NOTARZT Journal of Prehospital Emergency Medicine 1 Februar 2024 Seite 1–56 40 . Jahrgang Indexiert in • Science Citation Index Expanded • Embase • Scopus Offi zielles Organ der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) Organ der Deutschen Interdisziplinären Verei- nigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Notfall- und Katastrophenmedizin (ÖNK) Originalarbeit ▪ Häufi gkeit und Situationsbeschreibung von Notarzteinsätzen bei bereits verstorbenen Personen CME-Fortbildung ▪ Sonografie in der Präklinik Zusatzweiterbildung Notfallmedizin ▪ Präklinische Versorgung bei akuter Querschnittlähmung

Editorial Prof. Dr. med. Thoralf Kerner Prof. Dr. med. Andreas Bohn Dr. med. Florian Reifferscheid Liebe Leserin, lieber Leser, zunächst einmal wünschen wir Ihnen – wenn auch deutlich verspätet – ein gesundes und er- folgreiches neues Jahr und möchten Ihnen an dieser Stelle ein paar Neuigkeiten mitteilen. Unsere Zeitschrift erscheint in diesem Jahr in der 40sten Ausgabe. Anlass genug, um einen ganz kleinen Blick zurück zu werfen. Im Januar 1985 von den Herausgebern R. Dölp, G. H. Engelhardt, H. N. Herden, M. Harloff, F. Martens als Vertreter der BAND und P. Sefrin als Schriftleiter ins Leben gerufen, hat die Zeitschrift (mit damals 154 Seiten pro Jahr) seitdem einige Veränderungen erfahren. Der letzte größere Relaunch der Zeitschrift mit Überarbeitung des inhaltlichen Konzeptes und neuem Layout erfolgte im Jahr 2015. Damals wurde das Editorial Board personell erwei- tert und u. a. die Rubrik „Zusatzweiterbildung Notfallmedizin“ mit Themen aus der Muster- weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer eingeführt. Aber auch in der Zeit danach bis heute hat sich NOTARZT nicht nur vom Namen, sondern auch inhaltlich (bspw. durch die Rubrik „Auf einen Blick“) immer wieder weiterentwickelt, und das ist auch notwendig, um mit aktuellen Entwicklungen Schritt halten zu können. Somit ist es gelungen, dass auch nach dieser langen Zeit von 4 Jahrzehnten NOTARZT weiterhin die auflagenstärkste ärztliche Fachzeitschrift im Themengebiet Notfallmedizin geblieben ist. Um den bundesweiten Entwicklungen in der Notfallmedizin an einer weiteren Stelle gerecht zu werden, werden wir analog zu den Rubriken „Notfall-Pharmakologie“ und „Recht in der Notfallmedizin“ ab diesem Heft eine neue Rubrik – die Telenotfallmedizin – einführen. Inhal- te können hierbei Ausbildung, Konzeptionen, Entwicklung der Standorte, Personalkonzepte, Technik und Innovationen sein. Das NOTARZT-Team wird also weiter wachsen und wir freuen uns sehr, dass Frau Dr. Marie- Luise Rübsam, Fachärztin für Anästhesie und Telenotärztin in Vechta und Greifswald, und Herr Dr. Ulf Aschenbrenner, RKT Telenotarzt für Ost-Bayern, die neue Rubrik betreuen wer- den. Wir begrüßen die beiden „Neuen“ im Editorial Board und freuen uns sehr auf die Zusam- menarbeit und die daraus für unsere Leser entstehenden Impulse. Wir wünschen uns weiterhin Meinungspluralität in der Zeitschrift und einen offenen Diskurs mit der Möglichkeit für einen fachlichen und berufspolitischen Austausch zwischen den Lese- rinnen und Lesern. Hierzu möchten wir eine Diskussionsplattform anbieten und unsere Le- ser*innen zur Einsendung von Leserbriefen ermuntern. Diese können wie bisher abgedruckt werden oder bei geringerer Priorität gegenüber anderen Beiträgen im Heft neuerdings auch ausschließlich online erscheinen, wozu sie dann im Inhaltsverzeichnis mit einer sogenannten e-Nummer vermerkt werden. Wir hoffen, dass die hier vorgestellten Weiterentwicklungen der Zeitschrift auch in Ihrem Sinne sind, und wünschen Ihnen weiterhin viel Freude und einen Erkenntniszuwachs bei der Lektüre. Mit besten Grüßen Ihre Schriftleitung Notarzt 2024; 40 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 1

Inhalt NOTARZT Februar 2024 · 40. Jahrgang: Seite 1 – 56 1 Editorial 5 5 7 9 11 13 17 E1 18 Journal Club | Frühe ECMO bessert bei außerklinischem Herzstillstand nicht die Ergebnisse Elke Ruchalla Journal Club | Dänemark: Pflichtschulung in Basisreani- mation für den Führerschein – aber hat das auch Erfolg? Marc-Michael Ventzke Telenotfallmedizin | Rubrik Telenotfallmedizin NEU! Ulf Aschenbrenner, Marie-Luise Rübsam Telenotfallmedizin | Erster Konsens in der Telenot- NEU! fallmedizin: Das Curriculum „Telenotarzt/Telenotärztin“ der Bundesärztekammer Ulf Aschenbrenner, Marie-Luise Rübsam, Florian Reifferscheid, Dauerarbeits- gruppe Telenotfallmedizin des Bundesverbandes der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Auf einen Blick | Stop the Bleed – Wundtamponade (Packing) Andreas Bohn, Mona Brune Notfall-Pharmakologie | Intranasale Schmerzmittel in der Notfallmedizin – was ist die Evidenz? Teil 1 Fentanyl Gabriele Ahne, Harald Dormann, Antje Neubert Aktuelles | Rahmenbedingungen des Einsatzes und der Vergütung von Rettungsdiensten Peter Sefrin Leserbrief | Leserbrief zum Beitrag: „Tapfere neue Notfallmedizin“ Robert Hoke Originalarbeit | Häufigkeit und Situationsbeschreibung von Notarzteinsätzen bei bereits verstorbenen oder im Rettungseinsatz gestorbenen Personen in der Stadt Münster (2017) Burkhard Dasch, Ria Betz, Philipp Lenz, Andreas Bohn Original Article | Frequency and Analysis of Emergency Physician Interventions among Persons Already Dead or Deceased during the Rescue Operation in the City of Münster (2017) 26 31 44 51 52 53 Kasuistik | Okulare Flusssäureexposition – Fallbericht einer erfolgreichen gemeinsamen Patientenversorgung durch Telenotarzt und bodengebundenen Notarzt Josephine von Au, Peter Brinkrolf, Marie-Luise Rübsam Original Article | Ocular Hydrofluoric Acid Exposure – Case Report of Successful Joint Patient Care by Tele-emergency Physician and Ground-based Emergency Physician CME-Fortbildung | Sonografie in der Präklinik Dominik Knott, Lutz Siegl, Katharina Siegl CME-Continuing Medical Education | Sonography in Pre-clinical Care Zusatzweiterbildung Notfallmedizin | Prähospitale Therapie bei akuter traumatischer Querschnittlähmung Markus Stuhr, Hendrik Ilper Emergency Medicine Training | Prehospital Care of Patients with Acute Traumatic Para- or Tetraplegia Verbandsmitteilungen | Einführung einer bundesweiten Fortbildungspflicht für Notärztinnen und Notärzte und kammerübergreifende Anerkennung entsprechend zer- tifizierter Fortbildungen Bundesvereinigung der Arbeits- gemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) e. V. Verbandsmitteilungen | 6. AGMN-Notfalltag M-V Claudia Scheltz Verbandsmitteilungen | AGNNW-Stellungnahme zu den Empfehlungen der Regierungskommission „Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finan- zierung“ Arbeitsgemeinschaft Notärzte in Nordrhein- Westfalen e. V. (AGNNW) Impressum nach letzter Seite Covergestaltung: © Thieme Bildnachweis Cover: © Thieme/Karl-Heinz Krauskopf Notarzt 2024; 40 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 3

Journal Club Frühe ECMO bessert bei außerklinischem Herzstill- stand nicht die Ergebnisse Suverein M et al. Early Extracorporeal CPR for Re- fractory Out-of-Hospital Cardiac Arrest. N Engl J Med 2023; 388: 299–309. doi:10.1056/NEJMoa2 204511 Ventrikuläre Arrhythmien zählen zu den Hauptursachen eines sich außer- halb von Krankenhäusern abspielenden Herz-Kreislauf-Stillstands. Zwar bieten die sofortige Herz-Lungen-Reanimation (CPR) mit ausreichend kräftigen(!) und ausreichend kardialen Kompressionen und eine baldmöglichs- te Defibrillation die besten Überlebens- chancen, aber die sind immer noch sehr gering, vor allem, wenn man zu- sätzlich die neurologische Funktion berücksichtigt. häufigen(!) Wenn auch nach 15 min einer CPR noch kein Spontankreislauf zustande gekommen ist, sinken die Chancen auf ein günstiges Outcome weiter. Niederländische Medizi- ner haben untersucht, ob eine frühzeitige extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), die also unmittelbar nach Ankunft des Patienten im Krankenhaus beginnt, zu besseren Ergebnissen im Hinblick auf Überleben und eine zufriedenstellende neurologische Erholung führt. Martje Suverein und ihre Kollegen haben zwischen 2017 und 2021 in 10 kardiochi- rurgischen Zentren und 12 Rettungsdiens- ten eine randomisierte Studie zu der Fra- gestellung durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter zwischen 18 und 70 Jahren, bei denen sich ein außerkli- nischer Herz-Kreislauf-Stillstand aufgrund einer ventrikulären Arrhythmie mit sofort beginnender Laienreanimation ereignet hatte. Wenn nach 15 min CPR plus wei- terer Maßnahmen, etwa einer Defibrilla- tion, noch kein Spontankreislauf wieder- hergestellt war, galt der Herzstillstand als refraktär. Diese Patienten wurden unter Reanimationsbedingungen in eine Klinik gebracht, und schon auf dem Weg dorthin fand eine Randomisierung statt: ▪ In Gruppe 1 erfolgte nach Ankunft die sofortige Kanülierung zum Anschluss an ein ECMO-Gerät (n = 70), ▪ in Gruppe 2 wurde die erweiterte CPR nach üblichen Standards fortgeführt (n = 64). Ausgeschlossen waren unter anderem Pa- tienten mit terminaler Herzinsuffizienz und/oder schwerer Lungenerkrankung. Als primären Endpunkt definierten die Wis- senschaftler ein Überleben mit positivem neurologischem Zustand, entsprechend einem Punktwert von 1 oder 2 auf der Ce- rebral Performance Category (CPC) bis Tag 30. Die Patienten konnten sich also im All- tag einigermaßen selbstständig versorgen. Das Durchschnittsalter der Studienteil- nehmer betrug 54 Jahre (Gruppe 1) bzw. 57 Jahre (Gruppe 2), in beiden Gruppen befanden sich überwiegend Männer (90 % bzw. 89 %). Anamnese und Behandlung bis zur Einlieferung waren jeweils vergleichbar. Die durchschnittliche Dauer zwischen Herz-Kreislauf-Stillstand und Ankunft in der Klinik betrug 36 min (Gruppe 1) bzw. 38 min (Gruppe 2). Das mediane Intervall zwischen Ankunft und Kanülierung in Gruppe 1 lag bei 16 min, das zwischen Start der Kanülierung und Start der ECMO bei nochmals 20 min. Die Auswertung ergab, dass bis Tag 30 ▪ in Gruppe 1 20 % der Patienten (n = 14) den primären Endpunkt erreichten, ▪ in Gruppe 2 waren es 16 % (n = 10), entsprechend einem nicht signifikanten Unterschied (Odds Ratio 1,4 zugunsten der frühzeitigen ECMO). Überlebensrate und CPC-Wert nach 6 Monaten waren zwischen den Gruppen vergleichbar und entspra- chen den 30-Tages-Werten (20 % vs. 16 %). FAZIT Nach diesen Daten bessert auch eine zusätzliche sofortige ECMO bei Herz-Kreislauf-Stillstand nicht die Raten an Überlebenden mit einem zufriedenstellenden neurologischen Ergebnis, fassen die Autoren zusam- men. Dabei dauerte es insgesamt relativ lange, bis die ECMO tatsäch- lich in Gang kam – im Vergleich zu 2 monozentrischen Studien aus den USA bzw. Tschechien. Möglicherwei- se könnte die ECMO die Outcomes verbessern, wenn nur große, erfah- rene Zentren teilnehmen. Das müss- ten aber weitere Studien klären. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Dänemark: Pflichtschulung in Basisreanimation für den Führerschein – aber hat das auch Erfolg? Jensen TW et al. Training in basic life support and bystander-performed cardiopulmonary resuscita- tion and survival in out-of-hospital cardiac arrest in Denmark, 2005 to 2019. JAMA Netw Open 2023; 6: e233338. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023. 3338 National wie international werden auf allen Ebenen Anstrengungen unter- nommen, um das Überleben nach ei- nem Kreislaufstillstand zu verbessern. In Europa wird weniger als einer von 10 Patienten aus dem Krankenhaus entlassen. Daher soll jedes Glied der Rettungskette gestärkt werden. Gro- ßes Potenzial sehen die Leitlinien in den Ersthelfern. Diese sollen den Kreis- laufstillstand schnellstmöglich erken- nen, den Rettungsdienst alarmieren und die Reanimation beginnen. Mit einem solchen Ansatz konnte in Däne- mark das Kurzzeitüberleben durch kür- zere Eintreffzeiten des Rettungsdiens- tes deutlich verbessert werden. Ruchalla E. Frühe ECMO bessert ... Notarzt 2024; 40: 5 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 5

Telenotfallmedizin Rubrik Telenotfallmedizin In aller Munde und längst überfällig ist die Reformierung des Rettungsdienstes in Deutschland. Steigende Einsatzzahlen bei größerem Einsatzspektrum und immer hö- heren qualitativen Anforderungen bei gleichzeitigem Ressourcenmangel stellen längst die notfallmedizinische Versorgung vor große Herausforderungen. Wie können wir in Zukunft diesen Heraus- forderungen begegnen? Neben zusätz- lichem, qualifiziertem Fachpersonal sollten wir das vorhandene „System Rettungs- dienst“ durch geeignete Maßnahmen ver- bessern und effizienter gestalten. Dabei ist die flächendeckende Einführung der Tele- notfallmedizin sicherlich nicht die alleinige Lösung, sondern stellt einen wesentlichen Baustein in einer komplexen Umstrukturie- rung dar. Die Einführung ist in der Neunten Stellungnahme und Empfehlung der Regie- rungskommission [1] gefordert und wird von allen notfallmedizinischen Fachgesell- schaften begrüßt. Der Telenotarzt ist hier- bei ein wichtiger Bestandteil des großen Spektrums der Telenotfallmedizin. Mit der neuen Rubrik „Telenotfallmedizin“ möchten wir die Leser über die aktuellen Entwicklungen in den Bundesländern in- formieren, technische Lösungen erörtern, Potenziale und Einsatzspektren vorstellen, den interprofessionellen Ansatz stärken und auf diese Weise Telenotfallmedizin konstruktiv und aus verschiedenen Per- spektiven betrachten. Die Autoren dieser Rubrik sind direkt angekoppelt an die Dau- erarbeitsgruppe „Telenotfallmedizin“ (DAG TNM) des Bundesverbandes der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, wodurch eine inhalt- liche Neutralität sichergestellt ist. INFOBOX Die Herausgeber der Rubrik Tele- notfallmedizin stellen sich vor Dr. med. Ulf Aschenbrenner, MBA, M. Sc. (▶ Abb. 1) ▪ seit 01.11.2022 Ärztlicher Leiter Telenotarztstandort Bayern Ost der RKT Rettungsdienst gGmbH ▪ zuvor Abteilungsleiter Fachbe- reich Medizin der DRF Stiftung Luftrettung gGmbH ▪ Mitglied in zahlreichen notfall- medizinischen Gremien und Arbeitsgruppen ▪ seit 2003 als Notarzt/ LNA/ ÄLRD in der Boden- und Luftrettung tätig ▪ Master of Business Administra- tion (MBA), General Manage- ment, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ▪ Master of Science (M. Sc.), Res- cue Engineering, TH Köln Rübsam Dr. med. Marie-Luise (▶ Abb. 2) ▪ Fachärztin für Anästhesiologie, St. Marienhospital Vechta und Universitätsmedizin Greifswald ▪ Notärztin und LNÄ im Landkreis Vechta ▪ langjährige Lehrtätigkeit in der Notfallmedizin ▪ seit 2019 als Telenotärztin am Standort Greifswald tätig ▪ wissenschaftlicher Forschungs- schwerpunkt: grenzüberschrei- tende Notfallmedizin ▶ Abb. 1 Dr. med. Ulf Aschenbrenner, MBA, M. Sc. (Quelle: Dr. med. Ulf Aschen- brenner) ▶ Abb. 2 Dr. med. Marie-Luise Rübsam. (Quelle: Fotowerk Vechta, Julia Pöstges) Aschenbrenner U, Rübsam M-L. Rubrik Telenotfallmedizin ... Notarzt 2024: 40: 7–8 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 7

