankung auf, sind praktisch immer weitere Hinweise auf die entsprechende Erkrankung zu fi nden. Müdigkeit wird häufi g in Zusammenhang mit Eisenman- gel mit oder ohne Anämie gebracht. Diesbezügliche Un- tersuchungsergebnisse sind widersprüchlich. In manchen Studien konnte kein Zusammenhang festgestellt werden, während andere Untersuchungen Hinweise auf einen (schwachen) kausalen Zusammenhang von Anämie und Müdigkeit zeigten [ 13 ] . Es ist unwahrscheinlich, dass eine Eisensubstitution bei ansonsten gesunden Personen ohne schweren Eisenmangel oder Anämie das Problem der Müdigkeit löst. Dem Nutzen eines Behandlungsversuchs steht das Risiko der Fixierung auf einen inadäquaten Be- handlungsansatz gegenüber. Weiterhin kann Müdigkeit als Symptom bei endokrinen Er- krankungen, Hepatitis, Zöliakie, verschiedenen chronischen somatischen Erkrankungen, Schlafstörungen und schlafbe- zogenen Atmungsstörungen, Bewegungsmangel, bei Ein- nahme verschiedener Medikamente (z. B. Benzodiazepine, Antidepressiva, Antipsychotika, Antihistaminika, Antihyper- tensiva) und bei Suchterkrankungen auftreten. Hier gilt je- doch, dass in nahezu allen Fällen andere Symptome der ent- sprechenden Erkrankung auf diese hindeuten. Wichtig zu erwähnen ist, dass Fatigue auch als wesentlich- es Symptom bei onkologischen Patient*innen auftritt. In einer Studie klagen 70–100 % der betroff enen Patient*in- nen mit multimodalen Behandlungen über eine belastende Erschöpfungssymptomatik, die teilweise auch Monate und Jahre nach der letzten Behandlung anhält und als das am meisten belastende Symptom im Zusammenhang mit der Krebserkrankung wahrgenommen wird. Aufgrund des häu- figen Vorkommens von Fatigue bei onkologischen Pa- tient*innen hat sich mit cancer-related Fatigue eine eigene Begriffl ichkeit zur Beschreibung des Zustands etabliert [ 14 ] . In diesem Abschnitt wurden einige seelische und soma- tische Erkrankungen beschrieben, die ursächlich für eine Fa- tigue-Symptomatik sein können. Wichtig zu erwähnen ist, dass das Symptom bei einem Teil der betroff enen Personen unerklärt bleibt. Unabhängig von der Entstehungsursache hat die Symptomatik einen wesentlichen Einfl uss auf die All- tagsfähigkeit und die Lebensqualität der Patient*innen. Ohne spezifi sche Behandlung ist die Prognose von Perso- nen mit idiopathischer Fatigue verhältnismäßig schlecht: die Hälfte der Betroff enen leidet nach 6 Monaten immer noch unter Fatigue [ 15 ] . Chronic Fatigue Syndrom Ende der 80er Jahre wurde für eine lang andauernde, schwer einschränkende Müdigkeit erstmals der Begriff Chronic Fatigue Syndrom (CFS) eingeführt [ 16 ] . Die heu- tigen Diagnosekriterien entstanden erst einige Jahre später. Für die Diagnose CFS (Chronisches Müdigkeitssyn- drom; ICD-10: G93.3) muss eine seit mindestens 6 Mon- aten anhaltende Müdigkeit bestehen, die das Aktivitäts- niveau deutlich vermindert. Außerdem müssen vier oder mehr der folgenden Begleitsymptome bestehen: ▪ Störung der Konzentrations- oder Gedächtnis- leistung, ▪ rauer Hals, ▪ empfi ndliche Lymphknoten, ▪ Schmerz oder Steifi gkeit in den Muskeln, ▪ Kopfschmerzen, ▪ nicht erholsamer Schlaf, ▪ und Müdigkeit nach Anstrengung. Verschiedene Studienergebnisse legen nahe, dass das CFS nur multifaktoriell erklärt werden kann. Ein Teil der Betro- ff enen erkrankt nach Virusinfektionen [ 17 ] . Umgekehrt ist jedoch bei psychisch belasteten Personen auch die Viru- sanfälligkeit erhöht [ 18 ] . Auf die für die Thematik sehr relevanten Befunde zum Zusammenhang von Fatigue und (Virus-)Infektionen wird weiter unten im Text genauer eingegangen (s. Abschnitt 3). Weiterhin konnten bei Patient*innen mit CFS im Ver- gleich zu Gesunden auch andere physiologische Abwei- chungen festgestellt werden, wie beispielsweise neuroen- dokrine Störungen [ 19 ] oder Veränderungen der au- tonomen Aktivität [ 20 ] . Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 517

Long COVID Fatigue: ein funktionelles Symptom? Fatigue als postinfektiöses Symptom ist keineswegs erst seit der aktuellen COVID-19-Pandemie bekannt. Betroffene einer Vielzahl anderer viraler und bakterieller Infektionsk- rankheiten geben nach der überstandenen Infektion ähnli- che Erschöpfungssymptome an (siehe auch Fallbeispiel 2). Beispielsweise identifi zierte eine Follow-Up-Untersuchung von 233 SARS-Überlebenden in Hongkong 40 Monate nach der Infektion bei 40 % der Stichprobe eine persistierende Fatigue-Symptomatik [ 21 ] . Nach Ausbruch des Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) wurden bis zu 18 Monate nach der akuten Infektion von persistie- render Fatigue berichtet. Postinfektiöse Fatigue ist auch nach Epstein-Barr Virus (EBV), Q-Fieber (ausgelöst durch das Bakterium Coxiella burnetii), Ross-River-Virus (RVV) und Rickettsiose (aus- gelöst durch Bakterien der Gattung Rickettsia) bekannt [ 22 – 26 ] . Auch bei chronisch verlaufenden Infektionskrank- heiten wie HIV ist Fatigue ein Symptom [ 27 ] . Die Beobachtung, dass die Erschöpfungssymptomatik auch nach diversen anderen Infektionskrankheiten auf- tritt, legt die Vermutung nahe, dass es sich bei der Long COVID Fatigue eher nicht um ein für COVID-19 spezifi sches Symptom handelt. Vermutlich fungiert COVID-19 – so wie die übrigen viralen und bakteriellen Infektionen – eher als allgemeiner Trigger für die Entstehung eines Fatigue-Syn- droms. FALLBEISPIEL 2 Ein 45-jähriger Patient klagt 6 Monate nach einer COVID-19-Erkrankung über Erschöpfung, Müdig- keit, Atembeschwerden, einen „angeschwollenen Hals“, Kreislaufprobleme, Schwindel und Ge- lenkschmerzen. In der Akutphase der Infektion seien vor allem die Nächte schlimm gewesen, da er durch die Atemnot andauernd Todesangst gehabt habe. Derzeit fühle er sich hauptsächlich erschöpft und müde. Normale Alltagsaufgaben stellten eine Überforderung für ihn dar. Auch Ruhephasen hälfen ihm nicht dabei, wieder zu Kräften zu kommen. Während einer dreiwöchigen pulmologischen Reha-Behandlung hätten sich die anhaltenden Atembeschwerden kaum gebessert. Die Lungen- fachärzt*innen hätten ihm mitgeteilt, dass es keine körperliche Erklärung für seine Beschwerden gebe. Dennoch sei die psychologische Betreuung und der Kontakt zu Mitpatient*innen wohltuend gewesen. Er sei dort ruhiger geworden. Vor dem Reha-Aufent- halt habe er mehrfach aggressive Ausbrüche gegenüber Familienmitgliedern gehabt. Er sei seit der Infektion krankgeschrieben. Er fühle sich nutzlos, weil er nicht mehr belastbar sei und sehne sich danach ein guter Vater für seine 3 Kinder zu sein. In den letzten Monaten seien seine seit Jahren bestehenden Rückenschmerzen noch schlim- mer geworden. Er berichtet, dass er als junger Mann nach einer längeren Krankheitsphase durch eine Mononukleose an ähnlichen Symptomen gelitten habe. Anmerkung Bei diesem Patienten wurde die Diagnose einer postinfektiösen Fatigue-Symptomatik und einer mittelgradigen depressiven Episode gestellt, die sich im Verlauf der Behandlung zu einer schwergra- digen Episode entwickelte. Interessant ist, dass der Patient in den 90er Jahren nach einer Mononukleo- se anamnestisch unter ähnlichen Symptomen litt. Merke Fatigue tritt – womöglich als unspezifi sches Symptom – nach einer Vielzahl verschiedener viraler und bakterieller Infektionen auf. Eine Studie untersuchte diejenigen Faktoren, welche die Entstehung einer Long Covid-Fatigue begünstigen. Es zeigte sich, dass die Fatigue sich unabhängig von vorange- hender Hospitalisierung entwickelt und demzufolge kein Zusammenhang zur Schwere der Erkrankung im Akutsta- dium zu bestehen scheint [ 9 ] . Dies konnte auch in weiter- en Studien bestätigt werden (z. B. [ 28 ] ). Jedoch konnten weibliches Geschlecht und eine frühere depressive Episode oder Angststörung als Risikofaktoren identifi ziert werden [ 9 ] . Demzufolge unterscheiden sich die Risikofaktoren für eine postinfektiöse Fatigue-Symp- tomatik erheblich von den oben genannten Risikofaktor- en für vaskuläre Long COVID-Symptome. Eine andere Forschungsgruppe verglich in einer Studie die autonomen Funktionen von Patient*innen mit Long COVID mit und ohne Fatigue-Symptomatik. Hierfür erho- ben sie EKG und Blutdruck während verschiedener Tests (tiefe Atmung, Schellong-Test, Valsava-Manöver, Kaltwas- sertest). Dabei zeigten sich keine signifikanten Unter- schiede zwischen den beiden Patient*innengruppen. 70 % der von Fatigue betroff enen Patient*innen gaben während der Zeit des aktiven Stehens Symptome einer orthosta- tischen Dysregulation an. Für die Symptomatik konnte zwar kein physiologisches Korrelat festgestellt werden, jedoch zeigte sich ein starker Zusammenhang von Fatigue und erhöhter Ängstlichkeit Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 519

seinen Arbeitsplatz verlieren werde. Die fi nanziellen Sorgen ließen sie genauso überfordert fühlen wie damals vor 15 Jahren. Anmerkung In der Anamnese der Patientin fi nden sich auf den ersten Blick einige Faktoren, die sich gut in ein bio-psycho-soziales Krankheitsmodell integrieren lassen. Biologische Faktoren: Ausschüttung von Zytokinen, depressive Episode in der Vergangen- heit. Psychische Faktoren: Schuldvorwürde aufgrund der Ansteckung ihrer Großmutter. Soziale Faktoren: fi nanzielle Sorgen durch drohenden Arbeitsplatzverlust des Ehemannes. Selbstverständlich konnte in der relativ kurzen Zeit, in welcher das SARS-CoV-2-Virus bzw. COVID-19 beforscht wurde, noch keine hinreichende Evidenz für endgültige Aussagen zur Genese der Long COVID-Fatigue gesammelt werden. Möglicherweise zeigt sich in den folgenden Wochen, Monaten oder Jahren, dass eher (somato-)phy- siologische Prozesse die Entstehung der Fatigue begüns- tigen. Die aktuelle Befundlage sowie