Krankenhaushygiene up2date 1 März 2022 Seite 1–104 17. Jahrgang t n n a a l s B ildungsmaßnahme im An er k e d R a h m e n der R r Identnummer 20091445 e gis ierung beruf ich Pf egen r t CME-Fortbildung ▪ Antibiotic Stewardship (ABS) im Krankenhaus: ein Update ▪ Hautantiseptik ▪ Multiresistente Erreger in der stationären Palliativmedizin ▪ Psychologie und Förderung der Händehygiene- Compliance Fortbildung ▪ Empfehlungen, Richt- und Leitlinien vs. Gesetze und Verordnungen SOP/ Schritt für Schritt ▪ Blutkulturen

Herausgeberboard Schriftleitung Prof. Dr. med. Sebastian Lemmen Jahrgang 1958. Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin so- wie Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Er war Assis- tenzarzt im Institut für Hygiene und Umweltmedizinder Uni- versität Freiburg und Stipendiat an der Havard Medical School, Boston, USA. Seit 1997 leitet er den Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie des Universitäts- klinikums Aachen, seit 2009 „Zentrum für Infektiologie“ der DGI. Weitere Herausgeber Dr. med. Tim Eckmanns Jahrgang 1968. Er studierte Medizin an der Freien Universität Berlin, Medizinische Informatik an der Technischen Fach- hochschule Berlin und Epidemiologie an der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Im Jahr 2006 kam er an das Robert Koch-Institut. Seit 2012 leitet er das Fachgebiet Nosokomiale Infektionen und Surveillance von Antibiotikare- sistenz und ‑verbrauch. PD Dr. med. Rasmus Leistner Jahrgang 1979. Studierte zunächst Rechtswissenschaft in Berlin, dann Medizin in Magdeburg, Kanada und USA. 2010 Promotion Universität Heidelberg. 2011–2017 Facharztaus- bildung in Hygiene und Umweltmedizin, 2017 Habilitation an der Charité. Seit 2011 tätig am NRZ für Surveillance noso- komialer Infektionen, seit 2015 im Vorstand der FG Infek- tionsprävention und Antibiotikaresistenz der DGHM. Dr. med. Matthias Pulz Jahrgang 1956. Medizinstudium in Würzburg und Hamburg. Weiterbildung zum Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie in Hamburg, Hannover und Regens- burg. Seit 2007 Präsident des Niedersächsischen Landesge- sundheitsamtes (NLGA) in Hannover. Prof. Dr. med. Bernd Salzberger Jahrgang 1956. Facharzt für Innere Medizin und Infektiologe, leitet die Stabstelle Infektiologie und das ABS-Programm des Universitätsklinikums Regensburg. Er wurde nach klinischer und Forschungstätigkeit in Köln und Seattle 2001 auf die Pro- fessur für klinische Infektiologie an der Universität Regens- burg berufen. Prof. Dr. med. Simone Scheithauer Jahrgang 1974. Studium in Bonn. 2008 FÄ für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, 2011 FÄ für Hygiene und Umweltmedizin, UK Aachen. 2012 Infektiologin (DGI). 2012 Habilitation Zentralbereich Krankenhaushygiene und Infektiologie. 2013 Unispital Basel. Seit 2014 Leitung Krankenhaushygiene und Infektiologie der Universitätsmedi- zin Göttingen, seit 2015 gleichnamige Professur, seit 2018 Lehrstuhlinhabe- rin (Institut für Krankenhaushygiene und Infektiologie). Prof. Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner Jahrgang 1969, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, Facharzt für Anästhesiologie. Zusatzbezeichnungen: Intensiv- und Notfallmedizin, spezielle Schmerztherapie, Psychothera- pie und Ärztliches Qualitätsmanagement. Privatdozent für Anästhesiologie an der Medizinischen Fakultät der Albert-Lud- wigs-Universität Freiburg, Honorarprofessor Pädagogische Hochschule Freiburg. Ärztlicher Leiter Deutsches Beratungszentrum für Hy- giene (BZH GmbH) Freiburg, Notarzt Notarztverein Titisee-Neustadt. Dr. med. Thomas Schwanz Jahrgang 1969. Studium in Mainz und Freiburg. 2005 FA Kin- der- und Jugendmedizin, 2007–2010 Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie, UK Aachen. Seit 2010 Oberarzt am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universitätsmedizin Mainz. 2011 Infektiolo- ge (DGI). 2014 FA für Hygiene und Umweltmedizin, 2014 FA für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie. 2019 Sprecher DGIZ Mainz/Zentrum Infektiologie (DGI). Dr. med. Renate Ziegler Jahrgang 1962, studierte Humanmedizin in Göttingen, Lü- beck und Johannesburg. 1990 Assistenzärztin in der Gynäko- logie und Geburtshilfe am Nordwest Krankenhaus Sander- busch/Sande. Seit 1991 am Institut für Klinikhygiene, Medizi- nische Mikrobiologie und Klinische Infektiologie am Klinikum Nürnberg, 1998 Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und In- fektionsepidemiologie, 2013 ABS Experte (DGI), seit 2015 Oberärztin. Interessenkonflikte siehe www.thieme.de/KHH/Herausgeber Der Beirat Christof Alefelder, Wuppertal Matthias Baumgärtel, Nürnberg Marzia Bonsignore, Gelsenkirchen Christian Brandt, Berlin Maria Deja, Lübeck Markus Dettenkofer, Singen Thomas Fiebig, Nürnberg Christine Geffers, Berlin Alexandra Heininger, Heidelberg Johannes Huebner, München Hans-Iko Huppertz, Bremen Ulla Kandler, Erlangen Maria Martin, Bad Friedrichshall Frauke Mattner, Bonn Jürgen Mertsching, Hannover Nico Mutters, Freiburg Irit Nachtigall, Bad Saarow Bert Reichert, Nürnberg Andrea Sack, Berlin Martin Scherrer, Heidelberg Wulf Schneider, Regensburg Thomas Schrauzer, Nürnberg Maria J. G. T. Vehreschild, Köln Ulrich Vogel, Würzburg Nicoletta Wischnewski, Berlin Janine Zweigner, Köln Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Editorial kenntnisse vor Ort zurückgreifen zu können. Auch Transplantationsprogramme werden mit entsprechenden Standards hier international gleichziehen. Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung für die ABS-Programme? Viele der Punkte, die mit ABS-Programmen zu einer besseren Behandlungsqualität führen sollen, sind genuin klinische Interventionen, von Konsilen für S.aureus-Bakteri- ämien und Candidämien bis zur Beurteilung der Plausibilität bzw. Schweregrad ei- ner ß-Laktam Allergie. Diese Aufgaben werden mehr und mehr aus dem Zentrum der ABS-Programme diffundieren und von Fachärztinnen und Fachärzten mit Zu- satzweiterbildung oder der Facharztweiterbildung übernommen werden. Dies aber als aktuelle Bedrohung für die Arbeit der ABS-Programme anzusehen wäre falsch: Weiterbildungsplätze in der Infektiologie sind bisher nur an wenigen Orten vorhan- den, die Umstellung der Weiterbildung vor allem in den Zentren für Infektiologie wird allein durch die Verlängerung der Zeit zu einer langsameren „Lieferkette“ füh- ren. Und auch Plätze für die Zusatzweiterbildung sind noch rar, die großen klini- schen Fächer Chirurgie und Anästhesie haben einen erheblichen Aufbaubedarf. ABS-Programme sollten deshalb nicht fürchten in Zukunft überflüssig zu werden. Die Umverteilung von Aufgaben wird Zeit benötigen Und die Veränderungen bieten – wie bei allen Veränderungen – auch Chancen für die ABS-Arbeit. In der Zukunft wird die andere Arbeitsverteilung es ermöglichen, das Monitoring, Berichtswesen und Benchmarking zum Antibiotikaeinsatz auszubauen und zu verbessern. Die In- terdisziplinarität der Teams kann durch die neuen Strukturen der Weiterbildung ge- stärkt werden. Die Pandemie hat uns nicht nur diese neue Weiterbildung und das Verständnis für stockende Lieferketten gebracht: digitale Kommunikation kann auch die Netzwerkarbeit der ABS-Programme und damit deren Effizienz verbessern. Und vielleicht wird es dann auch möglich sein, Strukturen für Antibiotic Stewardship in der ambulanten Medizin aufzubauen – immerhin wird hier immer noch der größ- te Teil der Antibiotikatherapie eingesetzt. Ihr Prof. Dr. med. Bernd Salzberger Abt. für Krankenhaushygiene und Infektiologie Universitätsklinikum Regensburg Literatur [1] Juzek-Küpper F, Lemmen S. Antibiotic Stewardship im Krankenhaus – ein Update. KHUp2date 2022; 17: 89 – 103 [2] ABS-Netzwerk.https://www.antibiotic-stewardship.de 4 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 3–4 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Studienreferate Rate bezogen auf 1000 Patiententage leicht (0,24 vs. 0,20, p = 0,44), bezogen auf 1000 Kathetertage war hingegen ein leichter Anstieg zu verzeichnen (1,5 vs. 1,6, p = 0,76) – beide Veränderungen wa- ren jedoch nicht signifikant. Die CAUTI- Rate bei Männern nahm sogar leicht zu, sowohl pro 1000 Patiententage (0,09 vs. 0,11; p = 0,42) als auch pro 1000 Kathe- tertage (0,99 vs. 1,55; p = 0,17), beides ebenfalls nicht signifikant. Bei den Frauen nahm die Rate hingegen ab, bezogen auf 1000 Patiententage (0,15 vs. 0,09; p = 0,10) als auch pro 1000 Kathetertage (2,12 vs. 1,65; p = 0,38). Auch hier waren die Ergebnisse nicht signifikant. Bei allen hospitalisierten Patienten wurde hinge- gen ein signifikanter Rückgang in der Ka- theteranwendungsrate (Kathetertage pro 1000 Patiententage) sowohl bei den Männern als auch den Frauen beobachtet. FAZIT Von den Autoren wird diskutiert, in- wieweit die signifikante Reduktion der Katheteranwendungsrate bei gleichzeitig fehlenden signifikanten Veränderungen in der CAUTI-Rate in Zusammenhang mit einem zeitgleich zur Studie stattgefundenen Projekt zur Vermeidung von CAUTI zusam- menhängen könnte. Sie sehen die rückläufige Tendenz der CAUTI-Rate bei Frauen im Zusammenhang mit einer Reduktion der Kathetertage, die zumindest teilweise durch die Etab- lierung des externen Urinalsystems bedingt scheint. Mit Verweis auf die wenigen vorhandenen Studien, in de- nen eine Reduktion sowohl von Ka- thetertagen als auch von CAUTI-Ra- ten nachgewiesen wurde, diskutieren die Autoren die unterschiedlichen Herangehensweisen. Die Aussagekraft ihrer Studie sehen sie durch das monozentrische und re- trospektive Design und die fehlende Kontrollgruppe eingeschränkt. Kommentar Die Studie zeigt nicht das Ergebnis, das man durch den Einsatz von externen Al- ternativen zum transurethralen Katheter im Hinblick auf die CAUTI-Rate erwarten würde. In ihrer Empfehlung von 2015 „Prävention und Kontrolle katheterasso- ziierter Harnwegsinfektionen“ benennt die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [1] als Infekti- onsquelle bei der Anwendung von trans- urethralen Kathetern zum einen das ex- traluminale Aufsteigen von Bakterien aus der endogenen Flora des Patienten oder aus der Patientenumgebung bei nicht aseptischem Umgang durch das Personal. Zum anderen kann eine Konta- mination der intraluminalen Katheter- oberfläche z. B. durch unsachgemäßen Umgang im Rahmen von Diskonnektio- nen des geschlossenen Systems erfol- gen. Beide Wege der Keimaszension sind bei der Anwendung von externen Ableit- systemen ausgeschlossen, sodass eine Reduktion der CAUTI erwartet werden kann – analog zu den Ergebnissen bei der Anwendung von Kondomurinalen bei Männern. Natürlich müssen auch bei der Anwendung von externen Ableitsys- temen die hygienischen Vorgaben einge- halten werden, wozu die Autoren jedoch keine Angaben machen. Vor diesem Hintergrund scheint das Stu- diendesign und die zeitgleiche Durch- führung eines anderen Projekts zur Re- duktion der CAUTI die Ergebnisse nega- tiv zu beeinflussen, zumal zwischenzeit- lich auch weitere Studien einen positiven Effekt der externen Harnableitung auf die CAUTI-Rate bei Frauen sehen. Deutli- chere Ergebnisse sind zu erwarten, wenn in die Auswertung nicht auch die Daten der männlichen Patienten einbezogen werden. Interessant wäre auch ein Vergleich mit suprapubischen Kathetern, da hier die Studienergebnisse zu CAUTI-Raten wi- dersprüchlich sind, und eine nicht-invasi- ve, vergleichsweise leicht anzuwendende Methode im Hinblick auf die Infektions- prävention und die Anwenderfreundlich- keit Vorteile bringen könnte. Studien zum Handling und zum Tragekomfort wären ebenfalls wünschenswert, bevor derartige Systeme für eine breite Anwen- dung empfohlen werden können. Interessenkonflikt Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkon- flikt besteht. Autorinnen/Autoren Mirjam Wolinski, Dr. med., Jahrgang 1980, Ärz- tin in Weiterbildung für Hy- giene und Umweltmedizin am Deutschen Beratungs- zentrum für Hygiene in Freiburg (BZH GmbH), Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Promoti- on in der Medizinischen Mi- krobiologie des Universi- tätsklinikums Gießen Literatur [1] Prävention und Kontrolle katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen – Empfehlung der Kom- mission für Krankenhaushygiene und Infekti- onsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch- Institut. Bundesgesundheitsbl 2015; 58: 641– 650 Zentralvenöse Infu- sionssysteme und peripher arterielle Zugänge können 1 Woche liegenbleiben Rickard CM et al. Effect of infusion set replace- ment intervals on catheter-related bloodstream infections (RSVP): a randomised, controlled, equivalence (central venous access)-non-infe- riority (peripheral arterial catheter) trial. Lancet 2021; 397: 1447–1458 doi:10.1016/S0140-6736(21)00351-2 Katheterassoziierte Blutbahninfek- tionen (CRBSI) sind die häufigsten und teuersten personalinduzierten Infektionen. Zur Vermeidung emp- fehlen die gängigen Leitlinien einen Wechsel von Infusionssystemen nach 4 Tagen Liegezeit. Die randomisierte Studie ergab mit der Evidenzklasse Ib, dass ein Austausch nach 7 Tagen 6 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 5–10 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Studienreferate Empfehlung zur „Prävention von Infek- tionen, die von Gefäßkathetern ausge- hen“ aus dem Jahre 2017: „Unter dem „Infusionssystem“ werden hier alle Kom- ponenten verstanden, die zwischen der Infusionsflasche (dem Infusionsbeutel) und dem Katheterhub liegen. Dreiwege- hähne und nadelfreie Konnektionsventile sind Bestandteile des Infusionssystems. Eine im Jahre 2005 publizierte Coch- rane-Analyse von 13 Studien zeigte, dass ein Wechselintervall von 96 h die CRBSI- Rate nicht erhöht, auch nicht, wenn pa- renterale Ernährungslösungen appliziert wurden; dies war unabhängig davon, ob es sich um Erwachsene oder Kinder han- delte. Eine Aktualisierung von 2013 kam zu dem gleichen Ergebnis (ausgenom- men Lipidinfusionen und Blutprodukte). Für Infusionssysteme von Lipidlösungen wurden bei 72-stündigen Wechselinter- vallen signifikant höhere mikrobielle Kontaminationsraten als bei 24-stündi- gem Wechsel angegeben. Vonseiten der Hersteller von Lipidlösungen wird in der Regel eine maximale Infusionsdauer von 12–14 h angegeben (siehe Fachinforma- tionen)“ [1]. Die KRINKO leitete davon ihre Empfehlung ab: „Infusionssysteme, über die keine Lipidlösungen, Blut oder Blutprodukte verabreicht werden, sollen nicht häufiger als alle 96 h gewechselt werden (Kat. IA)“ [1]. parenterale Die vorliegende Studie zeigt nun, dass eine Verlängerung des Wechselintervalls Infusionssysteme, die kristalline, für nicht-lipidhaltige Ernäh- rungslösungen und Medikamentenlö- sungen führen, auf 7 Tage möglich ist. Sowohl bei zentralen Venenkathetern als auch bei peripheren arteriellen Kathe- tern ergab sich durch das verlängerte Wechselintervall keine signifikante Erhö- hung der Rate an katheterassoziierten Blutstrominfektionen. Auch ausgehend von der Formulierung der KRINKO-Empfehlung „nicht häufiger als 96 h“ wäre eine derartige Verlänge- rung möglich. Allerdings wird im klinischen Alltag die Empfehlung zum Wechselintervall des Infusionssystems teilweise auch zur Fest- legung von maximalen Laufzeiten von angeschlossenen Infusionslösungen he- rangezogen, da Herstellerangaben hier- zu (abgesehen von den Lipidlösungen) – häufig fehlen. Eine derartige Extrapolati- on gibt die vorliegende Studie allerdings nicht her. Klinische Studien, die pharma- kologische Aspekte und infektionsprä- ventive Aspekte bezüglich der maxima- len Laufzeiten von in Beuteln oder Fla- schen angehängten Infusionslösungen bzw. in Spritzenpumpen aufgezogenen Medikamenten gleichermaßen berück- sichtigen, wären hier dringend erforder- lich. Für Blutprodukte und Transfusionsbeste- cke sind selbstverständlich unabhängig von den hier diskutierten Überlegungen, die Richtlinien der Bundesärztekammer gemäß Transfusionsgesetz zu beachten [2]. Interessenkonflikt Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Prof. Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner, Deutsches Beratungszentrum für Hygiene, Freiburg Literatur [1] Empfehlung der Kommission für Kranken- haushygiene und Infektionsprävention (KRIN- KO) beim Robert Koch-Institut. Prävention von Infektionen, die von Gefäßkathetern aus- gehen. Bundesgesundheitsbl 2017; 60: 171– 206. doi:10.1007/s00103-016-2487-4 [2] Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz – TFG). Transfusionsge- setz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 2007 (BGBl. I S. 2169), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl. I S. 1018) geändert worden ist. Ist die turbulenzarme Verdrängungslüftung doch besser? Marsault LV, Ravn C, Overgaard A et al. Laminar airflow versus turbulent airflow in simulated to- tal hip arthroplasty: measurements of colony- forming units, particles, and energy consump- tion. J Hosp Infect 2021; 115: 117–123 doi:10.1016/j.jhin.2021.06.009 In zwei Operationssäle wurden simu- lierte Hüfttotalendoprothesen (HTEP) durchgeführt. Einer der Säle war mit laminarer Luftströmung (LAF) und der andere mit turbulenter Luftströ- mung (TAF) ausgestattet. Keime und Partikel wurden an den wichtigsten Punkten im Operationssaal gesam- melt. LAF führte, unabhängig vom Zuluftvolumenstrom, zu einer signifi- kanten Verringerung der Keim- und Partikelzahl im Vergleich zu TAF. Es zeigte sich auch, dass eine Verringe- rung des Luftvolumenstroms um 50 % keinen signifikanten Einfluss auf die Keim- oder Partikelzahl hatte, aller- dings den Energieverbrauch deutlich senkte. Die Simulation wurde bezüglich der Rei- nigung, der Platzierung der Ausrüstung und der Patienten, der sterilen Abde- ckungen, des Personals, der Bekleidung, der Instrumente und der Bewegungs- muster standardisiert. Bei jeder Simulati- on waren fünf Personen mit festgelegten Rollen anwesend: Chirurg, Assistent, OP- Schwester, Anästhesieschwester und Springer. Zur Simulation des Patienten wurde eine aufgewärmte Schaufenster- puppe verwendet. Jede Simulation dau- erte 50 Minuten, was der durchschnittli- chen Dauer der zementfreien HTEP entspricht. Beide Operationssäle waren 44 m2 groß, mit einem Raumvolumen von 119 m3. Das LAF-System war ein Um- luftsystem, der Zuluftvolumenstrom be- trug 9835 m3/h wovon 7075 m3/h Umluft waren. Das TAF-System hatte einen Zu- luftvolumenstrom von 2533 m3/h, wobei es sich ausschließlich um Frischluft han- delt. In beiden Systemen waren HEPA-Fil- ter identischer Filterklasse eingebaut. 8 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 5–10 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Autorinnen/Autoren Literatur Dipl.-Ing.(FH) Martin Scherrer, Stabsstelle Tech- nische Krankenhaushygie- ne, Universitätsklinikum Heidelberg [1] Lidwell OM, Lowbury EJ, Whyte W et al. Effect of ultraclean air in operating rooms on deep sepsis in the joint after total hip or knee re- placement: a randomised study. Br Med J (Clin Res Ed) 1982; 285: 10–14 [2] Taaffe KM, Allen RW, Fredendall LD, Shehan M, Stachnik MG, Smith T, Carbonell AM, Glover E, Fiore A. Simulating the effects of operating room staff movement and door opening poli- cies on microbial load. Infect Control Hosp Epidemiol 2021; 42: 1071–1075, doi: 10.1017/ice.2020.1359 [3] Lister J. An Address on the Present Position of Antiseptic Surgery. Br Med J 1890; 2: 377–379 Studienreferate würde tatsächlich zu einer erheblichen Energie- und Kosteneinsparung führen. Man darf dabei allerdings nicht verges- sen, dass die primäre Aufgabe einer Kli- matisierung im OP auch die Abfuhr der durch die Geräte und Personen entste- hende Wärmelast ist um ein behagliches Raumklima zu schaffen. Ob dies bei einem um die Hälfte reduzierten Volu- menstrom noch gegeben ist wurde in der Studie nicht untersucht oder disku- tiert und wäre auf jeden Fall zu prüfen. Zu Schluss sei mal wieder an Joseph Lis- ter erinnert, der schon 1890 aussagte, dass schwebende Partikel und Mikroben in der Luft außer Acht gelassen werden können, wenn sichergestellt werden kann, dass die Operateure keine septi- schen Verschmutzungen aus anderen Quellen in die Wunde hineintragen [3]. Interessenkonflikt Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. 10 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 5–10 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

SOP/Arbeitsablauf Definition Blutkultur Unter einer Blutkultur versteht man die mikrobiolo- gisch-kulturelle Untersuchung einer in der Regel durch Punktion einer peripheren Vene gewonnenen Blutpro- be, die in Kulturflaschen verimpft wird. Die automati- sierte Detektion in Blutkulturautomaten ist heute Stan- dard. Eine Blutkultur – auch als Blutkulturset oder Blutkultur- pärchen bezeichnet – besteht beim Erwachsenen aus mindestens einer aeroben und einer anaeroben Blut- kulturflasche. Zusätzlich können Spezialmedien ver- wendet werden (z. B. ein Pilzmedium). Für Kinder wer- den Spezialflaschen verwendet, die für kleinere Blutvo- lumina geeignet sind [1]. Merke Eine Blutkultur umfasst immer 2 Flaschen: ▪ eine Flasche für die aerobe Bebrütung, ▪ eine Flasche für die anaerobe Bebrütung. ÜBERSICHT Indikationen für die Abnahme von Blutkulturen ▪ Sepsis, septischer Schock ▪ Fieber unklarer Genese (insbesondere für Risikopatienten wie z. B. Immunsupprimierte, hämatoonkologische Patienten, Intensivpatienten, Neugeborene) ▪ Verdacht auf eine systemische Beteiligung bei einer lokali- sierten Infektion (z. B. Pneumonie, Osteomyelitis, Meningitis, Abszess und Phlegmone) ▪ zyklische Allgemeininfektion (z. B. Typhus, Brucellose) ▪ Verdacht auf Endokarditis ▪ Verdacht auf eine gefäßkatheterassoziierte Infektion ▪ Entnahme unter Antibiotikatherapie bei ausbleibender klini- scher Besserung (z. B. bei Fungämie oder Erregerwechsel) PR A XIS Tipp Auch bei antibiotisch vorbehandelten Patienten kann eine Blutkulturdiagnostik sinnvoll sein: ▪ bei Nicht-Ansprechen der antiinfektiven Therapie (ggf. nach kalkulierter Antiinfektivapause), ▪ bei schwerer Infektionserkrankung und bislang fehlender Blutkulturdiagnostik, ▪ zur Therapiekontrolle und Festlegung der Therapiedauer (z. B. bei Blutstrominfektionen durch Staphylococcus aureus und Candida ssp.). Indikation Die Indikation zur Abnahme von Blutkulturen besteht bei Vorliegen klinischer Kriterien für eine Sepsis/septi- schen Schock, eine systemische Beteiligung bei Organ- infektionen oder bei unklarem fieberhaftem Krank- heitsbild. Cave Eine großzügige Blutkulturdiagnostik bei Patienten mit einer geringen Wahrscheinlichkeit einer Bakteri- ämie/Sepsis erhöht das Risiko von falsch-positiven Blutkulturen. Konventionelle Blutkulturen eignen sich nicht für den Nachweis von ▪ Mykobakterien, ▪ Legionellen, Chlamydien, Mykoplasmen, ▪ die meisten Schimmelpilze, ▪ einige Endokarditiserreger: z. B. Bartonella, Coxiella, Tropheryma whipplei, ▪ Plasmodium spp. Kontrollblutkulturen innerhalb der ersten 72 h nach Therapiebeginn sind empfohlen bei: ▪ S. aureus-Bakteriämie, ▪ Fungämie und ▪ bei der Therapie von Katheterinfektionen (ohne vorherige Entfernung des Katheters). Entnahmezeitpunkt Blutkulturen sollten unabhängig von einer bestimmten Fieberhöhe unmittelbar bei Auftreten einer klinischen Symptomatik (z. B. Schüttelfrost) abgenommen wer- den. Die Abnahme sollte möglichst vor Beginn einer antibiotischen Therapie erfolgen. Besteht die Indika- tion zur Abnahme von Blutkulturen unter einer Antibio- tikatherapie, sollte dies unmittelbar vor Gabe der nächsten Dosis erfolgen, alternativ kann – wenn kli- nisch vertretbar – eine Therapiepause erwogen wer- den. Merke Die Abnahme von Blutkulturen ist unabhängig von der Körpertemperatur des Patienten. Sie erfolgt bei Verdacht auf eine Infektion. Die Probenentnahme darf auf keinen Fall zu einer Verzögerung der anti- infektiven Therapie führen. Blutvolumen Das erforderliche Mindestvolumen für eine Blutkultur ist abhängig vom Alter des Patienten: Empfohlen wer- den (jeweils aerob und anaerob): 12 Ziegler Renate. SOP Entnahme von … Krankenhaushygiene up2date 2021; 16: 11–15 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