Telenotfallmedizin Erster Konsens in der Telenotfallmedizin: Das Curriculum „Telenotarzt/Telenotärztin“ der Bundesärztekammer Vor wenigen Monaten konstituierte sich eine ständige, sog. Dauerarbeitsgruppe „Telenotfallmedizin“ (DAG TNM, siehe In- fobox) des Bundesverbandes der Ärzt- lichen Leitungen Rettungsdienst Deutsch- land e. V. (ÄLRD), welche sich bundesland- übergreifend mit dem Thema „Telenot- fallmedizin“ beschäftigt. In dieser DAG sind u. a. alle Ärztlichen Leitungen der (Kern)Träger von aktiven bzw. in Vorberei- tung befindlichen Telenotarztstandorten in Deutschland vertreten, um länderübergrei- fende Empfehlungen zu wichtigen Aspek- ten der Telenotfallmedizin wie Technik, Personal, Struktur und Vorhaltung gemein- sam zu erarbeiten bzw. fortzuentwickeln. Zu aktuellen Entwicklungen soll an dieser Stelle regelmäßig berichtet werden. Ein erster Meilenstein in Bezug auf Ver- gleichbarkeit der Qualifikationsanforderun- gen konnte mit dem kürzlich veröffentlich- ten Curriculum „Telenotarzt/Telenotärztin (TNA)“ der Bundesärztekammer (BÄK) er- reicht werden [1]. In Zusammenarbeit von Bundesvereinigung der Arbeitsgemein- schaften der Notärzte Deutschlands e. V. (BAND), dem Bundesverband der Ärzt- lichen Leitungen Rettungsdienst Deutsch- land e. V. (ÄLRD) sowie Expertinnen und Experten aus der Telenotfallmedizin in Deutschland und Vertreter*innen verschie- dener Landesärztekammern wurde im No- vember 2023 ein entsprechendes Muster- Curriculum veröffentlicht. Dieses hat die Ermöglichung bundeseinheitlich standardisierten Qualifikation der Telenot- ärztinnen und Telenotärzte zum Ziel. Darin werden primär die Ausbildungsinhalte für entsprechende Qualifizierungen festge- legt, die Teilnahmevoraussetzungen sowie Anforderungen an die wissenschaftlichen Leitungen und die Dozierenden definiert. einer Zunächst wird dort der Begriff „Telenot- arzt/Telenotärztin“ definiert – siehe auch oben aufgeführte Definition [2]. Mit Blick auf die umfangreichen Aufgaben und die damit verbundene Verantwortung, die TNA zuteilwerden kann, hat die BÄK Vo- raussetzungen für die Teilnahme am Kurs definiert. Diese beinhalten die ▪ Anerkennung als Facharzt in einem Ge- biet mit unmittelbarem Bezug zur klini- schen und rettungsdienstlichen Notfall- und Intensivmedizin, ▪ Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, ▪ mindestens 2 Jahre regelmäßige und andauernde Notarzttätigkeit mit mehr als 500 verantwortlich absolvierten Ein- sätzen und ▪ Erfahrung in der eigenverantwortlichen Führung von Personen und in Struktu- ren (z. B. Oberarzt/Leitender Notarzt). Als wissenschaftliche Leitungen können Fachärztinnen und Fachärzte eines Gebie- tes mit Bezug zur Notfallmedizin fungie- ren, die über die Zusatzweiterbildung Not- fallmedizin und mehrjährige Einsatzerfah- rung im Notarztdienst sowie Erfahrungen in der Didaktik und Referententätigkeit verfügen und das BÄK-Curriculum „Tele- notarzt/Telenotärztin“ oder eine vergleich- bare Qualifizierung absolviert haben. Die insgesamt 28 Unterrichtseinheiten (UE) des Curriculums verteilen sich auf 2 theoretische und 1 praktisches Modul, ein- schließlich einer Lernerfolgskontrolle in Form kollegialer Fallbesprechungen. Methodisch soll sich der Kurs aktueller und gängiger Lehrmethoden bedienen, wobei ein reiner eLearning-Anteil 20 % nicht über- steigen soll. Da auch Onlinepräsenz als Un- terrichtsmethode möglich ist, enthält das Curriculum die weitere Vorgabe, dass min- destens 16 UE in physischer Präsenz zu er- folgen haben. Damit eine sinnvolle Lern- umgebung gewährleistet sein kann und Anwendungsübungen in einer Gruppen- größe von maximal 8 Teilnehmenden durchgeführt werden können, soll die Kursgröße auf 24 Teilnehmende begrenzt sein. ▶Tab. 1 Module des BÄK-Curriculums „Telenotarzt/Telenotärztin“ mit den in- haltlichen Schwerpunkten. Modul inhaltliche Schwerpunkte Modul 1 Rahmenbe- dingungen ▪ Grundlagen und Organi- sation des Telenotarzt- systems ▪ Zusammenarbeit mit der Leitstelle ▪ Indikationen und Ein- satzspektrum ▪ Sekundärtransporte ▪ Fehlermanagement ▪ Weiterentwicklungs- potenzial ▪ technische Ausgestal- tung ▪ Hardware/Software ▪ Datenschutz ▪ Dokumentation ▪ Qualitätsmanagement ▪ Grundsätze und Be- deutung von Crew- Ressource-Management (CRM), ▪ Besonderheiten der Kommunikation im Ar- beitsfeld ▪ Führung von Teams in der Funktion TNA ▪ Resilienz/Selbstführung ▪ praktische Übungen und Einsatzszenarien Modul 2 Infrastruktur und Daten- schutz Modul 3 Kommuni- kation und Kommuni- kationsver- halten inkl. Führung Das vorgestellte Curriculum stellt eine Möglichkeit dar, die Eingangsvoraussetzun- gen und Qualifizierung von Telenotärztin- nen und Telenotärzten bundeseinheitlich zu gestalten. Es bietet damit eine notwen- dige Grundlage, auf der dann auch Aufga- ben und Ausgestaltung weitgehend har- monisiert und systemübergreifend ent- wickelt werden können. Die Umsetzung des BÄK-Curriculums liegt nun in den Händen der Landesärztekam- mern verbunden mit der Hoffnung auf eine möglichst bundesweit einheitliche Umset- zung mit der Möglichkeit der gegenseiti- gen Anerkennung, wenn die zuständige Aschenbrenner U et al. Erster Konsens in ... Notarzt 2024: 40: 9–10 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 9

· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ✄ Auf einen Blick Stop the Bleed – Wundtamponade (Packing) Andreas Bohn, Mona Brune Bedeutung Bedeutung Hämorrhagie: Häufigste potenziell verhinderbare Todesursache bei penetrierenden Verletzungen Anwendung von Hämostyptika: Zum Packing Verbandstoffe oder Hämostyptika einsetzen. Hämostyptika fördern Blutstillung lokal. Beste Evidenzlage zur Wirksamkeit von Chitosan-beschichteter Gaze (Polyaminosaccharid aus Chitinpanzer von Krustentieren). Strategie Strategie Blutungskontrolle: Stufenschema Blutungskontrolle: Stufenschema bedrohliche Blutung manuelle Kompression Lage der Blutung Rumpf, Hals Extremitäten Entscheidend ist der Kontakt des eingebrachten Materials mit dem Wundgrund: Tiefes Einbringen von Verbandstoffen in Wunden wird als Packing bezeichnet. Nach Abschluss manuelle Kompression von mind. 3–5 min. Abschließend Anlage eines Druckverbands. Anlage Tourniquet ca. handbreit proximal der Wunde Evidenz Festziehen bis Blutung steht Empfehlung Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Versorgung 2. Tourniquet proximal des ersten Blutung steht Grad A (stark) Bei blutenden Stichwunden, in denen der Fremdkörper bereits wieder entfernt wurde und die eine Länge von mind. 3 cm aufweisen, soll eine direkte Wundtamponade mit Chitosan erfolgen. weiteres Vorgehen gem. ABCDE Zeit für weitere Maßnah- men? Blutung steht Packing mit Kompressen, Bauchtüchern, Gaze etc. Hämostyptika erwägen (Chitosan wirkt auch bei Antikoagulation) bei insuffizienter Blutstillung: permissive Hypotension weiteres Vorgehen gem. ABCDE zeitkritischer Transport Quellen: Hossfeld B, Josse F. Blutstillung und Tourniquet. In: Scholz J, Gräsner J, Bohn A, Hrsg. Referenz Notfallmedizin. 1. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2019 Hauer T, Grobert S, Kanz K. Schuss- und Stichverletzungen. In: Scholz J, Gräsner J, Bohn A, Hrsg. Referenz Notfallmedizin. 1. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2019 Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. S3-Leitlinie Polytrauma. Version 4.1. Stand: 31.12.2022,. Im Internet: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-023; Zugriff am 05.11.2023 Grad B (empfohlen) Bei Schuss- und Explosionsverletzungen mit aktiver Blutung sollten Verbände mit Chitosan eingesetzt werden. Grad 0 (kann erwogen werden) Zur Unterstützung der Maßnahmen des Stufenschemas können Hämostyptika auf jeder Stufe ergänzend angewendet werden. Merke Wesentlicher als die Nutzung von Hämostyptika sind das richtige Einlegen der Verbandstoffe und der applizierte Druck! Mehr zur Zeitschrift www.thieme.de/notarzt Bohn A, Brune M. Stop the Bleed … Notarzt 2024; 40: 11 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 11

Notfall-Pharmakologie Intranasale Schmerzmittel in der Notfallmedizin – was ist die Evidenz? Teil 1 Fentanyl Eine effektive Schmerztherapie in Notfall- situationen erfordert schnelles und ziel- gerichtetes Handeln und eine Medika- mentenwahl mit geeigneter Notfallphar- makologie. Der Einsatz intranasaler Anal- getika wie Esketamin und Fentanyl ist eine weit verbreitete „Off-Label“-Alterna- tive zur intravenösen Anwendung und findet insbesondere auch bei Kindern An- wendung, wenn eine weniger invasive Applikationsform als die Anlage einer Verweilkanüle beabsichtigt wird. Empfehlungen zur intranasa- len Gabe von Arzneimitteln in der Notfallmedizin Für die prähospitale Notfallmedizin gibt es eine Reihe von Empfehlungen für die intra- nasale Gabe von Arzneimitteln wie z. B. das „BAND-Statement“ [1], die „Medizinische Empfehlung der ÄLRD Bayern“ (Ärztliche Leitung Rettungsdienst) (▶ Tab. 1) [2], die Leitlinie „Medikamentensicherheit bei Kin- dern“ der Deutschen Gesellschaft für Kin- der- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ) [3] und die „Katastrophenmedizinischen prä- hospitalen Behandlungsleitlinien“ der Deut- schen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) [4]. Neben der Therapie von akuten starken Schmer- zen mit Ketamin bzw. Esketamin oder Fen- tanyl können Überdosierungen/Intoxikatio- nen mit Opiaten wie z. B. Fentanyl durch intranasales Naloxon antagonisiert werden. Bei kritischer Epistaxis kann intranasales Oxymetazolin eingesetzt werden. Midazo- lam wird intranasal als Notfallmedikament bei generalisiertem Status epilepticus ein- gesetzt. Intranasale Arzneimittel- applikation Bei der intranasalen Gabe werden die Arz- neistoffe über die stark durchblutete Na- senschleimhaut resorbiert und gelangen über olfaktorische Nervenendigungen ins zentrale Nervensystem (ZNS). Unter Um- gehung des First-Pass-Metabolismus wer- den sie rasch systemisch verfügbar, sodass der Wirkeintritt vergleichbar mit der intra- venösen Gabe ist [6]. Diese Vorteile des schnellen Wirkeintritts ohne die Notwendigkeit eines invasiven Zugangs werden bei der akuten Be- handlung von stark schmerzhaften Fraktu- ren, Verbrennungen, Weichteilverletzun- gen oder schmerzhaften Wundverbands- wechseln mit Fentanyl oder Ketamin/Eske- tamin gerne genutzt. ▶Tab. 1 Medizinische Empfehlung der ÄLRD Bayern „2023–03–30 Medikamente nach § 2a NotSanG 1.2 – FINAL“ [2] (intranasale Applikation: Off Label, sehr oft über den „MAD Nasal intranasaler mukosaler Medikamentenzerstäuber“). Freiname (INN) Darreichungs- form Zusammen- setzung Begründung der Empfehlung Dosierungsempfehlung/Bemerkungen/Hinweise Esketamin Ampulle 50 mg/2 ml Fentanyl* Ampulle 0,5 mg/10 ml kritischer Schmerzzu- stand Kinder bis 11 Jahre – intranasale Applikation ▪ siehe Pädiatrische Notfallkarte [5] ▪ 2 mg/kgKG i. n. ▪ ggf. Repetition der Hälfte der Initialdosis nach 10 min kritischer Schmerzzu- stand Kinder ab 12 Jahre – intranasale Applikation ▪ siehe Pädiatrische Notfallkarte [5] ▪ 1,5 µg/kgKG i. n. ▪ ggf. Repetition der Hälfte der Initialdosis nach 10 min Midazolam Ampulle 15 mg/3 ml generalisierter Status epilepticus – intranasale Applikation ▪ Erwachsene: 10 mg i. n. ▪ einmalige Repetition bei Krampfpersistenz nach frühestens 5 min ▪ Kinder (siehe Pädiatrische Notfallkarte [5]): 0,2 mg/kgKG i.n. Naloxon Einzeldosis nasal 2 × 1,8 mg kritische Opiat-Über- dosierung/-Intoxikation Oxymetazolin 0,05 % Nasenspray 0,5 mg/ml kritische Epistaxis Anwendung zugelassen ab 14. LJ 1,8 mg i. n. Repetition nach 2–3 Minuten oder bei Symptomrückkehr nur Erwachsene/Adoleszente > 50 kgKG 2–6 Sprühstöße in jedes betroffene Nasenloch keine Repetition * zur Opiatgabe: § 2a Notfallsanitätergesetz [NotSanG] gibt eine eigenständige Befugnis zu heilkundlichem Handeln. Diese Befugnis bezieht sich nicht auf das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Bei genauer Einhaltung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2a NotSanG wird jedoch die Gabe von Fentanyl und Morphin durch einen rechtfertigenden Notstand (§ 34 Strafgesetzbuch [StGB]) von der Strafbarkeit ausgenommen. ÄLRD = Ärztliche Leitung Rettungsdienst; i. n. = intranasal; INN = International Nonproprietary Name, Freiname; LJ = Lebensjahr; MAD = Mucosal Atomization Device; mukosaler Medikamentenzerstäuber Ahne G et al. Intranasale Schmerzmittel in ... Notarzt 2024; 40: 13–16 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 13