das Wissen um bisher bess- er beforschte psychosomatische Störungsbilder legen je- doch nahe, dass bei der Long COVID Fatigue – wie beim postinfektiösen Reizdarmsyndrom – ein biopsychosoziales Krankheitsmodell zur Erklärung der Symptomgenese herangezogen werden kann. Neben allgemeinen bio-psy- cho-sozialen Faktoren, welche an der Genese funktioneller bzw. psychosomatischer Störungen beteiligt sind, gibt es möglicherweise additiv wirksame Faktoren, welche die En- twicklung einer Fatigue im Rahmen von Long COVID begünstigen können. Als additiv wirksamer Faktor kann beispielsweise die Aus- schüttung von Zytokinen durch die SARS-CoV-2-Infektion gelten, wodurch psychische Abwehrmechanismen geschwächt werden. COVID-19-typische psychische und soziale Faktoren sind z. B. Hilfl osigkeitserleben während der Erkrankung, Vermeidungsverhalten, fi nanzielle Sorgen durch (drohenden) Arbeitsplatzverlust und Einsamkeit durch Einschränkung der sozialen Kontakte. ▶ Abb. 1 zeigt ein biopsychosoziales Krankheitsmodell für die Long COVID- Fatigue, welches sowohl allgemeine als auch die für COVID-19 additiv wirksamen Faktoren berücksichtigt. - Hilflosigkeit während Erkrankung - Atemnot als potentiell traumatisierende Erfahrung - Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, andere angesteckt zu haben - Krankheits-/Progredienzängste - Angst-/Vermeidungsverhalten PSYCHO Verhalten, Kognitionen, Erwartungen, Emotionen, Bewältigungsstrategien BIO Genetische Disposition, Infektionen, Krankheiten, Verletzungen SOZIAL Sozioökonomischer Status, soziale Netzwerke (inkl. Beziehungen, Arbeit, Wohnen) - finanzielle Ängste • (Sorge um) Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund von Leistungsintoleranz • pandemiebedingter Arbeitsplatzverlust - Einschränkung der sozialen Kontakte führt zu Einsamkeit - Prädisposition, an funktioneller Störung zu erkranken - SARS-CoV-2-Infektion • Zytokine werden freigesetzt • psychische Abwehrmechanismen werden geschwächt, so dass psychophysiologische Prozesse einsetzen (Hypotonie, abnehmender Muskeltonus, Schwäche, Leistungsintoleranz usw.) ▶ Abb. 1 Biopsychosoziales Krankheitsmodell der Entstehung von Fatigue im Rahmen von Long COVID. Im inneren Bereich sind allgemeine bio- psycho-soziale Faktoren aufgelistet, welche die Genese einer funktionellen Störung begünstigen. Im äußeren Bereich befi nden sich mögliche additive Faktoren für die Genese einer Fatigue im Rahmen von Long COVID. Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 521

1 Initiale Grundversorgung 2 Erweiterte Grundversorgung - findet in der Haus-/Facharztpraxis statt - sorgfältig untersuchen - empathisch beruhigen - Ermutigung zu gesundem, aktivem Lebensstil - bei Bedarf Wiedervorstellung nach 2 – 4 Wochen anbieten - Simultandiagnostik - Erarbeitung eines individuellen Krankheitsmodells - bewältigungsorientierte Therapiemaßnahmen ○ erklären und benennen ○ an Erwartungen und Zielen arbeiten ○ Stärkung der Selbstfürsorge und Selbstwirksamkeit durch aktive Bewältigungsmechanismen 3 Multimodale Behandlung/ Psychotherapie/ Rehabilitation - Aufbau eines ambulanten Behandlernetzwerks - Beginn mit störungsorientierter Psychotherapie - (teil-)stationäre Behandlung erwägen - Rehabilitation ▶ Abb. 2 Handlungsempfehlungen zur Behandlung funktioneller Körperbeschwerden angelehnt an die S3-Leitline [ 33 ] . Die Behandlung gliedert sich in drei Behandlungsphasen (initiale Grundversorgung, erweiterte Grundversorgung, multimodale Behandlung/Psychotherapie/Rehabilitation) in Abhängigkeit von Verlauf und Schwere der Beschwerden. somatische Ursache feststellbar, sollen die Patient*innen empathisch beruhigt werden, ohne die Beschwerden zu verharmlosen. Therapeutische Interventionen beschränk- en sich in der Regel auf eine Ermutigung zu einem allge- mein gesunden, körperlich aktiven Lebensstil. Zusätzlich sollte betont werden, dass die Symptome sich wahrscheinlich bessern werden, dass ein Persistieren aber keinen Grund zur Sorge darstellt. Für diesen Fall soll eine Wiedervorstellung in zwei bis vier Wochen angeboten werden. Die erweiterte Grundversorgung greift dann, wenn die initiale Grundversorgung nicht ausreicht, also wenn die Beschwerden persistieren. Im Rahmen der Si- multandiagnostik sollte die somatische und psychosoziale Diagnostik gleichzeitig und gleichwertig erweitert werden. Aus den identifi zierten Krankheitsfaktoren soll dann ein individuelles Erklärungsmodell erarbeitet und daraus be- wältigungsorientierte Therapiemaßnahmen abgeleitet werden. In diesem Zusammenhang soll hinsichtlich symp- tomatischer Maßnahmen (z. B. Psychopharmaka, physio- therapeutische Anwendungen, etc.) beraten werden. Die Stärkung von Selbstfürsorge und Selbstwirksamkeit durch aktive Bewältigungsmechanismen gilt jedoch als na- chhaltiger wirksam. Dazu zählen zum Beispiel