SOP/Arbeitsablauf FAZIT Take Home Message Vor dem Beimpfen der Blutkulturflaschen muss nach Entfernung der Schutzkappe die Gummi- membran desinfiziert werden. Wechseln der Nadel Ein Wechsel der Nadel – wegen möglicher Kontamina- tion – nach erfolgter Blutentnahme und das Beimpfen der Blutkulturflaschen mit einer neuen sterilen Nadel wird heute nicht mehr empfohlen. Geschlossene Syste- me erlauben die Direktabnahme für die Inokulation der Blutkulturflasche. Die richtige Füllmenge muss dabei auf der Flasche markiert werden [3]. FAZIT Take Home Message Das Beimpfen der Blutkulturflasche erfolgt mit derselben Nadel, mit der die Punktion der Vene erfolgt ist. Beschriftung/Auftragsschein Alle Blutkulturflaschen müssen so beschriftet oder eti- kettiert sein, dass eine eindeutige Patientenzuordnung möglich ist. Dabei dürfen die Flaschenbarcodes nicht überklebt werden. Der Anforderungsschein sollte kli- nisch relevante Informationen zum Infektionsgesche- hen und zur Antibiotikatherapie enthalten, inkl. Datum und Uhrzeit der Abnahme der Blutkultur und Entnah- meort (peripher, aus Katheter etc.). PR A XIS Benötigte Materialien (bevorzugt sollte dafür ein Tablett verwendet werden) ▪ sauberer Stauschlauch ▪ Hautdesinfektionsmittel ▪ sterile Tupfer ▪ Untersuchungshandschuhe (evtl. sterile Handschuhe) ▪ Blutkultursets ▪ Punktionsnadeln ▪ Abwurfbehälter ▪ Pflaster Vorbereitung Benötigtes Material auf frisch desinfizierter Unterlage (Tablett) bereitstellen Hygienische Händedesinfektion Einwirkzeit des Desinfektionsmittels beachten Einmalhandschuhe benutzen (Arbeitsschutz) Hautdesinfektion ▪ Punktionsstelle mit ausreichend Antiseptikum desinfizieren ▪ Wisch- oder Sprühdesinfektion ▪ Einwirkzeit lt. Hersteller beachten ▪ sterile Tupfer verwenden ▪ sterile Handschuhe, wenn Punktionsstelle nachpalpiert wird Blutentnahme ▪ 20–40 ml Blut durch Venenpunktion mit steriler Spritze und großlumiger Kanüle oder mit geschlossenem System ▪ bei Fehlpunktion: Nadelwechsel Beimpfen der Blutkulturflasche ▪ Schutzkappen entfernen ▪ Durchstichstopfen mit Hautdesinfektionsmittel desinfizieren. Der Alkohol muss vor der Beimpfung vollständig verdunstet sein. ▪ Kein Nadelwechsel zum Beimpfen (Verletzungs- und Kontaminationsgefahr) Beschriftung der Blutkulturflaschen ▪ Patientendaten (beim Beschriften Flaschen- barcodes nicht zukleben!) ▪ Abnahme Datum/Urzeit und Entnahmestelle Antragsschein/order entry Angaben ▪ Patientendaten ▪ Relevante anamnestische Angaben ▪ antiinfektive Therapie Lagerung und Transport ▪ Unbeimpften Blutkulturflaschen bei Zimmer- temperatur ▪ Beimpfte Blutkulturen bei Zimmertempera- tur/Transportzeiten >16 h vermeiden ▶ Abb. 1 Algorithmus Blutkultur: Probenentnahme, Anle- gen der Kultur, Lagerung und Transport. 14 Ziegler Renate. SOP Entnahme von … Krankenhaushygiene up2date 2021; 16: 11–15 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Schritt-für-Schritt Entnahme von Blutkulturen mittels peripherer Venenpunktion – Schritt-für-Schritt Thomas Fiebig Die Blutentnahme für die Blutkulturdiagnostik muss unter streng aseptischen Bedingungen erfolgen um Kontaminationen mit Hautkeimen zu vermeiden, die zu einem falsch positiven Ergebnis führen können. Dieser Artikel stellt den Ablauf einer periphervenösen Blutentnahme für die Blutkulturdiagnostik mittels steriler Spritzen und mittels eines geschlossenen Systems (Vacutainer-System) dar. Merke Vorbereiten des benötigten Materials Die aseptische Blutentnahme ist Voraussetzung für eine adäquate mikrobiologische Blutkulturdiagnos- tik. Vorbereitung Information des Patienten über die Blutentnahme Aus Infektionsschutzgründen für den Patienten ist kei- ne spezielle persönliche Schutzausrüstung bei der Blut- entnahme erforderlich. Aus Arbeitsschutzgründen zum Eigenschutz sind keimarme Einmalhandschuhe erfor- derlich und ausreichend. Nach vorangegangener hygienischer Händedesinfekti- on werden die benötigten Materialien zeitnah zur Blut- entnahme gemäß geltender Standardarbeitsanwei- sung vorbereitet und auf einer wischdesinfizierten Flä- che/Tablett abgelegt [1]. Merke Vor Umgang mit sterilen Medizinprodukten ist immer eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen ÜBERSICHT Benötigtes Material ▪ Händedesinfektionsmittel ▪ Flächendesinfektionsmittel ▪ Hautdesinfektionsmittel ▪ Stauschlauch ▪ Punktionskanüle/Butterfly oder sterile Kanüle und Spritzen ▪ unsterile keimarme Handschuhe ▪ sterile Handschuhe (falls nach der Händedesin- fektion erneut die Hauteinstichstelle palpiert werden muss) ▪ mindestens 2 Blutkulturflaschen ▪ evtl. Pilzkulturflasche ▪ sterile Tupfer ▪ geschlossenes Abnahmesystem (Vacutainer- Set) ▪ wischdesinfiziertes Tablett oder Ablagefläche ▪ Kanülenabwurf Schritt 1 Hygienische Händedesinfektion Vor jeder Tätigkeit beim Patienten oder beim Umgang mit sterilem Material ist eine hygienische Händedesin- fektion durchzuführen (▶ Abb. 1). 16 Fiebig Thomas. Entnahme von Blutkulturen … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 16–19 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Schritt-für-Schritt ▶ Abb. 4 Nachdem Sie sich die keimarmen Einmalhand- schuhe angezogen haben, stauen Sie die Vene mittels eines sauberen Stauschlauches und desinfizieren Sie großflächig die Punktionsstelle. Die Einwirkzeit nach Herstellerangabe ist einzuhalten. Eine Wisch- oder Sprühdesinfektion ist möglich. ▶ Abb. 6 Verbinden Sie nun das Vacutainer-Set mit der Kanüle/Butterfly. Die Benutzung eines Butterflys erleich- tert den Anschluss des Sets. ▶ Abb. 5 Nachdem das Hautdesinfektionsmittel ange- trocknet ist, punktieren Sie ohne erneute Palpation die Vene mittels Kanüle/Butterfly. Merke Falls eine erneute Palpation der Hauteinstichstelle notwendig wird, ist diese nur mit sterilen Handschu- hen durchzuführen. Schritt 5 Punktion der Vene Nun wird die Vene mittels einer Kanüle oder Butterfly- Kanüle punktiert (▶ Abb. 5). ▶ Abb. 7 Im Anschluss verbinden Sie die Blutkulturflasche mit dem Vacutainer-Set. Warten Sie, bis die richtige Men- ge an Blut eingezogen wurde, und wechseln Sie dann auf die zweite Blutkulturflasche. Vermischen Sie das Blut mit dem Kulturmedium durch leichtes Schwenken. Schritt 6 Vacutainer-Set anschließen und Blutentnahme Bei Verwendung eines geschlossenen Systems erfolgt nun das Anschließen des Vacutainer-Sets durch Ein- führen der Blutkulturflaschen in das Vacutainer-Set (▶ Abb. 6, ▶ Abb. 7). 18 Fiebig Thomas. Entnahme von Blutkulturen … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 16–19 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

100 % Fort- und Weiterbildung MEHR ERFAHREN Scannen Sie den QR-Code, wählen Sie eine up2date und lesen Sie eine Ausgabe online! FORTBILDUNG PUR – jetzt für Ihr Team abonnieren! 24/7 VERFÜGBAR – mit dem klinikweiten Online-Zugang www.thieme.de/up2date-institution ►Frauenheilkundeup2date CME-Fortbildung▪ Präkonzeptionelle Beratung–Wie berate ich beiKinderwunsch?▪ Diagnostik in derUrogynäkologie▪ Indikationen und Inhalteder humangenetischenBeratung▪ Erwartungen von Eltern andie Versorgung vonFrühgeborenen – Sicht einerElternvertretung SOP / Arbeitsablauf▪ GeburtseinleitungSchritt für Schritt▪ Chirurgische Therapiedes Lichen sclerosuset atrophicusGastroenterologieup2date► CME-Fortbildung▪ Aktuelle Therapie derHepatitis C: Wo stehenwir 2018?▪ Renale und pulmonaleKomplikationen derLeberzirrhose▪ ImmunvermittelteÖsophagitiden▪ GastrointestinaleInfektionen – AktuellesSchritt für Schritt ▪ Endosonografi scheFeinnadelpunktionSOP / Arbeitsablauf▪ Entlassungsmanagement►up2dateNotaufnahmeKlinische Akut- und Notfallmedizin1Oktober 2019 Seite 1–96 1. Jahrgang CME-Fortbildung ▪ Synkope oder „…auf einmal war ich weg“▪ Management starker Blutungen ▪ Schädel-Hirn-Trauma bei Kindern▪ Sepsis in der NotaufnahmeSOP / Arbeitsablauf▪ Akute DyspnoeSchritt für Schritt▪ Ultraschallgesteuerte VenenpunktionOnkologieup2dateHeft 5 • Mai 2015 • 41. Jahrgang • Seite 161 – 210 CME-Fortbildung▪Schmerztherapie in derPalliativmedizin▪Kolorektales Karzinom▪Diagnostik und Therapievon Weichgewebssarkomen▪PET/MR: aktuelleEinsatzmöglichkeiten in deronkologischen DiagnostikSOP / Arbeitsablauf▪SOP Umgang mit demPortkatheterSchritt für Schritt▪Punktion eines Port-katheters►Notfallmedizinup2date CME-Fortbildung▪Apps in der medizinischenNotfallversorgung▪Ersteinschätzung in derZentralen Notaufnahme▪Reanimation beitraumatischem Herz-Kreislauf-Stillstand▪Penetrierende Verletzungen▪Akute Herzrhythmus-störungen bei Kindernund JugendlichenSOP / Arbeitsablauf▪Akutes BeatmungsproblemSchritt für Schritt▪Immobilisationstechnikender Wirbelsäule►Pädiatrieup2date CME-Fortbildung▪ Das späte Frühgeborene–unterschätzte Morbidität▪ Mukoviszidose▪ Humane Papillomaviren:Erreger, Impfung undPraxishinweise▪ Neue Therapieoptionen beiAutoimmunerkrankungenIntensivmedizinup2date► CME-Fortbildung▪ Lungenersatzverfahren▪ Diff erenzierter Einsatzkardiovaskulär wirksamerSubstanzen▪ Infektionen untermedikamentöserImmunsuppression▪ Pulmorenales Syndrom aufder Intensivstation▪ Das abdominelleKompartmentsyndromSOP / Arbeitsablauf▪ DysphagieSchritt für Schritt▪ Erweitertes-FokussiertesAssessment mit Sonografi ebei Trauma (E-FAST)-KonzeptKardiologieup2date► CME-Fortbildung▪Diabetes undHerzinsuffizienz▪Update kardiovaskuläreRisikofaktoren▪KombinierteantithrombotischeTherapiestrategien▪Peripartum-KardiomyopathieSOP / Arbeitsablauf▪HerzschrittmacherSchritt für Schritt▪Notfallsonografie desHerzensNeurologieup2date► CME-Fortbildung▪Blutdruckmanagementbeim akuten Schlaganfall▪Neue Therapieansätzebei progredienter MS▪Stufenadaptierte Therapiedes Status epilepticus▪Diagnostik und Therapieder Muskeldystrophien▪Kopfschmerzen–Update 2018SOP / Arbeitsablauf▪HirnnervenläsionenSchritt für Schritt▪Nystagmus+up2dateGeriatrie CME-Fortbildung▪Orthogeriatrie▪Delir beim alten Menschen▪Das Schädel-Hirn-Traumabeim ÄlterenCNE Fortbildung▪BegegnungsorientiertesArbeiten mit Menschenmit DemenzSOP / Arbeitsablauf▪Bewegungsstörungen –ParkinsonsyndromeSchritt für Schritt▪Nystagmus

CME-Fortbildung Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen: Aufbereitung flexibler Endoskope – offene Fragen und Antworten M. Scherrer Heft 4/2021 Aufbereitung flexibler Endoskope bei Prionenerkrankungen Günter Kampf, Michael Jung Heft 1/2020 SARS-CoV-2 – eine Gefahr in Alten- und Pflegeheimen I. Dresselhaus, S. Scheithauer, M. Pulz, J. Vasentin-Lewedei Heft 4/2021 Infektionsprävention in der Intensivmedizin S. Schulz-Stübner Heft 3/2021 Infektionspräventive Maßnahmen in der Verbrennungschirur- gie T. Leypold, B. Schäfer, J. P. Beier Heft 3/2021 Infektionsprävention und -früherkennung in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) S. Schulz-Stübner Heft 2/2021 Hygiene in Rehabilitationseinrichtungen D. Rocker, J. Vasentin-Lewedei, P. Schönrock-Nabulsi, B. Sibelis, E. Vogelsang, E. Schlottmann, S. Rademacher, P. Bergen Heft 2/2021 Praxisgerechte Hygiene im Rettungsdienst Brigitte Finsterer, Martin Kraus, Torsten BirkholzHeft 1/2021 Leitlinien in der Praxis: Hygieneempfehlungen für die Regional- anästhesie Thomas Volk, Christine Kubulus Heft 1/2021 Infektionsprävention und VRE: eine unendliche Geschichte Aila Caplunik-Pratsch, Anca Rath, Jürgen Fritsch, Thomas Holzmann, Wulf Schneider-Brachert Heft 4/2020 Anästhesiebezogene Hygiene und Infektionsprävention bei Operationen Johannes Tatzel, Alexander Brinkmann, Arnold Kaltwasser, Rolf Dubb, Irit Nachtigall Heft 4/2020 Hygiene und Infektionsprävention in Hämodialyse- einrichtungen Matthias Girndt Heft 1/2020 Management der frühen postoperativen Wundinfektion Matthias Militz Heft 4/2019 Nosokomiale Pneumonien Joachim Großmann, Sebastian Schulz-Stübner Heft 4/2019 Patientenmitmultiresistenten Erregern (MRE): keine Isolierung ohne Standardhygiene I. Kappstein Heft 3/2019 Prävention katheterassoziierter Harnwegsinfektionen: ein Update S. Schulz-Stübner Heft 3/2019 Antiseptisch beschichtetes Nahtmaterial – gute Evidenz oder nur gutes Marketing? E. Meyer, S. Scheithauer, I. Dresselhaus Heft 3/2019 Infektionsprävention in der Augenheilkunde T. Götting, T. Neß, W. Ebner Heft 2/2019 Röntgen auf Intensivstation – Hygiene und Strahlenschutz aus Sicht des MTRA M. Wiertz Heft 2/2019 Gefäßkatheterassoziierte Infektionen: Prävention bei Früh- und Neugeborenen M. I. Fortmann, C. Härtel Heft 1/2019 Empfehlungen der STIKO – Was gibtʼs Neues? M. Knuf Heft 1/2019 Präoperative Darmspülung und orale Antibiotikagabe in kolorektaler Chirurgie? Christian Eckmann Heft 3/2020 Ökonomische Auswirkungen der Hygiene I. Nachtigall, M. Bonsignore Heft 4/2018 Aufbereitung von Trachealkanülen im außerklinischen Bereich Patrick Ziech, Stefanie Schwarz Heft 3/2020 Adaption an subletale Wirkstoffkonzentrationen – Beispiel Benzalkoniumchlorid G. Kampf Heft 4/2018 Welche Schutzmaske schützt vor COVID-19? Was ist evidenz basiert? Roland Schulze-Röbbecke, Marcus Reska, Sebastian Lemmen Heft 2/2020 Prävention postoperativer Wundinfektionen – Teil 2 S. Schulz-Stübner, R. Schulze-Röbbecke Heft 4/2018 ALLES ONLINE LESEN IHR ONLINE-SAMMELORDNER JETZT FREISCHALTEN Mit der eRef lesen Sie Ihre Zeitschrift: online wie offline, am PC und mobil, alle bereits erschienenen Artikel. Für Abonnenten kostenlos! https://eref.thieme.de/khh-u2d Sie möchten jederzeit und überall auf Ihr up2date-Archiv zu- greifen? Kein Problem! Ihren immer aktuellen Online- Sammelordner finden Sie unter: https://eref.thieme.de/QC6M8 Sie haben Ihre Zeit- schrift noch nicht freigeschaltet? Ein Klick genügt: www.thieme.de/eref-registrierung.

CME-Fortbildung theter-assoziierten Sepsis mit unterschiedlichen Haut- antiseptika aussagekräftiger im Vergleich zu Kohorten- studien [10] und wurden deshalb nachfolgend ausge- wertet. Prävention postoperativer Wundinfektionen Empfehlung der KRINKO Im Operationsraum soll eine gründliche Antiseptik der Haut des Operationsgebietes mit einem Alkohol-ba- sierten Hautantiseptikum durchgeführt werden (Kat. 1A) [11]. Zusätzlich wird ausgeführt, dass durch den Zusatz eines remanent wirkenden Antiseptikums eine Wirkung erreicht wird, die über die Wirkung des Alko- hols hinaus anhält (Kat. 1B). Derzeit sei jedoch unge- klärt, welchem Wirkstoff der Vorzug zu geben ist (Kat. III) [11]. Inzidenz postoperativer Wundinfektionen Ein gesundheitlicher Nutzen der Hautantiseptik vor Operationen besteht nur dann, wenn durch die Maß- nahme das Risiko für postoperative Wundinfektionen signifikant reduziert wird. Ein kausaler Zusammenhang für den Einfluss des Hautantiseptikums auf die Inzidenz der Wundinfektionen wird am aussagekräftigsten durch randomisierte kontrollierte Studien belegt. Nachfolgend werden die Ergebnisse der auffindbaren RCTs zu dieser Frage zusammengestellt und ausgewer- tet. Wässriges Iod im Vergleich zu Alkohol und Chlorhexidin Da es Hautantiseptika auf Basis von PVP-Iod mit einer ausreichenden Wirksamkeit zur Hautantiseptik sowie einer Zulassung als Arzneimittel für die Hautantiseptik gibt, sollen zunächst die Ergebnisse einiger wässriger PVP-Iod-Präparate im Vergleich zu CHG in Alkohol dar- gestellt werden (▶ Tab. 1). Die Auswertung von 10 RCTs ergibt, dass die Inzidenz postoperativer Wundin- fektionen nach Hautantiseptik mit wässrigem Iod im Vergleich zu CHG in Alkohol entweder gleich hoch (1 Studie), höher (6 Studien, 2 davon mit signifikantem Unterschied) oder niedriger ist (3 Studien, kein signifi- kanter Unterschied). Somit zeigt sich die Kombination von Alkohol mit CHG den verschiedenen wässrigen Hautantiseptika auf PVP-Iod-Basis tendenziell überle- gen, in diesem Fall jedoch nur bei oberflächlichen (A1) und tiefen Wundinfektionen (A2) [12]. Bei postoperati- ven Infektionen von Körperhöhlen bzw. Organen war durchgängig kein signifikanter Unterschied zu erken- nen [12, 13]. Wirkstoffe in Alkohol vs. Wirkstoffe in Wasser Hier finden sich nur Daten aus wenigen Studien. Bei kleinen Exzisionen der Haut machte es keinen Unter- schied, ob 0,5 % CHG in Wasser oder in 70 % Ethanol zur Hautantiseptik verwendet wurde. In 2 weiteren Stu- dien wurde Iod in Wasser mit Iod in Alkohol verglichen. Die Patientenzahlen sind jeweils klein, der beschriebe- ne Patientennutzen ist daher nur bedingt anzuerken- nen. Doch die Kombination aus Iod und Alkohol zog insgesamt nur selten postoperative Wundinfektionen nach sich (▶ Tab. 2). Alkohol mit oder ohne zusätzlichen remanenten Wirkstoff Die Daten dieser 13 Studien sind in ▶ Tab. 3 zusam- mengestellt und teilweise nur bedingt aussagekräftig [25], da beispielsweise in 3 der Studien weder die Art des Alkohols noch seine Konzentration beschrieben wurde [26–28], in 1 Studie die Konzentration des Alko- hols außerhalb des wirksamen Bereichs lag [29] und in 4 Studien die Stichproben mit weniger als 100 Proban- den zu klein für eine robuste vergleichende Bewertung waren [29–32]. Die Dauer der jeweiligen Anwendung ist nur in 4 Studien beschrieben und lag zwischen 30 s und 5 min [29, 30, 32, 33]. 0,5 % CHG in Alkohol In 5 der Studien wurde 0,5 % CHG in Alkohol mit 1 % bzw. 10 % PVP-Iod in Alkohol verglichen. Hier gab es in 2 Studien keinen signifikanten Unterschied bei der Inzidenz postoperativer Wundinfektionen [26, 29], in 1 Studie lag die Infektionsrate nach Anwendung von 0,5 % CHG in Alkohol signifikant höher im Vergleich zu Iod-Alkohol, auch bei den Infektionen der Gelenk- prothesen [34], und in 2 Studien war sie signifikant niedriger [27, 28]. 2 % CHG in Alkohol In 8 Studien wurde 2 % CHG in Alkohol untersucht, meist war es 70 % Isopropanol. In 7 dieser Studien wur- den im Vergleich Hautantiseptika auf alkoholischer Ba- sis mit PVP-Iod verwendet, jedoch sind die Art des Al- kohols und seine Konzentration in keiner der Studien identisch mit den CHG-haltigen Präparaten. In 4 der Studien zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Inzidenz postoperativer Wundinfektionen [31, 32, 35, 36]. In 2 Studien war die Rate postoperativer Wund- infektionen nach Anwendung von 2 % CHG mit 70 % Iso- propanol signifikant niedriger im Vergleich zu 10 % wässrigem PVP-Iod, gefolgt von „chirurgischem Alko- hol“ bzw. 8,3 % PVP-Iod in 72,5 % Isopropanol (jeweils Sectio caesarea) [33, 37]. Dabei waren die Unterschie- de bei den oberflächlichen (A1) und tiefen Wundinfek- tionen (A2) nur in 1 Studie signifikant [37]. In 1 Studie war die Infektionsrate nach Anwendung von 2 % CHG mit 70 % Isopropanol signifikant höher im Vergleich zu 1 % PVP-Iod in 50 % Isopropanol (Eingriffe am Unter- 24 Kampf Günter. Hautantiseptik … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung ▶ Tab. 2 Ergebnisse aus RCTs bezüglich der Auswirkung wässriger und alkoholischer Hautantiseptika auf die Inzidenz postoperativer Wundinfektionen. Hautantiseptikum 1 (Dauer) Hautantiseptikum 2 (Dauer) Art der Operation Inzidenz von Wundinfek- tionen P-Wert Referenz 0,5 % CHG1 (unbekannt) kleine Exzisionen der Haut 26 von 451 (5,8 %) vs. 31 von 458 Patienten (6,8 %) n.s. Gelenkersatz jeweils 0 von 30 Patienten – [22] [23] 0,5 % CHG in 70 % Ethanol (unbekannt) 1-malige Anwendung eines Iodophors in Alkohol2,3 0,7 % Iodophor in 74 % Isopropanol (unbekannt) Iod in Seife (5 min), danach 1-malige Anwendung von Iod (Konzentration jeweils unbekannt) Variante 1: 7,5 % PVP-Iod1 (5 min), danach 1-malige Anwendung von 10 % PVP- Iod1 (unbekannt); Variante 2: 10 % PVP-Iod1 (unbe- kannt) offene Herzchirugie 1 von 50 (2,0 %) vs. 7 von 56 (12,5 %) vs. 7 von 52 Patienten (13,5 %) „signifi- kant“4 [24] CHG: Chlorhexidindigluconat; n.s.: nicht signifikant; PVP: Polyvinylpyrrolidon. 1 wässrige Lösung 2 Art des Alkohols unbekannt 3 Konzentration des Alkohols unbekannt 4 zwischen wässrigen und alkoholischen PVP-Iod-Lösungen Auswertung von 13 RCTs mit insgesamt 2623 Patienten zu der Erkenntnis, dass bei sauberen Operationen Prä- parate auf Basis von Alkohol die höchste Wahrschein- lichkeit einer Wirkung in diesem Sinne aufweisen [39]. In der britischen NICE Guideline von 2019 wurde nach Auswertung von 20 RCTs mit insgesamt 9647 Patienten festgestellt, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % die Kombination aus Alkohol und CHG mit der niedrigs- ten Inzidenz postoperativer Wundinfektionen assozi- iert ist, wohingegen nach der Anwendung von wässri- gem Iod die höchste Rate zu erwarten sei [40]. Wade et al. kamen in 2020 nach Auswertung von 17 randomi- sierten und nichtrandomisierten Studien mit insge- samt 14593 Patienten zu dem Ergebnis, dass bei saube- ren Operationen die niedrigste Rate postoperativer Wundinfektionen nach Anwendung von Alkohol mit 4– 5 % Chlorhexidin zu erwarten ist. Im Vergleich zu wäss- rigem PVP-Iod lag die Rate etwa 50 % niedriger (RR 0,49) [41]. Auf Basis von 13 RCTs mit insgesamt 6023 Patienten kamen Peel et al. (2021) zu der Erkenntnis, dass die Anwendung von Alkohol mit CHG im Vergleich zu Alkohol mit Iod das relative Risiko für postoperative Wundinfektionen signifikant reduziert (RR 0,79). Eine Differenzierung zwischen der Art des Alkohols, der Konzentration der Wirkstoffe sowie der Anwendungs- dauer fand jedoch nicht statt [42]. Merke Nach heutigem Kenntnisstand ist die Rate postope- rativer Wundinfektionen am niedrigsten, wenn zur Hautantiseptik Alkohol in ausreichend hoher Kon- zentration in Kombination mit CHG verwendet wird. Vor- und Nachteile von Alkohol mit PVP-Iod Zu den Vorteilen von Iod zählt die gute und breite anti- mikrobielle Wirkung, die nur sehr seltene bakterielle Toleranzbildung sowie die Farbe der Rezeptur (Markie- rung des behandelten Hautareals). Ein weiterer Vorteil für Eingriffe im Schulterbereich ist die stärkere Wir- kung gegenüber der anaeroben Standortflora wie Pro- prionibacterium spp. [43], die in der Mehrzahl der post- operativen Wundinfektionen in diesem Bereich nach- gewiesen werden [44]. PVP-Iod wird bei Kindern in Teilen über die Haut aufge- nommen und kann in der Folge zu Nierenversagen, me- tabolischer Azidose bzw. Hypothyreose führen [45]. Die Iod-Aufnahme über die unreife Haut von Frühgebo- renen ist besonders hoch [46]. Bei Erwachsenen wurde ebenfalls eine relevante Iod-Aufnahme über die Haut nachgewiesen [47]. Lokale Hautreaktionen sind eher selten [48]. Das allergene Potenzial von Iod ist insge- samt gering [49], Hautreaktionen nach Anwendung von PVP-Iod werden vorwiegend als irritative Kontakt- dermatitis oder als Allergie auf PVP eingestuft [50]. PVP-Iod kann mit Octenidindihydrochlorid reagieren und die Haut dunkel verfärben [51]. Eine Lösung mit 10 % PVP-Iod kann mit 4 % CHG reagieren und eine un- mittelbare Ausfällungsreaktion auslösen [52]. Ver- gleichbare Reaktionen zwischen dem verbliebenen OCT auf der Haut und dem CHG eines Pflasters wurden bislang nicht beschrieben. Vor- und Nachteile von Alkohol mit CHG Der größte Vorteil von CHG in Kombination mit Alkohol ist der Nachweis niedrigerer Wundinfektionsraten in der Mehrzahl der Studien. Vier Metaanalysen deuten 26 Kampf Günter. Hautantiseptik … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Vor- und Nachteile von Alkohol mit OCT OCT verfügt über eine gute bakterizide Wirkung, ein möglicher Einfluss auf die Inzidenz postoperativer Wundinfektionen wurde bislang nicht untersucht und ist deshalb nicht belegt. Toleranzen gegenüber OCT wurden nur selten untersucht und bislang nur bei Pseu- domonas aeruginosa entdeckt [54]. Bei Klebsiella pneu- moniae konnte im Laborversuch die Aktivität einer spe- zifischen Effluxpumpe durch OCT stark erhöht werden (etwa 70-fach) [55]. Typ-I-Allergien gegenüber OCT sind extrem selten. Bislang wurden lediglich bei einem Patienten mehrere anaphylaktische Reaktionen gegen OCT nach topischer Anwendung von Octenisept be- schrieben [56]. OCT kann mit PVP-Iod reagieren, mit der Folge einer bräunlich-violetten Verfärbung der Haut, die klinisch mit einer Einblutung verwechselt werden kann. Der Wirkstoff sollte keinesfalls mit Druck in das Gewebe ohne die Möglichkeit der Ableitung eingebracht wer- den, da in diesem Fall ein großes Risiko für persistieren- de Ödeme und Gewebenekrosen besteht. Prävention Katheter-assoziierter Septikämien Empfehlung der KRINKO Hautantiseptik beim Legen und Pflegen von zentra- len Gefäßkathetern Vor der Anlage eines zentralen Venenkatheters wird von der KRINKO empfohlen, den Bereich der geplanten Punktionsstelle mit ausreichendem Sicherheitsabstand unter Beachtung der Einwirkzeit mit einem zugelasse- nen Hautantiseptikum zu behandeln (Kategorie IA) [57]. Die Haut um die Eintrittsstelle des Katheters soll darüber hinaus bei einem Verbandswechsel mit einem Hautantiseptikum unter Einhaltung der Einwirkzeit be- handelt werden (Kategorie IB) [57]. Mittel der Wahl sind für beide Anwendungen Alkohol-basierte Formu- lierungen mit Zusatz von CHG oder OCT [57]. Für die Anlage des ZVK wird der Zusatz von 2 % CHG oder 0,1 % OCT empfohlen. Für die Hautantiseptik beim Ver- bandswechsel werden keine Konzentrationsangaben für CHG bzw. OCT gemacht. Das Hauptziel dieser Be- handlung ist es, das Risiko für eine Katheter-assoziierte Sepsis zu reduzieren [57]. Hautantiseptik beim Legen von peripheren Gefäßkathetern Vor dem Legen eines peripheren Gefäßkatheters wird von der KRINKO ebenfalls empfohlen, die Einstichstelle unter Beachtung der Einwirkzeit mit einem Hautanti- septikum auf Alkoholbasis zu behandeln (keine Katego- rie angegeben) [57]. Das Hautantiseptikum kann ggf. CHG oder OCT enthalten [57]. Bei einem Verband- wechsel soll die Eintrittsstelle mit einem Antiseptikum mit Remanenzeffekt behandelt werden, beispielsweise Isopropanol plus OCT oder CHG (Kategorie II) [57]. Ziel dieser Behandlung ist es, das Risiko für die Katheter-as- soziierte Sepsis bzw. für lokale Infektionen wie die Phle- bitiden oder Weichteilinfektionen zu reduzieren [57]. Inzidenz Katheter-assoziierter Blutstrominfektionen Im Cochrane Review aus dem Jahr 2016 wurden alle RCTs ausgewertet, in denen die Auswirkung der Haut- antiseptik auf die Inzidenz Katheter-assoziierter Blut- strominfektionen bewertet wurde. In den meisten Stu- dien wurde die Hautantiseptik vor dem Legen des ZVK und während der Pflege der Insertionsstelle bewertet. Aus diesen Studien wurde insgesamt abgeleitet, dass es Evidenz von geringer Qualität gibt, dass durch die Hautantiseptik mit CHG im Vergleich zu PVP-Iod die Rate Katheter-assoziierter Blutstrominfektionen redu- ziert werden kann (RR 0,64) [58]. Seit dieser Auswer- tung sind nur wenige Studien hinzugekommen (▶ Tab. 4). Aus den Daten dieser Studien lässt sich kein eindeu- tiger Vorteil für bestimmte Rezepturen ableiten. Darü- ber hinaus wurde in einem RCT für ein Hautantisepti- kum auf Basis von 30 % n-Propanol, 45 % Isopropanol und 0,1 % OCT nachgewiesen, dass die Rate an ZVK-as- soziierter Sepsis im Vergleich zur Anwendung von 74 % Ethanol plus 10 % Isopropanol niedriger liegt (8 von 194 Patienten [4,1 %] vs. 16 von 193 Patienten [8,3 %]). Der Unterschied war jedoch mit einem p-Wert von 0,081 nicht signifikant [8]. ▶ Tab. 4 Ergebnisse aus RCTs zur Inzidenz Katheter-assoziierter Septikämien nach Anwendung verschiedener Hautantiseptika. Hautantiseptikum 1 (Dauer) Hautantiseptikum 2 (Dauer) Art der Anwendung 0,5 % CHG in 70 % Ethanol oder 0,05 % CHG1 (unbekannt) 2 % CHG in 70 % Isopro- panol (unbekannt) ZVK-Punktionsstelle Inzidenz von Katheter- assoziierten Blutstrom- infektion 10 von 52 (19,2 %) vs. 5 von 53 Patienten (9,4 %) P-Wert Referenz 0,15 [59] 5 % PVP-Iod in 69 % Ethanol (30 s) 2 % CHG in 70 % Isopro- panol (30 s) PVK-Insertionsstelle 0 von 493 vs. 0 von 496 Patienten – [60] CHG: Chlorhexidindigluconat. 1 wässrige Lösung 28 Kampf Günter. Hautantiseptik … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung KERNAUSSAGEN ▪ Die Kombination aus Alkohol und CHG ist mit der niedrigsten Inzidenz postoperativer Wundinfektionen assoziiert, wässri- ges PVP-Iod hingegen mit der höchsten. ▪ Durch die Hautantiseptik mit Alkohol und CHG kann im Vergleich zu PVP-Iod die Rate Katheter-assoziierter Blut- strominfektionen reduziert werden. ▪ Alternativ kann die farblose Kombination aus Alkohol und 0,1 % OCT in Betracht gezogen werden. Der mögliche gesundheitliche Nutzen für den Patienten ist jedoch nicht belegt. ▪ Nicht alle Hersteller bieten die jeweils gleichen Rezepturen als farblose und gefärbte Lösungen an, sodass die Auswahl von gefärbten Präparaten auf Basis von Alkohol und CHG sehr begrenzt ist. ▪ Reine alkoholische Hautantiseptika oder solche mit sehr geringen Konzentrationen weiterer biozider Wirkstoffe wie Benzalkoniumchlorid sind zur Prävention Katheter-assoziier- ter Septikämien keine erste Wahl. Interessenkonflikt Erklärung zu finanziellen Interessen Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: ja; Bezahlter Bera- ter/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: ja; Pa- tent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein. Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessen- konflikt besteht. Autorinnen/Autoren Günter Kampf Prof. Dr. med.; Medizinstudium in Lübeck. Tätigkeit in Großbritannien im Bereich der Chirurgie, Inneren Medizin und Klinischen Pharmakologie; Facharztweiterbildung für Hygiene und Umweltmedizin, FU Berlin. 2003 Habilitation und ab 2009 apl. Prof. an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald. 1998–2016 Mit- arbeiter der Bode Chemie GmbH, Hamburg, über 5 Jahre wissenschaftlicher Direktor des Bode Science Centers. Seit 2016 als Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin selbst- ständig tätig. Korrespondenzadresse Prof. Dr. Günter Kampf Universitätsmedizin Greifswald Institut für Hygiene und Umweltmedizin Ferdinand-Sauerbruch-Straße 17475 Greifswald Deutschland guenter.kampf@uni-greifswald.de Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbe- stimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Simone Scheithauer, Göttingen. Literatur [1] Reichel M, Heisig P, Kohlmann T et al. Alcohols for skin anti- sepsis at clinically relevant skin sites. Antimicrob Agents Chemother 2009; 53: 4778–4782 [2] Durani P, Leaper D. Povidone-iodine: use in hand disinfecti- on, skin preparation and antiseptic irrigation. Int Wound J 2008; 5: 376–387 doi: 10.1111/j.1742-481X.2007.00405.x [3] Gottardi W. The uptake and release of molecular iodine by the skin: chemical and bactericidal evidence of residual ef- fects caused by povidone-iodine preparations. J Hosp Infect 1995; 29: 9–18 doi: 10.1016/0195-6701(95)90289-9 [4] Kampf G. Acquired resistance to chlorhexidine – is it time to establish an “antiseptic stewardship” initiative? J Hosp In- fect 2016; 94: 213–227 doi: 10.1016/j.jhin.2016.08.018 [5] Muller G, Langer J, Siebert J et al. Residual antimicrobial ef- fect of chlorhexidine digluconate and octenidine dihydro- chloride on reconstructed human epidermis. Skin Pharma- col Physiol 2014; 27: 1–8 doi: 10.1159/000350172 [6] Hubner NO, Siebert J, Kramer A. Octenidine dihydrochlori- de, a modern antiseptic for skin, mucous membranes and wounds. Skin Pharmacol Physiol 2010; 23: 244–258 doi: 10.1159/000314699 [7] Lutz JT, Diener IV, Freiberg K et al. Efficacy of two antiseptic regimens on skin colonization of insertion sites for two dif- ferent catheter types: a randomized, clinical trial. Infection 2016; 44: 707–712 doi: 10.1007/s15010-016-0899-6 [8] Dettenkofer M, Wilson C, Gratwohl A et al. Skin disinfection with octenidine dihydrochloride for central venous catheter site care: a double-blind, randomized, controlled trial. Clin Microbiol Infect 2010; 16: 600–606 doi: 10.1111/j.1469- 0691.2009.02917.x [9] Harnoss JC, Assadian O, Kramer A et al. Comparison of chlorhexidine-isopropanol with isopropanol skin antisepsis for prevention of surgical-site infection after abdominal surgery. Br J Surg 2018; 105: 893–899 doi: 10.1002/ bjs.10793 [10] KRINKO am Robert Koch Institut. Die Kategorien in der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention – Aktualisierung der Definitionen. Bundesgesundheitsblatt 2010; 53: 754–756 [11] KRINKO am Robert Koch Institut. Prävention postoperativer Wundinfektionen. Bundesgesundheitsbl 2018; 61: 448–473 30 Kampf Günter. Hautantiseptik … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