▶Tab. 2 Evidenz zur intranasalen Anwendung von Fentanyl (ausgewählte Studien). Quelle Indikation Dosis Fentanyl Alter Quelle 1–5 μg/kg (RCTs: 1,5–2 μg/kg) Kinder + Erwachsene (n = 10 280) syst. Review (23 RCTs) 1,5–2 μg/kg 3–10 Jahre (n = 1163) Serra et al. 2023 [8] Analgesie (akute Schmerzen) bei Kindern, Erwachsenen und älteren Patienten im prähospitalen Setting und in der Notaufnahme Prescott et al. 2023 [13] Analgesie (akute mittlere bis starke Schmerzen) bei Kindern (akute Extremitätenverletzung, Gliedmaßenverletzung) Nasr Isfahani et al. 2022 [14] Analgesie bei isolierten Traumapatienten (im Vergleich zu Ketamin intranasal) 1 μg/kg Erwachsene 30,5 ± 10,7 Jahre (n = 44) Abebe et al. 2021 [15] Schmerzmanagement in der Pädiatrie (prähospital) 0,5–1,5 μg/kg Kinder Quinn et al. 2021 [16] Analgesie (moderate bis starke Schmerzen) bei Kindern (im Vergleich zu Ketamin intranasal) 1,5 μg/kg Nazemian et al. 2020 [17] Nemeth et al. 2019 [18] starke Schmerzen bei Nierenkoliken akute Analgesie für Frakturen, Verbrennungen und Verbrühungen Frey et al. 2019 [19] Analgesie bei akuten Verletzungen der Extremitäten bei Kindern (im Vergleich zu Ketamin intranasal) 2 μg/kg 2 μg/kg 2 μg/kg Reynolds et al. 2017 [20] Analgesie bei Kindern mit Verdacht auf Frakturen der Extremitäten (im Vergleich zu Ketamin intranasal) 1,5 μg/kg 3–17 Jahre (n = 11) Erwachsene (n = 110) 0,3–16 Jahre (n = 100) 12,2 ± 2,3 Jahre (n = 42) 4–17 Jahre (n = 44) syst. Review Metaanalyse (12 RCTs, davon 9 Fentanyl) RCT syst. Review (8 Studien) RCT RCT prospektive Beob- achtungsstudie RCT RCT RCT = Randomized Controlled Trial Serra et al. führten 2023 einen systemati- schen Review zu intranasalem Fentanyl bei der Behandlung akuter Schmerzen bei Kin- dern, Erwachsenen und älteren Patienten prähospital und in der Notaufnahme durch [8]. In den 23 eingeschlossenen Studien (5 an Erwachsenen und 18 an Kindern) wurde intranasales Fentanyl bei 10280 Pa- tienten (1092 Erwachsene, 380 ältere und 8808 pädiatrische Patienten) in einer Dosis von meist 1,5–2 μg/kg eingesetzt. Bei Erwachsenen und älteren Patienten waren von 5 Studien 1 Studie prähospital und 4 Studien in der Notaufnahme (2 Ran- domized Controlled Trials [RCT] und 2 Be- obachtungsstudien). Bei älteren Menschen wurde 1 Studie als Subgruppenanalyse der prähospitalen Studie durchgeführt. Im RCT von Nasr Isfanahi et al. an isolierten Trauma- patienten war intranasales Fentanyl (1 μg/ kg) weniger wirksam als intranasales Keta- min (1 mg/kg) [14]. Nazemian et al. zeigten eine gute Wirksamkeit von intranasalem Fentanyl (2 μg/kg) im Vergleich zu intrave- nösem Fentanyl nach 30 Minuten, nicht je- doch nach 10, 20 und 60 Minuten [17]. Speziell zu Kindern führten Prescott und Kollegen einen systematischen Review zur intranasalen Analgesie im Vergleich zu int- ravenöser und intramuskulärer Anwen- dung bei akuten mittleren bis schweren Schmerzen durch. Es wurden 12 RCTs mit insgesamt 1163 Kindern eingeschlossen (3–20 Jahre). Davon wurden in 9 RCTs in- tranasale Fentanyl-Dosen zwischen 1– 2 μg/kg angewendet. Zwischen der Gabe von intranasalem Ketamin und Fentanyl wurde 10–15 bzw. 30 Minuten nach der Verabreichung ein geringer bzw. kein Un- terschied festgestellt [13]. Unter den eingeschlossenen RCTs zeigten Frey et al., dass zur Schmerzreduktion bei kindlichen Frakturen intranasales Fentanyl (2 μg/kg) genauso wirksam war wie intra- nasales Ketamin (1,5 mg/kg) [19]. In der Studie von Quinn et al. war Fentanyl intra- nasal (1,5 μg/kg) nach 10 Minuten stärker schmerzstillend als Ketamin [16]. Auch Reynolds et al. zeigten die Wirksamkeit von intranasalem Fentanyl in einer Dosis von 1,5 μg/kg [20]. Insgesamt Bei Kindern wurden außerdem große Be- obachtungsstudien zu intranasalem Fenta- nyl durchgeführt: Andersson untersuchte in einer retrospektiven Analyse über 7 Jah- re in einer Notfallambulanz die Anwen- dung von intranasalem Fentanyl bei akuten Schmerzen an 3205 Patienten (5–18 Jah- re). Die intranasale Fentanyl-Dosis betrug 2–5 μg/kg. traten 13 uner- wünschte Ereignisse auf, davon nur 3 bei Dosen über 100 μg. Kein Patient benötigte Naloxon als Antidot oder eine invasive Atemunterstützung [21]. Nemeth unter- suchte ein Protokoll für die akute Analge- sie/Sedierung in einer pädiatrischen Not- aufnahme. Der mediane Wirkeintritt von intranasalem Fentanyl (2 μg/kg) lag bei 5 Minuten. Fentanyl wurde meist für die aku- te Schmerztherapie bei Frakturen, Ver- brennungen und Verbrühungen verwen- det, und die Schmerzscores wurden im Median um 4 Punkte reduziert. Es wurden keine unerwünschten Ereignisse beobach- tet [18]. Sicherheitsdaten in den genannten Studi- en: Es wurde über typische Nebenwirkun- Ahne G et al. Intranasale Schmerzmittel in ... Notarzt 2024; 40: 13–16 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 15

Aktuelles Rahmenbedingungen des Einsatzes und der Vergütung von Rettungsdiensten Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat beim IGES-Institut eine Studie zur „Analyse bundeslandrechtlicher Rahmenbedingungen des Einsatzes und der Vergütung von Rettungsdiensten“ in Auftrag gegeben und im August 2023 ver- öffentlicht [1]. In dieser wird vor dem Hin- tergrund der derzeitigen Diskussion über die knappen Ressourcen in der Akut- und Notfallmedizin ein Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die Rahmen- bedingungen der Finanzierung des Ret- tungsdienstes auf Landesebene gegeben. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Reform der Notfallversorgung als wichtigstes Ziel seiner Amtszeit vorgege- ben – angesichts der Größe der Kranken- hausreform und der kaum weniger kom- plexen Strukturen in der Notfallversorgung zweifeln jedoch viele, ob noch genügend Zeit und Energie für dieses Vorhaben vor- handen ist. „Grundsätzlich gilt bei der Finanzierung eine Vollkostenbetrachtung. Dies umfasst auch die Kosten der Ausbildung der Not- fallsanitäter. Das Kostendeckungsprinzip hat explizit in 14 von 16 Bundesländern Bestand“, so der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Allerdings unter- scheide sich die Umsetzung auf Landes- ebene erheblich. Während etwa in den Bundesländern Hamburg, Berlin und Bre- men sämtliche Aufwendungen per staatli- cher Gebührenordnung an die Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) weitergege- ben werden können, sei in den meisten Ländern eine unterschiedlich ausgestaltete Dualität zwischen pauschalen Investitions- kostenerstattungen und Nutzungsentgel- ten je Fahrt zu beachten. Allerdings eröffnen alle Rettungsdienst- gesetze die Möglichkeit, Patienten in eine geeignete Einrichtung zu transportieren bzw. dorthin zu verweisen. Dies können künftig neben Krankenhäusern vermehrt auch Arztpraxen sein, die entsprechende Akutfälle in ihre Praxisabläufe integrieren und sich als Anlaufstellen zur Verfügung stellen. Hierzu existieren bereits in vielen Bundesländern erste Ansätze. Die Weiter- gabe von erzielten Einsparungen, etwa durch vermiedene Krankenhausbehandlun- gen, kürzere Bindungszeiten von Rettungs- wagen oder vermiedene Rettungswagen- einsätze gestaltet sich aber nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Berücksichti- gung von Investitionen in Verbindung mit restriktiven Regelungen im Sozialgesetz- buch V schwierig. „Die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Kranken- hausversorgung“ hat sich in ihren vorge- legten Empfehlungen zur Reform des Ret- tungsdienstes für eine engere digitale In- tegration der zentralen Rufnummern 112 und 116 117 ausgesprochen. Übernimmt aber die Kassenärztliche Vereinigung (KV) anrufende Hilfeersuchen von der 112 und erspart durch eine telefonische Beratung Einsätze des Rettungsdienstes, fehlt bis- lang einen Gegenfinanzierung dieser Maß- nahme. Bei einer Ausschöpfung des Poten- zials für eine bessere Steuerung in der Akut- und Notfallversorgung dürfen die KVen nicht auf den Vorhaltekosten für den ärztlichen Bereitschaftsdienst sitzenblei- ben. Vorhaltekosten auch z. B. für die Leit- stellen 116 117 und den aufsuchenden Be- reitschaftsdienst werden nicht aufwands- adäquat vergütet. Die Kosten für den Rettungsdienst in Deutschland sind in den letzten Jahren stark angestiegen – 2022 auf insgesamt 8,4 Milliarden Euro. Sie machen damit fast 10 % der Ausgaben für Krankenhausbe- handlungen aus. Das ist mehr als das Zehnfache dessen, was die GKV für den ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgibt. Ein wesentlicher Ausgabentreiber waren die Einsätze von Rettungswagen. Auf diese entfielen rund 4 Milliarden Euro. 2017 wa- ren es noch 2,3 Milliarden Euro. Das ist ein Kostenanstieg von 75 % in 5 Jahren. Blickt man zurück auf das Jahr 2010, so haben sich die Aufwendungen für den Rettungs- wagen von damals 1,3 Milliarden Euro so- gar nahezu vervierfacht. Der spezifische Kostenanstieg lag im Zeitraum 2010 bis 2022 mit durchschnittlich 9,7 % pro Jahr deutlich über dem der gesamten GKV-Leis- tungsausgaben. Die ganze Studie finden Sie online unter: https://www.zi.de/fileadmin/ Downloads/Service/Medien/ MI/Ergebnisbericht_ZI_2023- 10-20_Versand_cov.pdf Interessenkonflikt Der Autor gibt an, dass kein Interessen- konflikt besteht. Autorinnen/Autoren Peter Sefrin Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Peter Sefrin Sandweg 10 97078 Würzburg Deutschland sefrin.peter@outlook.de Literatur [1] Azamati E, Loos S. Gestaltungs- und Steue- rungsspielräume im Rettungsdienst. Analyse bundesrechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes und der Vergütung von Rettungs- diensten. Studienbericht für das Zentralinsti- tut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin. IGES In- stitut; 2023. Zugriff am 15. November 2023 unter: https://www.zi.de/fileadmin/Downlo- ads/Service/Medien/MI/Ergebnisbericht_ ZI_2023–10–20_Versand_cov.pdf Bibliografie Notarzt 2024; 40: 17 DOI 10.1055/a-2211-1237 ISSN 0177-2309 © 2024. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Sefrin P. Rahmenbedingungen des Einsatzes ... Notarzt 2024; 40: 17 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 17

Einleitung Die Aufgabe des Rettungsdienstes umfasst das Erkennen und die sachgerechte Behandlung medizinischer Notfälle, die Wiederher- stellung und Aufrechterhaltung von Vitalfunktionen sowie die Her- stellung und Aufrechterhaltung der Transportfähigkeit von Patien- ten. Angaben zum rettungsdienstlichen Leistungsgeschehen in Deutschland [1] weisen für das Jahr 2017 ein Gesamteinsatzauf- kommen von 13,9 Millionen Einsätze pro Jahr auf. Hierunter sub- summieren sich 2,9 Millionen Notarzteinsätze, was einer Rate von 35 Notarzteinsätzen pro 1000 Einwohner entspricht. Seit Langem steigen die Einsatzzahlen kontinuierlich. So hat sich das Einsatzauf- kommen im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 1994 fast verdoppelt [2]. Das Thema Sterben und Tod nimmt in der Notfall- und Ret- tungsmedizin einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert ein. Jedoch existieren in Deutschland bislang nur wenige Untersuchun- gen zur Häufigkeit von Notarzteinsätzen bei sterbenden oder ver- storbenen Personen [3, 4, 5, 6]. Luiz et al. [3] werteten 8855 Not- arzteinsätze für den Stadtbereich Kaiserslautern aus und konnten nachweisen, dass bei 4,2% aller Einsätze Personen mit sicheren To- deszeichen vom Notarzt angetroffen worden waren. Weitere 200 (2,3%) Personen waren während des Rettungseinsatzes verstor- ben. Einen ähnlichen Prozentsatz bereits beim Eintreffen des Not- arztes verstorbener Personen konnten Bernhard et al. [4] anhand von Notarztprotokollen des Standortes der Universitätsklinik Hei- delberg bestimmen. Hier lag der Anteil bei 5,0%. Wiese et al. [6] versuchten, die jährliche Häufigkeit palliativmedizinisch motivier- ter Rettungseinsätze zu bestimmen. In 2,5% der Fälle wurden Ein- sätze bei palliativen Tumorpatienten nachgewiesen, wobei in 0,5% aller Einsätze diese Patienten am Einsatzort verstarben. Ziel der vorliegenden Studie war es, die jährliche Häufigkeit von Notarzteinsätzen bei sterbenden oder bereits verstorbenen Personen für die Stadt Münster zum Jahr 2017 zu bestimmen. Zu- dem sollten diese Rettungseinsätze eingehender beschrieben wer- den. Datengrundlage bildeten sämtliche Notarztprotokolle der Be- rufsfeuerwehr Münster. Außerdem wurden Todesbescheinigungen der Stadt Münster für die Untersuchung herangezogen. Material und Methoden Studiendesign Die Studie basierte auf dem Design einer retrospektiven Quer- schnittserhebung. Datengrundlage Primäre Datengrundlage bildeten sämtliche Notarztprotokolle der Berufsfeuerwehr Münster – Rettungsdienstversorger der Stadt Münster im Auftrag der Stadt als Träger des Rettungsdienstes – zum Untersuchungsjahr 2017. Die Protokolle basierten auf dem Dokument „NA RD Münster V2–0“ der Deutschen Interdisziplinä- ren Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Folgende Informationen wurden erfasst: Einsatzdatum, Einsatzort, Uhrzeit der Alarmierung, alarmierende oder vor Ort anwesende Person, Information zum Lebendstatus beim Eintreffen des Notarztes, Erst- diagnosen, Angaben zum Rettungshergang, Einbindung der Feu- erwehr, der Notfallbegleitung, des Palliativnetzes (SAPV). Zudem lagen sämtliche Todesbescheinigungen der Stadt Müns- ter des Jahres 2017, die im Rahmen einer großen Sterbeortstudie von Dasch et al. [7] im Vorfeld analysiert worden waren, für die Untersuchung vor. Die Sterbeortstudie wurde in Westfalen in den Städten Münster, Bochum und den Landkreisen Borken und Coes- feld zu den Jahren 2001, 2011, 2017 und 2021 durchgeführt und stellt mit über 40 000 ausgewerteten Todesbescheinigungen eine der größten Untersuchungen zum Thema Sterbeorte in Deutsch- land dar. Identifizierung von Notarzteinsätzen bei sterbenden/verstorbenen Personen Da alle Personen, die im Jahr 2017 in der Stadt Münster verstorben waren, in der Datenbank der Sterbeortstudie gelistet waren, muss- te ein pseudonymisierter, wechselseitiger Abgleich mit Notarzt- protokollen der Berufsfeuerwehr Münster eine vollständige Er- fassung sämtlicher Notarzteinsätze bei sterbenden/verstorbenen Personen ergeben. Hiervon ausgenommen waren Einsätze von Notärzten, die aus umliegenden Regionen – zumeist bei Verkehrs- unfällen – zu Einsätzen nach Münster gerufen worden waren und ihr eigenes Dokumentationsprotokoll benutzt hatten. Auch diese Fälle konnten mittels Totenscheinangaben identifiziert werden. Einsätze, bei denen der Notarzt der Berufsfeuerwehr Münster ein- gebunden, jedoch die Leichenschau einem anderen Arzt (Haus- arzt, ärztlicher Notdienst der KV, Palliativmediziner der SAPV, Rechtsmediziner) übertragen worden war, konnten ebenso identi- fiziert werden. Der pseudonymisierte Abgleich erfolgte anhand des Sterbeda- tums, des Geschlechts, des Sterbealters sowie des ersten Buchsta- bens des Vor- und Nachnamens. In den allermeisten Fällen gelang dieser Abgleich einwandfrei, wobei höchst selten Zahlendreher bei Datumsangaben ein Problem darstellten. Datenschutz und Ethikvotum Aus datenschutzrechtlichen Gründen musste die Einsicht in archi- vierte Todesbescheinigungen und Notarztprotokolle vor Ort im Gesundheitsamt Münster bzw. in der Hauptfeuerwache der Be- rufsfeuerwehr Münster erfolgen. Die Studie wurde von der Ethik- kommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Medizini- schen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster geprüft und unter dem Aktenzeichen 2020–718-f-S mit einem po- sitiven Votum beschieden. Statistische Auswertungen Die Studiendaten wurden deskriptiv ausgewertet. Die 1-Jahres- Prävalenz eines Notarzteinsatzes bei sterbenden/verstorbenen Per- sonen wurde absolut und in prozentualen Anteilen zuzüglich 95 %- Konfidenzintervall aufgeführt. Als Vergleichsbasis dienten alle im Jahr 2017 in der Stadt Münster durchgeführten Notarzteinsätze. Verglichen wurden Personen, die bei Eintreffen des Notarztes bereits sichere Todeszeichen aufwiesen, mit Personen, bei denen bei fehlenden sicheren Todeszeichen ein potenziell noch therapier- barer Kreislaufstillstand vorgelegen hatte. Getestet wurde auf Un- terschiede soziodemografischer Parameter. Für stetige Daten wur- de der unverbundene t-Test (parametrische Daten) bzw. der Dasch B et al. Häufigkeit und Situationsbeschreibung ... Notarzt 2024; 40: 18–25 | © 2023. Thieme. All rights reserved. 19