die Auf- nahme sozialer und körperlicher Aktivitäten, Exposition bei Schonung und Vermeidung sowie Selbsthilfeliteratur bzw. -gruppen. Bei schweren Verläufen mit hoher Inanspruchnahme des Gesundheitssystems soll auf die dritte Behandlungsstufe zurückgegriff en werden. Hierzu gehören weitere psycho- therapeutische, wenn nötig auch (teil-) stationäre Behand- lungsformen bzw. rehabilitative Maßnahmen, wenn der Fokus auf den Erhalt oder die Wiederherstellung der Er- werbsfähigkeit liegen soll. Im Zentrum soll der Aufbau eines ambulanten Behandel- ndennetzwerkes stehen, in dem die behandelnden Haus- 0oder somatischen Fachärzt*innen die „Gatekeeper-Funk- tion“ übernimmt. Eine störungsorientierte Psychotherapie ist besonders bei relevanten psychosozialen Belastungen, psychischer Komorbidität oder einer schwierigen Bezie- hung zwischen Behandler*in und Patient*in indiziert. Dabei sollen zunächst das positive Selbst- und Körpererle- ben, Selbstregulationstechniken, Beziehungsgestaltung und die Förderung von Kreativität und Veränderungsbe- reitschaft im Fokus stehen [ 33 ] . Merke Die Behandlung funktioneller Körperbeschwerden gliedert sich in 3 Phasen: initiale Grundversorgung, erweiterte Grundversorgung und multimodale Behandlung inklusive Psychotherapie und/oder Rehabilitation. Zusammenfassung Trotz aktuellem Abebben der COVID-19-Pandemie werden uns die mittel- und langfristigen psychischen Folgen der Erkrankung noch einige Zeit beschäftigen. Bei Symptomen im Rahmen von Long COVID ist aufgrund der Häufi gkeit und der subjektiven Beeinträchtigung besonders die Fa- tigue hervorzuheben. Hier wird es künftig wünschenswert sein, die Prädispositions-/Risikofaktoren für eine solche Entwicklung noch besser zu charakterisieren um dann womöglich frühzeitig/sekundärpräventiv tätig zu werden. Aber auch nach Ausbildung einer Fatigue im Rahmen von Long COVID können am ehesten aktivierende Behand- lungsbausteine aus der Behandlung (anderer) funk- tioneller Körperbeschwerden zum Einsatz kommen. Da viele Patient*innen hierfür initial nicht motiviert sein könnten, empfi ehlt sich – hier einmal mehr – eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Kolleg*- innen der Psychosomatik, Infektiologie und Neurologie. Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 523

[11] Wessely S . The epidemiology of chronic fatigue syndrome . Epidemiol Rev 1995 ; 17 : 139 – 151 . doi: 10.1093/oxfordjour- nals.epirev.a036170 [25] Hickie I , Davenport T, Wakefi eld D et al. Post-infective and chronic fatigue syndromes precipitated by viral and non-viral pathogens: prospective cohort study . Bmj 2006 ; 333 : 575 [12] Chen M K . The epidemiology of self-perceived fatigue among adults . Prev Med 1986 ; 15 : 74 – 81 . doi: 10.1016/0091- 7435(86)90037-x [13] Lennartsson J , Bengtsson C, Hallberg L et al. Characteristics of anaemic women. The population study of women in Goteborg 1968-1969 . Scand J Haematol 1979 ; 22 : 17 – 24 . doi: 10.1111/j.1600-0609.1979.tb00395.x [14] Berger A M , Abernethy AP, Atkinson A et al. Cancer-related fatigue . Journal of the National Comprehensive Cancer Network 2010 ; 8 : 904 – 931 [15] Sharpe M , Wilks D. Fatigue . BMJ 2002 ; 325 : 480 – 483 [16] Holmes G P , Kaplan JE, Gantz NM et al. Chronic fatigue syndrome: a working case defi nition . Annals of internal medicine 1988 ; 108 : 387 – 389 [17] Totman R , Kiff J, Reed SE et al. Predicting experimental colds in volunteers from diff erent measures of recent life stress . Journal of Psychosomatic Research 1980 ; 24 : 155 – 163 [18] Appels A , Bär FW, Bär J et al. Infl ammation, depressive symptomatology, and coronary artery disease . Psychoso- matic Medicine 2000 ; 62 : 601 – 605 [19] Demitrack M A , Croff ord LJ. Evidence for and pathophysio- logic implications of hypothalamic-pituitary-adrenal axis dysregulation in fi bromyalgia and chronic fatigue syndrome . 1998 [20] Naschitz J , Itzhak R, Shaviv N et al. Assessment of cardiovas- cular reactivity by fractal and recurrence quantifi cation analysis of heart rate and pulse transit time . Journal of human hypertension 2003 ; 17 : 111 – 118 [21] Lam MH-B , Wing Y-K, Yu MW-M et al. Mental morbidities and chronic fatigue in severe acute respiratory syndrome survivors: long-term follow-up . Archives of internal medicine 2009 ; 169 : 2142 – 2147 [22] Katz B Z , Collin SM, Murphy G et al. The international collaborative on fatigue following infection (COFFI) . Fatigue: biomedicine, health & behavior 2018 ; 6 : 106 – 121 [23] Katz B Z , Shiraishi Y, Mears CJ et al. Chronic fatigue syndrome after infectious mononucleosis in adolescents . Pediatrics 2009 ; 124 : 189 – 193 [24] Galbraith S , Cameron B, Li H et al. Peripheral blood gene expression in postinfective fatigue syndrome following from three diff erent triggering infections . Journal