[56] Mueller-Wirth N, Buenter A, Jörg L et al. IgE-mediated chlorhexidine allergy-Cross-reactivity with other biguanide disinfectants. Allergy 2020; 75: 3237–3247 doi: 10.1111/ all.14497 [57] KRINKO am Robert Koch Institut. Prävention von Infektio- nen, die von Gefäßkathetern ausgehen. Bundesgesund- heitsblatt 2017; 60: 171–215 [58] Lai NM, Lai NA, O'Riordan E et al. Skin antisepsis for reducing central venous catheter-related infections. Cochrane Data- base Syst Rev 2016: doi: 10.1002/14651858.CD010140. pub2 [59] McCann M, Fitzpatrick F, Mellotte G et al. Is 2% chlorhexidi- ne gluconate in 70% isopropyl alcohol more effective at preventing central venous catheter-related infections than routinely used chlorhexidine gluconate solutions: A pilot multicenter randomized trial (ISRCTN2657745)? Am J Infect Control 2016; 44: 948–949 doi: 10.1016/j.ajic.2016.02.019 [60] Guenezan J, Marjanovic N, Drugeon B et al. Chlorhexidine plus alcohol versus povidone iodine plus alcohol, combined or not with innovative devices, for prevention of short-term peripheral venous catheter infection and failure (CLEAN 3 study): an investigator-initiated, open-label, single centre, randomised-controlled, two-by-two factorial trial. Lancet Infect Dis 2021; 21: 1038–1048 doi: 10.1016/s1473-3099 (20)30738-6 [61] KRINKO am Robert Koch Institut. Anforderungen an die Hy- giene bei Punktionen und Injektionen. Bundesgesund- heitsbl 2011; 54: 1135–1144 [62] Allegranzi B, Bischoff P, de Jonge S et al. New WHO recom- mendations on preoperative measures for surgical site in- fection prevention: an evidence-based global perspective. Lancet Infect Dis 2016; 16: e276–e287 doi: 10.1016/s1473- 3099(16)30398-x [63] Carre Y, Moal B, Germain C et al. Randomized study of anti- septic application technique in healthy volunteers before vascular access insertion (TApAS trial). J Infect 2020; 81: 532–539 doi: 10.1016/j.jinf.2020.08.022 [64] Debreceni G, Meggyesi R, Mestyan G. Efficacy of spray dis- infection with a 2-propanol and benzalkonium chloride containing solution before epidural catheter insertion – a prospective, randomized, clinical trial. Br J Anaesth 2007; 98: 131–135 doi: 10.1093/bja/ael288 Bibliografie Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 DOI 10.1055/a-1398-5054 ISSN 1862-5797 © 2022. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany CME-Fortbildung septics-in-the-prevention-of-surgical-site-infection-pdf- 6727104399 [41] Wade RG, Burr NE, McCauley G et al. The Comparative Effi- cacy of Chlorhexidine Gluconate and Povidone-iodine Anti- septics for the Prevention of Infection in Clean Surgery: A Systematic Review and Network Meta-analysis. Ann Surg 2020: doi: 10.1097/sla.0000000000004076 [42] Peel TN, Watson E, Lee SJ. Randomised Controlled Trials of Alcohol-Based Surgical Site Skin Preparation for the Pre- vention of Surgical Site Infections: Systematic Review and Meta-Analysis. J Clin Med 2021; 10: 663 doi: 10.3390/ jcm10040663 [43] Dörfel D, Maiwald M, Daeschlein G et al. Comparison of the antimicrobial efficacy of povidone-iodine-alcohol versus chlorhexidine-alcohol for surgical skin preparation on the aerobic and anaerobic skin flora of the shoulder region. An- timicrob Resist Infect Control 2021; 10: 17 doi: 10.1186/ s13756-020-00874-8 [44] Kadler BK, Mehta SS, Funk L. Propionibacterium acnes in- fection after shoulder surgery. Int J Shoulder Surg 2015; 9: 139–144 doi: 10.4103/0973-6042.167957 [45] Mitchell IM, Pollock JC, Jamieson MP et al. Transcutaneous iodine absorption in infants undergoing cardiac operation. Ann Thorac Surg 1991; 52: 1138–1140 [46] Smerdely P, Lim A, Boyages SC et al. Topical iodine-contai- ning antiseptics and neonatal hypothyroidism in very-low- birthweight infants. Lancet 1989; 2: 661–664 doi: 10.1016/ s0140-6736(89)90903-3 [47] Tomoda C, Kitano H, Uruno T et al. Transcutaneous iodine absorption in adult patients with thyroid cancer disinfected with povidone-iodine at operation. Thyroid 2005; 15: 600– 603 doi: 10.1089/thy.2005.15.600 [48] Mimoz O, Lucet JC, Kerforne T et al. Skin antisepsis with chlorhexidine-alcohol versus povidone iodine-alcohol, with and without skin scrubbing, for prevention of intravascular- catheter-related infection (CLEAN): an open-label, multi- centre, randomised, controlled, two-by-two factorial trial. Lancet 2015; 386: 2069–2077 doi: 10.1016/s0140-6736 (15)00244-5 [49] Lachapelle JM. A comparison of the irritant and allergenic properties of antiseptics. Eur J Dermatol 2014; 24: 3–9 doi: 10.1684/ejd.2013.2198 [50] Wulf NR, Schmitz J, Choi A et al. Iodine allergy: Common misperceptions. Am J Health-System Pharm 2021; 78: 781– 793 doi: 10.1093/ajhp/zxab033 [51] Varelmann D, Hostmann F, Stüber F et al. Livide Verfärbung der Hand als unerwünschtes Ereignis bei axillärer Plexusan- ästhesie. Der Anaesthesist 2004; 53: 441–444 [52] Campbell ST, Goodnough LH, Bennett CG et al. Antiseptics Commonly Used in Total Joint Arthroplasty Interact and May Form Toxic Products. J Arthroplasty 2018; 33: 844–846 doi: 10.1016/j.arth.2017.10.028 [53] WHO. Global guidelines for the prevention of surgical site infections. Geneva: WHO; 2016 [54] Shepherd MJ, Moore G, Wand ME et al. Pseudomonas aeru- ginosa adapts to octenidine in the laboratory and a sim- ulated clinical setting, leading to increased tolerance to chlorhexidine and other biocides. J Hosp Infect 2018; 100: e23–e29 doi: 10.1016/j.jhin.2018.03.037 [55] Wand ME, Jamshidi S, Bock LJ et al. SmvA is an important efflux pump for cationic biocides in Klebsiella pneumoniae and other Enterobacteriaceae. Sci Rep 2019; 9: 1344 doi: 10.1038/s41598-018-37730-0 32 Kampf Günter. Hautantiseptik … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Fragen und Antworten | CME Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 6 Frage 8 Welche Aussage zu CHG ist falsch? Welche Aussage zu den Empfehlungen der KRINKO ist falsch? A Trotz der breiten Anwendung von CHG in verschiedenen A Zur ZVK-Anlage werden nur Alkohol-basierte Präparate mit antiseptischen Anwendungen ist das Toleranz- und Resistenzpotenzial bei wiederholter Exposition in subinhibitorischer Konzentration gering. B Der größte Vorteil von CHG in Kombination mit Alkohol ist C der Nachweis niedrigerer Wundinfektionsraten in der Mehrzahl der Studien. Es besteht ein Risiko der Hautirritation durch CHG sowie der Typ-I-Allergie mit teilweise schweren anaphylaktischen Reaktionen. D Bei der Anwendung CHG-haltiger Hautantiseptika ist zu beachten, dass der Kontakt mit Hirngewebe, Hirnhäuten, Augen und Mittelohr vermieden werden sollte. Es ist ratsam, CHG in die Allergieanamnese einzuschließen. E Frage 7 Welche Aussage zu OCT ist richtig? A Der Zusatz von OCT zum Alkohol kann nachweislich die B C Inzidenz postoperativer Wundinfektionen reduzieren. Toleranzen gegenüber OCT wurden schon oft untersucht und häufig bei S. aureus entdeckt. Anaphylaktische Reaktionen auf OCT wurden bislang nicht beschrieben. D OCT hat nachweislich keinen Einfluss auf die Aktivität spezifischer Effluxpumpen. E OCT sollte keinesfalls mit Druck in das Gewebe ohne die Möglichkeit der Ableitung eingebracht werden, da in diesem Fall ein großes Risiko für persistierende Ödeme und Gewebenekrosen besteht. B C Zusatz von 2 % CHG oder 0,1 % OCT empfohlen. Zum Verbandwechsel (ZVK) werden nur Alkohol-basierte Präparate mit Zusatz von 0,5 % oder 2 % CHG empfohlen. Zur PVK-Anlage werden Alkohol-basierte Präparate empfohlen, die CHG oder OCT enthalten können. D Zum Verbandwechsel (PVK) werden nur Alkohol-basierte Präparate mit Zusatz von CHG oder OCT empfohlen. E Die erforderliche Einwirkzeit des Hautantiseptikums ist immer zu beachten. Frage 9 Welche Aussage ist falsch? Die Hautantiseptik wird von KRINKO vor Punktionen empfohlen, da es in Folge von Punktionen zu folgenden Komplikationen kommen kann: Sepsis Phlegmone A Meningitis B C D purulente Arthritis E Tinea abdominalis Frage 10 Welche Aussage zu Katheter-assoziierten Blutstrominfektionen ist richtig? A CHG kann im Vergleich zu PVP-Iod das Risiko Katheter- assoziierter Blutstrominfektionen reduzieren (Cochrane Review: RR von 0,64). B Die Evidenz für die Erkenntnis aus Antwort A ist von hoher C Qualität. Aktuelle Studien zeigen, dass bei PVKs 2 % CHG in Alkohol dem Gemisch aus 0,5 % in Alkohol signifikant überlegen ist. D Der entscheidende Infektions-präventive Faktor ist das E kreisförmige Auftragen des Hautantiseptikums. Um einen optimalen remanenten Effekt um die Punktions- stelle zu erzielen, sollte diese nach dem Auftragen des alko- holischen Hautantiseptikums möglichst umgehend wasser- dicht abgedeckt werden. 34 Kampf Günter. Hautantiseptik … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 21–34 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

4-MAL JÄHRLICH Einstiegspreis für Neuabonnenten! Fort- und Weiterbildung mit dem roten Faden Gesichertes Wissen Immer wieder neue Erreger, Resistenzen und Änderungen an Gesetzen und Empfehlungen – wir bringen Sie auf den aktuellen Stand. Lernen an konkreten Fällen Die Beiträge sind mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis illustriert. Immer souverän handeln CME-Beiträge ausgewiesener Experten, Schritt-für-Schritt-Anleitungen, SOPs/Arbeitsabläufe zur Qualitätssicherung – evidenzbasiert und gesichert. Entspannt weiterkommen Die klare Sprache und Gestaltung sorgen für hohen Lesekomfort. Und Sie sammeln nebenbei bis zu 60 CME-Punkte pro Jahr. www.thieme.de/khh-u2d

CME-Fortbildung Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen: Aufbereitung flexibler Endoskope – offene Fragen und Antworten M. Scherrer Heft 4/2021 Aufbereitung flexibler Endoskope bei Prionenerkrankungen Günter Kampf, Michael Jung Heft 1/2020 SARS-CoV-2 – eine Gefahr in Alten- und Pflegeheimen I. Dresselhaus, S. Scheithauer, M. Pulz, J. Vasentin-Lewedei Heft 4/2021 Infektionsprävention in der Intensivmedizin S. Schulz-Stübner Heft 3/2021 Infektionspräventive Maßnahmen in der Verbrennungschirur- gie T. Leypold, B. Schäfer, J. P. Beier Heft 3/2021 Infektionsprävention und -früherkennung in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) S. Schulz-Stübner Heft 2/2021 Hygiene in Rehabilitationseinrichtungen D. Rocker, J. Vasentin-Lewedei, P. Schönrock-Nabulsi, B. Sibelis, E. Vogelsang, E. Schlottmann, S. Rademacher, P. Bergen Heft 2/2021 Praxisgerechte Hygiene im Rettungsdienst Brigitte Finsterer, Martin Kraus, Torsten BirkholzHeft 1/2021 Leitlinien in der Praxis: Hygieneempfehlungen für die Regional- anästhesie Thomas Volk, Christine Kubulus Heft 1/2021 Infektionsprävention und VRE: eine unendliche Geschichte Aila Caplunik-Pratsch, Anca Rath, Jürgen Fritsch, Thomas Holzmann, Wulf Schneider-Brachert Heft 4/2020 Anästhesiebezogene Hygiene und Infektionsprävention bei Operationen Johannes Tatzel, Alexander Brinkmann, Arnold Kaltwasser, Rolf Dubb, Irit Nachtigall Heft 4/2020 Hygiene und Infektionsprävention in Hämodialyse- einrichtungen Matthias Girndt Heft 1/2020 Management der frühen postoperativen Wundinfektion Matthias Militz Heft 4/2019 Nosokomiale Pneumonien Joachim Großmann, Sebastian Schulz-Stübner Heft 4/2019 Patientenmitmultiresistenten Erregern (MRE): keine Isolierung ohne Standardhygiene I. Kappstein Heft 3/2019 Prävention katheterassoziierter Harnwegsinfektionen: ein Update S. Schulz-Stübner Heft 3/2019 Antiseptisch beschichtetes Nahtmaterial – gute Evidenz oder nur gutes Marketing? E. Meyer, S. Scheithauer, I. Dresselhaus Heft 3/2019 Infektionsprävention in der Augenheilkunde T. Götting, T. Neß, W. Ebner Heft 2/2019 Röntgen auf Intensivstation – Hygiene und Strahlenschutz aus Sicht des MTRA M. Wiertz Heft 2/2019 Gefäßkatheterassoziierte Infektionen: Prävention bei Früh- und Neugeborenen M. I. Fortmann, C. Härtel Heft 1/2019 Empfehlungen der STIKO – Was gibtʼs Neues? M. Knuf Heft 1/2019 Präoperative Darmspülung und orale Antibiotikagabe in kolorektaler Chirurgie? Christian Eckmann Heft 3/2020 Ökonomische Auswirkungen der Hygiene I. Nachtigall, M. Bonsignore Heft 4/2018 Aufbereitung von Trachealkanülen im außerklinischen Bereich Patrick Ziech, Stefanie Schwarz Heft 3/2020 Adaption an subletale Wirkstoffkonzentrationen – Beispiel Benzalkoniumchlorid G. Kampf Heft 4/2018 Welche Schutzmaske schützt vor COVID-19? Was ist evidenz basiert? Roland Schulze-Röbbecke, Marcus Reska, Sebastian Lemmen Heft 2/2020 Prävention postoperativer Wundinfektionen – Teil 2 S. Schulz-Stübner, R. Schulze-Röbbecke Heft 4/2018 ALLES ONLINE LESEN IHR ONLINE-SAMMELORDNER JETZT FREISCHALTEN Mit der eRef lesen Sie Ihre Zeitschrift: online wie offline, am PC und mobil, alle bereits erschienenen Artikel. Für Abonnenten kostenlos! https://eref.thieme.de/khh-u2d Sie möchten jederzeit und überall auf Ihr up2date-Archiv zu- greifen? Kein Problem! Ihren immer aktuellen Online- Sammelordner finden Sie unter: https://eref.thieme.de/QC6M8 Sie haben Ihre Zeit- schrift noch nicht freigeschaltet? Ein Klick genügt: www.thieme.de/eref-registrierung.