waren im Rahmen eines Verkehrsunfalles (0,8 %) verstorben, bei 17 Personen (6,5 %) war eine finale Erkrankungssituation aufgrund einer weit fortgeschrittenen Tumorerkrankung vorliegend. Einsatzorte In 75,6 % (198) der Einsätze war der Notarzt in die Wohnung der hilfsbedürftigen Person gerufen worden, in 12,6 % (33) erfolgte der Einsatz im Pflegeheim, in 11,8 % (31) an einem öffentlichen Ort (▶ Abb. 2). Die nicht natürlichen Todesfälle (40) fanden mit 37,5% zu einem hohen Anteil an öffentlichen Orten statt. Situationsbeschreibung der Notarzteinsätze Bei Eintreffen des Notarztes zu Hause war die zu rettende Person in 72,7 % (144) der Fälle bereits verstorben (▶ Tab. 2). Dieser Pro- zentsatz betrug bei Notarzteinsätzen in Pflegeheimen 39,4% (13), an öffentlichen Orten 32,3% (10). In 5,1% (10) der Fälle wiesen im häuslichen Umfeld vorgefundene Leichen bereits Fäulniserschei- nungen auf. Eine externe Türöffnung durch die Feuerwehr musste bei 7 häuslichen Einsätzen (3,5%) durchgeführt werden. Die Not- fallseelsorge war in 1,9% (5), ein Palliativmediziner der SAPV in 2,3% (6) aller Einsätze hinzugezogen worden. Diskussion In vorliegender Studie konnte die 1-Jahres-Prävalenz von Notarzt- einsätzen bei bereits verstorbenen oder im Rettungseinsatz ge- storbenen Personen mit 3,9 % (95 %-KI: 3,5 %–4,4 %) bestimmt werden. Prävalenz von Notarzteinsätzen Im Studienvergleich ordnet sich unsere ermittelte Prävalenz von 3,9 % im Mittelfeld ein. So werteten Luiz et al. [3] auf Grundlage von Notarzteinsatzprotokollen der Stadt Kaiserslautern der Jahre 1997–1999 diejenigen Einsätze aus, bei denen entweder die Vital- funktionen der zu rettenden Person ausgefallen, jedoch als poten- ziell therapierbar eingeschätzt worden waren oder bei denen die Feststellung des Todes die primäre Aufgabe des Notarztes war. Bei den 8855 erfolgten Einsätzen waren 576 Sterbe- bzw. Todesfälle registriert worden, entsprechend eine 1-Jahres-Prävalenz von 6,5%. Bernhard et al. [4] werteten Notarzteinsatzfahrten am Standort der Chirurgischen Klinik der Universität Heidelberg zu den Jahren 1984, 1992 und 2004 aus. Bei 6896 dokumentierten Einsätzen wurden 344 Rettungsfahrten identifiziert, bei denen der Patient bereits vor Ankunft des Notarztes verstorben war. Im Ster- beprozess befindliche Personen standen nicht im wissenschaftli- chen Fokus. Dennoch ergab sich mit 5,0% eine höhere Prävalenz vergleichend zu unserer Studie. Dies dürfte wahrscheinlich auf ein schwereres Erkrankungsspektrum betreuter Patienten zurück- zuführen sein. Laufenberg-Feldmann et al. [5] untersuchten Not- arzteinsätze der Klinik für Anästhesiologie der Universität Mainz im Zeitraum von 06/2007 bis 12/2008 und identifizierten bei 7662 Einsätzen insgesamt 55 Patienten der „Sterbe- oder Terminalpha- se“, entsprechend einem Anteil von 0,7%. Einsatzorte Notärztliche Einsätze bei Sterbenden/Verstorbenen fanden in Münster zu 75,6 % zu Hause, zu 12,6 % in stationären Pflegeein- richtungen und zu 11,8 % an öffentlichen Orten statt. Vergleichs- daten liegen für jegliche Notarztfahrten aus der Stadt Leipzig für die Jahre 2003 und 2013 vor [8] (2003: zu Hause 80,2%, Pflege- heim 3,0%, öffentlicher Ort 16,8%; 2013: zu Hause 74,7%, Pflege- heim 10,6%, öffentlicher Ort 14,7%). Hier lässt sich ein ähnliches Verteilungsmuster ablesen. Bemerkenswerterweise stiegen in Leipzig Einsätze in Pflegeheimen über die Jahre deutlich an, was mit dem demografischen Wandel einer immer älter werdenden Gesellschaft in Zusammenhang stehen dürfte. Situationsbeschreibung Am häufigsten hatten Angehörige, aber nicht selten auch Mitar- beiter stationärer Pflegeeinrichtungen, Mitarbeiter der ambulanten häuslichen Pflege sowie Nachbarn den Notruf abgesetzt, wobei zu einem großen Anteil die hilfsbedürftige Person sich im Sterbepro- zess befand oder beim Eintreffen des Notarztes bereits verstorben war. Dies zeigt zum einen die Not und Hilflosigkeit der beteiligten Personen in dieser kritischen Notfallsituation, zum anderen, dass ein Todeseintritt oft nicht von diesen Beteiligten erkannt oder emotional begriffen wurde. Darüber hinaus offenbart es auch die Schwierigkeit des Disponenten der Rettungsleitstelle, anhand der Meldung zwischen einer Vitalbedrohung und eines definitiven To- des einer „leblos gemeldeten Person“ unterscheiden zu können. In 5,1 % aller häuslichen Todesfälle war die Leiche mit Fäulnis- erscheinungen vorgefunden worden. In diesem Kontext war eine externe Türöffnung nicht selten. So wurde in 3,5 % aller häuslichen Einsätze eine Türöffnung durch die herbeigerufene Feuerwehr durchgeführt. Der Eintritt des Todes dieser Verstorbenen lag dem- entsprechend schon länger zurück und musste unbeobachtet er- folgt sein. Dies stellt den „Sterbeort zu Hause“ in ein anderes, be- drückendes Licht dar, verweisen doch repräsentative Umfragen darauf, dass sich die meisten Menschen ein Versterben im eigenen Zuhause wünschen [9]. Nicht immer bedeutet also ein häusliches Versterben auch ein „gutes Versterben“. Eine besonders vulnera- ble Gruppe stellen allein lebende Personen mit wenig Kontakt zu anderen Mitmenschen dar. Hier offenbart sich ein gesellschaftli- ches Problem, welches sich zukünftig noch verschärfen dürfte, da der Anteil allein lebender Personen in der Bevölkerung stetig wächst [10]. Tumorpatienten in Palliativsituation wurden in 6,5 % der Fälle in ihren letzten Lebensstunden notärztlich betreut. Bezogen auf alle Notfalleinsätze ergab sich eine Häufigkeit von 0,26 %. Damit liegt dieser Prozentsatz niedriger als von Wiese et al. mit 0,5 % ermittelt [6]. Bei jedem 3. Palliativpatienten war das lokale SAPV-Team hin- zugezogen worden. Dies zeugt von einer praktizierten Zusammen- arbeit zwischen Rettungsdienst und SAPV-Team in der Stadt Münster. Die Resultate deuten jedoch auch einen „Spielraum nach oben“ an. Sie unterstreicht zudem die Bedeutung einer voraus- schauenden Gesundheitsplanung. Schon heute existieren in zahl- reichen deutschen Städten Palliativausweise, in denen der Wunsch des Patienten, zu Hause zu versterben und keine Reanimations- maßnahmen erfahren zu wollen, dokumentiert werden kann [11]. Dasch B et al. Häufigkeit und Situationsbeschreibung ... Notarzt 2024; 40: 18–25 | © 2023. Thieme. All rights reserved. 21

▶Tab. 2 Situationsbeschreibung von Notarzteinsätzen bei sterbenden/verstorbenen Personen – stratifiziert nach dem Einsatzort. Geschlecht männlich Sterbealter ≥ 60 (Jahre) Zeit der Alarmierung 0–6 Uhr 6–12 Uhr 12–18 Uhr 18–24 Uhr alarmierende od. informierende Person hilfsbedürftige Person selbst Angehörige Freunde/Bekannte Nachbarn ambulanter Pflegedienst stationärer Pflegedienst (Pflegeheim) Auffindesituation zu Hause n = 198 Pflegeheim n = 33 sonst. Ort n = 31 gesamt n = 262 116 (58,6 %) 16 (48,5 %) 24 (77,4 %) 156 (59,5 %) 153 (77,3 %) 30 (90,9 %) 13 (41,9 %) 196 (74,8 %) 28 (14,8 %) 72 (38,1 %) 54 (28,6 %) 35 (18,5 %) 1 (0,5 %) 105 (53,0 %) 9 (4,5 %) 29 (14,6 %) 17 (8,6 %) 0 (0,0 %) 5 (16,1 %) 8 (25,8 %) 8 (25,8 %) 10 (32,3 %) 0 (0,0 %) 3 (9,1 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 33 (100 %) 4 (14,3 %) 11 (39,3 %) 8 (28,6 %) 5 (17,9 %) 0 (0,0 %) 2 (6,5 %) 0 (0,0 %) 1 (3,2 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 37 (14,9 %) 91 (36,7 %) 70 (28,2 %) 50 (20,2 %) 1 (0,4 %) 110 (42,0 %) 9 (3,4 %) 30 (11,5 %) 17 (6,5 %) 33 (12,6 %) 167 (63,7 %) 10 (3,8 %) 8 (3,1 %) 3 (1,1 %) 4 (1,5 %) 3 (1,1 %) 1 (0,4 %) 1 (3,2 %) 1 (0,4 %) 5 (1,9 %) 3 (1,1 %) 29 (11,1 %) 2 (0,8 %) 2 (0,8 %) 17 (6,5 %) 7 (2,7 %) 5 (1,9 %) 6 (2,3 %) bereits verstorben (sichere Todeszeichen) 144 (72,7 %) 13 (39,4 %) 10 (32,3 %) Leiche – mit Fäulniserscheinung 10 (5,1 %) Leiche – Strangulation Leiche – Schussverletzung Leiche – Bahn-Suizid Leiche – CO-Vergiftung Leiche – tödliche Verbrennung Leiche – tödlicher Sprung aus großer Höhe Leiche – tödliches Verbluten Leiche – Vergiftung (V. a.; Tabl., Drogen) Leiche – Ertrinken besondere Einsatzsituationen Suizid Tötungsdelikt nicht auszuschließen Verkehrsunfall mit Todesfolge palliativer Tumorpatient sonstiges Türöffnung durch Feuerwehr/Polizei Notfallseelsorger eingebunden Palliativmediziner der SAPV hinzugezogen 7 (3,5 %) 3 (1,5 %) 0 (0,0 %) 2 (1,0 %) 1 (0,5 %) 0 (0,0 %) 1 (0,7 %) 5 (2,5 %) 1 (0,5 %) 18 (9,1 %) 1 (0,5 %) 0 (0,0 %) 15 (7,6 %) 7 (3,5 %) 5 (2,5 %) 4 (2,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 1 (3,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 2 (6,1 %) 0 (0,0 %) 1 (3,2 %) 0 (0,0 %) 4 (12,9 %) 1 (3,2 %) 0 (0,0 %) 1 (3,2 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 2 (6,5 %) 11 (35,5 %) 1 (3,2 %) 2 (6,5 %) 1 (3,2 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) 0 (0,0 %) Für professionelle Helfende stellen Suizide, Verkehrsunfälle mit To- desfolge und Tötungsdelikte besonders belastende Einsatzsitua- tionen dar. In unserer Untersuchung standen 11,1 % aller Notarzt- einsätze mit Kontakt zu Sterbenden/Verstorbenen in Zusammen- hang mit einem Suizid. An öffentlichen Orten war der Freitod nicht selten durch Zugunfälle, im häuslichen Umfeld am häufigsten durch Strangulation/Erhängen herbeigeführt worden. Es scheint nur zu verständlich, dass solche Notfallsituationen bei professionell Helfenden psychische Belastungsreaktionen auslösen können [12, 13]. Dementsprechend sollten Hilfsangebote offeriert werden, um Dasch B et al. Häufigkeit und Situationsbeschreibung ... Notarzt 2024; 40: 18–25 | © 2023. Thieme. All rights reserved. 23

[5] Laufenberg-Feldmann R, Kappis B, Weber M et al. Leben retten – sterben zulassen. Erfassung notärztlicher Einsätze bei Patienten in der Terminal- phase. Schmerz 2011; 25: 69−76. doi:10.1007/s00482-010-1000-5 [6] Wiese C, Bartels U, Ruppert D et al. Notärztliche Betreuung von Tumor- patienten in der finalen Krankheitsphase. Anaesthesist 2007; 56: 133 −140. doi:10.1007/s00101-006-1129-x [7] Dasch B, Zahn PK. Sterbeorttrend und Häufigkeit einer ambulanten Pal- liativversorgung am Lebensende. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 331−338. doi:10.3238/arztebl.m2021.0124 [8] [9] Bader K, Bernhard M, Gries A et al. Entwicklung bodengebundener Not- arzteinsätze im Stadtgebiet Leipzig von 2003 bis 2013. Anaesthesist 2018; 67: 177−178. doi:10.1007/s00101-017-0393-2 Berliner-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Köber-Stiftung, Soft- ware AG-Stiftung. Auf ein Sterbenswort – Wie die alternde Gesellschaft dem Tod begegnen will. 2020 . Zugriff am 20. März 2023 unter: https:// www.berlin-institut.org/newsletter/detail/auf-ein-sterbenswort-wie-die- alternde-gesellschaft-dem-tod-begegnen-will [10] Statistisches Bundesamt. Haushalte und Familien – Alleinstehende nach Alter, Geschlecht und Gebietsstand. 2022 . Zugriff am 20. März 2023 un- ter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelke- rung/Haushalte-Familien/Tabellen/4–1-alleinstehende.html [11] Arbeitsgemeinschaft Essener Palliativausweis. Der Essener Palliativaus- weis. 2022 . Zugriff am 20. März 2023 unter: https://netzwerk-palliativ- medizin-essen.de/patienteninfo/essener-palliativausweis/ [12] Darius S, Balkaner B, Böckelmann I. Psychische Beeinträchtigung infolge erhöhter Belastungen bei Notärzten. Notfall Rettungsmed 2021; 24: 143 −149. doi:10.1007/s10049-020-00696-6 [13] Meyer W, Balck F. Notärzte im Umgang mit psychischen belastenden Ein- satzsituationen – Bewältigungsstrategien und notärztliche Persönlich- keit. Notfall Rettungsmed 2002; 5: 89−95. doi:10.1007/s10049-001-041 1-3 [14] Bengel J, Becker K. Leitlinien und Konsensus-Konferenz 2008. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Psychosoziale Notfallver- sorgung: Qualitätsstandards und Leitlinien Teil I und II. Rheinbach: Mo- ser; 2012: 114–117 Dasch B et al. Häufigkeit und Situationsbeschreibung ... Notarzt 2024; 40: 18–25 | © 2023. Thieme. All rights reserved. 25