of Infectious Diseases 2011 ; 204 : 1632 – 1640 [26] De Vito A , Geremia N, Mameli SM et al. Epidemiology, clinical aspects, laboratory diagnosis and treatment of rickettsial diseases in the mediterranean area during COVID-19 pandemic: a review of the literature . Mediterrane- an Journal of Hematology and Infectious Diseases 2020 ; 12 [27] Barroso J , Leserman J, Harmon JL et al. Fatigue in HIV-infect- ed people: a three-year observational study . Journal of pain and symptom management 2015 ; 50 : 69 – 79 [28] Moreno-Pérez O , Merino E, Leon-Ramirez J-M et al. Post-acute COVID-19 syndrome. Incidence and risk factors: A Mediterranean cohort study . Journal of Infection 2021 ; 82 : 378 – 383 [29] Townsend L , Moloney D, Finucane C et al. Fatigue following COVID-19 infection is not associated with autonomic dysfunction . PloS one 2021 ; 16 : e0247280 [30] Schwille-Kiuntke J , Mazurak N, Enck P. Systematic review with meta- analysis: post-infectious irritable bowel syndrome after travellers’ diarrhoea . Alimentary pharmacology & therapeutics 2015 ; 41 : 1029 – 1037 [31] Henningsen P , Zipfel S, Sattel H et al. Management of functional somatic syndromes and bodily distress . Psychotherapy and Psychosomatics 2018 ; 87 : 12 – 31 [32] First M B, Reed GM, Hyman SE et al. The development of the ICD-11 clinical descriptions and diagnostic guidelines for mental and behavioural disorders . World Psychiatry 2015 ; 14 : 82 – 90 [33] Roenneberg C , Henningsen P, Sattel H et al. S3-Leitlinie Funktionelle Körperbesch werden . AWMF online 2018 Bibliography 10.1055/a-1544-8349 0937-2032 Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 DOI ISSN © 2021 . Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag , Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 525

Fragen und Antworten | CME Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung … Frage 8 Welche Aussage zur initialen Grundversorgung von Per- sonen mit funktionellen Körperbeschwerden ist richtig? A Die Patient*innen sollten empathisch behandelt aber zur Verhinderung einer somatischen Fixierung nicht nochmals körperlich untersucht werden. Die Patient*innen sollten sorgfältig untersucht und empathisch beruhigt werden. Die Patient*innen sollten dazu motiviert werden, sich zu schonen. B C D Es sollte eine ambulante störungsspezifi sche E Psychotherapie eingeleitet werden. In dieser Stufe stehen medikamentöse Therapie- optionen im Vordergrund. Frage 9 Was ist im Rahmen der erweiterten Grundversorgung von Personen mit funktionellen Körperbeschwerden besonders wirksam? A aktive Bewältigungsmechanismen B C D Akupunktur E Einnahme von Psychopharmaka Physiotherapeutische Anwendungen wie Massagen Schonung und Vermeidung Frage 10 Welche der folgenden Aussagen zur Ätiologie von Fatigue ist falsch? A Tritt Müdigkeit als Symptom einer schwerwiegenden Erkrankung auf, sind in den meisten Fällen weitere Symptome vorhanden, die auf die entsprechende Krankheit hindeuten. Auch bei Patienten/Patient*innen ohne schweren Eisenmangel oder Anämie führt eine Eisensubstitu- tion meist zu einer Reduktion der Fatigue- Symptomatik. Fatigue kann durch die Einnahme von Medikamenten verursacht werden. B C D In verschiedenen Untersuchungen konnte ein Zusammenhang von selbst wahrgenommener psychosozialer Belastung und Müdigkeit gezeigt werden. Wenn neben dem Symptom Müdigkeit keine weiteren Hinweise auf eine onkologische Erkrankung bestehen, ist eine Tumordiagnostik nicht obligat. E Weingärtner A-L, Stengel A. Fatigue bei Long COVID. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 515 – 527 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 527

Beurteilung der praktischen Relevanz der Ergebnisse) in Frage gestellt werden können. Während sich Diskriminierung unmittelbar auf eine oder mehrere Personen als Mitglieder einer sozialen Gruppe bezieht, ist dies bei der Objektifi zierung nicht notwendiger Weise der Fall. Wird z. B. ein Produkt mit einem leicht bekleideten Model in se xualisierten Posen be- worben, so wird damit niemand direkt diskri- miniert, weil das Model dabei freiwillig agiert und das Ziel auch nicht auf die Behandlung einer Person als stereotypisiertes Mitglied einer sozialen Gruppe gerichtet ist, sondern auf die Aufwertung des Produkts. Die Bezeich- nung einer solchen Werbung als sexistisch ist dann durch einen sog. strukturellen Sexismus begründet. Hier wird davon ausgegangen, dass sich die auf die sexuelle Attraktion reduz- ierte Darstellung des Models auf die generelle Wahrnehmung und dann letztlich auch Be- handlung der sozialen Gruppe (in diesem Fall der Personen gleichen Geschlechts) überträgt und oft Ausdruck einer asymmetrischen Machtstruktur der Geschlechter innerhalb der Gesellschaft ist. Objektifi zierung zeigt sich in unterschiedlichen Formen, die auch in der kür- zlich erschienenen repräsentativen Studie „Sexismus im Alltag“ bestätigt werden konn- ten [ 3 ] . Eine dieser Formen ist „Instrumental- isierung“, d. h. Ausnutzung einer Person für ei- gene Zwecke vor dem Hintergrund einer geschlechtstypischen Rollenzuschreibung. Auf das Thema „Sexismus im medizinischen Kon- text“ übertragen, kann sich dies z. B. in dem Appell eines (männlichen) Patienten „Schwest- er, bringen Sie mir noch einen Kaff ee!