CME-Fortbildung Was ist Palliativmedizin? Bei der Palliativmedizin geht es nicht nur ausschließlich um Patient*innen mit einer geschätzten Lebenserwar- tung von wenigen Stunden oder Monaten [2]. Die Auf- gabe der Palliativmedizin besteht nicht darin, das Ster- ben zu beschleunigen oder zu verändern [3]. Vielmehr stellt die Palliativmedizin sicher, dass Patienten bis zum Zeitpunkt ihres Todes befähigt und ermutigt werden, ihr Leben auf sinnvolle, produktive und erfüllende Wei- se zu genießen. Aus diesem Ansatz heraus hat auch die Rehabilitation bei palliativmedizinisch betreuten Pa- tient*innen einen hohen Stellenwert im Hinblick auf körperliches, psychisches und geistiges Wohlbefinden [4]. Merke Versorgung am Lebensende (End-of-Life Care) kann synonym für Palliativversorgung und Hospizversor- gung verwendet werden, wobei das Lebensende als Zeitrahmen von 1–2 Jahren verstanden wird, in dem der Patient/die Patientin, die Familie und die Be- handler*innen realisieren, dass die Erkrankung le- bensbegrenzend geworden ist [5]. Die WHO-Definition der Palliativmedizin im Jahr 2002 betont die Bedeutung der Prävention von Leid: „Palliative Care ist ein Ansatz, der die Lebensqualität der Patienten und ihrer Familien verbessert, die mit den Pro- blemen im Zusammenhang mit einer lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert sind, durch die Prävention und Lin- derung von Leid, durch frühzeitige Identifizierung und ta- dellose Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen körperlichen, psychosozialen und spirituellen Pro- blemen.“ [6] Dabei orientiert sich die moderne Palliativmedizin an folgendem Leitgedanken: „Nicht dem Leben mehr Zeit hinzufügen, sondern der ver- bleibenden Zeit mehr Leben.“ [7], [8]. Auf einer Palliativstation müssen neben der ständigen medizinischen und pflegerischen Versorgung auch so- ziale Interaktion und Unterstützung sowie Geselligkeit und Freizeit sichergestellt werden [2], um der psy- chischen Belastung entgegenzuwirken. Eine psychische Belastung bezieht sich auf einen Zustand des emotio- nalen Leids, das durch das Auftreten von Depression und Angst gekennzeichnet ist [9]. Über 30 % der pallia- tivmedizinisch betreuten Patient*innen leiden an psy- chischen Belastungen. Bei fortgeschrittenen Maligno- men und schlechter Prognose liegen bei mehr als 50 % der Patient*innen klinisch relevante Ängste und De- pressionen vor. Aufgrund der Schwierigkeit der Unterscheidung von angemessener Trauer bleiben mehr als 50 % der psy- chischen Beschwerden in der Palliativmedizin unent- deckt [10, 11]. Merke Paare sollten als emotionales System und nicht nur als individuelle Personen betrachtet werden [12] Hygienemaßnahmen sind entsprechend zu adaptieren. MRE und Antibiotikatherapien in der Palliativmedizin In der Palliativmedizin sind schätzungsweise 4–18 % der Patient*innen mit MRE besiedelt [13–16]. So waren in einer 2020 veröffentlichten Surveillance-Studie 18 % der Patient*innen einer Kinderpalliativstation mit ei- nem MRE besiedelt. Am häufigsten wurden E. coli und Pseudomonas spp. zu jeweils 8,1 % nachgewiesen [14]. Ein Grund für die relativ hohe MRE-Prävalenz bei pallia- tivmedizinisch betreuten Patient*innen kann die um- fangreiche Gabe von Antibiotika darstellen. In Studien wird berichtet, dass zwischen 49 % und 89 % der pallia- tivmedizinisch betreuten Patient*innen in den letzten 2 Wochen ihres Lebens eine Antibiotikatherapie erhal- ten haben [17, 18]. Merke Das Ziel der Antibiotikatherapie in der Palliativmedi- zin ist die Symptomkontrolle [19]. Palliativmedizinisch betreute Patient*innen erhalten Antibiotika wegen der Neigung zu Fieber oder Infektio- nen [20–24], die verschiedene Ursachen haben kann [19]: ▪ reduzierter Allgemeinzustand, ▪ Kachexie, ▪ Immunsuppression, ▪ Immobilität, ▪ Abbau von körpereigenen Abwehrmechanismen und ▪ Verwendung Harnwegs- oder Zentralvenen- kathetern. Es gibt nur wenige, nicht-kontrollierte Studien, die eine Symptomverbesserung nach antimikrobieller Therapie gezeigt haben. Aufgrund der methodischen Mängel in den vorhandenen Studien kann eine Wirksamkeit der Antibiotikatherapie bezüglich der Symptomverbesse- rung bei palliativmedizinisch betreuten Patient*innen nicht als gesichert gelten [25]. Auf der anderen Seite kann durch die Antibiotikatherapie eine unerwünschte Verlängerung des Sterbeprozesses verursacht werden [26]. 40 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung FALLBEISPIEL Fall 3 Frau L. ist 91 Jahre alt und lebt seit 3 Jahren in einem Pflege- heim. Sie ist aufgrund vieler Vorerkrankungen bettlägerig und leidet an einer ziemlich fortgeschrittenen Demenz. Sie entwi- ckelte Fieber bis 38,3 °C, und aufgrund ihrer Demenz ist es nicht möglich, eine Anamnese zu erheben. Die Altenpflegerin fragte sie: „Haben Sie Aua?“, worauf Frau L. antwortet „Aua – ja“, jedoch kann sie nicht mitteilen, wo die Schmerzen sind oder herkommen. Die Altenpflegerin ruft den Hausarzt an, der nach einer körperlichen Untersuchung keine Infektionsquelle feststellen kann. Alle vitalen Zeichen sind dem Alter und den Umständen entsprechend stabil. Folgende Optionen stehen dem Hausarzt zur Verfügung: ▪ Er kann von einer fieberhaften bakteriellen Infektion auszu- gehen und direkt eine Antibiotikatherapie einleiten. ▪ Er kann von einem Fieber unklarer Genese auszugehen und zunächst eine symptomatische Therapie mittels Paracetamol oder Metamizol einleiten. ▪ Er kann weitere Diagnostik wie z. B. einen Point of Care-CRP- Test, eine labordiagnostische oder/und radiologische Kon- trolle anordnen. Allerdings würde Letzteres eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig machen und die Patientin zu- sätzlich belasten. In Abstimmung mit dem gesetzlichen Betreuer der Patientin leitet der Hausarzt zunächst die symptomatische Therapie mittels Metamizol ein. Falls sich der Zustand der Patientin ver- schlechtert, soll eine Verlegung in das von Frau L. schon vor Jahren festgelegte Hospiz erfolgen. schutz und Schutzbrille, sofern zu erwarten ist, dass bei den geplanten Maßnahmen Tröpfchen und/oder Aero- sole entstehen. Faktoren, die die Entscheidung der Behandler*innen in Bezug auf den Antibiotika-Einsatz beeinflussen Die Haltung zur Behandlung von Infektionen bei tod- kranken Patient*innen und in der End-of-Life-Care ist innerhalb der Ärzteschaft unterschiedlich. Die Refle- xion der Ärzte und Ärztinnen über ihre eigene Haltung bezüglich des Managements von Infektionskrankheiten und eines würdevollen Todes kann dazu beitragen, die Versorgung am Ende des Lebens zu optimieren [43]. Eine umfassende Untersuchung zu Barrieren bei der Verschreibung von Medikamenten im Allgemeinen hat gezeigt, dass der Prozess der Entscheidungsfindung vielschichtig ist. Es gibt intrinsische Faktoren (z. B. Überzeugungen, Einstellungen, Wissen, Fähigkeiten, Verhalten) und extrinsische Faktoren (z. B. Patient*in- nen, Arbeitsumfeld, Gesundheitssystem und kulturelle Faktoren), die die Entscheidung beeinflussen [44]. Andere Faktoren Ärzt*innen untersuchen die Patient*innen vor der Ver- schreibung von Antibiotika körperlich eventuell nicht, wenn sie nur konsiliarisch oder telemedizinisch arbei- ten, oder sie kennen die vollständige Vorgeschichte der Patientin/des Patienten nicht, wenn sie im Dienst oder in Vertretung tätig sind. Entscheidungen für den Einsatz von Antibiotika sind stark abhängig vom Inhalt der Informationen, die vom Pflege- oder anderem Ge- sundheitspersonal übermittelt werden [34]. Viele Patient*innen leiden am Ende des Lebens an einer fortgeschrittenen Demenz oder anderen Erkrankun- gen, die die verbale Kommunikation beeinträchtigen; daher ist es schwierig, zwischen einer asymptoma- tischen Kolonisation und einer symptomatischen Infek- tion zu unterscheiden [35]. In vielen Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der ambulanten Palliativpflege fehlt es an Labor- oder ra- diologischer Diagnostik, sodass das Material erst zur Diagnostik an das Labor versandt oder Patient*innen verlegt werden müssen. Dadurch verzögert sich der In- formationsfluss innerhalb des Diagnoseverfahrens. Oft führen der höhere Aufwand und die verzögerten Diag- noseergebnisse zu einem geringeren Einsatz medizini- scher Untersuchungen [35]. Druck von Seiten von Patient*innen und der Familien- angehörigen kann ebenfalls Verschreibungen beein- flussen, wenn sich Ärzt*innen gezwungen fühlen, den Bedürfnissen der Familie nachzukommen. Insbesonde- re trifft dies zu, wenn es keine sichere Diagnose gibt, eine weitergehende Diagnostik nicht sinnvoll oder nicht möglich ist oder während der Behandlung am Ende des Lebens [45]. Daher sollten Patient*innen und ihre Familien in das Gespräch darüber einbezogen wer- den, wie ihre Infektionen behandelt werden [46]. In vielen Fällen ist die Fortsetzung ressourcenintensiver intravenöser antimikrobieller Mittel ein Hindernis für den Übergang zur Hospizversorgung [32]. Die Faktoren, die die Verschreibung von Medikamen- ten im Allgemein beeinflussen [46], sowie „Kollateral- schäden“ von Antibiotika mit Hervorhebung der psy- chischen und somatischen Auswirkungen sind in ▶ Abb. 1 dargestellt. Mögliche Lösungsansätze Hygienemaßnahmen Die KRINKO empfiehlt, „MRSA-kolonisierte bzw. -infi- zierte Patienten im Rahmen eines Maßnahmenbündels räumlich getrennt von anderen Patienten unterzubrin- gen“ [40]. Weiter weist sie darauf hin, dass die Qualität 42 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung werden [48]. Das bedeutet, dass Patient*innen das Zimmer verlassen dürfen und Angehörige keine per- sönliche Schutzausrüstung tragen müssen, wenn sie das Krankenhaus direkt nach dem Besuch wieder ver- lassen. Patient*innen und Angehörige sind auf die Wichtigkeit der Händehygiene hinzuweisen. Das Perso- nal trägt die PSA nur bei patientennahen Maßnahmen (z. B. Wundversorgung). Die fachliche Grundlage für dieses Vorgehen liefern u. a. auch die KRINKO-Empfehlungen „Infektionspräventi- on in Heimen“ [49] und „Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococ- cus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen“ [40]. Beide Empfehlun- gen beschreiben, dass Bewohner*innen bzw. Pa- tient*innen das Zimmer verlassen dürfen und am Sozi- alleben teilhaben können. Voraussetzung dafür ist, dass Wunden abgedeckt sind. Transmissionen aus dem Nasen-Rachen-Raum lassen sich mit einem Mund-Nasen-Schutz (MNS) wirksam verhindern. Die KRINKO-Empfehlung zu MRGN sieht auch für Langzeit- patient*innen die Möglichkeit vor, dass die Schutz- maßnahmen gelockert werden, wenn dies in Abstim- mung mit den Verantwortlichen von Krankenhaushy- giene, Mikrobiologie und Infektiologie erfolgt [38]. Einschränkend muss an dieser Stelle darauf hingewie- sen werden, dass Patient*innen mit Immunsuppressi- on/-defizienz auch in der Palliativversorgung einer spe- ziellen Risikoabwägung bedürfen [50]. Cave Patient*innen in der Palliativversorgung gehören fast immer einer Risikogruppe nach der KRINKO-Empfeh- lung zu MRSA an und sind daher bei stationärer Auf- nahme zu screenen [16, 40]. In dem Projekt PALLINI hat sich die Forschergruppe mit der Hygiene in Kinder-Palliativstationen beschäftigt. Die daraus entwickelten Maßnahmen basieren vor al- lem auf den 3 Elementen ▪ MRE-Screening, ▪ Barrierepflege und ▪ dem Monitoring. Das MRE-Screening sollte bereits vor der Aufnahme er- folgen, um einen reibungslosen Ablauf von Beginn an zu ermöglichen. Die Barrierepflege beinhaltet das Tra- gen von PSA seitens des Personals bei direktem Kon- takt mit dem MRE-besiedelten Kind. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit der offenen Türen eingeführt, sodass Pflegekräfte ins Zimmer eintreten können, ohne etwas zu berühren. Diese simple Maßnahme wirkte dem Ge- fühl des Eingesperrtseins entgegen. Das Monitoring meint die Koordination und Kontrolle aller Maßnahmen im Stationsalltag, die durch das Pflegepersonal ge- währleistet werden. Die Autorinnen weisen auf die He- rausforderungen im Alltag hin, dass beispielsweise die Abstandsregeln zwischen den Kindern nicht immer op- timal eingehalten werden können und dass die Schutz- kittel in der Öffentlichkeit als stigmatisierend empfun- den werden können [31]. Die Einführung des Hygienekonzeptes wurde über ein Jahr lang evaluiert und es kam zu keinen nosokomialen Infektionen innerhalb dieses Zeitraumes [14]. Von he- rausragender Bedeutung ist bei diesem Konzept die Kommunikation innerhalb des Teams sowie mit allen Familien auf der Station. Dafür wurden Schulungsvi- deos, Hinweisschilder sowie Informations- und Merk- blätter erstellt. Außerdem wurde innerhalb der Imple- mentierungsphase sehr viel Wert auf regelmäßige Teambesprechungen und Austauschmöglichkeiten zwischen den Familien gelegt [31]. Müller-Busch bringt den Begriff der „reflektierten Ent- scheidung“ ins Spiel, was den Dialog mit den Pa- tient*innen bezüglich der Therapiewünsche, Patien- tenverfügungen oder die Beendigung lebensverlän- gernder Maßnahmen betrifft. Dies setzt aber auch kon- sequent transparentes Handeln voraus [3]. Merke In der Palliativversorgung sind neben der konse- quenten Basishygiene plus risikoadaptierten Inter- ventionsmaßnahmen auch die Partizipation der Be- troffenen und ihrer Angehörigen zu berücksichtigen. Mit dem Ansatz der Basishygiene lassen sich die we- sentlichen Übertragungsrisiken vermeiden. Ein Diskussionspunkt ist oftmals der Nutzen bzw. die Sinnhaftigkeit von risikobasierten Aufnahmescree- nings. Nach den Erfahrungen der Palliativmediziner*in- nen gehören oft über 90 % der palliativmedizinisch be- treuten Patient*innen zur entsprechenden Risikogrup- pe, wie sie von der KRINKO für ein MRSA- Aufnahme- screening festgelegt wurde. Aufgrund der Aufwand-Nutzen-Abwägung erscheint ein generelles Aufnahmescreening bei palliativmedizi- nisch betreuten Patient*innen sinnvoll [16, 47]. Die Palliativmediziner*innen weisen jedoch darauf hin, dass ein positives MRE-Ergebnis zu adäquaten Hygiene- maßnahmen führen muss, wobei die Angemessenheit im Kontext der Sterbebegleitung bedeutet, dass eine sorgfältige Abwägung von Schutz- und Isolierungser- fordernissen (z. B. für Patienten, Angehörige, Besucher, Pflegepersonal) und dem Bedürfnis der Patient*innen nach sozialer Teilhabe in ihrer letzten Lebensphase er- folgen muss. 44 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Die Entscheidung über den Beginn einer Antibiotika- therapie hängt von der Überlebensprognose und dem voraussichtlichen Krankheitsverlauf ab, da die ge- schätzte Überlebenszeit der Patient*innen lang genug sein sollte, um die Antibiotikatherapie zu beenden und davon zu profitieren [55]. Mittlerweile wurde in Amerika ein Tool entwickelt [56], welches die Entscheidungsfindung der Ärzte und Ärz- tinnen in Bezug auf den Einsatz von Antibiotika in der Palliativmedizin unterstützen soll. Das STAMPS-Tool (s. Übersicht) kann auch als Rahmen für eine patienten- zentrierte Koordination des Einsatzes von Antibiotika in der Palliativversorgung zwischen dem Palliativ- Team, den Patient*innen und ihren Familien dienen. In ▶ Tab. 1 wird das STAMPS-Tool sowie die Anpassungen nach Datta, Sinert und Jonen-Thielemann dargestellt [32, 57, 58]. PR A XIS Das STAMPS-Tool ▪ Symptombeurteilung ▪ Therapieziele ▪ alternative Behandlungsmöglichkeiten ▪ Medikamentenfaktoren ▪ Prognose ▪ Stewardship Das STAMP-Tool kann im klinischen Alltag wie in Fall- beispiel 4 dargestellt verwendet werden. Fazit Palliativmedizin stellt sicher, dass Patient*innen bis zum Zeitpunkt ihres Todes befähigt und ermutigt wer- den, ihr Leben auf sinnvolle, produktive und erfüllende Weise zu genießen. Der Leitgedanke lautet: „Nicht dem Leben mehr Zeit hinzufügen, sondern der verbleiben- den Zeit mehr Leben“ [7, 8]. Patient*innen in der Palliativversorgung haben ein ho- hes Risiko für die Kolonisation mit MRE, daher erscheint es sinnvoll, bei stationärer Aufnahme ein generelles Screening durchzuführen. Tatsächlich gibt es unter- schiedliche Aussagen zu den MRE-Raten bei palliativ- medizinisch betreuten Patient*innen, die von 4–18 % reichen. Ein MRE-Nachweis führt regelhaft zur Isolie- rung innerhalb des Krankenhauses, was wiederum eine eingeschränkte Palliativversorgung sowie psychische Schäden bei den Betroffenen zur Folge hat. Neben den häufigen Kontakten zum Gesundheitssystem tragen si- cher auch die hohen Verordnungsraten von Antibiotika in der letzten Lebensphase zu den hohen MRE-Raten bei. Individuelle Hygienekonzepte innerhalb der Pallia- tivversorgung können helfen, das o. g. Ziel der Palliativ- versorgung auch für MRE-positive Patient*innen zu er- möglichen, ohne den Schutz der Mitpatient*innen zu vernachlässigen. ▶ Tab. 1 STAMP-Tool (Symptombeurteilung, Therapieziele, alternative Behandlungsmöglichkeiten, Medikamentenfaktoren, Prognose, Stewardship). Sterbephasen nach Jonen- Thielemann 2000 [58] Beschreibung Empfehlung nach Datta et al. 2017 [32] Ergänzung nach Sinert et al. 2020 [57] Phase 1 (Rehabilitationsphase) Phase 2 (Präterminalphase) Phase 3 (Terminalphase) Phase 4 (Sterbephase) Zu einem großen Teil kann normal am gesellschaftlichen Leben teilgenommen werden. (Monate bis Jahre) Das aktive Leben wird zunehmend eingeschränkt. (Wochen bis Monate) Bettlägerigkeit und eingeschränkte Mobilität. (Tage bis Wochen) Das Bewusstsein zeigt voll und ganz auf die innere Welt. (Stunden) Wenn indiziert, Antibiotika verabreichen. Gezielte Therapie zur Symptomlinderung. Keine Antibiotikagabe. Symptombeurteilung Therapieziele alternative Behandlungsmöglichkeiten Medikamentenfaktoren Prognose Stewardship 46 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung KERNAUSSAGEN ▪ Patient*innen in der Palliativversorgung haben ein hohes Risiko für die Kolonisation mit MRE. Neben den häufigen Kontakten zum Gesundheitssystem tragen sicher auch die hohen Verordnungsraten von Antibiotika in der letzten Lebensphase zu den hohen MRE-Raten bei. ▪ Ein MRE-Nachweis führt regelhaft zur Isolierung innerhalb des Krankenhauses, was wiederum eine eingeschränkte Pal- liativversorgung sowie psychische Schäden bei den Betroffe- nen zur Folge hat. ▪ Individuelle Hygienekonzepte innerhalb der Palliativversor- gung können helfen, das o. g. Ziel der Palliativversorgung auch für MRE-positive Patient*innen zu ermöglichen, ohne den Schutz der Mitpatient*innen zu vernachlässigen. ▪ Patient*innen und ihre Angehörigen sollten in den Entschei- dungsprozess hinsichtlich der Antibiotikaeinnahme sowie der Hygiene- und Isolierungsmaßnahmen einbezogen werden. ▪ Weitere Forschung zu Vor- und Nachteilen einer Antibiotika- gabe sind notwendig, um palliativmedizinisch betreute Pa- tient*innen vor unnötigen Kollateralschäden durch die Be- handlung zu schützen. ▪ In der stationären wie ambulanten Palliativversorgung sollte ABS-Expertise zur Anwendung kommen. ▪ Neben der Basishygiene wurden bereits Hygienekonzepte entwickelt, die auf drei Elementen beruhen: MRE-Screening (bereits vor der Aufnahme), Barrierepflege und Monitoring. Interessenkonflikt Erklärung zu finanziellen Interessen Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Be- rater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein. Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessen- konflikt besteht. Autorinnen/Autoren Alsayed Dawoud Jahrgang 1985. 2003–2009 Medizinstudium Kairo Universität, Ägypten. 2017 deutsche Approbation, Universitätsmedizin Göttingen. 2016–2018 Assistenzarzt Neurointensiv- medizin und Frührehabilitation im evangeli- schen Krankenhaus Oldenburg. 2018–2021 Weiterbildung für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Seit 11.2021 Facharzt für Anästhesie und Notfallmedizin. Martin Groß Dr. med. Martin Groß ist Chefarzt der Klinik für Neurologische Intensivmedizin und Früh- rehabilitation und des Interdisziplinären Pal- liativzentrums am Evangelischen Kranken- haus Oldenburg und Facharzt für Neurologie mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin, Pal- liativmedizin, Schlafmedizin und Notfallmedizin. Er ist He- rausgeber mehrerer Fachbücher Außerdem ist er Sprecher der Sektion Neurologie und Neurorehabilitation der Deut- schen Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB) und Mitglied der Kommission für Neurologische Palliativ- medizin der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Thomas Demmer Dr. med. Thomas Demmer, ist Facharzt für Anästhesiologie sowie Palliativ-, Ernährungs- und Notfallmediziner. Im Anschluss an seine Facharztausbildung arbeitet er zunächst als Oberarzt und später als leitender Oberarzt der Abteilung für Anästhesiologie, Intensiv- medizin, Notfallmedizin, perioperative Schmerztherapie und Palliativmedizin am St. Bernhard Hospital, Brake. Dort war er am Aufbau der geplanten Palliativstation beteiligt und übernahm 2017 die ärztliche Leitung des Palliativnetz- werk Wesermarsch e.V. 2019 wechselte er als leitender Oberarzt an das Interdisziplinäre Palliativzentrum am Evan- gelischen Krankenhaus in Oldenburg. Patrick Ziech Jahrgang 1982, Ausbildung zum Kranken- pfleger (1999 – 2002) und zum Hygienekon- trolleur (2003 – 2005) sowie berufsbegleiten- de Fernstudiengänge der angewandten Gesundheitswissenschaften (B. Sc.) an der HS Magdeburg-Stendal (2009 – 2012) und an der Uni Bielefeld zum Master of Health Administration (M. A.) (2013 – 2015). Seit 2005 Erfahrungen in der Hygienebera- tung sowie infektionshygienischen Überwachung bei un- terschiedlichen Arbeitgebern (z.B. Gesundheitsamt, KV Nordrhein und HYBETA GmbH). Seit 2016 als Hygienenetz- werkkoordinator beim Niedersächsischen Landesgesund- heitsamt (NLGA) tätig. 48 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung [28] Rüttimann S, Keck B, Hartmeier C et al. Long‐term antibiotic cost savings from a comprehensive intervention program in a medical department of a university‐affiliated teaching hospital. Clinical infectious diseases: an official publication of the Infectious Diseases Society of America 2004; 38: 348–356 doi: 10.1086/380964 [29] Alam MF, Cohen D, Butler C et al. The additional costs of antibiotics and re‐consultations for antibiotic‐resistant Escherichia coli urinary tract infections managed in general practice. International journal of antimicrobial 2009; 33: 255–257 doi: 10.1016/j.ijantimicag.2008.08.027 [30] Tiedtke JM, Stiel S, Heckel M et al. Staff members' ambiva- lence on caring for patients with multidrug‐resistant bacte- ria at their end of life: a qualitative study. J Clin Nurs 2018; 27: 3115–3122 doi: 10.1111/jocn.14503 [31] Hartenstein-Pinter A, Stening K, Garske D et al. Teilhaben trotz multiresistenter Erreger (MRE). Z Palliativmed 2020; 21: 301–307 doi: 10.1055/a‐1228‐6512 [32] Datta R, Juthani-Mehta M. Burden and management of multidrug‐resistant organisms in palliative care. Pall Care 2017; 10: 1178224217749233 doi: 10.1177/ 1178224217749233 [33] Rocker D, Vasentin-Lewedei J, Schönrock-Nabulsi P et al. Hygiene in Rehabilitationseinrichtungen. Krankenhaushyg Up2date 2021; 16: 147–166 doi: 10.1055/a‐099- 4095 [34] McElligott M, Welham G, Pop-Vicas A et al. Antibiotic ste- wardship in nursing facilities. Infect Dis Clin N Am 2017; 31: 619–638 doi: 10.1016/j.idc.2017.07.008 [35] Seah J, Myers E, Freeley C et al. Reporting antimicrobial use in long‐term care facilities. Open Forum Infect Dis 2015; 2: (Suppl. 01): 153 doi: https://doi.org/10.1093/ofid/ ofv133.31 [36] Guillemin I, Marrel A, Lambert J et al. Patients' experience and perception of hospital‐ treated Clostridium difficile in- fections: a qualitative study. Patient 2014; 7: 97–105 doi: 10.1007/s40271‐013‐0043‐y [37] Vent-Schmidt J, Attara GP, Lisko D et al. Patient experiences with clostridioides difficile infection: results of a Canada‐ wide survey. Patient Preference Adherence 2020; 14: 33–43 doi: 10.2147/PPA.S229539 [38] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprä- vention (KRINKO) beim Robert Koch‐ Institut (RKI). Hygie- nemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multi- resistenten gramnegativen Stäbchen. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2012; 55: 1311– 1354 doi: 10.1007/s00103‐012‐1549‐5 [42] Amin-Hanjani S, Bambakidis NC, Barker FG et al. Editorial. COVID‐19 and neurosurgical practice: an interim report. J Neurosurg 2020; 133: 3–4 doi: 10.3171/2020.4.JNS201099 [43] Fishman N. Antimicrobial stewardship. Am J Infect Control 2006; 34: (Suppl. 01): S55–S63 discussion S64‐S73 doi: 10.1016/j.ajic.2006.05.237 [44] Anderson K, Stowasser D, Freeman C et al. Prescriber bar- riers and enablers to minimising potentially inappropriate medications in adults: a systematic review and thematic synthesis. BMJ Open 2014; 4: e006544 doi: 10.1136/bmjo- pen‐2014‐006544 [45] Loenhoff J, Schmitz HW. Telekommunikation gegen Isolati- on. Kommunikationswissenschaftliche Studien aus einem Modellprojekt in einer Klinik. 1. Aufl. Wiesbaden: Springer Fachmedien; 2015 [46] Macedo F, Nunes C, Ladeira K et al. Antimicrobial therapy in palliative care: an overview. Support Care Cancer 2018; 26: 1361–1367 doi: 10.1007/s00520‐018‐4090‐8 [47] Ostgathe C. Zum Umgang mit Multiresistenten Erregern (MRE) in der Versorgung von Patienten am Lebensende im Krankenhaus. 2017: https://www.dgpalliativmedizin.de/ images/RZ_170213_MRE_online.pdf [48] Ostgathe C, Stachura P, Hofmann S et al. SOP – Umgang mit multiresistenten Erregern auf der Palliativstation. Onkologe 2017; 23: 303–310 doi: 10.1007/s00761‐017‐0197‐7 [49] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprä- vention (KRINKO) beim Robert Koch‐ Institut (RKI). Infekti- onsprävention in Heimen. Bundesgesundheitsbl Gesund- heitsforsch Gesundheitsschutz 2005; 48: 1061–1080 doi: 10.1007/s00103‐005‐1126‐2 [50] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprä- vention (KRINKO) beim Robert Koch‐ Institut (RKI). Anfor- derungen an die Infektionsprävention bei der medizini- schen Versorgung von immunsupprimierten Patienten: Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch‐Institut. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheits- schutz 2021; 64: 232–264 doi: 10.1007/s00103‐020‐ 03265‐x [51] Gastmeier P. Antibiotic Stewardship und Hygiene – 2 Seiten einer Medaille. AINS 2017; 52: 248–259 doi: 10.1055/s‐ 0042‐122129 [52] Bruera E, Sweeney C, Russell N et al. Place of death of Houston area residents with cancer over a two-year period. J Pain Symptom Manag 2003; 26: 637–643 doi: 10.1016/ S0885‐3924 (03)00204‐5 [39] Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohl- [53] Ali S, Sykes N, Flock P et al. An investigation of MRSA in- fahrtspflege (BGW). TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege. 2016: https://www.bgw-online.de/resource/blob/13696/ f7d59061152e53c1b6a32ab254f6acd5/trba250-biologi- sche-arbeitsstoffe-im-gesundheitswesen-und-in-der-wohl- fahrtspflege-data.pdf [40] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprä- vention (KRINKO) beim Robert Koch‐ Institut (RKI). Emp- fehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin‐re- sistenten Staphylococcus aureus‐Stämmen (MRSA) in me- dizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Bundesge- sundheitsbl 2014; 57: 695–732 doi: 10.1007/s00103‐014‐ 1980‐x [41] Jacobs Slifka KM, Kabbani S, Stone ND. Prioritizing preven- tion to combat multidrug resistance in nursing homes: a call to action. J Am Med Directors Assoc 2020; 21: 5–7 doi: 10.1016/j.jamda.2019.11.024 fection in a hospice. Pall Med 2005; 19: 188–196 doi: 10.1191/0269216305pm1011oa [54] Barlam TF, Cosgrove SE, Abbo LM et al. Implementing an antibiotic stewardship program: guidelines by the Infectio- us Diseases Society of America and the Society for Health- care Epidemiology of America. Clinical infectious diseases: an official publication of the Infectious Diseases Society of America 2016; 62: e51–e77 doi: 10.1093/cid/ciw118 [55] Nagy-Agren S, Haley HB. Management of infections in pal- liative care patients with advanced cancer. J Pain Symptom Manag 2002; 24: 64–70 doi: 10.1016/S0885-3924-(02) 00420-7 [56] Sinert M, Stammet Schmidt MM, Lovell AG et al. Guidance for safe and appropriate use of antibiotics in hospice using a collaborative decision support tool. J Hosp Palliat Nurs 2020; 22 : 276–282 doi: 10.1097/NJH.0000000000000655 50 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Fragen und Antworten | CME Punkte sammeln auf CME.thieme.de Diese Fortbildungseinheit ist in der Regel 12 Monate online für die Teilnahme verfügbar. Unter https://eref.thieme.de/CXHFWWY oder über den QR-Code kommen Sie direkt zur Startseite des Wissenstests und zum Artikel Sie finden dort auch den genauen Einsendeschluss. Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, finden Sie unter https://cme.thieme.de/hilfe eine ausführ- liche Anleitung. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Beantworten der Fragen! VNR 2760512022161723806 Frage 1 Wodurch ist Palliativmedizin gekennzeichnet? A Bei der Palliativmedizin geht es ausschließlich um Patient*innen mit einer geschätzten Lebenserwartung von wenigen Stunden oder Monaten. Bei der Palliativmedizin handelt es sich darum, dem Leben mehr Tage zu geben. B C Der Zweck der Palliativmedizin besteht darin, das Sterben zu beschleunigen oder zu verändern. D Die Palliativmedizin findet ausschließlich ambulant statt. Palliativmedizin stellt sicher, dass Patienten bis zum Zeit- E punkt ihres Todes befähigt und ermutigt werden, ihr Leben auf sinnvolle, produktive und erfüllende Weise zu genießen. Frage 2 Wie hoch sind die Raten multiresistenter Erreger (MRE) in der Palliativversorgung? A In der Palliativmedizin sind die MRE-Raten vergleichbar mit B C denen in Altenheimen. In der Palliativversorgung sind bis zu 50 % der Patient*innen mit MRE besiedelt. In der Palliativmedizin sind die MRE‐Raten vergleichbar mit denen auf einer Normalstation. D In der Palliativversorgung sind schätzungsweise von 4–18 % E der Patient*innen mit MRE besiedelt. Es gibt keine Daten zu den MRE‐Raten in der Palliativ- versorgung. Frage 3 Inwieweit liegen bei palliativmedizinisch Betreuten Risikofak- toren für MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) vor? A Erfahrungsgemäß liegt bei über 90 % der palliativmedizi- B nisch betreuten Patient*innen ein Risikofaktor für eine MRSA‐Kolonisation gemäß der KRINKO‐Empfehlung vor. Bei palliativmedizinisch betreuten Patient*innen liegen erfahrungsgemäß keine Risikofaktoren für eine MRSA- Kolonisation gemäß der KRINKO‐Empfehlung vor. Erfahrungsgemäß liegen bei 20–39 % der palliativmedizi- nisch betreuten Patient*innen ein Risikofaktor für eine MRSA‐Kolonisation gemäß der KRINKO-Empfehlung vor. D Die Risikofaktoren für MRSA sind in der Palliativmedizin C unwichtig. E Die Risikofaktoren für MRSA sind in der Palliativmedizin bisher völlig unbekannt. Frage 4 Wie viel Antibiotika werden in der Palliativversorgung verschrieben? A Nicht mehr als in der übrigen Bevölkerung. B Jede Palliativpatientin und jeder Palliativpatient erhält in den letzten 4 Tagen seines Lebens ein Antibiotikum, um seine Symptome zu lindern. Palliativpatienten erhalten heutzutage keine Antibiotika- therapie mehr. C D In der Palliativversorgung erhalten etwa10 % der palliativ- E medizinisch betreuten Patient*innen eine Antibiotika- therapie in den letzten 4 Wochen ihres Lebens. In der Palliativversorgung erhalten zwischen 49 % und 89 % der palliativmedizinisch betreuten Patient*innen eine Anti- biotikatherapie in den letzten 2 Wochen ihres Lebens. Frage 5 Das STAMPS-Tool besteht aus folgenden Items, bis auf: Stewardship (ABS) Symptombeurteilung und Therapieziele A Prognose B C D Angehörige E Medikamentenfaktoren 52 Dawoud Alsayed et al. Multiresistente Erreger in … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 37–53 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Notizen