Fallbericht Alarmierung Die Alarmierung des Rettungsdienstes erfolgte an einem Werktag nach einem in der Integrierten Leitstelle eingehenden Notruf durch einen Mitarbeiter eines ortsansässigen Dienstleisters für die Elektronikindustrie. Das durch den Disponenten vergebene Ein- satz-Stichwort lautete „Trauma – Flusssäure im Auge“. Der Einsatzort befand sich etwa 5 Minuten Fahrzeit vom Stand- ort der Notarztwache entfernt. Neben dem Notarzteinsatzfahr- zeug (NEF) wurde zeitgleich ein Rettungstransportwagen (RTW) alarmiert. Die diensthabende Notärztin rief auf der Anfahrt die Telenot- ärztin an und bat um weitere Informationsvermittlung zum Thema Flusssäure. Mittels Onlinerecherche in den Veröffentlichungen der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie und einer orientierenden MEDLINE Database-Suche konnte die Telenotärztin Informationen zu möglichen Symptomen, Komplikationen, not- wendigen Maßnahmen bei einer Flusssäureverätzung und den ent- sprechenden Berechnungen der Verdünnungsreihe für das Antidot recherchieren [1]. Aufgrund verlängerter Wartezeit konnte bis zum Eintreffen der Notärztin am Einsatzort kein Gespräch mit Mit- arbeitenden der Giftnotrufzentrale (GNZ) erfolgen. Auffindesituation Die zuerst eintreffende Besatzung des RTWs fand einen 42-jähri- gen wachen Patienten in der Dekontaminationsdusche im Labor seiner Arbeitsstätte vor. Nach Angaben eines weiteren Mitarbei- ters hätte der Patient ein Glas mit etwa 20–30 ml Flusssäure fallen gelassen und mehrere Spritzer in das linke Auge sowie auf den lin- ken Arm bekommen. Er hätte Augenschutz und Kittel getragen. Diese wurde nach Kontamination umgehend entfernt und sachge- recht entsorgt. Das Auge wurde durch Ersthelfende im Betrieb so- fort mit Wasser gespült. Erstbefund und Etablierung der Vitalüberwachung Es erfolgte eine umfassende prioritätsgeleitete körperliche Unter- suchung des im ersten Eindruck kardiorespiratorisch stabilen Pa- tienten mit folgenden Untersuchungsbefunden: ▪ kein A-/B-Problem; ▪ C: Sinustachykardie mit 135 bpm, normoton, RCT < 2 s; ▪ D: zu allen Qualitäten orientiert; ▪ E: Fremdkörpergefühl im linken Auge mit brennenden Schmer- zen (NRS 6/10). In der orientierenden Untersuchung des linken Auges imponierte eine deutliche Schwellung und Rötung der umgebenden Haut- areale sowie eine stark gerötete Konjunktiva ohne Erosionen bei mittelweiter runder und prompt auf Lichteinfall reagierender Pu- pille. In der weiteren Ganzkörperuntersuchung zeigten sich keine weiteren Verätzungen. Allergien, Dauermedikation oder relevante Vorerkrankungen lagen anamnestisch nicht vor. ▶ Abb. 1 10 %ige Calciumgluconat-Lösung (10 ml, B. Braun, Mel- sungen, Deutschland) Diagnosestellung und Prozedere Unter der mutmaßlichen Diagnose einer okularen Exposition mit Flusssäure wurde die Spülung des linken Auges mit Wasser fortge- führt und im RTW die gemäß Packliste des Träger Rettungsdiens- tes auf dem Rettungsmittel vorgehaltene Augenspülflasche mit Augenschale vorbereitet. Gemäß der Recherche der Telenotärztin verdünnte das Team vor Ort die auf dem RTW vorgehaltene 10 %ige Calciumgluconat- Lösung (▶ Abb. 1) auf eine 1 %ige Lösung und applizierte diese topisch-okular (▶ Tab. 1). Danach erfolgte die Applikation einer an der Arbeitsstelle vorgehaltenen Calciumgluconat-haltigen Creme. Eine Analgesie war nicht notwendig. Reevaluation und Transport Der Patient war weiterhin kreislaufstabil und verneinte Dyspnoe. Im EKG zeigten sich keine Herzrhythmusstörungen. Aufgrund des Verletzungsmusters entschied die Notärztin vor Ort, eine Zielklinik mit augenheilkundlicher Abteilung anzufahren. Die Voranmeldung des Patienten in der Universitätsklinik wurde durch die Telenotärz- tin durchgeführt. von Au J et al. Okulare Flusssäureexposition ... Notarzt 2024; 40: 26–30 | © 2023. Thieme. All rights reserved. 27

▶Tab. 2 Symptome, Folgen und Therapie der Exposition mit Flusssäure in Abhängigkeit vom Ort der Exposition; eigene Darstellung nach [1, 2, 3, 6]. Exposi- tionsort dermal Symptome ▪ Verätzungen mit Verflüssigungs- nekrose aller Gewebeschichten Therapie ▪ Dekontamination durch Spülung/ Dusche mit Aqua, NaCl 0,9 %, etc. ▪ topische Anwendung von – „Anti-Flusssäure-Gel“ (Rezeptur NRF 19.6: hydrophiles Calcium- gluconat-Gel 2,5 % mit Chlor- hexidindigluconat 0,5 %) okular inhalativ ingestiv ▪ Irritation und Schmerzen aufgrund kornealer Ulzera und Trübung ▪ Konjunktivitis mit Öde- men ▪ permanenter Visusverlust und Zerstörung des Aug- apfels möglich ▪ sofortige und repetitive Spülung ▪ topische und repetitive Applikation von 1 %iger Calciumgluconat-Lösung ▪ topische Applikation von ▪ mukosale Irritation, Inflammation, ▪ mukosale Verätzungen, Blutung, Ulzeration und Perforation ▪ Husten, Dyspnoe, Laryngitis, Laryn- gospasmus, Tracheobronchitis mit Atemwegsverlegung ▪ akutes Lungenödem ▪ chronische Dyspnoe bei kontinuier- licher Exposition hämorrhagische Gastritis, Perforation ▪ Dysphagie, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, abdo- minelle Schmerzen ▪ Sauerstoffapplikation nach Bedarf ▪ nicht invasive Beatmung (NIV) bei Lungenödem ▪ definitive Atemwegssicherung erwägen ▪ Ausspülen des Mundes ▪ 1–4 Trinkampullen Frubia- se Calcium T (STADA Con- sumer Health Deutschland GmbH, Bad Vilbel) ▪ Inhalation mit 2,5–3 %iger Calcium- ▪ unter endoskopischer Lokalanästhestika gluconat-Lösung – Auflage einer mit 10 %iger Cal- ▪ Spülung mit Hexafluorine ▪ i. v. Applikation von Calcium und Magnesium unter Spiegel- und EKG- Kontrolle ciumgluconat-Lösung getränkten Kompresse – 2,5 %iger Calciumgluconat-Lösung – Infiltration von 5 %iger Calcium- gluconat-Lösung mit 0,5 ml/cm2 bei Verätzung > 50 % – dermatochirurgische Wund- und Nekrosenresektion – i. v. Applikation von Calcium und Magnesium unter Spiegel- und EKG-Kontrolle Kontrolle: Magenentlee- rung und -spülung mit 1 % iger Calciumgluconat- Lösung ▪ Instillation von 40 g Calciumgluconat Im Gegensatz zum klinischen Bereich besteht in der prähospitalen Notfallmedizin nicht regelhaft die Möglichkeit, eine*n ärztliche*n Kolleg*in um eine Zweitmeinung, Rat oder Supervision zu bitten. Hier kann das telemedizinische System zur Erhöhung der Patien- tensicherheit und Versorgungsqualität beitragen. Die Einbindung der Telenotärztin in den Einsatz mit Delegation der Beschaffung von für die Behandlung des Patienten essenziellen Informationen stellt eine optimale Nutzung vorhandener Ressour- cen im Sinne des Crew Resource Managements (CRM) dar. Die Notärztin war sich im Sinn der CRM-Leitsätze ihrer Arbeitsum- gebung und der verfügbaren Ressource „Telemedizin“ bewusst, hat die notwendigen Schritte (weitere Informationen, Notwendig- keit der Kontaktaufnahme zur Giftnotrufzentrale) antizipiert und die daraus resultierende Arbeitsbelastung ressourcengerecht ver- teilt [8]. Damit konnte sie ihre mentale Belastung reduzieren, ihre Aufmerksamkeit auf die Verarbeitung weiterer Informationen und im Verlauf auf die Einsatzabarbeitung mit prioritätsgeleiteter Pa- tientenversorgung lenken. Die Erfahrungen der Beteiligten aus dem von uns geschilderten Einsatz motivieren dazu, die niederschwellige Erreichbarkeit (tele- medizinisch verbundener) Kolleg*innen zur Unterstützung von notärztlichem Personal in herausfordernden Einsätzen sicherzu- stellen und die Nutzung eines entsprechenden Angebots durch Notärzt*innen im Sinne einer optimalen Patientenversorgung po- sitiv zu konnotieren. Fazit Flusssäure kann bei (Schleim-)Hautkontakt lebensbedrohliche Ver- ätzungen verursachen. Eine ausgiebige Spülung und die zügige Applikation von Calcium sind essenziell, um eine Ausbreitung und Folgeschäden zu verhindern. Unser Fall hat gezeigt, dass die Mobi- lisierung aller verfügbaren Ressourcen wie Telemedizin und Gift- notruf zur Informationsbereitstellung und die Organisation einer adäquaten Weiterversorgung dazu beitragen können, die präkli- nische Versorgung des Patienten entscheidend zu verbessern. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur [1] Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie. Fluorwasser- stoff, Flusssäure und anorganische Fluoride. Gefahrstoffen [M 005, DGUV Information 213–071]. 2018. Zugriff am 09. August 2022 unter: https:// downloadcenter.bgrci.de/resource/downloadcenter/downloads/M005_ Gesamtdokument.pdf von Au J et al. Okulare Flusssäureexposition ... Notarzt 2024; 40: 26–30 | © 2023. Thieme. All rights reserved. 29

CME-Fortbildung Sonografie in der Präklinik Dominik Knott, Lutz Siegl, Katharina Siegl „Hast du schon sonografiert?“ ist eine Frage, die man in der klinischen Notfallmedizin jeden Tag mehrfach zu hören bekommt. Die Sonografie ist der schnelle und noninva- sive Blick in den Menschen. Mittlerweile ist sie nicht nur ein wertvolles Diagnostikum, sondern in Zeiten mangelnder Ressourcen auch eine Möglichkeit, Behandlungspfade für Patienten sinnvoll zu steuern und zu beschleunigen. ABKÜR ZUNGEN COPD CPR CRM DEGUM Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in chronisch obstruktive Lungenerkrankung kardiopulmonale Reanimation Crew Ressource Management der Medizin extended FAST extrauterine Gravidität Focused Assessment with Sonography for Trauma Focused Echocardiografic Evaluation in Life Support Notarzteinsatzfahrzeug Picture Archiving and Communications System pulslose elektrische Aktivität PEA pPOCUS preclinical Point-of-Care-Ultraschall RUSH Rapid Ultrasound in Shock and Hypo- tension Standard Operating Procedure pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoff- sättigung eFAST EUG FAST FEEL NEF PACS SOP SpO2 In der präklinischen Notfallmedizin ist der anfangs zitierte Satz noch eine Rarität, und häufig wird man kritisch be- äugt, wenn man dieses Hilfsmittel nutzt. Und dies, ob- wohl es in der Zwischenzeit seinen Weg in Leitlinien ge- funden hat und es von vielen Kolleginnen und Kollegen im klinischen Alltag als unentbehrlich empfunden wird. Dieser Artikel befasst sich mit den organisatorischen Vo- raussetzungen und Hürden des präklinischen Ultraschalls, einer möglichen praktischen Umsetzung anhand der SOP des Bundeswehrkrankenhauses Berlin und den klinischen Einsatzmöglichkeiten. Organisation Bevor Ultraschall in der Präklinik eingesetzt werden kann, sollten einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein: ▪ Ultraschallgeräte müssen beschafft und verlastet wer- den können. ▪ Das Personal sollte adäquat geschult und ausgebildet werden, um valide medizinische Aussagen zu generie- ren. ▪ Zusätzlich sollte eine Möglichkeit vorhanden sein, die Befunde der Untersuchung zu dokumentieren. Damit die Anwendung des Ultraschalls trotzdem den Ein- satzablauf und das Teamgefüge nicht stört, ist es sinnvoll, Handlungsempfehlungen zum Einsatz der Sonografie zu geben. TAKE HOME MESSAGE Standardisierte Handlungsabläufe vereinfachen die Integration von pPOCUS in das präklinische Einsatz- geschehen. Technik und Dokumentation Ein Grund für die – aktuell noch – mangelnde Nutzung von präklinischem Ultraschall, im Folgenden pPOCUS (preclinical Point-of-Care-Ultraschall) genannt, ist, dass es lange Zeit keine flächendeckende Verfügbarkeit von so- genannten Handheld-Geräten im Rettungsdienst gab. Zwar gibt es schon seit Jahren portable Ultraschallgeräte, doch waren sie nicht in den Rettungsdienstbereichen ein- geführt. In der Zwischenzeit gibt es mehrere mobile Ultraschall- geräte, die sich für den Einsatz im Rettungsdienst eignen. Einige Beispiele hier sind das Philips Lumify, GE Vscan und das Butterfly iQ+. Durch die Aufnahme von Sonografie in Leitlinien und Empfehlungen haben Rettungsdienstbetrei- Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 31

Präklinisch finden sich oft suboptimale Untersuchungs- bedingungen, sei es aufgrund der Immobilisation von Pa- tient*innen oder den örtlichen Gegebenheiten der Ein- satzstelle oder weil Patient*innen unruhig sind. Um in sol- chen Stresssituationen sicher agieren zu können, muss man die Sonografie und sein Gerät regelmäßig anwenden. In unserer Notaufnahme haben wir erfahrene Ultraschall- untersuchende, welche initial mit den Auszubildenden zu- sammen die Untersuchungen durchführen und mit fort- geschrittenem Ausbildungsstand „nur noch“ deren Bilder supervidieren bzw. in schwierigen Fällen helfen. Dank der Möglichkeit, auch Bildschleifen und hochauflösende Bil- der zu teilen, kann man dies auch für Kolleg*innen ma- chen, die nicht vor Ort sind. TIPP Wenn man nur wenig Ausbildungsunterstützung vor Ort hat, ist ein guter Weg, um sich zu verbes- sern, Patient*innen, bei denen Pathologien (z. B. Pneumothorax, der mit einer hohen Sensitivität detektiert werden kann) durch andere Unter- suchungsmodalitäten gesichert wurden, noch „nachzuschallen“, um die eigenen Fertigkeiten zu verbessern. Aus Sicht der Autoren sollte die notfallsonografische Aus- bildung nicht nur das ärztliche Personal umfassen, son- dern auch das Rettungs- und Pflegefachpersonal. In von uns durchgeführten notfallsonografischen Kursen (z. B. mit Notfallsanitäter*innen des Kommandos Schnelle Ein- satzkräfte) zeigten Rettungs- und Pflegefachpersonal als Teilnehmende eine hohe Motivation, schnelle Auffassungs- gabe und steile Lernkurven. Im Sinne des Crew Resource Managements und für die Einsatztaktik erscheint es sinn- voll, dass alle Mitglieder eines Teams die Grenzen und Möglichkeiten der Sonografie kennen, einschätzen und die Ergebnisse interpretieren können. Damit kann nicht nur eine höhere Akzeptanz für die Notfallsonografie er- zielt werden, sondern man kann auch eine bessere situa- tive Awareness im Team erreichen. Integration in die Praxis Bei der Einführung eines Point-of-Care-Ultraschallgerätes auf dem eigenen Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) müssen nicht nur die o. g. logistischen Herausforderungen be- dacht, sondern auch Überlegungen angestellt werden, wie eine Akzeptanz im Team erreicht werden kann. Große Bedenken bestehen häufig bei kritisch eingestellten Mit- arbeitenden vor allem darin, dass die Sonografie Einsatz- zeiten verlängert und zu unnützen Verzögerungen der Therapie/des Transportes führt. Auch äußerten mehrere Kolleg*innen Unsicherheiten darüber, wann eine Ultra- schalluntersuchung präklinisch sinnvoll sei. In unserem Rettungsdienstbereich ist ein Notfallsonogra- fie-Kurs vorgeschrieben, um als notärztliches Personal ein- gesetzt werden zu können. Allerdings tendieren viele die- ser Kurse dazu, eher auf Szenarien in der Notaufnahme und der Intensivstation einzugehen. Auch ist die Evidenz für präklinischen Ultraschall immer noch schwach. So ergibt eine PubMed-Suche für „POCUS und prehospital“ 56 Treffer, wovon nur 2 Randomised-Controlled-Trial-Level erreichen. Diese Studien stammen zum Großteil aus in- ternationalen Rettungsdienstbereichen, die eine andere Organisationsstruktur, andere Kompetenzen und Ausbil- dungscurricula des Rettungsfachpersonals und eine ande- re Struktur der Gesundheitssysteme haben als in Deutsch- land. Um für unseren Standort die Hemmnisse und Unsicher- heiten bei der präklinischen Geräteeinführung zu reduzie- ren, entwarfen wir eine SOP (▶ Abb. 1) für den möglichen Einsatz des Notfallultraschalls. Da die meisten Ärzte und Ärztinnen, die auf unserem NEF tätig sind, auch in der Notaufnahme des Bundeswehrkrankenhaus arbeiten, wur- de die SOP bereichsübergreifend konzipiert. Auch war es uns wichtig, dass pPOCUS zielgerichtet eingesetzt wird. TAKE HOME MESSAGE Die Indikation für pPOCUS setzt sich zusammen aus: ▪ einer konkreten Fragestellung für die Unter- suchung, ▪ einer therapeutischen Konsequenz und/oder ▪ einer Beeinflussung des Transportziels. PR A XIS Indikation für pPOCUS Um relevante Differenzialdiagnosen abarbeiten zu können, ohne einen Zeitverlust in der Versorgung und dem Transport eines kritisch kranken Patienten zu generieren, ist es unabdingbar, vor Einsatz des pPOCUS eine konkrete Fragestellung zu definieren. Die zweite Voraussetzung ist, dass die sonogra- fische Antwort dieser Fragestellung die Therapie und/oder das Transportziel beeinflusst. Treffen die- se beiden Voraussetzungen nicht zu, dann besteht keine Indikation für pPOCUS. Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 33