“ aus- drücken. Vergleichsweise einfach zu defi nieren ist die Bedeutung von Sexismus als sexuelle Beläs- tigung oder sexueller Missbrauch, denn diese sind sowohl durch das Strafgesetz- buch defi niert (StGB: Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, §§ 174–184; siehe z. B. www.dejure.org ) als auch durch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG). Demnach ist jede sexuelle Handlung ohne Einwilligung aller Beteiligten strafbar. Unabhängig von der Einwilligung liegt se- xueller Missbrauch auch dann vor, wenn sexuelle Handlungen zwischen Erwachse- nen und Minderjährigen sowie Schutzbe- fohlenen vollzogen werden (also z. B. auch bei sexuellen Grenzverletzungen zwischen Psychotherapeut/in und Patient/in [ 4 ] ). Se- xuelle Belästigung bezieht sich darüber hi- naus nicht nur auf sexuelle Handlungen im engeren Sinn (wie Geschlechtsverkehr oder Oralsex), sondern wenn jemand „eine an- dere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt“ (§ 184i StGB, Absatz 1). Dabei spielt die Ab- sicht keine Rolle. Vielmehr ist nach dem AGG die „unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts“ (AGG §3, Absatz 1; siehe z. B. www.gesetzte-im-internet.de) entscheidend. Insofern findet sich hier ein breites Forschungsfeld innerhalb der Gesund- heitsversorgung, weil häufi g ranghöhere Per- sonen (wie Lehr- oder Ausbildungspersonal) oder solche, die aus ihrer Rolle eine entspre- chende Legitimation ableiten (wie Patienten gegenüber Pfl egepersonal) sexualisierte Be- merkungen nicht als Belästigung begreifen, sondern im Gegenteil als Kompliment. Sie be- trachten dann nicht ihr eigenes Verhalten als negativ oder unerwünscht, sondern betrei- ben sogar noch ein „blaming of the victim“, indem sie die Person, der das Kompliment zugedacht ist und die es ablehnt, als prüde und dergleichen abwerten. Eine besondere Art der sexuellen Belästigung ist die „Ver- letzung des Intimbereichs durch Bildaufnah- men“. Dieses Verhalten ist mittlerweile auf- grund der rasanten Verbreitung im Kontext von digitalen Medien ein eigenständiger Straftatbestand (§ 184k StGB). Gibt es Sexismusforschung in der Gesundheitsversorgung? Aus der großen gesellschaftlichen Bedeutung von Sexismus sind in den vergangenen Jahren vielfältige Forschungsfelder erwachsen, die unter anderem folgende gesundheitsrele- vante Bereiche betreff en: ▪ Sexismus in der stationären und ambulanten Versorgung (z. B. von Patientinnen und Patienten gegenüber Pfl ege- oder Praxispersonal) ▪ Sexuelle Belästigung/Missbrauch gegenüber Schutzbefohlenen im weitesten Sinne (z. B. in der Behand- lung gegenüber Patientinnen und Patienten oder in der Ausbildung in Ge- sundheitsberufen gegenüber Auszubil- denden) ▪ Benachteiligung (u. a. Ungleichheit bei Karriere-Chancen [ 5 ] und Bezahlung) von Frauen in medizinischen Berufen: Frauenanteil 2017 im Medizinstudium 61 %, im Beruf 47 %, auf Professuren 21 % [ 6 ] ▪ Gendermedizin: Benachteiligung von Frauen in der medizinischen Ver- sorgung (z. B. weil Medikamente häufi ger an Männern getestet werden [ 7 ] ) ▪ Benachteiligung (u. a. Ausgrenzung) von Personen, die sich selbst nicht der binären Geschlechtskategorisierung in weiblich oder männlich zuordnen, nicht (ausschließlich) heterosexuell sind (LGBTQ: lesbian, gay, bisexuell, transsexual, queer [ 8 ] ) sowie von Personen mit sexuell übertragbaren Krankheiten (z. B. HIV [ 9 ] ); hierunter fi el auch die 12-monatige sog. Blutspenden-Sperre, die aber mittler- weile (seit Sep. 2021) auf vier Monate verkürzt und auf das sexuelle Risikover- halten und nicht die Personengruppe bezogen formuliert wurde [ 10 ] Noch gibt es jedoch, vor allem zu den ersten beiden Forschungsfeldern und dem letzten in der Liste, nur wenige Primärstudien mit sys- tematischer Datenerhebung und Auswertung auf Basis aussagekräftiger (kontrollierter) Stu- diendesigns (wie z. B. [ 11 ] ). Häufi ger sind bis- lang Erfahrungsberichte und Reaktionen darauf (z. B. [ 12 ] ). Wie die Liste (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) zeigt, umfasst die Palette von Sexismus in der Gesund- heitsversorgung ganz unterschiedliche Bere- iche des Phänomens. So bezieht sich der Be- griff Sexismus als Oberbegriff sowohl auf geschlechtsbezogenes diskriminierendes Verhalten als auch auf nicht-konsensuale sex- uelle strafbare Handlungen, also sexuelle Belästigung oder sexuellen Missbrauch. Sexismus zeigt