Krankenhaushygiene up2date 1 · 2022 Präventionsmaßnahmen 1 Psychologie und Förderung der Händehygiene-Compliance Thomas von Lengerke Iris F. Chaberny VNR: 2760512022161723814 DOI: 10.1055/a-1194-3049 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17 (1): 57–79 ISSN 1862-5797 © 2022. Thieme. All rights reserved. Thieme

CME-Fortbildung Psychologie und Förderung der Händehygiene-Compliance Neue Perspektiven für den Weg von der Motivation zum Verhalten Thomas von Lengerke, Iris F. Chaberny Obwohl die Händehygiene eine hocheffektive infektionspräventive Maßnahme ist, wird sie immer noch nicht überall ausreichend durchgeführt. Wie sich das Verhalten der Mitarbeiter positiv beeinflussen lässt, lesen Sie in diesem Beitrag. Einleitung: Hygienische Hände- desinfektion-Compliance als Verhalten Trotz anerkannter Bedeutung der Händehygiene ist die Umsetzung dieser nach wie vor effektivsten Einzelmaß- nahme zur Prävention nosokomialer Infektionen (NI) weiterhin ungenügend. So hat eine systematische Übersichtsarbeit auf Intensivstationen in Ländern mit hohem Einkommen eine mittlere Compliance-Rate von lediglich 64,7 % ermittelt [1]. Erklärungen der da- mit verbundenen Non-Compliance – immerhin wird so- gar in diesem Hochrisikobereich mehr als jede dritte Gelegenheit zur Händedesinfektion ausgelassen – kön- nen sich grundsätzlich auf Mechanismen beziehen, die „in“ den handelnden Mitarbeitern (z. B. ihre Motivation oder Fähigkeiten) oder in deren Umwelt liegen (z. B. so- ziale Vorbilder oder technische Ausstattung) [2–4]. Mit anderen Worten: Verhalten ist immer eine Funktion von Person und Umwelt [5]. Merke Deshalb ist die Notwendigkeit, bei der Förderung der Händehygiene psychologische Ansätze zu nutzen, evident [6]. Als Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Men- schen versucht die Psychologie, Handeln dadurch zu erklären und vorherzusagen, wie Menschen sich selbst, ihre Umwelt und deren Interaktion sowie Ereignisse wahrnehmen und intern repräsentieren (beschreiben, einschätzen, bewerten, usw.). Es geht also darum, wie und unter welchen Bedingungen diese psychischen Faktoren und Prozesse zu Verhaltensweisen und ihrer Veränderung beitragen. In diesem Beitrag wird die Förderung von Händehygie- ne-Compliance aus dieser Perspektive dargestellt. Da- bei gehört zu den ersten Schritten in der Entwicklung von Interventionen zur Verhaltensänderung, den Be- griff Compliance, also leitliniengerechtes Verhalten, möglichst konkret zu definieren [7]. Leitliniengerechte Händehygiene In der Krankenhaushygiene ist „professionelle Hände- hygiene“ ein übergeordneter Begriff, der neben der chirurgischen die hygienische Händedesinfektion (HD) mittels Einreibens mit einem alkoholbasierten Präparat umfasst. Merke Eine HD soll vor jeder Übertragungsmöglichkeit von Infektionserregern auf Patienten durch die Hände eines Mitarbeiters und nach jeder potenziellen Kon- tamination der Hände erfolgen. Dabei werden gemäß Weltgesundheitsorganisation (WHO) die in der folgenden Übersicht zusammenge- fassten 5 Indikationen unterschieden [8, 9]. Aktion Saubere Hände Behaviour Change Technique ABKÜR ZUNGEN ASH BCT COVID-19 Coronavirus Disease 2019 HAPA HD ITS KAB KMTS MHH NI PSYGIENE Verhaltenspsychologisch optimierte Förderung Health Action Process Approach Händedesinfektion Intensivstation Knowledge – Attitudes – Behavior Knochenmarktransplantationsstation Medizinische Hochschule Hannover nosokomiale Infektion SWE TTM WACH WHO der hygienischen Händedesinfektion Selbstwirksamkeitserwartung Transtheoretisches Modell Wundinfektionen und Antibiotikaverbrauch in der Chirurgie World Health Organization von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 59

Selbstwirksam- keitserwartung bzgl. Zielerreichung: Aufrecht- erhaltung Handlungs- planung Bewältigungs- planung ← – + → Gewohnheits- stärke Selbstwirksam- keitserwartung bzgl. Zielerreichung: Wieder- aufnahme nach Rückfall Initiative Aufrecht- erhaltung Handlungs- kontrolle Rückfallbewältigung Einflussfaktoren in der eigenen Sozialisation und aktuellen physischen, sozialen und gesellschaft- lichen Umwelt des Individuums Selbstwirksam- keitserwartung bzgl. Zielsetzung Handlungs- Ergebnis- Erwartungen Risikowahrneh- mungen Zielintention Motivierung Planung Handlung Ressourcen und Barrieren in der Umwelt, z. B. soziale Unterstützung, Team, Arbeitsbedingungen, technisch-bauliche Infrastrukturen, Kultur, Pandemien Motivationsphase „Unmotivierte“ Volitionsphase „Motivierte“ Handlungsphase „Handelnde“ ▶ Abb. 1 Das sozial-kognitive Prozessmodell gesundheitlichen Handelns (Health Action Process Approach, HAPA, in Anlehnung an [27–29] und erweitert um Einflussfaktoren auf die Motivationsphase sowie das Konstrukt der „Gewohnheitsstärke“). den Health Action Process Approach (HAPA) [27–29], fokussiert. Zum einen ist HAPA das Compliance-Modell der ASH [30], wird in verwandten Bereichen wie dem Arbeitsschutz genutzt [27] und greift Faktoren und Prozesse auf, die für die Habitualisierung von Verhal- tensweisen bedeutsam sind. Zum anderen integriert es die wichtigsten Faktoren anderer Theorien [31]. Im abschließenden Abschnitt „Praktische Compliance- Förderung“ wird dann noch auf die Konzeption des „Be- haviour Change Wheel“ [7, 32] eingegangen, das im Mittelpunkt der Entwicklung einer Verhaltens(ver)än- derungswissenschaft [33] steht. Einflussfaktoren Das HAPA-Modell beschreibt zentrale psychologisch re- levante Faktoren und Prozesse, die den Weg von einer ungesunden bzw. krankmachenden Gewohnheit zu ei- ner gesunden bzw. präventiv wirksamen Gewohnheit beeinflussen. Wie ▶ Abb. 1 zeigt, unterscheidet das Modell dabei mehrere Phasen. konkrete Ausführen des beabsichtigten Verhaltens und das Bewältigen von Rückfällen beziehen (Imple- mentationsintentionen). In der Handlungsphase wer- den das Verhalten initiiert und aufrechterhalten sowie Rückfälle bewältigt, bis es zu einer neuen Gewohnheit geworden ist (Habitualisierung). Bevor näher auf die Bedeutung dieser Phasen einge- gangen wird, sollen die einzelnen Einflussfaktoren, die in ▶ Abb. 1 dargestellt sind, erläutert werden: ▪ Risikowahrnehmungen, ▪ Handlungs-Ergebnis-Erwartungen (synonym: Konsequenzerwartungen), ▪ Selbstwirksamkeitserwartungen, ▪ Zielintentionen, ▪ Handlungs- und Bewältigungspläne („Implemen- tationsintentionen“), ▪ Handlungskontrolle, ▪ Einflussfaktoren, Ressourcen und Barrieren in der Umwelt. In der Motivationsphase bildet sich eine Verhaltensab- sicht ohne Planungscharakter („Zielintention“), die die Stärke der individuellen Motivation abbildet. In der Vo- litionsphase werden Pläne entwickelt, die sich auf das Hinweise darauf, wie diese Einflussfaktoren gefördert werden können, werden exemplarisch bereits in den folgenden Abschnitten unter Rückgriff auf Techniken der Verhaltensveränderung („behaviour change techni- von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 61

▶ Tab. 1 (Fortsetzung) Komponente Beispielitem(s) Skala ▪ organisatorische Barrieren auf der Station ▪ Zusammenarbeit auf der Station Auf meiner Station ist man immer wieder mit Problemen bei der Belegung der Patientenbetten konfrontiert. Auf meiner Station gibt es aufgrund von Abwesenheiten (z. B. Krankheit, Urlaub, Weiterbildungen) immer wieder Probleme. Auf meiner Station … ▪ funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kollegen gut. ▪ funktioniert die Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten gut. ▪ funktioniert die Zusammenarbeit mit den Angehörigen von Patienten gut. Verhaltensfrequenz (bei Indikation) Wenn Sie infektionsgefährdende Tätigkeiten ausführen, desinfi- zieren Sie dann Ihre Hände … von 1 „trifft überhaupt nicht zu” bis 7 „trifft voll und ganz zu” von 1 „trifft überhaupt nicht zu” bis 7 „trifft voll und ganz zu” 1. „immer” 2. „meistens” 3. „häufig“ 4. „nur gelegentlich“ 5. „eher selten“ [39] In wie viel Prozent der Fälle, in denen diese Maßnahme erforderlich ist, führen Sie diese aus Ihrer Sicht korrekt durch? von „0 %“ bis „100 %“ [40] Handlungsphasen [37–39] Haben Sie sich in der letzten Zeit vor und nach infektionsgefähr- denden Tätigkeiten die Hände desinfiziert? 1. „Ja, und es ist für mich zur Routine geworden.” 2. „Ja, jedoch ist es für mich noch nicht zur Routine geworden.“ 3. „Nein, aber ich habe die feste Absicht dazu.“ 4. „Nein, aber ich denke darüber nach.“ 5. „Nein, und ich habe es auch nicht vor.“ * Die Verwendung der hier beschriebenen Fragebogen-Items ist unter der Bedingung der Zitation der jeweiligen Quelle(n) gestattet und empfohlen. ques“, BCTs [34]) gegeben. Im abschließenden Ab- schnitt werden dann noch konkrete Beispiele aus zwei Forschungsprojekten aus dem universitäts- und dem nicht-universitätsmedizinischen Bereich vorgestellt. Risikowahrnehmung Subjektive Wahrnehmung Wenn die Wahrscheinlichkeit, an einer NI zu erkranken, gleich null wäre und auch so wahrgenommen würde, wäre es unnötig, sich überhaupt um eine Präventiv- maßnahme zu kümmern. Ähnliches würde gelten, wenn NI hinsichtlich ihres Schweregrads (also ihrer ne- gativen Konsequenzen) z. B. mit einem einfachen grip- palen Infekt vergleichbar wären. Merke Eine psychologische Grundvoraussetzung für HD- Adhärenz sind also subjektive Risikowahrnehmun- gen, die sich aus der Wahrscheinlichkeit und dem Schweregrad negativer Ereignisse multiplikativ zu- sammensetzen. Neben dem Infektionsrisiko ist dabei auch das Risiko von Bedeutung, Krankheitserreger zu übertragen (Transmissionsrisiko). ▶ Tab. 1 zeigt beispielhaft für die Wahrscheinlichkeit dieser beiden Risiken, wie sich Risikowahrnehmungen in einem Fragebogen erfassen lassen können. Realistische oder unrealistische Einschätzung Grundsätzlich können subjektive Risikowahrnehmun- gen realistisch sein, oder das jeweilige objektive Risiko kann unter- oder überschätzen werden – in letzteren Fällen spricht man von unrealistischem Optimismus bzw. Pessimismus. Ein Ziel der Risikokommunikation (also von Prozessen, in denen „verschiedene Akteure Informationen über das Ausmaß und die Bedeutung ei- nes Risikos sowie seine Kontrolle austauschen“ [41]) ist es, möglichst korrekte Risikoeinschätzungen zu indu- zieren. Dies ist darin begründet, dass unrealistisch opti- mistische Einschätzungen die Basis für fehlendes prä- ventives Verhalten sein können. Auch unrealistischer Pessimismus kann Motivation untergraben („Es wird ganz sicher passieren!“) oder unnötige Maßnahmen, z. B. überflüssige HD, zur Folge haben. Für die HD-Förderung, die sich v. a. an professionelle Akteure (Ärzte und Pflegende) richtet, ist es darüber hinaus bedeutsam, dass Experten bei ihren Risikowahr- nehmungen vorwiegend die Anzahl der Schadensfälle [41] in der Infektionsprävention berücksichtigen, also z. B. die Prävalenzen und Inzidenzen nosokomialer In- fektionen. Zudem geht es hier in erster Linie um Risiken von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 63

Handlungs-Ergebnis-Erwartungen vorliegen, um mög- lichst zielgenau darauf eingehen zu können. Selbstwirksamkeitserwartungen Sich Verhalten zutrauen Um eine möglichst starke Motivation aufzubauen, ist neben realistischen Risikowahrnehmungen und einer positiven Entscheidungsbalance eine weitere Kompo- nente zentral: die Selbstwirksamkeitserwartung (SWE). Diese beschreibt die Überzeugung in die eigene Fähig- keit, ein Verhalten mittels eigener Ressourcen ausfüh- ren zu können, um bestimmte Ziele zu erreichen [49, 50]. Sie ist deshalb wesentlich, weil ich in eine Verhal- tensweise, die ich mir nicht zutraue, motivational eher wenig(er) „investieren“ werde, selbst wenn ich von de- ren präventiver Relevanz überzeugt bin, und ihr auch insgesamt mehr Vor- als Nachteile zuspreche. Da das Motiv, positiv bewertete Ziele auch unter widrigen Um- ständen mittels eigenen Handelns und eigener Res- sourcen erreichen zu können, für die meisten Men- schen zentral ist, sind SWE inzwischen Teil praktisch al- ler relevanten verhaltenspsychologischen Modelle, und auch im WHO-Ansatz spielen sie bereits eine zentrale Rolle [8]. Handlungsbarrieren erkennen In Fragebogen werden SWE meist in folgender Wenn- Dann-Form erhoben (s. ▶ Tab. 1): „Ich traue mir zu, auch dann ein Verhalten ausüben zu können, wenn eine Barriere / ein Hindernis vorliegt.“, also z. B. „Ich traue mir zu, dass ich mir auch dann vor und nach jeder infektionsgefährdenden Tätigkeit meine Hände desinfi- zieren kann, wenn dies meine direkten Vorgesetzten nicht tun“. Wie bei den Handlungs-Ergebnis-Erwartun- gen ist es auch hier von Bedeutung, zu wissen bzw. he- rauszufinden, welche Barrieren oder Hindernisse im konkreten Fall tatsächlich vorliegen bzw. subjektiv wahrgenommen werden. Zugleich werden im HAPA-Modell in neuerer Zeit meh- rere Formen der Selbstwirksamkeitserwartung unter- schieden (vgl. [24, 27]), wie ▶ Abb. 1 veranschaulicht. So kann ich mir zwar zutrauen, mir vorzunehmen, Hän- dedesinfektion leitliniengerecht durchzuführen, auch wenn es z. B. viel Planung verlangt (motivationale SWE bezüglich Zielsetzung) [51], jedoch weniger davon überzeugt sein, das Verhalten auch dann konsequent auszuführen, wenn ich es einmal vergessen habe oder es Zeit braucht, bis es zur Routine geworden ist (SWE bezüglich Aufrechterhaltung). Auch die Frage, ob ich mir die Händedesinfektion leitliniengerecht zutraue, wenn ich es häufiger vergessen habe und dies als Rück- fall in alte Verhaltensmuster erlebe, ist eine spezifische SWE (bezüglich Wiederaufnahme nach Rückfall). PR A XIS Tipp Selbstwirksamkeitserwartungen (SWE) lassen sich durch ver- schiedene Techniken fördern [34, 37, 52]. So können Rollen- modelle das Verhalten demonstrieren und dadurch das Mo- delllernen anregen. Auch überzeugende verbale Botschaften, z. B. im Rahmen von Schulungen können SWE stärken. Den größten Effekt haben in der Regel praktische Übungen zum Verhalten und Umgang mit Barrieren. Erfolgversprechende Ansätze sind dabei die sog. „graded tasks“, also Übungen mit aufsteigender Schwierigkeit, die eigene Erfolgserlebnisse („mastery experience“) mit dem Verhalten ermöglichen. Zielintention Motivation Erst dann, wenn ich um die Risiken weiß, das Gegen- mittel kenne und mir das Verhalten grundsätzlich zu- traue, kann Motivation entstehen. Zielintentionen stel- len also den Endpunkt des motivationalen Prozesses im Sinne von Vorsätzen ohne Planungscharakter dar, wie z. B. „Ich habe mir vorgenommen, mir vor und nach je- der infektionsgefährdenden Tätigkeit die Hände zu des- infizieren.“ (s. ▶ Tab. 1). Ein Problem dabei ist, dass Menschen in der Regel zu je- der Zeit viele Ziele haben, die sie erreichen wollen, und dies gilt auch für Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Umso wichtiger ist, dass die Absicht bzw. Motivation, leitliniengerechte Händedesinfektion durchzuführen, stark ausgeprägt ist. Dies gilt auch deswegen, weil sich gezeigt hat, dass der Effekt von Intentionen auf Verhalten dann am höchsten ist, wenn die Sicherheit und Stärke, mit der sie erlebt werden, maximal ist [53]. Ein Faktor, der eine solche starke Motivation wahr- scheinlich macht, ist die Überzeugung, dass das eigene HD-Verhalten das Transmissionsrisiko verringert, wäh- rend sie besonders selten ist, wenn die allgemeine Überzeugung fehlt, durch die eigene Händehygiene zur Infektionsprävention beizutragen [54]. Auch hat die bereits erwähnte Übersichtsarbeit von Luangasana- tip und Kollegen gezeigt, dass das Setzen von Zielen ei- nen über die WHO-Kampagne hinausgehenden Effekt hat [48] (s. a. [37, 55]). Verhaltensverträge Ein Ansatz zur Förderung verhaltensbezogener Zielin- tentionen sind Verhaltensverträge [34, 37, 52], in de- nen Ziele schriftlich fixiert werden und die auch die subjektive Verpflichtung („commitment“) und Verant- wortlichkeit („accountability“) gegenüber dem Ziel der HD-Compliance-Steigerung und damit der Infekti- onsprävention verbessern können. von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 65

Handlungskontrolle Drei Komponenten Ist das Verhalten initiiert, ist neben der Selbstwirksam- keitserwartung in Bezug auf die Zielerreichung (im Sin- ne der Aufrechterhaltung des Verhaltens und der Wie- deraufnahme nach Rückfall) eine weitere Selbstregula- tionsstrategie zentral, die zumeist parallel zur Verhal- tensausführung abläuft und mögliche „Planungs-Ver- halten-Lücken“ [62] überbrücken hilft: die Handlungs- kontrolle [27–29]. Handlungskontrolle in Bezug auf die HD besteht aus 3 Komponenten (s. a. ▶ Tab. 1): ▪ Wissen über die Anforderungen an leitliniengerech- te Händedesinfektion („awareness of standards“), ▪ Selbstbeobachtung des eigenen HD-Verhaltens und Vergleich mit den o. g. Standards, PR A XIS Tipp Zur Förderung der unterschiedlichen Komponenten der Hand- lungskontrolle stehen verschiedene Techniken zur Verfügung [34, 37, 52]. Das Wissen über leitliniengerechtes HD-Verhalten lässt sich durch Edukation zur Durchführung, analoge oder di- gitale Demonstration des Verhaltens sowie praktische Übun- gen einschließlich qualifizierten Feedbacks zum Verhalten vermitteln, das auch die Selbstbeobachtung unterstützen kann (s. ▶ Abb. 2 für ein relevantes Beispiel). Schließlich ist im Sinne der Einschätzung der selbstregulativen Anstrengung da- rauf zu achten, mentale Ressourcen möglichst zu schonen, in- dem z. B. Informationen zur Ausführung schnell und barriere- frei zur Verfügung gestellt werden. ▪ Einschätzung der selbstregulativen Anstrengung hinsichtlich des eigenen HD-Verhaltens. kultur – direkt auf die handelnden Individuen oder ihre soziale Umwelt beziehen. In der erwähnten Studie mit intensivmedizinisch täti- gen Ärzten und Pflegenden [39] hat sich gezeigt, dass die Selbstwirksamkeitserwartung bezüglich Aufrecht- erhaltung, Planung und Handlungskontrolle positiv mit selbstberichteter Compliance assoziiert war und zugleich die Handlungskontrolle der entscheidende vermittelnde Faktor war (Überbrückung der „Pla- nungs-Verhaltens-Lücke“ [62]). Zugleich mag es er- staunen, dass das HAPA-Modell das Wissen über das „richtige“ Verhalten („awareness“) nicht an den An- fang des motivationalen Prozesses, sondern in der Handlungsphase platziert. Dies ist jedoch deshalb ziel- führend, weil die erfolgreiche Rezeption von Wissen bei möglichst hoher Motivation am wahrscheinlichsten ist und weil durch den Abgleich mit dem eigenen Verhal- ten (Selbstbeobachtung) das Wissen ständig verwen- det wird und sich damit festigen kann. Ressourcen und Barrieren in der Umwelt Physische und soziale Umweltbedingungen Präventive Gewohnheiten entstehen am ehesten unter stabilen und fördernden Umweltbedingungen. Diese können in physische und soziale Faktoren unterteilt werden. Ein „Klassiker“ der HD-Förderung durch Modi- fikation der physischen Arbeitsumgebung, der in der WHO-Strategie und der Aktion Saubere Hände als Teil der Kernkomponente Systemveränderung („system change“) von Anfang an eine zentrale Rolle spielte, ist die Bereitstellung von Händedesinfektionsmitteln an den „richtigen“ Versorgungspunkten. Interessant ist, dass sich alle anderen Kernkomponenten dieser multi- modalen Kampagnen – Training und Edukation, Evalua- tion und Feedback, Erinnerungen in der Arbeitsumge- bung („reminders“) sowie institutionelle Sicherheits- Merke Eine besondere Rolle spielen dabei Führungskräfte, die sowohl über die praktische Unterstützung ihrer Mitarbeiter bei der Leitlinienumsetzung als auch in ihrer Funktion als Vorbilder und Rollenmodelle wirk- sam sein können [63], [64]. Auch in diesem Zusam- menhang ist das Konzept der positiven Devianz für die Infektionsprävention adaptiert worden, also die Stärkung des sozialen Einflusses von Mitarbeitern mit besonders hoher Compliance [65]. Subjektive Umweltwahrnehmung So wichtig die objektiven äußeren Bedingungen sind, ist es aus psychologischer Sicht ebenso von Belang, zu analysieren, wie relevante Umweltfaktoren subjektiv wahrgenommen und bewertet werden. In Anlehnung an die Selbstbeobachtungsversion des Tätigkeits- und Arbeitsanalyseverfahrens für das Krankenhaus [66] wurden in diesem Sinne in der bereits zitierten Studie mit intensivmedizinischen Ärzten und Pflegenden sta- tionsbezogen personelle und materielle Ressourcen, organisationale Barrieren und die Zusammenarbeit im Team untersucht [39] (s. ▶ Tab. 1). Die Ergebnisse zeigten zum einen, dass die Ärzte die personellen Ressourcen und die Zusammenarbeit auf der Station günstiger wahrnahmen als die Pflegenden, während Selbstwirksamkeitserwartungen, Handlungs- planung und -kontrolle bei den Pflegenden höher aus- geprägt waren. Zum anderen war neben der Hand- lungskontrolle bei den Ärzten die wahrgenommene Qualität der Zusammenarbeit im Team bei den Ärzten mit der selbstberichteten Compliance assoziiert. Damit spricht diese Studie für die Händedesinfektion als „selbstbeobachtungspflichtige“ Gewohnheit und für von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 67

lungsphase zwar der Aufbau von Handlungskontrolle die Änderung in Richtung Habitualisierung des Verhal- tens vorantreibt, dieser Prozess allerdings eine positive Nutzen-Kosten-Abwägung voraussetzt, die sozusagen noch aus der Motivationsphase stammt. Zudem sieht das HAPA-Modell wie auch das TTM die Möglichkeit vor, von einer gegebenen Phase in eine vo- rangegangene Phase zurückzufallen. Schließlich stellt sich die Frage, wie das Verhalten im Sinne der HD-Com- pliance definiert wird, und ob ein Mitarbeiter dement- sprechend in der Handlungsphase ist. Denn: Würde man als Kriterium nicht nur die Einhaltung der „5 Mo- mente“ ansetzen, sondern auch Aspekte wie Einwirk- zeit und Technik der HD einbeziehen, wären mögli- cherweise wenige Mitarbeiter des Gesundheitswesens in der Handlungsphase. Auch können zwischen den In- dikationen große Compliance-Unterschiede auftreten, sodass sich jeder Mitarbeiter je nach Indikation an un- terschiedlichen Punkten des Modells befinden kann. Insgesamt ist sicherlich kritisch festzuhalten, dass wei- tere Forschung zu einzelnen Prozessen der Compliance- Genese nötig ist – umso mehr, da das HAPA-Modell ur- sprünglich vor allem im Hinblick auf Verhaltensweisen wie Rauchen, Alkoholkonsum, Bewegung und Ernäh- rung entwickelt wurde und erst seit einigen Jahren auf den Händehygienekontext übertragen wird (dies aller- dings mit ersten Erfolgen [13, 28, 36–39, 58–60, 73, 74]. Gewohnheitsstärke: Hohe Automatizität Das HAPA-Modell spezifiziert viele kognitive, also ge- dankliche (Selbst-)Reflexionsprozesse: ▪ Nehme ich Risiken wahr? ▪ Welche Vor- und Nachteile der HD erwarte ich? ▪ Traue ich mir leitliniengerechte HD zu? ▪ Wie soll ich HD konkret ausführen? usw. Es ist zu betonen, dass im Alltag selbstverständlich nicht jede einzelne Händedesinfektion diesen Prozes- sen unterworfen sein muss, sondern zur Gewohnheit geworden werden sollte. Merke Gewohnheiten sind Verhaltensweisen, die sich durch eine hohe Automatizität auszeichnen und die Men- schen am ehesten unter stabilen Verhältnissen ent- wickeln [75]. Neben der Verhaltensfrequenz ist eine hohe Gewohn- heitsstärke auch als psychisches Merkmal definiert. Es liegt vor, wenn der Handelnde sein Verhalten so erlebt, dass er es automatisch und ohne sich daran erinnern zu müssen leitliniengerecht umsetzt (eine Automatizi- tätsskala für Fragebogen wurde für Energiebalance-re- levantes Verhalten entwickelt [76] und ist inzwischen auf Händehygiene angepasst worden [77]). Vor diesem Hintergrund ist verschiedentlich argumen- tiert worden, dass nicht explizite, sondern implizite Einstellungen, die auf unbewussten, automatisch akti- vierten Assoziationen basieren, das HD-Verhalten be- einflussen [78] und dass es sich bei HD-Verhalten daher um eine spontane Verhaltensweise handeln würde, die durch Assoziation mit positiv erlebten olfaktorischen, visuellen oder akustischen Reizen (z. B. angenehme Musik oder Düfte) gefördert werden könne [79, 80]. So korrelierten in einer Studie in einem süddeutschen Klinikum tatsächlich implizite und nicht explizite Ein- stellungen mit selbstberichtetem HD-Verhalten [78]. Diese Perspektive, die eng mit dem Nudging-Ansatz [80] (engl. „to nudge“: anstoßen/-stupsen) und Remin- ders beispielsweise in Form von Smileys [69] verknüpft ist, stellt ein wichtiges Komplement zur psychologi- schen Förderung der HD-Compliance gemäß HAPA- Modell dar – nicht zuletzt deshalb, weil sie auf die Be- deutung sinnlicher Erfahrung beim Lernen von Verhal- tensweisen (s. a. [81]) und die Schwächen rationaler Ansätze verweist. Allerdings ersetzt dies nicht Ansätze, die auf explizite Einstellungen und Überzeugungen fo- kussieren. Der Hauptgrund liegt darin, dass es bei der leitliniengerechten HD-Compliance um einen insge- samt gesehen so komplexen Verhaltensbereich handelt (verschiedene Indikationen, Einwirkzeit, Technik usw.), dessen hygienischer Effekt zudem (im Gegensatz z. B. zum Waschen schmutziger Hände) nicht sichtbar ist, dass sich wenige Menschen ohne bewussten Entschei- dungsprozess wirklich darauf einlassen würden. Zudem geht das HAPA-Modell mit seinen verhaltensna- hen Faktoren über reine KAB-Ansätze („knowledge – attitudes – behavior“) hinaus. Für die Theorieentwick- lung sollten in diesem Zusammenhang u. a. verstärkt „Dual Process“-Modelle [82] genutzt werden, die so- wohl reflektierende als auch automatische psychologi- sche Prozesse berücksichtigen und z. B. bereits auf Me- dikamentenadhärenz [83] und diagnostisches Schluss- folgern [84] angewandt worden sind. FAZIT Take Home Message Wie jede Theorie ist das HAPA-Modell in gewis- sem Sinne idealtypisch und wird sicherlich nicht bei jeder einzelnen Verhaltensänderung so durchlaufen. Dennoch ist die Bedeutung der ein- zelnen Komponenten gut belegt, und das Modell gibt Praktikern, die Veränderungsprozesse als „Change Manager“ beratend und partizipierend begleiten, wichtige Hinweise zur Unterstützung. von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 69

Studienarm „Tailoring“ Jahr 2013 2015 Studienarm „ASH“ Ärzte 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % Pfleger 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % 34 57 vor Patienten- kontakt 5 67 33 64 76 66 52 69 vor asept. Tätigkeiten nach Kontakt nach nach Kontakt mit pot. infekt. Mat. Patienten- kontakt mit Patienten- umgebung 51 74 27 47 40 83 79 82 71 77 vor Patienten- kontakt vor asept. Tätigkeiten nach Kontakt nach nach Kontakt mit pot. infekt. Mat. Patienten- kontakt mit Patienten- umgebung Ärzte 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % Pfleger 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % 41 54 14 30 21 39 71 82 80 81 vor Patienten- kontakt vor asept. Tätigkeiten nach Kontakt nach nach Kontakt mit pot. infekt. Mat. Patienten- kontakt mit Patienten- umgebung 52 62 38 53 49 69 71 73 73 70 vor Patienten- kontakt vor asept. Tätigkeiten nach Kontakt nach nach Kontakt mit pot. infekt. Mat. Patienten- kontakt mit Patienten- umgebung ▶ Abb. 3 Händedesinfektion-Compliance in den Jahren 2013 ( = Baseline vor den HAPA-maßgeschneiderten Interventionen der clusterrando- misierten kontrollierten Studie PSYGIENE) und 2015 (2-Jahres-Follow-up) auf den 10 Intensivstationen und 2 Knochenmarktransplantations- stationen der Medizinischen Hochschule Hannover, stratifiziert nach Studienarmen, Berufsgruppen und Indikationen (in % ±1 Standardfehler; Details s. Text; [37, 38]). also derjenigen Indikation, die auch stations- und be- rufsgruppenübergreifend vor Studienbeginn mit 31 % die geringste Compliance aufgewiesen hatte. Ordnet man diese Ergebnisse in die jüngste systemati- sche Übersichtsarbeit ein, die in 57 Studien im Mittel eine HD-Verbesserung auf 67 % gefunden hat (Baseline: 41 %) [93]), so liegt sie mit der insgesamt erreichten Compliance von 70 % überdurchschnittlich nah an den 80 %, die Studien als Grenzwert für signifikante NI-Re- duktionen identifiziert haben [94, 95]. Allerdings wur- de dieser Wert auch unterschritten. Wie ist dies zu bewerten? Zunächst ist darauf hinzuwei- sen, dass die maßgeschneiderten PSYGIENE-Interven- tionen immerhin mit einer Reduktion von nahezu 0,5 Infektionen mit einem multiresistenten Erreger pro 1000 Patiententage assoziiert waren (2-Jahres-Follow- up), während im Kontrollstudienarm keine signifikante Reduktion vorlag [38]. Zugleich ist zu konstatieren, dass mit Schulungen und Feedbackgesprächen nur zwei Interventionsarten Verwendung fanden, die zu- dem relativ „klassische“ Formate darstellen, die sich an klinisch tätige Mitarbeiter richteten. So hat sich in Bezug auf Interventionen, die zur Imple- mentation der Prävention postoperativer Wundinfek- tionen in der Viszeralchirurgie eingesetzt werden, in ei- nem systematischen Review gezeigt, dass der Einsatz von 3–5 solcher Interventionen numerisch mit der höchsten absoluten Risikoreduktion assoziiert war, während dies für den Einsatz von 1–2 Interventionen für die geringste relative Risikoreduktion galt [96]. Dementsprechend wurden in der bereits erwähnten multizentrischen WACH-Studie in nicht-universitäts- medizinischen Krankenhäusern u. a. Interventionen zur Förderung der Organisationskultur wie multidisziplinä- re Teams und ständige Arbeitsgruppen angeregt, um damit das jeweilige Hygieneteam zu unterstützen und so indirekt infektionspräventive Compliance zu för- dern. Erste Ergebnisse zur Händehygiene bei prä- und postoperativen Visiten deuten auf das Erreichen eines Niveaus von 75 % in der Pflege hin [97]. Auf dem Weg zu einer Verhaltens(ver)änderungswissenschaft Um den Weg vom Verständnis eines Verhaltens wie der HD und seiner Einflussfaktoren über die Auswahl von Implementationsinterventionen, BCTs und konkreten Formen ihrer Anwendung (engl. „modes of delivery“) noch genauer nachzuvollziehen, sei hier auf das „Beha- viour Change Wheel“ [7, 32] und die weiteren Arbeiten unter Federführung von Susan Michie hingewiesen ([2– 4, 34, 98–104] für einen ersten deutschsprachigen Ein- blick). Dieser Ansatz unterstützt Antworten auf die Fra- ge, „… welche Bedingungen bei einer Person und in der von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 71

Interessenkonflikt Danksagung Erklärung zu finanziellen Interessen Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Be- rater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein. Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessen- konflikt besteht. Autorinnen/Autoren Thomas von Lengerke Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. 1985–1993 Studi- um der Psychologie in Heidelberg und Berlin. Nach Tätigkeiten in Berlin (FU), Chemnitz (TU) und München (GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, heutiges Helm- holtz Zentrum) seit 2005 an der Forschungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie des Zentrums Öffentliche Gesundheitspflege der Medizinischen Hoch- schule Hannover (MHH) beschäftigt, seit 2012 als deren stellvertretender Leiter, dort 2010 Habilitation und seit 2018 apl. Professur. Iris F. Chaberny Univ.-Prof. Dr. med., Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin. Nach der Assistenzzeit 2001–2007 stellvertretende, ab 2008 Leite- rin des Arbeitsbereichs Krankenhaushygiene der Medizinischen Hochschule Hannover. 2014 Stiftungsprofessur Hygiene mit Schwerpunkt Krankenhaushygiene an der Universitätsme- dizin Leipzig. Seit 2014 Direktorin des Instituts für Hygiene, Krankenhaushygiene und Umweltmedizin des Universitäts- klinikums Leipzig. Korrespondenzadresse Prof. Dr. Thomas von Lengerke Medizinische Hochschule Hannover Zentrum Öffentliche Gesundheitspflege Forschungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie (OE 5430) Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover lengerke.thomas@mh-hannover.de Wir bedanken uns bei Frederike Buchta, M. Sc., und J. Katrin Luz, M.Sc., (beide Universitätsklinikum Leipzig – AöR, Insti- tut für Hygiene, Krankenhaushygiene und Umweltmedizin) sowie Ivonne Tomsic, M.A. (Medizinische Hochschule Han- nover, For- schungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie) für ihre wertvollen Hinweise und Kommentare zu präfinalen Versionen dieses Beitrages. Zentrum Öffentliche Gesundheitspflege, Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbe- stimmungen für diesen Beitrag ist Univ.-Prof. Dr. med. Iris F. Chaberny, Leipzig. Literatur [1] Lambe KA, Lydon S, Madden C et al. Hand hygiene compli- ance in the ICU: a systematic review. Crit Care Med 2019; 47: 1251–1257 doi: 10.1097/CCM.0000000000003868 [2] Carey RN, Connell LE, Johnston M et al. Behavior change techniques and their mechanisms of action: a synthesis of links described in published intervention literature. Ann Be- hav Med 2019; 53: 693–707 doi: 10.1093/abm/kay078 [3] Connell LE, Carey RN, de Bruin M et al. Links between behavior change techniques and mechanisms of action: an expert consensus study. Ann Behav Med 2019; 53: 708–720 doi: 10.1093/abm/kay082 [4] Johnston M, Carey RN, Connell Bohlen LE et al. Development of an online tool for linking behavior change techniques and mechanisms of action based on triangulation of findings from literature synthesis and expert consensus. Transl Be- hav Med 2021; 11: 1049–1065 doi: 10.1093/tbm/ibaa050 [5] Lewin K. Principles of topological psychology. New York: McGraw-Hill; 1936 [6] Srigley JA, Corace K, Hargadon DP et al. Applying psycholo- gical frameworks of behaviour change to improve healthca- re worker hand hygiene: a systematic review. J Hosp Infect 2015; 91: 202–210 doi: 10.1016/j.jhin.2015.06.019 [7] Michie S, Atkins L, West R. The behaviour change wheel: a guide to designing interventions. London: Silverback; 2014 [8] World Health Organization (WHO). WHO guidelines on hand hygiene in health care: first global patient safety chal- lenge clean care is safer care. Geneva: WHO Press; 2009 [9] (RKI) KfKuIKbRK-I. Händehygiene in Einrichtungen des Ge- sundheitswesens : Empfehlung der Kommission für Kran- kenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI). Bundesgesundheitsbl Gesund- heitsforsch Gesundheitsschutz 2016; 59: 1189–1220 doi: 10.1007/s00103–016–2416–6 [10] DIN EN 1500: 2017-10. [11] WHO. Adherence to long-term therapies: evidence for ac- tion. Geneva: WHO; 2003 [12] Sunkesula VC, Knighton S, Zabarsky TF et al. Four moments for patient hand hygiene: a patient-centered, provider-faci- litated model to improve patient hand hygiene. Infect Con- trol Hosp Epidemiol 2015; 36: 986–989 doi: 10.1017/ ice.2015.78 von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 73

[45] Sassenrath C, Diefenbacher S, Siegel A et al. A person-ori- [61] Erasmus V, Kuperus MN, Richardus JH et al. Improving hand ented approach to hand hygiene behaviour: emotional em- pathy fosters hand hygiene practice. Psychol Health 2016; 31: 205–227 doi: 10.1080/08870446.2015.1088945 hygiene behaviour of nurses using action planning: a pilot study in the intensive care unit and surgical ward. J Hosp Infect 2010; 76: 161–164 doi: 10.1016/j.jhin.2010.04.024 [46] Bushuven S, Dietz A, Bushuven S et al. Interprofessional [62] Sniehotta FF. Towards a theory of intentional behaviour perceptions and emotional impact of multidrug-resistant organisms: A qualitative study. Am J Infect Control 2019; 47: 876–882 doi: 10.1016/j.ajic.2019.01.019 change: plans, planning, and self-regulation. Brit J Health Psychol 2009; 14: 261–273 doi: 10.1348/ 135910708X389042 [47] Bushuven S, Dettenkofer M, Dietz A et al. Interprofessional perceptions of emotional, social, and ethical effects of mul- tidrug-resistant organisms: a qualitative study. PloS one 2021; 16: doi: 10.1371/journal.pone.0246820 [48] Luangasanatip N, Hongsuwan M, Limmathurotsakul D et al. Comparative efficacy of interventions to promote hand hy- giene in hospital: systematic review and network meta- analysis. BMJ 2015; 351: 10.1136/bmj.h3728 [49] Bandura A. Health promotion from the perspective of social cognitive theory. Psychol Health 1998; 13: 623–649 [50] Bandura A. Social cognitive theory: an agentic perspective. Annu Rev Psychol 2001; 52: 1–26 doi: 10.1146/annurev. psych.52.1.1 [51] Derksen C, Keller FM, Lippke S. Obstetric Healthcare wor- kers' adherence to hand hygiene recommendations during the COVID-19 pandemic: observations and social-cognitive determinants. Appl Psychol Health Well Being 2020; 12: 1286–1305 doi: 10.1111/aphw.12240 [52] Huis A, van Achterberg T, de Bruin M et al. A systematic re- view of hand hygiene improvement strategies: a behaviou- ral approach. Implement Sci 2012; 7: 92 doi: 10.1186/ 1748–5908–7-92 [53] Sheeran P, Abraham C. Mediator of moderators: temporal stability of intention and the intention-behavior relation. Personal Social Psychol Bull 2003; 29: 205–215 doi: 10.1177/0146167202239046 [54] Lutze B, Chaberny IF, Graf K et al. Risiko „im Griff“? Ergeb- nisse des PSYGIENE-Projekts zur Motivationslage bezüglich der eigenen hygienischen Händedesinfektion bei Ärzten und Pflegekräften der IntensivmedizinIngensiep HW, Popp W. Hygiene-Aufklärung im Spannungsfeld zwischen Medi- zin und Gesellschaft. Freiburg i. Br: Karl Alber; 2016: 57–66 [55] Diefenbacher S, Fliss PM, Tatzel J et al. A quasi-randomized controlled before-after study using performance feedback and goal setting as elements of hand hygiene promotion. J Hosp Infect 2019; 101: 399–407 doi: 10.1016/j. jhin.2019.02.001 [56] Sheeran P, Webb TL. The intention-behavior gap. Soc Pers Psychol Compass 2016; 10: 503–518 [57] Gollwitzer PM. Implementation Intentions: strong effects of simple plans. Am Psychol 1999; 54: 493–503 [58] Lhakhang P, Lippke S, Knoll N et al. Evaluating brief motiva- tional and self-regulatory hand hygiene interventions: a cross-over longitudinal design. BMC Public Health 2015; 15: 79 doi: 10.1186/s12889–015–1453–7 [59] Zhou G, Jiang T, Knoll N et al. Improving hand hygiene be- haviour among adolescents by a planning intervention. Psychol Health Med 2015; 20: 824–831 doi: 10.1080/ 13548506.2015.1024138 [60] Reyes Fernandez B, Lippke S, Knoll N et al. Promoting action control and coping planning to improve hand hygiene. BMC Public Health 2015; 15: 964 doi: 10.1186/s12889-015- 2295-z [63] Schulz-Stübner S. Vorbildverhalten Leitender Ärzte in Sa- chen Hygiene - Ergebnisse und Erkenntnisse einer Umfrage. Hyg Med 2012; 37: 408–411 [64] Kröning B. Führungsverhalten und Händehygiene: Beein- flussen Führungskräfte und Rollenmodelle die Händehygie- necompliance bei medizinischem Personal? Hamburg: Di- plomica; 2014 [65] Alzunitan MA, Edmond MB, Alsuhaibani MA et al. Positive deviance in infection prevention and control: a systematic literature review. Infect Control Hosp Epidemiol 2020; 1: 1–8 doi: 0.1017/ice.2020.1256 [66] Büssing A, Glaser J. Das Tätigkeits- und Arbeitsanalysever- fahrens für das Krankenhaus - Selbstbeobachtungsversion (TAA-KH-S). Göttingen: Hogrefe; 2002 [67] Huis A, Schoonhoven L, Grol R et al. Impact of a team and leaders-directed strategy to improve nurses' adherence to hand hygiene guidelines: a cluster randomised trial. Int J Nurs Stud 2013; 50: 464–474 doi: 10.1016/j.ijnurs- tu.2012.08.004 [68] Huis A, Hulscher M, Adang E et al. Cost-effectiveness of a team and leaders-directed strategy to improve nurses' ad- herence to hand hygiene guidelines: a cluster randomised trial. Int J Nurs Stud 2013; 50: 518–526 doi: 10.1016/j. ijnurstu.2012.11.016 [69] Gaube S, Tsivrikos D, Dollinger D et al. How a smiley pro- tects health: A pilot intervention to improve hand hygiene in hospitals by activating injunctive norms through emoti- cons. PloS one 2018; 13: doi: 10.1371/journal.po- ne.0197465 [70] Schwappach DLB. Speaking up about hand hygiene failures: a vignette survey study among healthcare professionals. Am J Infect Control 2018; 46: 870–875 doi: 10.1016/j. ajic.2018.02.026 [71] Rall M, Schmid K, Langewand S et al. Crew Resource Ma- nagement für die Notaufnahme. Stuttgart: Kohlhammer; 2020 [72] Prochaska JO, Redding CA, Evers KE. The transtheoretical model and stages of change.Glanz K, Rimer BK, Viswanath K. Health behavior: theory, research, and practice. San Francisco, CA: Jossey-Bass; 2015: 125–148 [73] Reyes Fernandez B, Knoll N, Hamilton K et al. Social-cogni- tive antecedents of hand washing: Action control bridges the planning-behaviour gap. Psychol Health 2016: 993– 1004 doi: 10.1080/08870446.2016.1174236 [74] Gaube S, Schneider-Brachert W, Holzmann T et al. Utilizing behavioral theories to explain hospital visitors' observed hand hygiene behavior. Am J Infect Control 2021; 49: 912– 918 doi: 10.1016/j.ajic.2021.01.003 [75] Orbell S, Verplanken B. The automatic component of habit in health behavior: habit as cue-contingent automaticity. Health Psychol 2010; 29: 374–383 doi: 10.1037/a0019596 [76] Gardner B, Abraham C, Lally P et al. Towards parsimony in habit measurement: testing the convergent and predictive validity of an automaticity subscale of the Self-Report Habit Index. Int J Behav Nutr Phys Act 2012; 9: 102 doi: 10.1186/ 1479–5868–9-102 von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 75

[108] Zingg W, Holmes A, Dettenkofer M et al. Hospital organi- sation, management, and structure for prevention of he- alth-care-associated infection: a systematic review and expert consensus. The Lancet infectious diseases 2015; 15: 212–224 doi: 10.1016/S1473-3099(14)70854-0 [109] Lotfinejad N, Peters A, Tartari E et al. Hand hygiene in he- alth care: 20 years of ongoing advances and perspectives. The Lancet infectious diseases 2021; 21: E209–221 [110] Bergler R. Psychologie der Hygiene. Darmstadt: Stein- kopff; 2009 [111] Bergler R. Psychologie der Hygiene.Ingensiep HW, Popp W. Hygiene-Aufklärung im Spannungsfeld zwischen Medi- zin und Gesellschaft. Freiburg München: Karl Alber; 2016: 33–55 Bibliografie Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 DOI 10.1055/a-1194-3049 ISSN 1862-5797 © 2022. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 77

Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 6 Das sogenannte Speak-up im Zusammenhang mit Hände- hygiene … A führt immer zu einer Blockadehaltung der angesprochenen B C Personen. ist nur seitens der Patienten möglich, die medizinische Professionals an die Händehygiene erinnern. kann als Teil einer Sicherheitskultur des Krankenhauses die Händehygiene als Teamaufgabe kommunizieren. D sollte nur in anonymisierter Form erfolgen. E ist unter medizinisch tätigen Kollegen als unkollegial zu bewerten. Frage 7 Gemäß der Weltgesundheitsorganisation werden 5 Indikatio- nen zur Händehygiene unterschieden. Welche der folgenden Indikationen gehört nicht dazu? vor aseptischen Tätigkeiten vor Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung A vor Patientenkontakt B C D nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material E nach jedem Patientenkontakt Frage 8 Eine der folgenden Aussagen zum „Health Action Process Ap- proach” (HAPA) ist nicht korrekt. Welche? A Handlungs-Ergebnis-Erwartungen nehmen innerhalb der Komponenten von HAPA einen prominenten Stellenwert ein. B HAPA ist das Compliance-Modell der „Aktion Saubere Hän- C de“. Im HAPA-Modell werden mehrere Formen der Selbstwirk- samkeitserwartung unterschieden. D Umweltfaktoren wie Personal- und Materialressourcen sind Bestandteil von HAPA. E Das wahrgenommene Risiko bezüglich einer bestimmten Krankheit setzt sich multiplikativ zusammen aus dem wahr- genommenen Schweregrad der Krankheit und den Hand- lungs-Ergebnis-Erwartungen, die sich auf krankheitsrele- vante präventive Verhaltensweisen beziehen. Frage 9 Sie haben wenig Zeit und möchten daher möglichst schnell und effizient herausfinden, in welchem Verhaltensstadium des „Health Action Process Approach“ (HAPA) sich ein Mitarbeiter hinsichtlich der empfohlenen Dauer (Einwirkzeit) bei der hygienischen Händedesinfektion befindet. Welches der folgenden Fragebogenitems ist dazu am besten geeignet? B A Das Einhalten der Einwirkzeit verringert das Risiko nosoko- mialer Kolonisationen auf "meiner" Station. „1 trifft über- haupt nicht zu“ – „2“ – „3“ – „4“ – „5“ – „6“ – „7 trifft voll und ganz zu“. Ich kenne die empfohlenen Einwirkzeit für die Händedesin- fektion bei uns im Haus. „1 trifft überhaupt nicht zu“ – „2“ – „3“ – „4“ – „5“ – „6“ – „7 trifft voll und ganz zu“. Bei uns im Haus gibt es genügend Händedesinfektionsmit- telspender. „1 trifft überhaupt nicht zu“ – „2“ – „3“ – „4“ – „5“ – „6“ – „7 trifft voll und ganz zu“. C D Wenn ich mir die Hände desinfiziere, lasse ich das Mittel 30 Sekunden einwirken. „Nein, und ich habe es auch nicht vor“ – „Nein, aber ich denke darüber nach“ – „Nein, aber ich habe die feste Absicht dazu“ – „Ja, aber es fällt mir schwer“ – „Ja, und es fällt mir leicht“. E Die möglichen Folgen der Unterschreitung der Einwirkzeit sind „1 nicht schwerwiegend“ – „2“ – „3“ – „4“ – „5“ – „6“ – „7 äußerst schwerwiegend“. Frage 10 Worin unterscheiden sich neues Verhalten und Gewohnheiten am meisten? A In der Intensität des Verhaltens. B C D In der Bedeutung kognitiver Anstrengung für das Verhal- In der Bedeutung von Emotionen für das Verhalten. In der Häufigkeit des Verhaltens. ten. In der Bedeutung des sozialen Umfeldes für das Verhalten. E von Lengerke Thomas et al. Psychologie und Förderung … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 57–79 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 79

Krankenhaushygiene up2date 1 · 2022 Organisation, Recht 3 Empfehlungen, Richt- und Leitlinien versus Gesetze und Verordnungen Alexandra Jorzig, Dirk Benson DOI: 10.1055/a-1395-4859 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17 (1): 81–88 ISSN 1862-5797 © 2022 Georg Thieme Verlag KG Thieme

CME-Fortbildung Empfehlungen, Richt- und Leitlinien versus Gesetze und Verordnungen Medikolegale Bedeutung aus juristischer Sicht Alexandra Jorzig, Dirk Benson Dieser Beitrag soll den Ärztinnen und Ärzten einen gewissen Überblick über die Bedeutung und die jeweiligen Unterschiede der verschiedenen Rechtsnormen von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen verschaf- fen. Darüber hinaus werden die für den Bereich der (Krankenhaus-)hygiene be- sonders wichtigen Regelungen dargestellt. Einleitung Die ärztliche Tätigkeit dient selbstverständlich prioritär dem Schutz bzw. der Wiederherstellung der Gesund- heit der Patientinnen und Patienten und der Erhaltung von Leben. Dies ist schon in § 1 der (Muster-)Berufsord- nung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärz- te (MBO-Ä) festgehalten. Der medizinische Alltag wird jedoch darüber hinaus von einer Vielzahl von Regelun- gen bestimmt, deren juristische Bedeutung und Ver- bindlichkeit sich vor allem für juristische Laien nicht im- mer unmittelbar erkennen lässt. Dabei spielen insbe- sondere Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Leitlinien sowie Empfehlungen eine Rolle. Diese Rechtsquellen unterscheiden sich insbesondere in der Art und Weise ihres Zustandekommens und daraus folgend auch in ih- rer juristischen Bedeutung. Dieser Beitrag soll den Ärztinnen und Ärzten einen ge- wissen Überblick über die Bedeutung und die jeweili- gen Unterschiede der verschiedenen Rechtsnormen verschaffen. Darüber hinaus werden die für den Be- reich der (Krankenhaus-)hygiene besonders wichtigen Regelungen dargestellt. Gerade bei dem Thema Hygiene in der medizinischen Versorgung spielen verschiedene Regelungen mit un- terschiedlicher (juristischer) Wertigkeit eine große Rol- le. Kommt es beispielsweise zu einer nosokomialen In- fektion, wird von Patientenseite nicht selten der Vor- wurf eines fehlerhaften Hygienemanagements erho- ben. Selbstverständlich ist der Begriff nosokomiale In- fektion nicht mit der vielfach verwendeten Begrifflich- keit „Krankenhausinfektion“ oder einer mangelhaften Hygiene gleichzusetzen. Bei der medizinrechtlichen Aufarbeitung eines solchen Vorwurfs sind sowohl Ge- setze (hier das Infektionsschutzgesetz) als auch die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygie- ne und Infektionsprävention (KRINKO) von besonderer Relevanz. Ebenfalls können AWMF-Leitlinien, z. B. zur präoperati- ven Antibiotikaprophylaxe, eine wichtige Rolle spielen, wenn es beispielsweise um eine nosokomiale Infektion im Zusammenhang mit einer Operation geht. Zunächst einmal sollen jedoch die grundlegenden un- terschiedlichen Regelungen dargestellt werden. ABKÜR ZUNGEN ART AWMF BGB BGH GG IfSG KRINKO MBO-Ä Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Grundgesetz Infektionsschutzgesetz Kommission für Krankenhaushygiene und Infek- tionsprävention Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte MPBetreibV Medizinprodukte-Betreiberverordnung MPDG Medizinprodukte-Durchführungsgesetz MPEUAnpG Medizinprodukte-Betreiberverordnung beruht auf dem aus dem Medizinprodukte-EU-Anpas- sungsgesetz Medizinproduktegesetz Robert Koch-Institut Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch Strafgesetzbuch MPG RKI SGB V StGB Jorzig Alexandra et al. Empfehlungen, Richt- und … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 81–88 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 83

ärztekammer Richtlinienkompetenz erstellt. im Rahmen ihrer spezialgesetzlichen Merke Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 92 SGB V sind grundsätzlich verbindlich. Diese Richtlinien dienen insbesondere dem Zweck, den Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt abzubilden. Ist eine be- stimmte Behandlung vom Gemeinsamen Bundesaus- schuss zugelassen, indiziert dies, dass diese Behand- lung auch dem medizinischen Standard entspricht. Zudem bestimmen verschiedene Gesetze, dass die Ein- haltung des Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vermutet wird, wenn die entsprechende Richtlinie beachtet wurde., so z. B. § 18 Absatz 2 Trans- fusionsgesetz, bezüglich der auf Grundlage des § 18 Ab- satz 1 Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut erlasse- nen Richtlinien. Die aufgestellte Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn es sich um eine veraltete oder überholte Richtlinie handelt oder auch, wenn sich in der Praxis neue Behandlungen etabliert haben. Diese Wertung spielgelt sich auch in der Rechtspre- chung wider. Angenommen wird, dass die Richtlinien regelmäßig den ärztlichen Mindeststandard wiederge- ben. Werden sie nicht eingehalten, liegt wohl regelmä- ßig ein Behandlungsfehler vor. Dagegen schließt die Beachtung der Richtlinie das Vorliegen eines Behand- lungsfehlers nicht aus. Richtlinien sind ein wichtiges In- strument bei der Festlegung des ärztlichen Standards und damit der Konkretisierung der im Gesetz genann- ten Begrifflichkeiten. Merke Bis auf die explizit geregelten Ausnahmefälle ist auch die Richtlinie als verbindlich zu betrachten. Leitlinie Im Unterschied zur Richtlinie wird eine Leitlinie nicht aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen. Die Leitlinie wird als Handlungsempfehlung aufgrund des Erkenntnisstandes der Medizin erstellt, wobei ihr je nach Klassifizierung (S1-, S2- oder S3-Leitlinie) eine unterschiedliche Evidenz zukommt. Leitlinien richten sich an Ärzte und knüpfen an bestimmte Handlungssi- tuationen an. Sie sind von ärztlichen Fachgremien für typische medizinische Sachverhalte aufgestellte Re- geln eines guten ärztlichen Handelns und dienen der qualitativen Sicherung und der Verbesserung des maß- geblichen Standards im diagnostischen oder therapeu- tischen Vorgehen. Leitlinien setzen methodische oder sachliche Regeln fest und verfolgen den Zweck, Ärzte bei der Entscheidung über zweckdienliche Maßnahmen der Krankenversorgung (Prävention, Diagnostik, Thera- pie und Nachsorge) zu unterstützen. Leitlinien der wis- senschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften die- nen nach der Definition des Arbeitskreises der wissen- schaftlichen Fachgesellschaften (AWMF) dazu, neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Versorgung zu tragen. Sie sind Vektoren der Wis- sensvermittlung. Auf der Homepage der AWMF sind auch die für den Bereich der (Krankenhaus-)hygiene geltenden Leitlinien abzurufen. medizinischen Empfehlung Empfehlungen können von unterschiedlichen Institu- tionen, Gremien, Fachgesellschaften ausgesprochen werden. Schon die Begrifflichkeit impliziert, dass es sich hierbei nicht um eine allgemeinverbindliche Hand- lungsanweisung per se handelt. Im Bereich der Krankenhaushygiene erstellt die Kom- mission für Krankenhaushygiene und Infektionspräven- tion (KRINKO) Empfehlungen zur Prävention nosoko- mialer Infektionen sowie zu betrieblich-organisatori- schen und baulich-funktionellen Maßnahmen der Hy- giene in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen. Die Empfehlungen der Kommission werden unter Berücksichtigung aktueller infektionsepi- demiologischer Auswertungen stetig weiterentwickelt und vom Robert Koch-Institut veröffentlicht. Den Empfehlungen der KRINKO (und der ART) kommt im Bereich der rechtlichen Bewertung der Kranken- haushygiene eine besondere Bedeutung zu, die im Fol- genden noch eingehend erläutert wird. Bedeutung für medikolegale Sachverhalte Die Unterscheidung der soeben skizzierten unter- schiedlichen Regelungen ist bei der medizinrechtlichen Bewertung ärztlichen Handelns von besonderer Wich- tigkeit. Nicht jede der dargelegten Regelungen be- stimmt die gerade im Arzthaftungsrecht maßgebliche „erforderliche ärztliche Sorgfalt“, mithin den erforder- lichen (fach-)ärztlichen Standard. Auch für die Frage, wer was zu beweisen hat (Beweislast), ist es beispiels- weise entscheidend, ob bei dem in Rede stehenden ärztlichen Handeln eine Richtlinie, Leitlinie oder Emp- fehlung betroffen ist. Merke Grundsätzlich setzt die Arzthaftung ein Verschulden des Arztes voraus, wonach der behandelnde Arzt die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ während der Be- handlung zu beachten hat. Verletzt er diese, könnte dies haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich zie- hen. Jorzig Alexandra et al. Empfehlungen, Richt- und … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 81–88 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 85

berücksichtigt, dass die Empfehlungen der KRINKO je- weils ganz unterschiedliche Evidenzgrade aufweisen. Zum anderen differenziert die Vermutungsregel des IfSG nicht nach dem jeweiligen Alter der Empfehlun- gen, sodass diese im Einzelfall gar nicht mehr dem ak- tuellen Stand der medizinischen Wissenschaft in der Krankenhaushygiene entsprechen können. Hierzu wird dann in Hygienefällen ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Krankenhaushygiene eingeholt. Empfehlungen der KRINKO Die Empfehlungen der KRINKO werden in folgende Evi- denzgrade eingeteilt, wobei diese Kategorisierung einem eigenen Klassifikationssystem der KRINKO ent- spricht, welches sich nicht an den gebräuchlichen na- tionalen und internationalen Klassifikationssystemen orientiert. ▪ Empfehlungen der Kategorie Ia basieren auf gut konzipierten systematischen Reviews oder einzel- nen hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien. steht auch im Einklang mit der Vermutungsregel des IfSG, da es sich hierbei, wie bereits erwähnt, lediglich um eine positive Vermutungsregel zugunsten des Krankenhauses handelt. Ein Abweichen von den Emp- fehlungen der KRINKO führt somit nicht zu der Vermu- tung eines Hygienemangels. Darüber hinaus kann es noch aus einem weiteren Grund gerechtfertigt sein, von den KRINKO-Empfeh- lungen abzuweichen. Eine Besonderheit der KRINKO- Empfehlungen besteht darin, dass für sie kein be- stimmter Geltungszeitraum bestimmt ist, im Gegen- satz zu den AWMF-Leitlinien. Die Empfehlungen der KRINKO gelten daher bis zu ihrer Überarbeitung in der ursprünglich veröffentlichten Fassung, wobei die KRIN- KO auf ihrer Webseite eine Übersicht der „gültigen Empfehlungen“ gibt. Die Vermutungsregel nach dem IfSG hat in Hygienefäl- len noch eine weitere – rechtliche – Bedeutung. ▪ Empfehlungen der Kategorie Ib basieren auf klini- Merke schen oder hochwertigen epidemiologischen Studi- en und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen. ▪ Empfehlungen der Kategorie II basieren auf hinwei- senden Studien/Untersuchungen und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Empfehlungen. ▪ Die Kategorie III beschreibt Empfehlungen, über deren Wirksamkeit nur unzureichende oder wider- sprüchliche Hinweise vorliegen, weshalb eine Emp- fehlung nicht möglich ist. ▪ In die Kategorie IV werden schließlich Anforderun- gen, Maßnahmen und Verfahrensweisen erfasst, die durch allgemein geltende Rechtsvorschriften zu be- achten sind. Allein diese unterschiedlichen Evidenzgrade und insbe- sondere die Kategorien II und III, wonach es bestenfalls Hinweise gibt, im Falle der Kategorie III eine Empfeh- lung gar nicht möglich ist, zeigen sehr deutlich, dass die Vermutungsregel des § 23 Absatz 3 Satz 2 IfSG in Hygienefällen oftmals lediglich der erste Schritt der ju- ristischen Aufarbeitung ist. Merke Entscheidend ist trotz der Vermutungsregel, ob die Hygieneanforderungen dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen haben, d. h. ob die in dem betreffenden Zeitpunkt erforderlichen Hygienemaßnahmen eingehalten wurden. Da die Empfehlungen der KRINKO nicht immer hiermit deckungsgleich sind, ist es in bestimmten Fällen sogar erforderlich, hiervon abzuweichen. Selbstverständlich muss dies dann entsprechend begründet werden. Dies Grundsätzlich ist der Patient für den Vorwurf eines Hygienefehlers und eines daraus resultierenden Schadens beweisbelastet. Von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung zu Lasten des Patienten gibt es jedoch u. a. in den Hygie- nefällen unter bestimmten Voraussetzungen eine Aus- nahme. Nach der Rechtsprechung kommt es dann zu einer Beweislastumkehr, wenn feststeht, dass die Infek- tion aus einem hygienisch voll beherrschbaren Bereich hervorgegangen ist. Steht dies fest, dann muss der Be- handler nachweisen, dass er die erforderlichen Hygie- nemaßnahmen eingehalten hat. Dieser Nachweis ist umso leichter zu führen, wenn man für sich die Vermu- tungsregel des § 23 Absatz 3 Satz 2 IfSG in Anspruch nehmen kann, denn dann wird vermutet, dass die er- forderlichen Hygienemaßnahmen eingehalten wurden. Wann ein sog. hygienisch voll beherrschbarer Bereich vorliegt, ist oftmals hoch umstritten, jeweils eine Ein- zelfallentscheidung und schließlich nur durch einen Sachverständigen zu klären. Der BGH hat dies bei- spielsweise in einem Fall bejaht, in dem ein Patient ei- nen septischen Schock erlitten hat, nachdem ihm eine Infusionslösung verabreicht wurde und sich herausge- stellt hat, dass die Infusionslösung bei der Vorberei- tung im Krankenhaus unsteril geworden ist. Lässt sich jedoch nicht feststellen, wodurch es zur Infektion ge- kommen ist, wird ein hygienisch voll beherrschbarer Bereich verneint. Es handelt sich hierbei um einen Aus- nahmetatbestand. Darüber hinaus hat die Arzthaftungsrechtsprechung für die Hygienefälle gerade in den letzten Jahren die Anforderungen an die klagende Partei (Patient) noch Jorzig Alexandra et al. Empfehlungen, Richt- und … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 81–88 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 87

Krankenhaushygiene up2date 1 · 2022 Antiinfektiva 4 Antibiotic Stewardship (ABS) im Krankenhaus: ein Update M. Fabian Juzek-Küpper Sebastian Lemmen VNR: 2760512022161723780 DOI: 10.1055/a-1173-5813 Krankenhaushygiene up2date 2022; 17 (1): 89–103 ISSN 1862-5797 © 2022 Georg Thieme Verlag KG Thieme

CME-Fortbildung Antibiotic Stewardship (ABS) im Krankenhaus: ein Update M. Fabian Juzek-Küpper, Sebastian Lemmen Dieser Beitrag basiert auf einer früheren Übersicht zu ABS [1]. Er lehnt sich zu- nächst eng an die Gliederung der aktuellen deutschen S3-Leitlinie „Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus“ von 2019 an. Vor allem im klinischen Bereich zu Diagnostik und Therapie gibt er jedoch auch kon- krete Empfehlungen – im Sinne „alter Wahrheiten und Tugenden“, aber auch auf Basis neuerer (überwiegend randomisierter) Studien. Einführung Antibiotic-Stewardship-Programme (ASP) wollen die Versorgungsqualität mit Antiinfektiva im ambulanten und stationären Bereich optimieren. Ziel sind „beste kli- nische Behandlungsergebnisse“ mit „Minimierung von Toxizität, […] Resistenzentwicklung und Kosten“ [2]. Im Unterschied zu anderen Qualitätsoffensiven in der Medizin geht der Anspruch von Antibiotic Stewardship über den einzelnen Patienten hinaus. Denn das Fernziel von ABS ist die Verlangsamung der Verbreitung von An- tibiotikaresistenzen in der gesamten Bevölkerung. Zwar liegt Deutschland beim Gesamtantibiotikaver- brauch in der Humanmedizin (von dem der allergrößte Teil in den ambulanten Bereich fällt) im europäischen Vergleich im unteren Drittel. Allerdings gilt das nach ei- ner Schätzung von Kern et al. [3] gerade nicht für den stationären Bereich, wo es wahrscheinlich sogar die Spitzenposition einnimmt (hierbei muss jedoch die deutlich höhere Dichte an Krankenhausbetten in Deutschland berücksichtigt werden). Implementierung eines ABS-Teams Personelle Voraussetzungen Ein ABS-Team besteht mindestens aus einem Infektio- logen (s. u.) bzw. einem ABS-fortgebildeten klinisch tä- tigen Arzt und einem Apotheker; idealerweise noch einem diagnostisch-tätigen Mikrobiologen und einem Krankenhaushygieniker. In größeren Krankenhäusern ermutigt die S3-Leitlinie zudem zur Einführung von fachabteilungsbezogenen ABS-Beauftragten, analog zum Konzept der hygienebeauftragten Ärzte. Als per- sonelle Untergrenze wird ein Vollzeitstellenäquivalent pro 500 Akutbetten empfohlen. Die Qualifikation „Infektiologe“ kann als „Zusatzwei- terbildung Infektiologie“, die allen klinischen Fachärz- ten sowie Fachärzten für Mikrobiologie und Hygiene of- fensteht, erworben werden. Daneben gibt es das Zerti- fikat „Infektiologe (DGI)“ der deutschen Gesellschaft für Infektiologie. Im Mai dieses Jahres wurde zudem vom Bundesärztetag die bundesweite Einführung des „Facharztes für Innere Medizin und Infektiologie“ be- schlossen. Alle Teammitglieder sollten in Antibiotic Stewardship fortgebildet sein. Entsprechende Kurse (Module, Ab- schluss als „ABS expert“) werden von der DGI und der Deutschen Gesellschaft Krankenhaushygiene (DGKH), aber auch z. B. von Landesärztekammern an- geboten. für Merke Das Team sollte idealerweise einen Auftrag der Kli- nikleitung für seine Tätigkeit („Mandat“) sowie fi- nanzielle Ressourcen und Stellen („Deputat“) erhal- ten. Als Argumentationshilfe bietet sich das Infektions- schutzgesetz (§ 23) an: Hier fordert der Gesetzgeber von Krankenhäusern die regelmäßige und ständige Er- fassung (= Surveillance) der Resistenzsituation und des Antibiotikaverbrauchs. Surveillance-Aufgaben Die Resistenzstatistik wird durch die mikrobiologischen Labore erstellt und sollte mindestens jährlich aktuali- siert werden. Hier ist auf eine zweckmäßige Darstel- lung der oftmals großen Datenmengen zu achten, also z. B. ▪ Reduktion auf die wesentlichen Erreger, ▪ separate Beurteilung von verschiedenen Fach- und Risikobereichen (Intensiv- versus Normalstation) und ▪ wenn möglich die Unterscheidung in ambulante versus nosokomial akquirierte Erreger. Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 91

Blutkulturen sein, Patienten, die mit Reserveantibioti- ka, mit Antibiotika-Kombinationen oder einfach nur auffällig lange (z. B. länger als 7 Tage) therapiert wer- den. Merke Vor allem auf chirurgischen oder gemischten Inten- sivstationen sind Patienten mit prolongierter perio- perativer Prophylaxe ein einfaches und häufiges In- terventionsziel der ABS-Visite. Naheliegend ist: Für eine erfolgreiche Beratung sind nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch „soft skills“ relevant. Strategien zur Therapieoptimierung: die ABS-Visite Folgende 3 Punkte sollten auf einer ABS-Visite patien- tenbezogen besprochen werden: ▪ die Indikation zur antiinfektiven Therapie, ▪ die Substanzauswahl (inkl. Dosierung) und ▪ die Therapiedauer. Vor allem auf Normalstationen ist noch der Applikati- onsweg relevant, hierzu gehört die möglichst zeitnahe Umstellung auf eine orale Therapie. Das ABS-Team ist nicht weisungsbefugt, sondern beratend tätig. Da z. B. die Beurteilung der Diagnosegüte und Empfehlungen zum An- oder Absetzen von Antiinfektiva ärztliche Auf- gaben sind, sollten diese durch den Infektiologen im Team erfolgen. Den o. g. Punkten sind zudem noch (▶ Tab. 1), sodass zahlreiche Details untergeordnet eine schriftliche Vorbereitung seitens des ABS-Teams vor der Visite sinnvoll ist. Hilfreich ist hierbei eine gute IT-Struktur, sodass Laborwerte, mikrobiologische Be- funde und Antiinfektiva-Verordnungen unkompliziert aus dem Krankenhausinformationssystem (KIS) und ggf. einer elektronischen Patientenakte entnommen werden können. Das hier skizzierte Vorgehen kann bei komplexen Fällen jedes Zeitmaß einer ABS-Visite sprengen. Für diese Fäl- le ist eine individuelle Beratung notwendig, idealerwei- se im Rahmen eines fachärztlich-infektiologischen Konsils. Cave ABS ist kein Ersatz für klinische Infektiologie! Deeskalation Steht der die Infektion verursachende Erreger fest, kann in aller Regel eine Deeskalation der meist initial breit gestarteten empirischen antiinfektiven Therapie vorgenommen werden. Oft kann dies auch schon vor dem fertigen Resistogramm geschehen: beispielsweise ▶ Tab. 1 Inhalte einer patientenbezogenen Antibiotic-Stewardship-Visite. Diskussionspunkt … beinhaltet: Indikation (Diagnosegüte) antiinfektive Substanz Anamnese, physische Untersuchungsbefunde Vitalwerte, inkl. Beatmungs- und Kreislaufpara- meter Interpretation mikrobiologischer (Vor-)Befunde1 Befunde aus Bildgebung, Histopathologie Verlauf von Biomarkern/Sepsis-Scores Deeskalation/Absetzen von Kombinationen1 Dosisanpassung an Organinsuffizienzen bzw. -ersatzverfahren und Gewicht2 PK-PD-Optimierung, Spiegelbestimmung (TDM)1 Rücksicht auf evtl. bestehende Allergien1 Wechselwirkungen mit anderer Medikation Therapiedauer STOP-Datum festlegen, ggf. PCT-gesteuert1 PCT: Procalcitonin, PK-PD: pharmakokinetisch/-dynamisch, TDM: therapeutic drug monitoring 1 Details siehe Text 2 höhere Dosen z. B. im septischen Schock Verschmälerung der Therapie auf Flucloxacillin (i. v.) oder Cefazolin bei Nachweis von S. aureus (wenn keine MRSA-Besiedlung bei dem Patienten bekannt oder kein hohes Risiko hierfür gegeben ist). Wichtig: Empirisch begonnene Kombinationspartner (Vancomycin, Ami- noglykoside, Makrolide, Fluorchinolone) sollten bei sta- bilisiertem Patienten (meist nach 48–72 Stunden) auch ohne (jeglichen) Erregernachweis beendet werden. Dies ist im Übrigen auch klare Empfehlung der weiter oben kritisierten Leitlinien zur Sepsis und nosokomia- len Pneumonie. Auch eine erregerspezifische Therapie benötigt in den allermeisten Fällen keine Kombinatio- nen. Merke Natürlich müssen antiinfektive Therapien bei plau- sibler nichtinfektiöser Alternativdiagnose sofort be- endet werden, statt – wie z. T. noch angenommen – den „Therapiezyklus vollzumachen“, was unnötigen Selektionsdruck auf das Patienten-Mikrobiom er- zeugt. Empfehlungen zur Dauer antiinfektiver Therapien Erfreulicherweise gibt es für zahlreiche Infektionen mittlerweile randomisierte Studien oder zumindest Empfehlungen auf Leitlinienniveau zur Therapiedauer (▶ Tab. 2). Fast immer gehen diese von einem klinisch stabilisierten Patienten aus und müssen auf den indivi- duellen Fall angewendet werden. Im Rahmen der ABS- Visite ist dies ebenfalls eine Aufgabe des „Klinikers“ im Team. Ein gutes und aktuelles Beispiel für eine solche Studie ist ein französischer Multicenter-RCT (randomized con- Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 93

Procalcitoninbestimmung Merke Die wiederholte Bestimmung von Procalcitonin (PCT) kann besonders bei der rein klinisch diagnostizierten Sepsis, d. h. ohne (gesicherten) Fokus und konsekutiv fehlender Erregersicherung, hilfreich sein. Einige untereinander sehr ähnliche Algorithmen (ty- pisch: Abfall des PCT auf ein Fünftel oder weniger des Maximalwertes) sind untersucht [12]. Sie können die Therapiedauer im Schnitt sogar auf 5 Tage verkürzen – was freilich eine engmaschige (in den Studien tägliche) Messung voraussetzt. Auch für das C-reaktive Protein (CRP) wurde ein entsprechender Algorithmus in einer kleinen randomisierten Studie untersucht und scheint dem PCT nicht unterlegen zu sein [13]. Eskalation oder erstmal nur Fokussuche? Steigende Entzündungswerte ohne akute klinische Ver- schlechterung sind prognostisch relevant [14]. Sie sind aber nicht notwendigerweise schon behandlungs- bzw. bei bereits laufender antiinfektiver Therapie automa- tisch eskalationsbedürftig. Selbst für das allseits be- liebte PCT konnte eine randomisierte Multicenterstu- die keinen Letalitätsbenefit für einen strengen Eskalati- onsalgorithmus finden – im Gegenteil: Nebenwirkun- gen von Antibiotika zeigten sich vermehrt im PCT-Arm [15]. In der Praxis kommt es dennoch oft zu einer vor- schnellen Eskalation, weil eine Zweitinfektion oder (multi-)resistente Erreger befürchtet werden. Ent- scheidend ist jedoch zunächst, ob initial überhaupt eine plausible Infektionsdiagnose vorlag. Falls ja, sollte immer zuerst eine Komplikation dieser Diagnose aus- geschlossen werden. Bei einer Pneumonie kann das beispielsweise eine Abszedierung oder ein Pleuraempy- em und bei einer kontinuierlichen Bakteriämie eine En- dokarditis oder eine septische Thrombophlebitis sein. Bei S.-aureus- und Streptokokken-Bakteriämien sowie Candidämien sind auch septische Absiedelungen in Or- gane und Knochen keine Seltenheit und sollten aktiv gesucht werden. Freilich kann eine kontinuierliche Bakteriämie nur durch die frühe Abnahme (zwischen Tag 2 und 4 der Therapie) von Folgeblutkulturen identifiziert werden. Diese werden für S. aureus und Candida auch ohne kli- nische Verschlechterung empfohlen, sind aber wahr- scheinlich auch für Enterokokken und Streptokokken (je nach Spezies) sinnvoll. Denn diese Erreger haben im Vergleich zu Gramnegativen ein höheres Potenzial zu diesen Komplikationen. Merke Falls eine klinische Besserung ausbleibt und eine plausible Infektionsdiagnose fehlt, ist auch ein Ab- setzversuch zu erwägen. INFO Beurteilung von Kulturbefunden In der Regel nicht behandlungsbedürftige Kulturbefunde sind: ▪ Candida, Enterokokken und vergrünende Streptokokken in respiratorischen Sekreten ▪ Candida und Enterokokken in Urinkulturen ▪ asymptomatische Bakteriurie/Candidurie, auch bei Nachweis von Nitrit und/oder Leukozyten im Urinstatus bzw. Urintest- streifen ▪ Erregerbefunde aus oberflächlichen (Wund-)Abstrichen ▪ Erregerbefunde aus länger (> 24 h) liegenden Drainagekathe- tern ▪ typische niedrigvirulente Erreger der Hautflora (z. B. koagu- lasenegative Staphylokokken) aus Blutkulturen ohne klini- sches Korrelat (wie z. B. eine Gefäßkatheterinfektion) oder aus intraoperativen Gewebekulturen (z. B. unter VAC-Ver- bänden) ohne Kontakt zu Fremdmaterial Skeptischen Blicken kann mit dem Hinweis begegnet werden, dass dies nirgendwo sicherer sein sollte als in einem Krankenhaus – das gilt besonders für die Inten- sivstation mit der dort lückenlosen Überwachung! Falls sich der Patient aber klinisch „relevant“ ver- schlechtert, ist eine Eskalation der antiinfektiven The- rapie oft nicht vermeidbar. Die ABS-Visite sollte dann jedoch die Fokussuche umso dringlicher in den Vorder- grund stellen: Denn für einige Foci sind operative bzw. interventionelle Eingriffe viel relevanter für Heilung bzw. Überleben als jede noch so „breite“ antiinfektive Therapie [16]. Oft steht bei der Fokusdiskussion die In- terpretation mikrobiologischer Befunde im Vorder- grund, die jeweils den Entitäten Infektion, Kolonisation und Kontamination zugeordnet werden müssen. Klini- ker neigen zu einer Überinterpretation von Kulturbe- funden aus nicht sterilen Orten. Einen Goldstandard gibt es hierfür nicht, aber immerhin existiert zu einigen Konstellationen weitgehend Konsens (s. „Info – Beur- teilung von Kulturbefunden“). Die Erfahrung zeigt: Durch das zu frühe Festlegen auf eine Infektionsdiag- nose („premature closure“) auf Basis dürftiger Fakten (Infiltrat = Pneumonie, Sepsis plus positiver Urinstix = Urosepsis) wird nicht selten die Feststellung der eigentlichen Diagnose verzögert – z. B. indem auf wei- terführende bildgebende Diagnostik zunächst verzich- tet wird. Pharmakologische Interventionen Eine der häufigsten pharmakologischen Interventionen dürfte die Dosisfindung unter der Berücksichtigung eingeschränkter Organfunktionen sein. Erstaunlicher- weise ist einem aktuellen systematischen Review nach [17] die Evidenz für die am häufigsten vorgenommene Anpassung an die Nierenfunktion besonders schwach Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 95

leichte bis milde Art der allergischen Reaktion Sofortreaktion Spätreaktion (meistens innerhalb 1h) (meistens nach 6 h bis Pruritus, Urtikaria, Flush, Angioödem Tage): makulopapulöses Exanthem schwere Früh- (Anaphylaxie) oder Spätreaktion (Hautblasen/-ablösung, Schleimhauterosionen, Beteiligung innerer Organe) oder nicht zu klärende Reaktion Gabe eines alternativen Betalaktams Gabe einer (bzw. je nach Indikation mehrerer) Nicht-Betalaktam-Alternative/n als stufenweise Provokation direkt in voller Dosis direkt in voller Dosis Substanzauswahl bei Allergie gegen Penicillin oder ein Penicillinderivat: Cefazolin1 und Cephalosporine der Gruppen 2–52 bei Allergie gegen ein Cephalosporin der Gruppe 2–52 Penicillin und Penicillinderivate nach Fokus-spezifi schen Empfehlungen ▶ Abb. 1 Empirische antibiotische Therapie bei Verdacht auf Betalaktam-Allergie (Antibiotika-Karte der Uniklinik Aachen 2020, leicht modifi- ziert). Details zur Provokation siehe deutsche S2k-Leitlinie [32], 1 nicht jedoch Cefaclor, Cefalexin, Cefadroxil oral; 2 u. a. Cefuroxim, Ceftriaxon, Cefotaxim, Cefpodoxim, Ceftazidim, Cefepim, Ceftolozan. Betalaktam-Allergie Zirka 5–10 % der Patienten berichten über Penicillin-Al- lergien oder haben entsprechende Einträge in ihren Arztbriefen; bei über 90 % liegt jedoch keine Allergie vor. Aus vermeintlicher Vorsicht wird dennoch oft auf Nicht-Betalaktam-Alternativpräparate ausgewichen, obwohl dieses Vorgehen mit vermehrten Nebenwir- kungen [27] und schlechteren Behandlungsergebnis- sen assoziiert ist [28]. Kreuzreaktionen zu anderen Betalaktamen sind aber viel seltener als angenommen, denn dabei spielt wahr- scheinlich die R1-Seitenkette des Betalaktamrings die wichtigste „allergene Rolle“: Bei Penicillin-Allergie wer- den intravenöse Cephalosporine aller „Generationen“ in der Regel vertragen, aber nicht die chemisch enger verwandten oralen Cephalosporine der ersten Genera- tion! Interessanterweise verlieren selbst Patienten mit dokumentierter IgE-vermittelter allergischer Reaktion nach einigen Jahren diese Antikörper. Sie weisen in der Allergietestung keine Reaktion mehr auf und vertragen sogar Penicillin im Rahmen einer Provokationstestung [29]. Idealerweise würden alle Patienten mit einer mut- maßlichen Betalaktam-Allergie einer allergologischen Testung unterzogen werden. Dies dürfte aber zum einen für viele Kliniken zu personalintensiv sein und ist bei dringlichen empirischen Therapien aus zeitlichen Gründen praktisch nicht umsetzbar. ▶ Tab. 3 PEN-FAST-Score (übersetzt aus [30]). Anamnese Punkte Fünf oder weniger Jahre seit letzter Reaktion Anaphylaxie, Angioödem oder Schwere Hautreaktion Therapie notwendig gewesen 2 2 1 Wahrscheinlichkeit eines positiven Penicillin-Allergie-Tests: 0 Punkte: < 1 %, < 3 Punkte: 5 %, 3 Punkte: 20 %, > 3 Punkte: 50 % In einer prospektiven Studie aus Australien wurde des- wegen der PEN-FAST-Score entwickelt und validiert [30], der die Ergebnisse einer Allergietestung grob vor- hersagen kann (▶ Tab. 3). Bei weniger als 3 Punkten be- trug die Wahrscheinlichkeit eines positiven Allergietes- tes nur 5 %. Somit ist eine Exposition dieser Patienten bei dringlicher Therapieindikation ohne vorherige Tes- tung unter stationären Bedingungen zu rechtfertigen. ▶ Abb. 1 zeigt ein etwas differenzierteres Vorgehen in Anlehnung an die 2019 erschienene deutsche S2k-Leit- linie „Diagnostik bei Verdacht auf eine Betalaktamanti- biotika-Überempfindlichkeit“ [31]. In dieser Leitlinie findet man auch detaillierte Angaben zur Allergie- und Provokationstestung. Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 97

6 %, was als Erfolg gewertet wurde, gab es keine signifi- kanten Änderungen bei den Nachweisraten für ESBL- bildende (ESBL: Extended-Spectrum-Betalaktamasen) bzw. carbapenemresistente Enterobakterien – und auch nicht für den multiresistenten Pseudomonas. Je- doch zeigte sich ein geringer (und signifikanter) An- stieg bei den vancomycinresistenten Enterokokken. ▪ Müssen wir, um den günstigen Einfluss von Antibio- tic Stewardship auf Resistenzen nachzuweisen, „einfach“ nur größere Zeiträume untersuchen (in der Studie waren es durch den unterschiedlichen Beginn der ASP in den Häusern 2 bis 6 Jahre)? ▪ Müssen wir mehr Häuser einbeziehen – aber auch die ambulante Medizin, in der mengenmäßig viel mehr Antibiotika verschrieben werden? ▪ Und was ist mit dem noch größeren Verbrauch in der Tiermast? Vielleicht liegt ein Nachweis auch außerhalb unserer Möglichkeiten, und wir sollten unseren Blick mehr auf den Vorteil für den einzelnen Patienten lenken. In den meisten bisher veröffentlichten randomisierten Studi- en zur Therapiedauer (oder zum Vergleich Antibioti- kum A vs. B) waren nämlich Nebenwirkungen und Re- sistenzentstehung sekundäre Endpunkte. Ihre Erfas- sung stand statistisch und auch praktisch nicht im Mit- telpunkt – was womöglich erklärt, dass sich hier oft kei- ne oder nur geringe Unterschiede fanden. Ein kürzlich veröffentlichter Multicenter-RCT aus Grie- chenland versuchte dies anders zu machen. In dieser Studie wurden zunächst, wie schon oft zuvor, stationä- re Sepsis-Patienten auf einen typischen PCT-Algorith- mus (s. o.) versus Standardbehandlung randomisiert [35]. Als primärer Endpunkt dienten aber unerwünsch- te Nebenwirkungen im Sinne einer klinischen (!) Infek- tion (inkl. Tod durch diese) durch C. difficile oder durch einen multiresistenten Erreger (bis zu 180 Tage nach Studieneinschluss). Die Therapiedauer unterschied sich im Schnitt nur um 5 Tage (5 Tage im PCT- versus 10 im Kontrollarm). Dennoch traten Infektionen durch C. difficile oder multiresistente Erreger mehr als doppelt so häufig in der Kontrollgruppe auf (7 % versus 15 %). Sicherlich ist diese eher kleine Studie (weniger als 300 Patienten) aus einer Hochprävalenzregion für multiresistente Erreger in diesem Punkt nicht 1:1 auf uns übertragbar – hinsichtlich des Punktes Risikokol- lektiv aber eben doch: Die Patienten waren im Schnitt 78 Jahre und hatten zahlreiche Komorbiditäten. Kämp- fen wir also um (fast) jeden Antibiotika-Tag! KERNAUSSAGEN ▪ Antibiotic Stewardship (ABS) fördert den ratio- nalen Einsatz von Antibiotika. ▪ ABS-Teams sind interdisziplinär aus den Berei- chen klinische Infektiologie, Mikrobiologie, Krankenhaushygiene und Apotheke zusam- mengestellt. Sie brauchen ein Mandat und De- putat seitens der Klinikleitung. ▪ Die Messung des Antibiotikaverbrauchs sowie die Erstellung der Resistenzstatistik sind Kern- aufgaben des ABS-Teams und gesetzlich gefor- dert. ▪ ABS-Interventionen sind: hausinterne Leitlini- enerstellung, Schulungen, Restriktion von Re- serveantibiotika und die regelmäßige Durch- führung von ABS-Visiten. ▪ Auf einer ABS-Visite werden die Indikation, die Substanz(en) und die Therapiedauer bespro- chen. ABS ist kein Ersatz für klinische Infektio- logie. Interessenkonflikt Erklärung zu finanziellen Interessen Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Be- rater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein. Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessen- konflikt besteht. Autorinnen/Autoren M. Fabian Juzek-Küpper Dr. med., 1997–2006 Studium der Human- medizin an der RWTH Aachen. 2006–2008 Innere Medizin/Gastroenterologie UK Aa- chen, 2009–2016 Innere Medizin/Infektiolo- gie UK Freiburg. 2014 Facharzt Innere Medi- zin, 2015 Infektiologe (DGI). Seit 02/2017 Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie am UK Aachen. Sebastian Lemmen Prof. Dr. med., Facharzt für Hygiene/Um- weltmedizin, Mikrobiologie/Infektionsepide- miologie und Infektiologe (DGI). Seit 1997 Leiter des Zentralbereichs für Krankenhaus- hygiene und Infektiologie der Uniklinik Aa- chen; dieser wurde 2009 als „Zentrum für In- fektiologie“ von der Deutschen Gesellschaft für Infektiolo- gie zertifiziert. 2001 Habilitation für das Fach Mikrobiolo- gie/Infektiologie, seit 2006 apl. Professor. Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 99

Bibliografie Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 DOI 10.1055/a-1546-7636 ISSN 1862-5797 © 2022. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany [28] Huang K-HG, Cluzet V, Hamilton K et al. The impact of re- ported beta-lactam allergy in hospitalized patients with he- matologic malignancies requiring antibiotics. Clin Infect Dis 2018; 67: 27–33 [29] Solensky R, Earl HS, Gruchalla RS. Lack of penicillin resensi- tization in patients with a history of penicillin allergy after receiving repeated penicillin courses. Arch Intern Med 2002; 162: 822–826 [30] Trubiano JA, Vogrin S, Chua KYL et al. Development and va- lidation of a penicillin allergy clinical decision rule. JAMA In- tern Med 2020; 180: 745–752 [31] Wurpts G, Aberer W, Dickel H et al. S2k-Leitlinie: Diagnostik bei Verdacht auf eine Betalaktamantibiotika-Überempfind- lichkeit. Allergo J Int 2019; 28: 121–151 [32] Evans SE, Jennerich AL, Azar MM et al. Nucleic Acid-based Testing for Noninfluenza Viral Pathogens in Adults with Suspected Community-acquired Pneumonia. An Official American Thoracic Society Clinical Practice Guideline. Am J Respir Crit Care Med 2021; 203: 1070–1087 [33] Morgan DJ, Malani P, Diekema DJ. Diagnostic Stewardship – Leveraging the laboratory to improve antimicrobial use. JAMA 2017; 318: 607–608 [34] Tartof SY, Chen LH, Tian Y et al. Do Inpatient Antimicrobial Stewardship Programs help us in the battle against antimi- crobial resistance? Clin Infect Dis 2021; 73: e4454–e4462 [35] Kyriazopoulou E, Liaskou-Antoniou L, Adamis G et al. Pro- calcitonin to reduce long-term infection-associated adverse events in sepsis. A randomized trial. . Am J Respir Crit Care Med 2021; 203: 202–210 Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 101

Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 7 Frage 9 Was bedeutet es, wenn sich in einem Resistogramm neben einer antibakteriellen Substanz der Buchstabe „I“ als Test- ergebnis findet? A intermediär sensibel inadäquate Substanz B C sensibel bei höherer Dosierung D irritative Substanz E Isoniazid Frage 8 Welches Antiinfektivum ist bei oraler Gabe gut bioverfügbar? A Flucloxacillin B Mebendazol C D Vancomycin Cotrimoxazol E Cefuroxim Welche Aussage zur Penicillin-Allergie ist richtig? B A Bei nachgewiesener oder sehr wahrscheinlicher Penicillin- Allergie, egal welcher Ausprägung, muss zur Therapie einer Infektion auf Nicht-Betalaktame ausgewichen werden. Bei leichten bis milden allergischen Spätreaktionen auf Penicillin kommen zur Therapie einer Infektion Cephalo- sporine, mit Ausnahme oraler Cephalosporine der sog. ers- ten Generation, infrage. Sie besteht in der Regel lebenslang fort. C D Der PEN-FAST-Score hilft bei der konkreten Auswahl einer E Ersatzsubstanz. Eine allergologische Diagnostik sollte nur in Ausnahme- fällen angestrebt und empfohlen werden. Frage 10 Was ist zur klinischen Infektionsdiagnostik meist wenig brauchbar? A Blutkulturabnahme vor Antibiotika-Gabe B C Einsendung mehrerer Gewebeproben bei intraoperativem Verdacht auf eine Infektion Bestimmung von LDH und Protein in Serum und Pleura- punktat bei V. a. Infektion D Routine-Urinkulturen vor geplanter TEP-Implantation bei fehlenden klinischen Symptomen einer Harnwegsinfekti- on Einsendung von Gewebeproben für die Histopathologie E Juzek-Küpper M. Fabian et al. Antibiotic Stewardship (ABS) … Krankenhaushygiene up2date 2022; 17: 89–103 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 103

Impressum Krankenhaushygiene up2date 17. Jahrgang Die Krankenhaushygiene up2date erscheint 4-mal jährlich. ISSN (Print): 1862-5797 eISSN: 1862-5800 Copyright & Ownership Wenn nicht anders angegeben: © 2022. Thieme All rights reserved. Die Zeitschrift Krankenhaushygiene up2date ist Eigentum von Thieme. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Schriftleitung Prof. Dr. med. Sebastian W. Lemmen Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie Uniklinik RWTH Aachen Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen E-Mail: slemmen@ukaachen.de Herausgebende Dr. med. Tim Eckman Prof. Dr. med. Heinz-Michael Just PD Dr. med. Rasmus Leistner Prof. Dr. med. Sebastian Lemmen Dr. med. Matthias Pulz Prof. Dr. med. Bernd Salzberger Prof. Dr. med. Simone Scheithauer Prof. Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner Dr. med. Thomas Schwanz Dr. med. Renate Ziegler Die Herausgebenden sind nicht verantwortlich für in der Zeitschrift enthaltene Anzeigen und Beilagen. Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 301120, 70451 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-0, Fax: +49 711 8931-298 www.thieme.de www.thieme.de/krankenhaushygiene-u2d www.thieme-connect.de/products Web-App: www.thieme.de/eref-app Redaktion Sie erreichen die Redaktion unter: khh-u2d.impressum@thieme.de V.i.S.d.P.: Dr. Volker Hirschel, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Andreas Schweiger, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 300880, 70448 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-245, Fax: +49 711 8931-470 E-Mail: andreas.schweiger@thieme-media.de Produktionsmanagement Tel.: +49 711 8931-306, Fax: +49 711 8931-393 E-Mail: anette.stickel@thieme.de Abonnentenservice Wir bitten unsere Abonnent*innen, Adressänderungen dem Abonnentenservice mitzuteilen, um eine reibungs- lose Zustellung der Zeitschrift zu gewährleisten. Tel.: +49 711 8931-321, Fax: +49 711 8931-422, https://kundenservice.thieme.de Unter dieser Adresse können Abonnenten der Kranken- haushygiene up2date kostenlos einen neuen Archivie- rungs-Ordner bestellen. Bitte geben Sie Ihre Anschrift und Abo-Nummer an. Die Inhalte der Zeitschrift stehen online in Thieme con- nect zur Verfügung (www.thieme-connect.de/pro- ducts). Der Zugang ist für persönliche Abonnent*innen im Preis enthalten. Über kostenpflichtige Zugangsmöglichkeiten und Lizen- zen für Institutionen (Bibliotheken, Kliniken, Firmen etc.) informiert Sie gerne unser Institutional Sales Team, E-Mail: esales@thieme.de Warenbezeichnungen und Handelsnamen Marken, geschäftliche Bezeichnungen oder Handelsna- men werden nicht in jedem Fall besonders kenntlich ge- macht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Handelsnamen handelt. Informationen für unsere Autor*innen Manuskriptrichtlinien und andere Informationen für Au- tor*innen entnehmen Sie bitte den Autorenhinweisen unter dem Reiter „Autoren“ auf www.thieme.de/kran- kenhaushygiene-u2d. Grundsätzlich werden nur solche Manuskripte angenommen, die noch nicht anderweitig veröffentlicht oder zur Veröffentlichung eingereicht worden sind. Bitte beachten Sie: Wir können keine Abbildungen an- nehmen, die bereits in Büchern, Zeitschriften oder elek- tronischen Produkten anderer Anbieter*innen publiziert worden sind oder an denen Dritte Nutzungsrechte ha- ben (z.B. Arbeitgebende). Der Grund: Auch gegen Li- zenzgebühr ist es kaum noch möglich, die Nutzungs- rechte in dem für uns erforderlichen Umfang zu erhalten. Bitte zahlen Sie deshalb keine Lizenzgebühren (z. B. bei „RightsLink“/Copyright Clearance Center) – auch die Standard-Lizenzverträge von „Creative Commons“ sind für eine Publikation leider nicht ausreichend. Diese Zeitschrift bietet Autor*innen die Möglichkeit, ihre Artikel gegen Gebühr in Thieme connect für die all- gemeine Nutzung frei zugänglich zu machen. Bei Inte- resse wenden Sie sich bitte an: khh-u2d.impres- sum@thieme.de For users in the USA Authorization of photocopy items for internal or perso- nal use, or the internal or personal use of specific clients, is granted by Georg Thieme Verlag Stuttgart. New York for libraries and other users registered with the Copy- right Clearance Center (CCC) Transactional Reporting Service; www.copyright.com. For reprint information in the USA, please contact: journals@ thieme.com Wichtiger Hinweis Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Ent- wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er- fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe- langt. Soweit in diesem Heft eine Dosierung oder eine Versandkosten Gesamtkosten Bezugspreise 2022* persönliches Abonnement ermäßigter Preis für Ärzte in der Weiterbildung und Studenten Vorzugspreis für Fachpflegepersonal institutioneller Jahresbezugspreis Abo 200,00 151,00 121,00 336,00** Inland 31,40 31,40 31,40 31,40 Ausland 38,10 38,10 38,10 38,10 Inland 231,40 182,40 152,40 367,40 Ausland 238,10 189,10 159,10 374,10 * Jährliche Bezugspreise in € (D), unverbindlich empfohlene Preise inkl. der gesetzl. MwSt (D). Im Ausland verstehen sich die Preise und Versandkosten exkl. der gesetzlichen MwSt. Preisänderungen vorbehalten. Preis für ein Einzelheft 72,00 € zzgl. Versandkosten ab Ver- lagsort. Das Abonnement wird zum Jahreswechsel im Voraus berechnet und zur Zahlung fällig. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung zum 30. September vorliegt. ** Der institutionelle Jahresbezugspreis inkludiert Online-Zugriff für 1 Standort; weitere Informationen finden Sie unter https://lp.thieme.de/fachzeitschriften/ijbp/ Krankenhaushygiene up2date 2022; 17 | © 2022. Thieme. All rights reserved. Applikation erwähnt wird, dürfen die Lesenden zwar da- rauf vertrauen, dass Autor*innen, Herausgebende und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass die- se Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung der Zeitschrift entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applika- tionsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jede*r Benutzende ist angehal- ten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und ggf. nach Konsultation ei- nes Spezialisten oder einer Spezialistin festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift abweicht. Eine solche Prü- fung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Prä- paraten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Ge- fahr des Benutzenden. Autor*innen und Verlag appellie- ren an alle Benutzenden, ihnen etwa auffallende Unge- nauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Bei- träge und Abbildungen sind für die Dauer des Urheber- rechts geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim- mung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt ins- besondere für Vervielfältigung und Verbreitung in ge- druckter Form, Übersetzung, Übertragung und Bearbei- tung in andere Sprachen oder Fassungen sowie die Ein- speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien- formen (z. B. CD-Rom, DVD, USB-Speicher, Datenbank, cloud-basierter Dienst, e-book und sonstige Formen des electronic publishing) und auch öffentlicher Zu- gänglichmachung (z. B. Internet, Intranet oder andere leitungsgebundene oder -ungebundene Datennetze), u. a. durch Wiedergabe auf stationären oder mobilen Empfangsgeräten, Monitoren, Smartphones, Tablets oder sonstigen Empfangsgeräten per Download (z. B. PDF, ePub, App) oder Abruf in sonstiger Form etc. Hinweis zu Studien-Referaten Die Autorinnen und Autoren unserer Referate-Rubriken schreiben frei- oder nebenberuflich für verschiedene Auftraggebende aus Verlagsbranche, Wissenschaft und Industrie. Bei Fragen zu Interessenkonflikten einzelner Autor*innen wenden Sie sich bitte mit der im Impres- sum unter „Redaktion“ genannten E-Mail-Adresse an den Verlag. Datenschutz Wo datenschutzrechtlich erforderlich, wurden die Na- men und weitere Daten von Personen redaktionell ver- ändert (Tarnnamen). Dies ist grundsätzlich der Fall bei Patient*innen, ihren Angehörigen und ihrem Freundes- kreis, z. T. auch bei weiteren Personen, die z. B. in die Behandlung von Patient*innen eingebunden sind. Wertschätzende Sprache und geschlechtergerechter Sprachgebrauch Thieme Publikationen streben nach einer fachlich kor- rekten und unmissverständlichen Sprache. Dabei lehnt Thieme jeden Sprachgebrauch ab, der Menschen belei- digt oder diskriminiert, beispielsweise aufgrund einer Herkunft, Behinderung oder eines Geschlechts. Thieme wendet sich zudem gleichermaßen an Men- schen jeder Geschlechtsidentität. Die Thieme Recht- schreibkonvention nennt Autor*innen mittlerweile kon- krete Beispiele, wie sie alle Lesenden gleichberechtigt ansprechen können. Die Ansprache aller Menschen ist ausdrücklich auch dort intendiert, wo im Text (etwa aus Gründen der Leseleichtigkeit, des Text-Umfangs oder des situativen Stil-Empfindens) z.B. nur ein generi- sches Maskulinum verwendet wird. Printed in Germany Satz: seitenweise, Tübingen Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe (Saale)