Zunächst erläutern wir geeignete sonografische Untersu- chungsalgorithmen. Untersuchungsalgorithmen Focused Echocardiografic Evaluation in Life Support – FEEL Ein möglicher Untersuchungsablauf wird mit dem Akro- nym FEEL beschrieben. Hierbei handelt es sich um eine fo- kussierte transthorakale Echokardiografie. Sie soll folgen- de Fragen beantworten: ▪ ob die linksventrikuläre Pumpfunktion rein visuell nor- mal oder eingeschränkt ist, ▪ ob Zeichen der Rechtsherzbelastung zu sehen sind und ▪ ob ein Perikarderguss vorhanden ist. Mithilfe der Anlotungspunkte von subkostal, parasternal und apikal können diese Fragen geklärt werden. Focused Assessment with Sonography for Trauma – FAST Das Akronym FAST stellt einen weiteren Untersuchungs- ablauf dar, den wir für pPOCUS als pragmatisch erachten. Der Algorithmus besteht aus 5 Anlotungspunkten am Ab- domen. Mittels lateral-diaphragmatischer Anschnitte kön- nen Flüssigkeitsansammlungen im Pleuraspalt wie auch unterhalb des Zwerchfells nachgewiesen werden. Kaudal dieser Anschnitte können der Koller- und der Morrison- Pouch beurteilt werden. Zur Komplettierung der Unter- suchung gehört noch ein medianer Unterbauchquer- und -längsschnitt zum Ausschluss freier retro- und paravesika- ler Flüssigkeit. In der extended FAST (eFAST) wird zum Abschluss mittels „subxiphoidalem 4-Kammer-Blick“ noch ein möglicher Perikarderguss erfasst. Rapid Ultrasound in Shock and Hypotension – RUSH Ein weitere Untersuchungsalgorithmus nennt sich RUSH. Begonnen wird die Untersuchung mit der Echokardiogra- fie nach FEEL. In der Originalpublikation werden der api- kale 4-Kammer-Blick und die parasternal lange und kurze Achse durchgeführt. Da gerade der apikale 4-Kammer- Blick bei auf dem Rücken liegenden Patient*innen häufig schwierig ist, muss man zum Teil auf subkostale Anlotun- gen ausweichen, um adäquate Bilder zu generieren. Es schließt sich die Darstellung der V. cava inferior und der FAST-Schnitte an. Danach wird die abdominelle Aorta untersucht, während die Lungendarstellung das Protokoll komplettiert. Bei auffälliger Anamnese wird ergänzend ein Venenkom- pressionsultraschall und ein Blick nach einer ektopen Schwangerschaft (Unterbauchsonografie) durchgeführt. Atemnot Im Zuge der differenzialdiagnostischen Abarbeitung von Patient*innen mit dem Leitsymptom „Dyspnoe“ eignet sich pPOCUS in besonderer Weise [3]. Hierdurch können sowohl relevante Therapieentscheidungen als auch das geeignete Transportziel festgestellt werden. Einerseits können pulmonale Ursachen der Dyspnoe mit- hilfe transthorakaler und interkostaler Sonografieanschnit- te ausgeschlossen oder differenziert werden. Während die Auskultation eine Differenzierung zwischen Obstruk- tion im Sinne eines Asthmas/COPD oder eines beginnen- den Lungenödems nicht immer zulässt, lässt sich dies durch die Sonografie und den Nachweis sogenannter B- Lines gut eingrenzen. Insbesondere bei multimorbiden Patient*innen kann hier die Therapie gut gesteuert und Polypragmasie verhindert werden. Auch Pleuraergüsse und Pneumonien lassen sich erkennen, wenngleich dies selten die präklinische Therapie verändert. Hervorragend lassen sich Pneumothoraces diagnostizie- ren [4]. Pathognomonisch ist hierfür das sogenannte Bar- code Sign im M-Mode. Hier erreicht die Sonografie eine höhere Sensitivität als der Röntgenthorax. Auf der anderen Seite bietet sich der standardisierte Un- tersuchungsablauf nach FEEL an, um kardiologische Diffe- renzialdiagnosen auszuschließen [5]. Somit kann frühzeitig und in kurzer Zeit eingegrenzt wer- den, ob die Ursache des Leitsymptoms „Dyspnoe“ pulmo- nale oder kardiale Ursachen hat, was wiederum Einfluss auf die Auswahl der Therapie und in Abhängigkeit der ört- lichen Gegebenheiten auch auf die Auswahl der Zielklinik hat. Mithilfe der bereits klinisch erhobenen Befunde, die frühzeitig an die Zielklinik kommuniziert werden können, können die notwendigen Ressourcen aktiviert und damit eine zielgerichtete und schnellere Patientenversorgung si- chergestellt werden. TAKE HOME MESSAGE Für das Leitsymptom Dyspnoe eignet sich pPOCUS in Form einer fokussierten Thoraxsonografie und des FEEL-Algorithmus. Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 35

FALLBEISPIEL Fall 2 Ein ca. 17-jähriger Jugendlicher, der mit dem E- Scooter mit ca. 15 km/h auf eine hohe Bordstein- kante prallte, stieß sich den E-Scooter-Lenker in die rechte Flanke. Er klagt über rechtsseitige Flanken- schmerzen, zeigt aber im Bodycheck bis auf eine leichte Rötung im Bereich des Lenkeraufpralls keine Auffälligkeiten. Die Vitalparameter waren: ▪ Atemfrequenz 18/min, ▪ Herzfrequenz 85/min, ▪ Blutdruck 125/76 mmHg, ▪ Rekapillarisierungszeit < 2 s. In der durchgeführten eFAST-Untersuchung zeigt sich freie Flüssigkeit (▶ Abb. 3). Daher wird, obwohl das Trauma allein keine Schockraumalarmierung bedingt, im nächstgelegenen Traumazentrum eine Voranmeldung für den Schockraum veranlasst. In der CT zeigte sich eine Nierenruptur, die umge- hend operativ versorgt wurde. FALLBEISPIEL Fall 3 Eine 25-jährige Patientin hatte aufgrund rechtsseiti- ger Unterbauchschmerzen den Rettungsdienst ge- rufen. Sie habe kein Trauma erlitten, und die Schmerzen hätten plötzlich vor ca. 1 Stunde be- gonnen. Sie hätte die letzten Tage einen Magen- Darm-Infekt mit Übelkeit und Erbrechen gehabt. Aktuell ist sie hypoton mit 90/60 mmHg sowie ta- chykard mit 110/min. Das Hautkolorit ist bei der Patientin mit ghanaischer Herkunft schwer be- urteilbar, die Skleren sind rosig. Die Temperatur ist 37,5 °C. Es besteht eine Abwehrspannung im rechten Unterbauch. In der Sonografie zeigt sich freie Flüssigkeit im kleinen Becken. ▶ Abb. 4 M-Mode: extrauterine (1) Gravidität rechts. ▶ Abb. 3 M-Mode-FAST-2-Schnitt mit Leber (1), Niere (2) und freier Flüssigkeit (3). ▶ Abb. 5 M-Mode: Uterus (1) längs ohne Frucht- höhle. Die relevante Menge freier Flüssigkeit im kleinen Becken ohne vorheriges Trauma erweitert die ur- sprüngliche Arbeitsdiagnose von einer Sepsis, z. B. bei Appendizitis, um eine rupturierte extrauterine Gravidität (EUG). Es wird noch einmal der Uterus dargestellt, und zusätzlich kann eine sich nicht im Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 37

FALLBEISPIEL Fall 4 Es handelt sich um einen 20-jährigen Mann mit Luftnot, Tachykardie und schwerer Hypotonie. Die Rekapillarisierungszeit ist deutlich verlängert und das Bewusstsein bereits eingeschränkt. ▶ Abb. 6 Subkostaler 4-Kammer-Blick: Perikard- tamponade, Herz (1), Erguss (2). ▶ Abb. 7 Perikardiozentese: Entlastung eines hä- morrhagisch-putriden Perikardergusses. ▶ Abb. 8 Subkostaler 4-Kammer-Blick post punctionem: Herz (1), Leber (2), Resterguss (3). In der durchgeführten Notfallechokardiografie zeigt sich eine Perikardtamponade mit Swinging Heart (▶ Abb. 6). Da ein Perikardiozentese-Set nicht ver- fügbar ist, wird eine Punktion mit einer 14-G- Venenverweilkanüle durchgeführt (▶ Abb. 7). Die Punktion gestaltet sich problemlos, und es wird ein hämorrhagisch-putrider Perikarderguss entlastet. Die klinische Situation verbessert sich schnell (▶ Abb. 8). Conclusio Präklinischer Ultraschall ist ein weiteres wertvolles Werk- zeug im Repertoire des notärztlichen und rettungsdienst- lichen Personals. Bei klarer Fragestellung kann es schnell Differenzialdiagnosen eingrenzen und die weitere Thera- pie lenken sowie die Wahl und Vorbereitung der Zielklinik optimieren. Mit den aktuell auf dem Markt verfügbaren Geräten lassen sich technisch hochwertige Ultraschallbil- der generieren, auch wenn die dem individuellen Patien- ten zugeordnete Bildspeicherung noch eine Herausforde- rung ist. Dank der breiten Verfügbarkeit von Sonografie, Lernformaten sowie der Expertise ist ein Erlangen einer guten Kompetenz in diesem Verfahren möglich. Merke Die größten Hürden sind das daran Denken und der sinnvolle Einbau in den Einsatzablauf, da häufig der seit Jahren etablierte Weg modifiziert werden muss. Vor der Einführung des präklinischen Ultraschalls in den eigenen Rettungsdienstbereich sollten eine Schulung des Personals und eine gemeinsame Festlegung für Abläufe stattfinden. Wenn dies gelingt, kann Ultraschall eine wert- volle Ergänzung der präklinischen Behandlung und Pa- tient*innendisposition sein. KERNAUSSAGEN ▪ Die präklinische Sonografie erweitert das Hand- lungsspektrum im Rettungsdienst. ▪ Die präklinische Sonografie entwickelt sich erst zum Vorteil durch die Definition einer klaren Fragestellung und einer therapeutischen Konse- quenz für die Patient*innen. ▪ Derzeit fehlen noch standardisierte Konzepte zur Verlastung des Sonografiegerätes sowie zur Dokumentation von Bildbefunden. ▪ Eine SOP kann helfen, diese Nachteile auszuglei- chen, und dabei unterstützen, die Sonografie in den präklinischen Abarbeitungsalgorithmus ein- zubauen. ▪ Die Nutzung der präklinischen Sonografie bei Patienten mit dem Leitsymptom Dyspnoe kann die Therapie und Disposition entscheidend ver- ändern. ▪ Bei der Polytraumaversorgung können durch die Sonografie frühzeitig kritische Befunde festge- stellt und damit die Patientenversorgung zielge- richteter gestaltet werden. Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 39

[14] Breitkreutz R, Price S, Steiger HV et al. Focused echocardio- graphic evaluation in life support and peri-resuscitation of emergency patients: a prospective trial. Resuscitation 2010; 81: 1527–1533. doi:10.1016/j.resuscitation.2010.07.013 [15] Lichtenstein DA, Mezière GA. Relevance of lung ultrasound in the diagnosis of acute respiratory failure: the BLUE protocol. Chest 2008; 134: 117–125. doi:10.1378/chest.07-2800 [16] Linnemann B, Blank W, Doenst T et al. Diagnostik und Therapie der tiefen Venenthrombose und Lungenembolie – AWMF-S2k- Leitlinie. 11.01.2023 Zugriff am 22. Dezember 2023 unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/065–002 [17] Nolan JP, Soar J, Zideman DA et al. European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010. Section 1. Executive summary. Resuscitation 2010; 81: 1219–1276. doi:10.1016/j.r esuscitation.2010.08.021 [18] Pirolo JS, Hutchins GM, Moore GW. Electromechanical dissoci- ation: pathologic explanations in 50 patients. Hum Pathol 1985; 16: 485–487. doi:10.1016/s0046-8177(85)80087-3 Bibliografie Notarzt 2024; 40: 31–43 DOI 10.1055/a-1909-8089 ISSN 0177-2309 © 2024. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 41

Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung … Frage 5 Welche Aussage zur Ausbildung der Notfallsonografie trifft zu? A Sie ist erst mit dem Tragen eines Facharzttitels möglich. B Nur ärztliches Personal kann die Notfallsonografie erlernen. C Durch ein strukturiertes Ausbildungskonzept lässt sich eine steile Lernkurve generieren. D Die Ausbildung erstreckt sich über mehrere Jahre. E Die regelmäßige praktische Anwendung verbessert die Unter- suchungsergebnisse nicht. Frage 6 Welche Fragestellung wird durch den Untersuchungsalgorithmus nach FAST nicht beantwortet? A freie Flüssigkeit im Morrison-Pouch B freie Flüssigkeit retrovesikal C Pleuraergüsse D freie Flüssigkeit im Koller-Pouch E Milzgröße Frage 7 Welche Gefahr besteht bei Anwendung von pPOCUS im Rahmen einer Reanimationssituation? Welche Aussage hierzu ist korrekt? A pPOCUS muss bei einer CPR so angewandt werden, dass die No-Flow-Zeit nicht verlängert wird. B Es besteht keine Gefahr, weil die Sonografie eine nicht inva- sive Untersuchung ist. C Die Detektion einer reversiblen Ursache des Herz-Kreislauf- Stillstandes ist zuverlässig möglich. D Die Sonografie hat in dieser Situation keinen Stellenwert. E Die Sonografie stellt keine Gefahr dar, weil sie erst nach dem 2. frustranen Schock durchgeführt werden darf. Frage 8 Sie werden zu einer 44-jährigen Frau gerufen. Sie beklagt eine akut aufgetretene Dyspnoe, Husten ohne Auswurf und Abge- schlagenheit. Sie messen eine Atemfrequenz von 38/min, eine SpO2 von 88 %, einen Blutdruck von 90/60 mmHg bei einer Herz- frequenz von 122/min. Welche Differenzialdiagnosen könnte man sonografisch verifizieren? A Pneumonie B Lungenarterienembolie C kardiogener Schock D Spannungspneumothorax E Hodentorsion Frage 9 Sie behandeln einen 62-jährigen Mann, der plötzlich Luftnot ver- spürt habe und auf der Treppe kurzzeitig bewusstlos gewesen sei. Sie messen eine SpO2 von 91 % bei einer Atemfrequenz von 34/min, der Blutdruck ist 100/80 mmHg und die Herzfrequenz beträgt 130 Schläge/min. Sie vermuten eine Lungenarterienem- bolie. Welche Fragestellung beantwortet der FEEL-Algorithmus? A Pneumothorax B Pleuraerguss C Aortenstenose D Zeichen der akuten Rechtsherzbelastung E extrauterine Schwangerschaft Frage 10 Welcher Untersuchungsschritt erweitert das RUSH-Konzept bei positiver Anamnese? A Venenkompressionsultraschall und Unterbauchsonografie B Ausschluss einer Harnstauungsniere C Bestimmung der Größe der Leber D Messung des Ductus hepatocholedochus E Bestimmung des Prostatavolumens Knott D et al. Sonografie in der ... Notarzt 2024; 40: 31–43 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 43

▶Tab. 1 American Spinal Injury Association Impairment Scale [7]. Grad Beschreibung A B C D E komplette Lähmung: keine motorische oder sensible Funktion in den Segmenten S4/5 sensibel inkomplette Lähmung: erhaltene Sensibili- tät in den sakralen Segmenten S4/5 motorisch inkomplette Lähmung: Restmotorik un- terhalb des neurologischen Niveaus und mehr als die Hälfte der Kennmuskeln unterhalb des neurologi- schen Niveaus haben einen Kraftgrad kleiner 3 motorisch inkomplette Lähmung: Restmotorik un- terhalb des neurologischen Niveaus und wenigstens die Hälfte der Kennmuskeln unterhalb des neurolo- gischen Niveaus haben einen Kraftgrad größer 3 normal: normale Motorik der Kennmuskeln und normale Sensibilität. Pathologische Reflexe können persistieren. Weitere Faktoren, die zu einer sekundären Rückenmark- verletzung beitragen, sind Gefäßveränderungen, ein ver- minderter Blutfluss in den myelonversorgenden Arterien, der Verlust der Autoregulation und der Mikrozirkulation. Eine Störung der Blutversorgung im geschädigten Myelon führt zu einer unzureichenden Versorgung des Zentral- nervensystems mit Substraten (z. B. Glukose, Sauerstoff) und zu einem durch Ischämie bedingten Energiedefizit [6]. Zu den sekundären Rückenmarkschädigungen zählen ebenfalls diejenigen, die im Rahmen des Transportes ent- standen sind (Transporttrauma, z. B. durch Rettung aus dem Gefahrenbereich und Umlagerung). Klassifikation der Lähmungshöhe Zur systematischen Klassifikation des neurologischen Schadens werden die International Standards for Neuro- logical Classification of Spinal Cord Injury von der Amer- ican Spinal Injury Association (ASIA) herangezogen, allen voran die American Spinal Injury Association Impairment Scale [7] wie in ▶ Tab. 1 dargestellt. ▶ Tab. 2 gibt einen Überblick zu den Kennmuskeln der oberen Extremität für die entsprechenden Segmente bei Verletzungen der Hals- wirbelsäule. ▶ Abb. 1 veranschaulicht die je nach Läsions- höhe im Rückenmark betroffenen Körperregionen. Paraplegie Bei einer Paraplegie ist die Funktion der oberen Extremität nicht beeinträchtigt; je nach Ausmaß der Erkrankung kön- nen motorische und/oder sensorische Funktionen der unteren Gliedmaßen, des Rumpfes, des Bauches und der Beckenorgane beeinträchtigt sein [7]. Häufig führen Ver- letzungen der thorakalen, lumbalen oder sakralen Rü- ckenmarksegmente zu einer Paraplegie. Tetraplegie Als Tetraplegie hingegen wird bezeichnet, wenn die mo- torischen und/oder sensorischen Fähigkeiten des zervika- len Rückenmarks beeinträchtigt werden oder verloren ge- hen, einschließlich aller Extremitäten, des Rumpfes sowie der Bauch- und Beckenorgane [7]. Merke Paraplegie bedeutet, dass die Arme bewegt werden können, bei Tetraplegie ist dies nicht möglich. ▶Tab. 2 Motorische und sensible radikuläre Segmentkennung [6]. Segment Sensibilität Kennmuskel Funktionseinschränkung C1 C2 Hinterkopf bis vordere Ohrlinie M. sternocleidomastoideus, Mm. splenii Rotation Kopf und Halswirbelsäule Mm. longus colli, longus capitis, Mm. rectus capitales Flexion und laterale Flexion Hals- wirbelsäule C3/C4 proximaler Schultergürtel M. phrenicus laterale Schulter Mm. biceps + deltoideus Zwerchfellparese Ellenbogenflexion C5 C6 C7 C8 radialseitiger Ober- und Unterarm, Daumen M. brachioradialis Dorsalextension Handgelenk Mittelfinger Kleinfinger M. triceps brachii Ellenbogenextension kleine Handmuskeln Mm. flexor digitorum Flexion in PIP/DIP DIP = distales Interphalangealgelenk; PIP = proximales Interphalangealgelenk Stuhr M, Ilper H. Prähospitale Therapie bei ... Notarzt 2024; 40: 44–48 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 45

kontusion – kann schon am Unfallort eine ausgeprägte Einschränkung der Atemfunktion bestehen. Eine schwere Atemfunktionsstörung kann bei der traumatischen Quer- schnittlähmung durch den Ausfall der thorakalen Atem- bzw. Atemhilfsmuskulatur verursacht werden. Bei Läsio- nen oberhalb von C4 muss mit einem Ausfall der Zwerch- fellfunktion gerechnet werden, sodass eine maschinelle Beatmung erforderlich wird. Dieser Zusammenhang führt in schweren Fällen bereits vor Eintreffen des Rettungs- dienstes zum Versterben des Patienten durch Atemstill- stand, nachfolgende Hypoxie und hypoxischen Herz- Kreislauf-Stillstand. Merke Rückenmarkverletzungen oberhalb von C4 führen zeit- nah zu Atemstörungen bis hin zum Atemstillstand. „(C) 3, 4, 5 – Keep Diaphragm alive“. Paradoxerweise können vor allem junge Patienten, die kopfwärts in zu flaches Wasser springen, den Ausfall der Atemhilfsmuskulatur zu Beginn kompensieren und bei sonst vollständiger Lähmung selbstständig atmen. Bei Rettung der Patienten durch Zeugen aus der Gefahren- zone ist somit ein Überleben möglich. Die Aufnahme in den Schockraum erfolgt daher häufig unter erhaltener Spontanatmung. Die versorgende Rettungskraft muss je- doch jederzeit auf einen Atemstillstand vorbereitet sein. Ein fehlender oder insuffizienter Hustenstoß kann bei Ver- letzungen oberhalb eines Niveaus von Th11 auftreten; bei einer traumatischen Querschnittlähmung auf Höhe C1– C3 fehlt jegliche Hustenfunktion, bei C4–Th1 ist die Funk- tion deutlich eingeschränkt und ineffektiv, bei Th2 oder darunter ist die Funktion schwach ausgeprägt und verbes- sert sich mit absteigender Läsionshöhe [10]. Es besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Aspiration. Merke Hochthorakale Läsionen schränken den Hustenstoß ein, damit steigt das Aspirationsrisiko. Verletzungen der Wirbelsäule treten häufig in Kombi- nation mit anderen Verletzungen auf. Bei bewusstlosen polytraumatisierten Patienten soll bis zum Beweis des Gegenteils von einer Verletzung der Wirbelsäule ausge- gangen werden. Es besteht eine Indikation für eine Not- fallnarkose, eine endotracheale Intubation und Beatmung bei Vorliegen folgender Kriterien [8]: ▪ Hypoxie (SpO2 < 90 %) trotz Sauerstoffgabe und nach Ausschluss eines Spannungspneumothorax ▪ schweres SHT (Glasgow-Coma-Scale-Wert < 9 Punkte) ▪ schweres Thoraxtrauma mit respiratorischer Insuffi- zienz (Atemfrequenz > 29/min). Eine prähospitale Intubation bei Patienten mit einer Ver- letzung der Halswirbelsäule ist als schwierig anzusehen. Zur Atemwegssicherung wird daher die Verwendung eines Videolaryngoskops mit Macintosh-ähnlichem Spatel empfohlen, da hier direkte und indirekte Laryngoskopie möglich sind [11]. Ein weiterer Vorteil der Videolaryngo- skopie liegt zudem in einer geringeren Bewegung der Halswirbelsäule (z. B. Flexion, Extension, Rotation und re- duzierten Drücken auf die Halsweichteile beim Intuba- tionsversuch) im Vergleich zur direkten Laryngoskopie. Zur Vermeidung von sekundären Schäden an der Halswir- belsäule kann die Intubation sowohl mit anliegender Hals- krause oder bevorzugt mit Inline-Stabilisierung durch ei- nen Fachkundigen erfolgen [11]. C: Kreislauf Eine frische Tetraplegie und eine hohe Paraplegie führen zu einer arteriellen Hypotonie. Beginn, Ausmaß und Dau- er dieser hypotensiven Phase sind unterschiedlich und hängen zudem von weiteren Begleitverletzungen (z. B. hämorrhagischer Schock) ab. Den frühen Störungen der Zirkulation liegt bei einer traumatischen Querschnittläh- mung häufig ein neurogener Schock mit einem relativen Volumenmangel zugrunde. In der Akutphase soll eine differenzierte Substitution von Volumen und Katecholaminen – noch am Unfallort – er- folgen [9], da eine kausale Therapie, anders als bei ande- ren Schockformen, prähospital nicht möglich ist D: neurologisches Defizit („Disability“) Eine frühe neurologische Untersuchung am Unfallort er- folgt während des ersten Untersuchungsganges („prima- ry Survey“) durch das Erfassen des Bewusstseinszustandes mithilfe der Glasgow Coma Scale (GCS) [9]. Dieses diag- nostische Instrument inkludiert auch eine Bewertung der besten motorischen Reaktion bzw. (Spontan-)Bewegung. Allerdings birgt die alleinige Verwendung der GCS die Ge- fahr einer diagnostischen Lücke, insbesondere wenn nur Summenwerte betrachtet werden [9]. Mit der GCS wer- den Verletzungen des Rückenmarks nicht vollständig er- fasst. Zur Beschreibung des Ausmaßes der Querschnitt- lähmung bei Übergabe können daher Kennmuskeln und Dermatome (beste mögliche Äußerung durch den Patien- ten) verwendet werden. Wichtig sind hier vor allem Th10 (Bauchnabel-Niveau) und Th4 (Mamillenhöhe). Merke Bei jeder Übergabe muss das Ausmaß von sensibler und motorischer Lähmung mitgeteilt und ein mögliches Fortschreiten der Lähmung dokumentiert werden. Eine weitere neurologische Untersuchung erfolgt im Rah- men des zweiten Untersuchungsganges („secondary Sur- vey“) am – optimalerweise – vollständig entkleideten Pa- tienten [8]. Hierbei sollen beim ansprechbaren Patienten orientierend die motorischen Funktionen der Extremitä- ten erhoben werden. Dieses umfasst eine seitengetrennte Untersuchung an Arm und Bein, ob keine, eine unvoll- ständige oder eine vollständige Lähmung vorliegt [8]. Stuhr M, Ilper H. Prähospitale Therapie bei ... Notarzt 2024; 40: 44–48 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 47

Beide Bücher sind auch als Lernpaket erhältlich. Du sparst gegenüber dem Einzelkauf! retten – Notfallsanitäter Lernpaket 2023. 2020 S., 1500 Abb., kart. ISBN 978 3 13 242125 7 134,99 € [D] 2 in 1 Buch + E-Book = 1 Preis Dreamteam. Für Ausbildung. Prüfung. Einsatz. Starke Basis: Die Lehrbücher Beim Lernen helfen Videos zu Techniken im Rettungsdienst, viele Fall- beispiele sowie Bilderserien und anschauliche Infografiken. Der Band Anatomie Physiologie zeigt, aus welchen “Bausteinen“ der Mensch besteht und wie alles zusammenspielt. Mit detailgenauen Illustrationen und Bezügen zur Pathologie und zur präklinischen Notfallmedizin. RETTEN TO GO-Kästen fassen die Lerninhalte kompakt zusammen – auch mobil in der App. E-Book inklusive (Zugangscode jeweils im Buch). retten – Notfallsanitäter 2023. 1392 S., 1200 Abb., kart. ISBN 978 3 13 242121 9 99,99 € [D] retten – Anatomie Physiologie 2023. 616 S., 500 Abb., kart. ISBN 978 3 13 242117 2 49,99 € [D] Hol′ Dir die App kostenlos in den Stores! Smart unterwegs: Die App Mehr Spaß beim Lernen oder Wiederholen mit der kostenlosen App RETTEN TO GO – NFS: Interaktive App-Funktionen wie „Merken“ und „Kann ich“ halten persönliche Lernerfolge fest. Kreuz′ dich zum Rettungs-Profi: Der Prüfungstrainer online Zu den Kapiteln passende Lernfragen kreuzen und für den „Ernstfall schriftliche Prüfung“ trainieren. (kostenpflichtig. 49,99 € / 6 Monate; 69,99 € /12 Monate. Stand 1/24) retten Prüfungstrainer Notfallsanitäter shop.thieme.de Kostenlos testen: notfallsanitaeter-trainer.thieme.de i e d n e d r e w ] D l [ b a h r e ß u a n e g n u r e f e i L i e B l . s d n a h c s t u e D b a h r e n n l . 9 9 4 3 A R H , t r a g t t u t S : r e t s i g e r s l e d n a H d n u z t i S , i G K g a l r e V e m e h T g r o e G i . t e n h c e r e b r e t i e w n e t s o k d n a s r e V n e d n e l l a f n a i g n u r e f e i L e e r f n e t s o k d n a s r e V . n e t l a h e b r o v r e m ü t r r I d n u n e g n u r e d n Ä

Verbandsmitteilungen Einführung einer bundesweiten Fortbildungspflicht für Notärztinnen und Notärzte und kammerübergreifende Anerkennung entsprechend zertifizierter Fortbildungen BAND-Statement an die Bundesärztekammer Bereits im April 2022 hat sich die BAND für die Einführung einer bundesweiten Fortbil- dungspflicht für Notärztinnen und Notärzte ausgesprochen. Dies halten wir für gebo- ten, da die prähospitale Notfallmedizin ei- nerseits ein breites Feld abdeckt, in dem die Kolleginnen und Kollegen unter sehr anspruchsvollen Bedingungen ärztlich auf sich allein gestellt handeln müssen, und an- dererseits derjenige Bereich der Medizin als Ganzes ist, in dem die ärztliche Mitwirkung so sehr infrage gestellt wird wie in keinem anderen. Notärztinnen und Notärzte müssen daher durch kontinuierliche, am besten interpro- fessionelle notfallmedizinische Fortbildung ihre im Rettungsdienst erforderlichen Skills und Prozeduren auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik halten. Da dies insbesondere im Hinblick auf die Fi- nanzierung oftmals nur dann geht, wenn es übergeordnet gefordert ist, brauchen wir diese besonders definierte Fortbil- dungspflicht. Die Haltung der Regierungs- kommission zum Notarztwesen in deren 9. Stellungnahme betont diese Notwendig- keit noch einmal besonders. Erfreulicherweise haben inzwischen einige Kammerbereiche bzw. Landesrettungs- dienstgesetze und andere für den Notarzt- dienst geltende Regelungen diese Fortbil- dungspflicht übernommen und zumindest in Bezug auf ihren Umfang definiert. So sind in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Thü- ringen und Schleswig-Holstein 10 Fortbil- dungspunkte pro Jahr erforderlich. Leider sind die Rahmenbedingungen für die Aner- kennung der jeweils geeigneten Veranstal- tungen nicht deutlich und vor allem nicht einheitlich geregelt und eine Anerkennung geeigneter Fortbildungen außerhalb der genannten Länder obliegt der Einzelfallent- scheidung der jeweiligen Ärztlichen Lei- tung Rettungsdienst. Dies ist aus Sicht der BAND nicht förderlich und muss überarbei- tet werden. Wir schlagen daher vor, seitens der Bun- desärztekammer eine Empfehlung für die Einführung einer bundesweiten Fortbil- dungspflicht im Umfang von 10 Fortbil- dungspunkten pro Jahr auszusprechen. Als geeignet sollten dabei alle Veranstal- tungen eingestuft werden, die ▪ Themen aus dem Musterkursbuch Not- fallmedizin der Bundesärztekammer be- handeln, ▪ online oder in Präsenz mit der Möglich- keit zur Interaktion mit den Referieren- den erfolgen, ▪ am besten einen interprofessionellen Ansatz, also eine gemeinsame Durch- führung mit dem Rettungsfachpersonal verfolgen und, ▪ sofern sie als Teil eines medizinischen Fachkongresses durchgeführt werden, die vom Teilnehmenden individuell be- suchten geeigneten Veranstaltungs- anteile nach Art und Umfang gesondert ausweisen. Dabei sollten die Kammern, so wie es ja auch bei den meisten anderen Fortbil- dungsveranstaltungen Usus ist, jeweils in einem anderen Kammerbereich erfolgte Zertifizierungen übernehmen. Damit Ärztliche Leitungen Rettungsdienst lokal bedeutende Themen vor Ort geson- dert veranstalten und zur Teilnahme daran auffordern können, sollten sie über die Zer- tifizierung seitens der Ärztekammern hi- naus vor allem über die Finanzierung der Teilnahme und der erforderlichen Arbeits- zeit Steuerungsinstrumente in die Hand be- kommen. ÜBER DIE BAND E. V. Die Bundesvereinigung der Arbeits- gemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) e. V. ist die Dachorganisation der 12 deutschen Notarztarbeitsgemeinschaften. Sat- zungsgemäß wahrt sie die überregio- nalen Interessen aller Mitglieds- arbeitsgemeinschaften als deren ein- heitliche berufspolitische Vertretung in der Notfallmedizin, koordiniert die Aktivitäten der Mitgliedsarbeits- gemeinschaften, wirkt auf eine kon- tinuierliche Verbesserung der notfall- medizinischen Versorgung der Bevöl- kerung und eine bundesweit einheitli- che Qualifikation der Notärzte hin und leistet die zentrale Öffentlichkeits- arbeit in der Notfallmedizin für alle Mitgliedsarbeitsgemeinschaften. Ins- gesamt vertritt sie so die Interessen der über 12 000 Notärztinnen und Notärzten, die Mitglieder in den Ar- beitsgemeinschaften sind. Weitere In- formationen erhalten Sie im Internet unter www.band-online.de Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Bundesvereinigung der Arbeits- gemeinschaften der Notärzte Deutsch- lands (BAND) e. V. Korrespondenzadresse Bundesvereinigung der Arbeits- gemeinschaften der Notärzte Deutsch- lands – BAND e. V. Axel-Springer-Straße 52 10969 Berlin Deutschland geschaeftsstelle@band-online.de Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands – BAND e. V. Einführung einer bundesweiten … Notarzt 2024; 40: 51 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 51

Verbandsmitteilungen AGNNW-Stellungnahme zu den Empfehlungen der Regierungskommission „Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung“ Als Notarzt-Arbeitsgemeinschaft in Nord- rhein-Westfalen halten wir es für notwen- dig, eine eigene Stellungnahme zu den Empfehlungen der Regierungskommission vom 7. September 2023 mit dem Titel „Re- form der Notfall- und Akutversorgung: Ret- tungsdienst und Finanzierung“ abzugeben. Diese Stellungnahme steht im Einklang mit den bereits veröffentlichten Statements der Bundesvereinigung der Arbeitsgemein- schaften der Notärzte Deutschlands BAND e. V. vom 22.10.2023 und des Bundesver- bandes der Ärztlichen Leitungen Rettungs- dienst BV ÄLRD e. V. vom 23.10.2023. Da- neben sehen wir aber einzelne Aspekte, die für unser Bundesland spezifisch sind. Diese Aspekte möchten wir ergänzend darstellen. Der Notarzt muss ein nicht in Frage stehender Teil der Notfallversorgung bleiben Wesentlicher Anlass unserer Besorgnis ist die Empfehlung der Regierungskommis- sion, den bestehenden Notarztdienst weit- gehend durch nicht ärztliches Personal zu ersetzen. Nach Vorstellung der Regierungs- kommission sollen die bisherigen Aufgaben des Notarztes durch Absolventen von Pa- ramedic-Studiengängen mit Bachelor-Ab- schluss übernommen werden, welche „nur in besonders komplexen Fällen und über- wiegend per Luftrettung“ durch speziell qualifizierte Notärzte am Einsatzort oder durch „Telenotärzte“ unterstützt werden sollen. Die bisher bestehende flächende- ckende bodengebundene notärztliche Ver- sorgung soll demnach, so die Empfehlung der Regierungskommission, zukünftig weg- fallen. Nordrhein-Westfalen verfügt über einen hervorragend aufgestellten Rettungsdienst Es gibt gute Gründe, zu betonen, dass der Rettungsdienst in unserem Bundesland au- ßerordentlich gut aufgestellt ist. Dies wurde selbst in der Phase der Pandemie unter Be- weis gestellt, als die gesamte medizinische Versorgung besonderen Stressoren ausge- setzt war. Im Vergleich mit anderen Bun- desländern hat NRW besonders anspruchs- volle Zeitziele zum Erreichen des Einsatz- ortes. In städtischen Bereichen soll der Ret- tungsdienst innerhalb von 8 Minuten, in ländlichen innerhalb von 12 Minuten am Einsatzort eintreffen. Auf diese Zielsetzung ist die Standortplanung für Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge ausgerichtet. Für die Erstversorgung bedrohlicher Krank- heitsbilder steht überall regelmäßig und in- nerhalb kurzer Zeit ein Team aus Notfall- sanitätern, Rettungssanitätern und Notärz- ten zur Verfügung, welche im Rendezvous- System mit einem Rettungswagen und einem Notarzteinsatzfahrzeug oder einem Rettungshubschrauber zum Einsatzort kom- men. Allein die Halbierung dieses bewähr- ten 4-Personen-Teams auf ein Zweierteam, wie es die Empfehlungen der Regierungs- kommission vorsehen, würde in kritischen Situationen zwangsläufig zu einer Ver- schlechterung der Behandlungsmöglichkei- ten führen. Den als Grund für einen Systemwechsel angeführten Mangel an Notärzten sehen wir in NRW nicht Die Regierungskommission nennt als einen Grund für die beabsichtigte Substitution der Notärzte einen Personalmangel („ver- stärkt in Flächenländern“) im ärztlichen Be- reich. Wir können jedoch feststellen, dass es einen solchen notärztlichen Personal- mangel in relevantem Umfang nicht gibt, entgegen dem offenkundigen Mangel an Notfall- und Rettungssanitätern. Ist es da- her sinnvoll, Notärzte durch Paramedics zu ersetzen? Notärzte müssen nach Absolvie- rung eines 6-jährigen Studiums eine min- destens 2-jährige Weiterbildung in der sta- tionären Patientenversorgung und 6 Mona- te Weiterbildung in Anästhesie, Intensivme- dizin oder Notaufnahme absolviert haben, bevor sie nach einer ergänzenden theoreti- schen und praktischen Schulung und einer abschließenden Prüfung zur Zusatzweiter- bildung in den Notarztdienst gehen. Dieser Erfahrungshintergrund ist nach unserer Mei- nung notwendig, um den Notfallpatienten in komplexen Situationen auch präklinisch einen Facharztstandard zu gewährleisten, der ihnen gesetzlich zusteht (z. B. § 630a BGB, § 2 SGB V). Notfallsanitäter führen heilkundliche Maßnahmen im Rahmen der erlernbaren Kompetenzen aus Dabei übersehen wir nicht, dass ein größe- rer Teil der rettungsdienstlichen Einsätze von Notfallsanitätern eigenständig bearbei- tet werden kann. Im Notfallsanitätergesetz wird den Notfallsanitätern bereits jetzt eine fachgebundene Heilkundebefugnis zuge- sprochen. Wir befürworten ausdrücklich, dass diese Kompetenzen nach den dort be- schriebenen Regeln zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist belegt, dass in bestimm- ten Situationen eine telemedizinische Un- terstützung der Notfallsanitäter die Fre- quenz der Notarzteinsätze senken und die Dichte an Notarztstandorten im Ballungs- raum reduzieren kann. In Kürze wird unser Bundesland eine flächendeckende „Telenot- arzt“-Unterstützung gewährleisten und da- mit auch den Notarztdienst auf vier Rädern unterstützen und entlasten. Arbeitsgemeinschaft Notärzte in Nordrhein-Westfalen e. V. (AGNNW) . AGNNW-Stellungnahme zu den ... Notarzt 2024; 40: 53–55 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 53

Es gibt andere Optionen zur Verbesserung der Notfallversorgung Dagegen gibt es unter den Vorschlägen der Regierungskommission eine Reihe von An- satzpunkten, welche kurzfristig zu einer Verbesserung der Notfallversorgung beitra- gen können und deren Fokussierung wir sehr befürworten. Zentraler Punkt ist die Forderung nach einer effektiven und effi- zienten Beantwortung von Hilfeersuchen und der sachgerechten Disposition von Ein- satzmitteln durch „Integrierte Leitstellen“ oder „Gemeinsame Notfallleitstellen“. Dies hatte die Regierungskommission bereits in ihrer 4. Stellungnahme zum Thema ge- macht. Für alle Leitstellen sollte eine struk- turierte und standardisierte Notrufabfrage verpflichtend sein, und für die Ausgestal- tung des medizinischen Leitstellenkonzep- tes sollte ein ärztliches Qualitätsmanage- ment eingerichtet werden. Der flächendeckenden und zu allen Tages- zeiten für ambulant zu versorgende Akut- fälle verfügbaren vertragsärztlichen Ver- sorgung (inkl. Fahrdienst) kommt eine Schlüsselrolle zu. Zusammen mit dem Aus- bau komplementärer Versorgungsangebote (z. B. Gemeindenotfallsanitäter) und einer strukturierten Einbeziehung der Bevölke- rung wird hier zukünftig eine effektive Steuerung der Ressourcennutzung möglich. Wie können sich die Notärzte perspektivisch in den bevorstehenden Reformprozess einbringen? ▪ Die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin sollte verbindliche Voraussetzung (Aus- nahme: aufgenommene Weiterbildung bei einem Weiterbildungsbefugten im Rettungsdienst) für die Teilnahme am Notarztdienst sein und im Rettungs- gesetz NRW verankert werden. ▪ Wir halten darüber hinaus eine spezi- fische Weiterbildung zum Facharzt für Notfallmedizin für erforderlich. ▪ Eine verpflichtende jährliche Fortbildung für alle aktiven Notärzte, wie sie bereits im Rettungsgesetz NRW vorgesehen und von den Ärztekammern formal um- gesetzt ist, muss als Voraussetzung für die Tätigkeit als Notarzt konsequent um- gesetzt werden. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Arbeitsgemeinschaft Notärzte in Nordrhein-Westfalen e. V. (AGNNW) ▪ Notwendig sind regelmäßige gemein- Korrespondenzadresse same berufsgruppenübergreifende Trai- nings im Team mit den Fachkräften des Rettungsdienstes. Mit der gesammelten Expertise aus 40 Jah- ren gemeinsamen Engagements für das Notarztwesen in NRW bringen wir uns als AGNNW auch in Zukunft weiter in die Gre- mienarbeit um die Neugestaltung des Ret- tungsgesetzes NRW ein. ÜBER DIE AGNNW Die 1983 gegründete AGNNW ist ein gemeinnütziger Verein mit dem sat- zungsgemäßen Ziel, die Notärztinnen und Notärzte im organisierten Ret- tungsdienst von Nordrhein-Westfalen zu vereinen, die in NRW bestehenden Notarztdienste zu koordinieren und zu geeigneten Vereinbarungen mit den Trägern des Rettungswesens bei- zutragen. Die AGNNW möchte einen bestmöglichen Einsatz der Notarzt- dienste erreichen und wirkt an der Fortbildung der Notärztinnen und Notärzte mit. Seit den 1980er-Jahren ist die AGNNW an der Ausgestaltung des Rettungswesens in NRW betei- ligt. Sie ist Mitglied im Landesfach- beirat für den Rettungsdienst gemäß RettG NRW und hat aktuell über 2700 Mitglieder. Arbeitsgemeinschaft Notärzte in Nordrhein-Westfalen e. V. (AGNNW) Geschäftstelle der AGNNW e. V. Sparrenstraße 1 33602 Bielefeld Deutschland geschaeftsstelle@agnnw.de Literatur [1] [2] [3] Poloczek S, Blau J, Günther A et al. Umgang mit Alarmierungen des Rettungsdienstes zu banalen Erkrankungen und Verletzungen – Er- gebnisse der Arbeitsgruppe „Transportverwei- gerung“ des Bundesverbandes der ÄLRD in Deutschland e. V. Notfall Rettungsmed 2018; 21: 438–444. doi:10.1007/s10049-018-0483- y Böttiger B, Bernhard M, Knapp B et al. Influ- ence of EMS-physician presence on survival after out-of-hospital cardiopulmonary resusci- tation: systematic review and meta-analysis. Crit Care 2016; 20: 4. doi:10.1186/s13054-0 15-1156-6 Knapp J, Häske D, Böttiger B et al. Influence of prehospital physician presence on survival after severe trauma: Systematic review and meta-analysis. J Trauma Acute Care Surg 2019; 87: 978–989. doi:10.1097/TA.0000000 000002444 Arbeitsgemeinschaft Notärzte in Nordrhein-Westfalen e. V. (AGNNW) . AGNNW-Stellungnahme zu den ... Notarzt 2024; 40: 53–55 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 55

Impressum NOTARZT Journal of Prehospital Emergency Medicine 40. Jahrgang NOTARZT erscheint 6-mal jährlich. ISSN (Print): 0177-2309 eISSN: 1438-8693 Copyright & Ownership Wenn nicht anders angegeben: © 2024. Thieme. All rights reserved. Die Zeitschrift NOTARZT ist Eigentum von Thieme. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Schriftleitung Prof. Dr. med. Thoralf Kerner, Chefarzt Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin ASKLEPIOS KLINIKUM Harburg Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg E-Mail: t.kerner@asklepios.com Prof. Dr. med. Andreas Bohn Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Stadt Münster – Amt 37 Feuerwehr York-Ring 25, 48159 Münster E-Mail: bohna@stadt-muenster.de Dr. med. Florian Reifferscheid UNIVERSITÄTSKLINIKUM Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Arnold-Heller-Straße 3, Haus 12, 24105 Kiel E-Mail: florian.reifferscheid@uksh.de Die Herausgebenden sind nicht verantwortlich für die Rubrik „Forum der Industrie“ sowie für in der Zeitschrift enthaltene Anzeigen und Beilagen. Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart Tel.: + 49 7 11 89 31-0, Fax: + 49 7 11 89 31-2 98 www.thieme.com, www.thieme.de/notarzt www.thieme-connect.de/products Web-App: www.thieme.de/eref-app Umsatzsteuer-ID DE147638607 Handelsregister Sitz und Handelsregister Stuttgart, Amtsgericht Stuttgart HRA 3499, Verkehrsnummer 16427 Redaktion Sie erreichen die Redaktion unter: notarzt.impressum@thieme.de V. i. S. d. P.: Lea-Marie Held, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Bezugspreise 2024* Persönlicher Jahresbezugspreis Institutioneller Jahresbezguspreis** Abo 241,– 385,– Mitglieder folgender Gesellschaften erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft: Bundesvereinigung der Arbeits- gemeinschaften Notärzte Deutschlands e.V. (BAND) * Jährliche Bezugspreise in € (unverbindlich empfohlene Preise) inkl. der gesetzl. MwSt. und inkl. der Versand- und Handlingkosten. Preisänderungen vorbehalten. Preis für ein Einzelheft 60,– €. Das Abonnement wird im Voraus berech- net und zur Zahlung fällig. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, sofern das Abonnement nicht bis spätestens 30.09. mit Wirksamkeit zum Kalenderjahres- ende gekündigt wird. ** Der institutionelle Jahresbezugspreis inkludiert den Online- Zugriff für 1 Standort. Weitere Informationen finden Sie unter http://lp.thieme.de/fachzeitschriften/ijbp/ Notarzt 2024; 40 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 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