sich aber auch im Sinne der Ungleichbehandlung der Geschlechter. Dies ist beim sog. Gendergap in der geringeren Bez- ahlung von Frauen bei gleicher Arbeit und geringerem Lohnniveau in traditionellen Frauenberufen (wie der Pfl ege) der Fall oder bei der Gendermedizin (siehe z. B. „Gender in Medicine – GiM“: https://gender.charite.de/ forschung/ ), zu der es bereits vergleichswei- se viel Forschung gibt. So wurde z. B. die män- nerzentrierte Herangehensweise bei der Diag- nostik und Therapie von Herzkrankheiten be- reits in den 1990er Jahren festgestellt [ 13 ] ). Zur Gendermedizin gibt es auch einen stand- ardisierten Fragebogen (N-GAMS) zur Erfas- sung von „Gender Awareness“ (Geschlechter- Berger U. Psychother Psych Med 2021 ; 71 : 528 – 530 | © 2021 . Thieme. All rights reserved. 529

Impressum PPmP – Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 71. Jahrgang Die PPmP – Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie erscheint mit 12 Ausgaben in 10 Heften pro Jahr. ISSN (Print): 0937-2032 eISSN: 1439-1058 Copyright & Ownership Wenn nicht anders angegeben: © 2021. Thieme. All rights reserved. Die Zeitschrift PPmP – Psycho- therapie Psychosomatik Medizinische Psychologie ist Eigentum von Thieme. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Federführender Herausgeber Prof. Dr. Bernhard Strauß Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Stoystraße 3, 07740 Jena E-Mail: bernhard.strauss@med.uni-jena.de Die Herausgeber sind nicht verantwortlich für in der Zeitschrift enthaltene Anzeigen und Beilagen. Verlag Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 301120, 70451 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-0, Fax: +49 711 8931-298 www.thieme.de, www.thieme.de/ppmp www.thieme-connect.de/products Web-App: www.thieme.de/eref-app Redaktion Sie erreichen die Redaktion unter: ppmp.impressum@thieme.de V.i.S.d.P.: Lea-Marie Tröster, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Andreas Schweiger, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 300880, 70448 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-245, Fax: +49 711 8931-470 E-Mail: andreas.schweiger@thieme-media.de Produktionsmanagement Tel.: +49 711 8931-540, Fax: +49 711 8931-393 E-Mail: Helene.Herdt@thieme.de Abonnentenservice Wir bitten unsere Abonnenten, Adressänderungen dem Abonnentenservice mitzuteilen, um eine rei- bungslose Zustellung der Zeitschrift zu gewährlei- sten. Tel.: +49 711 8931-321, Fax: +49 711 8931-422, https://kundenservice.thieme.de Die Inhalte der Zeitschrift stehen online in Thieme connect zur Verfügung (www.thieme-connect.de/ products). Der Zugang ist für persönliche Abon- Bezugspreise 2022* Versandkosten persönliches Abonnement (Gesamtpreis inkl. Versandkosten) institutionelles Abonnement (Gesamtpreis inkl. Versandkosten)** nenten im Preis enthalten. Über kostenpflichtige Zugangsmöglichkeiten und Lizenzen für Institutionen (Bibliotheken, Kliniken, Fir- men etc.) informiert Sie gerne unser Institutional Sales Team, E-Mail: esales@thieme.de Warenbezeichnungen und Handelsnamen Marken, geschäftliche Bezeichnungen oder Handels- namen werden nicht in jedem Fall besonders kennt- lich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hin- weises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Handelsnamen handelt. Informationen für unsere Autoren Manuskripteinreichung unter: http://mc.manuscript- central.com/ppmp Manuskriptrichtlinien und andere Informationen für Autoren entnehmen Sie bitte den Autorenhinweisen unter dem Reiter „Autoren“ auf www.thieme.de/ppmp. Grundsätzlich werden nur solche Manuskripte ange- nommen, die noch nicht anderweitig veröffentlicht oder zur Veröff entlichung eingereicht worden sind. Bitte beachten Sie: Wir können keine Abbildungen an- nehmen, die bereits in Büchern, Zeitschriften oder elektronischen Produkten anderer Anbieter publiziert worden sind oder an denen ein Dritter Nutzungsrechte hat (z.B. Arbeitgeber). Der Grund: Auch gegen Lizenz- gebühr ist es kaum noch möglich, die Nutzungsrechte in dem für uns erforderlichen Umfang zu erhalten. Bitte zahlen Sie deshalb keine Lizenzgebühren (z.B. bei „RightsLink“ / Copyright Clearance Center) – auch die Standard-Lizenzverträge von „Creative Commons“ sind für eine Publikation leider nicht ausreichend. Diese Zeitschrift bietet Autoren die Möglichkeit, ihre Ar- tikel gegen Gebühr in Thieme connect für die allgemeine Nutzung frei zugänglich zu machen. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an: ppmp.impressum@thieme.de For users in the USA Authorization of photocopy items for internal or perso- nal use, or the internal or personal use of specifi c clients, is granted by Georg Thieme Verlag Stuttgart. New York for libraries and other users registered with the Copy- right Clearance Center (CCC) Transactional Reporting Service; www.copyright.com. For reprint information in the USA, please contact: journals@thieme.com Wichtiger Hinweis Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwick- lungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Be- handlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Heft eine Dosierung oder eine Applika- tion erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wis- sensstand bei Fertigstellung der Zeitschrift entspricht. Inland 41.50 Ausland 73,10 265,00 (306,50) 265,00 (338,10) 502,00 (543,50) 502,00 (575,10) ermäßigtes Abonnement Weiterbildungspreis, Preis für Studenten/Schüler (Gesamtpreis inkl. Versandkosten) 158,00 (199,50) 158,00 (231,10) Vorzugspreis für Weiterbildungsassistenten in der DGPPN 117,00 (158,50) 117,00 (190,10) Einzelheft 47,00 € (D) zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort, unverbindlich empfohlener Preis; inklusive der gesetzl. Mehrwertsteuer (D) Mitglieder des Dt. Kollegiums für Psychosomatische Medizin (DKPM) erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft über ihre Gesellschaft * Jährliche Bezugspreise in € (D), unverbindlich empfohlene Preise inkl. der gesetzl. MwSt (D). Im Ausland verstehen sich die Preise und Versandkosten exkl. der gesetzlichen MwSt. Das Abonnement wird zum Jahreswechsel im Voraus berechnet und zur Zahlung fällig. Das Abonnement kann jederzeit begonnen werden. Die Bezugsdauer verlängert sich automatisch jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September des Vorjahres keine Abbestellung vorliegt. **der institutionelle Jahresbezugspreis inkludiert den Online-Zugriff für 1 Standort. Weitere Informationen fi nden Sie unter https://lp.thieme.de/fachzeitschriften/ijbp/. Psychother Psych Med 2021; 71 | © 2021. Thieme. All rights reserved. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Appli- kationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der ver- wendeten Präparate und ggf. nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Emp- fehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kon- traindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeit- schrift abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder sol- chen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auff allende Ungenauig- keiten dem Verlag mitzuteilen. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Bei- träge und Abbildungen sind für die Dauer des Urheber- rechts geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim- mung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung und Verbreitung in gedruckter Form, Übersetzung, Übertragung und Bear- beitung in andere Sprachen oder Fassungen sowie die Einspeicherung und Verbreitung in elektronischen Me- dienformen (z. B. CD-Rom, DVD, USB-Speicher, Daten- bank, cloud-basierter Dienst, e-book und sonstige For- men des electronic publishing) und auch öff entlicher Zugänglichmachung (z. B. Internet, Intranet oder ande- re leitungsgebundene oder -ungebundene Datennetze), u. a. durch Wiedergabe auf stationären oder mobilen Empfangsgeräten, Monitoren, Smartphones, Tablets oder sonstigen Empfangsgeräten per Download (z. B. PDF, ePub, App) oder Abruf in sonstiger Form etc. Hinweis zu Studien-Referaten Die Autorinnen und Autoren unserer Referate-Rubriken schreiben frei- oder nebenberufl ich für verschiedene Auf- traggeber aus Verlagsbranche, Wissenschaft und Indus- trie. Bei Fragen zu Interessenkonfl ikten einzelner Autoren wenden Sie sich bitte mit der im Impressum unter „Re- daktion“ genannten E-Mail-Adresse an den Verlag. Datenschutz Wo datenschutzrechtlich erforderlich, wurden die Namen und weitere Daten von Personen redaktionell verändert (Tarnnamen). Dies ist grundsätzlich der Fall bei Patienten, ihren Angehörigen und Freunden, z.T. auch bei weiteren Personen, die z.B. in die Behand- lung von Patienten eingebunden sind. Wertschätzende Sprache und geschlechter- gerechter Sprachgebrauch Thieme Publikationen streben nach einer fachlich kor- rekten und unmissverständlichen Sprache. Dabei lehnt Thieme jeden Sprachgebrauch ab, der Menschen be- leidigt oder diskriminiert, beispielsweise aufgrund ei- ner Herkunft, Behinderung oder eines Geschlechts. Thieme wendet sich zudem gleichermaßen an Men- schen jeder Geschlechtsidentität. Die Thieme Recht- schreibkonvention nennt Autor*innen mittlerweile konkrete Beispiele, wie sie alle Lesenden gleichbe- rechtigt ansprechen können. Die Ansprache aller Menschen ist ausdrücklich auch dort intendiert, wo im Text (etwa aus Gründen der Leseleichtigkeit, des Text-Umfangs oder des situativen Stil-Empfi ndens) z.B. nur ein generisches Maskulinum verwendet wird. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Thieme Gruppe Satz: MPS Limited, Bangalore (India) Druck und Bindung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart