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Inhalt Handchirurgie Scan März 2022 · 11. Jahrgang · Seite 1–84 1 Editorial | Handchirurgie Scan – Aktuelle Publikationen Aktuell für Sie gescannt Michael Schädel-Höpfner, Michael Sauerbier 3 In eigener Sache | Adaptives Lernen für die „Orthopädie und Unfallchirurgie“ – Dieses Wissen werden Sie nicht mehr los 5 Herausgeber und Beirat Diskussion 8 Komplexe Verletzungen und Rekonstruktionen | Behand- lung der „Spaghetti Wrist“ in WALANT-Technik 9 Distaler Radius | WALANT-Technik zur Osteosynthese am distalen Radius? 12 Distaler Radius | Dorsale Überbrückungsplatten führen zu funktionell akzeptablen Ergebnissen 13 Handgelenk und Handwurzel | Akute Skaphoidfraktur: Perkutane Fixierung mit guten Langzeitergebnissen und relevanter Komplikationsrate 15 Handgelenk und Handwurzel | 3-Ligament-Tenodese bei 24 Distaler Radius | Palmare Platte erreicht bessere Ergeb- nisse als konservative Therapie und ist kosteneffektiv 25 Distaler Radius | Palmare Platte mit Vorteilen gegenüber anderen Verfahren 26 Handgelenk und Handwurzel | Interdisziplinärer Konsen- sus zur Bildgebung der skapholunären Instabilität 26 Handgelenk und Handwurzel | Gründe für längere Immobilisierung bei Skaphoidfrakturen im mittleren Drittel 27 Handgelenk und Handwurzel | Kann anhand der prä- operativen CT eine Heilung nach OP der Skaphoid- pseudarthrose vorhergesagt werden? 28 Handgelenk und Handwurzel | Neuartiges vaskulari- siertes Transplantat mit guten Ergebnissen bei Ska- phoidpseudarthrose 29 Handgelenk und Handwurzel | Gute Ergebnisse nach operativer Behandlung von Hamulusfrakturen bei Baseballspielern skapholunärer Instabilität: Mäßige 9-Jahres-Erfolge 30 Handgelenk und Handwurzel | Aseptische Lunatum- 17 Handgelenk und Handwurzel | Isolierte STT-Arthrose: Arthrodese mit guten mittelfristigen Ergebnissen nekrose: Verkürzungsosteotomie des Kapitatums ten- denziell besser als des Radius 18 Phalangen | Perkutane Drahtosteosynthesen der Finger- grundglieder: Ruhigstellung oder frühe Physiotherapie? Schraubenfixierung bei Metakarpale- und Phalanx- frakturen 31 Mittelhand | Systematic Review zur intramedullären 20 Beugesehnen | Verzögerte Beugesehnennaht bis zu 32 Fingergelenke | Hemihamatum-Arthroplastik bei Frak- 5 Wochen nach der Verletzung turen der Mittelgliedbasis 21 Infektionen | Behandlung von Clenched Fist Injuries in Lokalanästhesie außerhalb des Operationssaales 33 Strecksehnen | Temporäre Transfixation des Endgelen- kes als Alternative zur alleinigen Schienenruhigstellung bei subkutanen Strecksehnenabrissen 34 Daumen | Sonografie und MRT erkennen Stener-Läsion mit vergleichbarer Genauigkeit 35 Amputationen | Finger-Replantation: Erst venöse oder erst arterielle Anastomosen? 6 Handchirurgie Scan 2022; 11 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion Komplexe Verletzungen und Rekonstruktionen Behandlung der „Spaghetti Wrist“ in WALANT-Technik Arik H et al. Management of spaghetti wrist under WALANT technique. Hand Surg Rehabil 2021; 40: 655–659 Eine sog. „Spaghetti Wrist“ be- schreibt ausgedehnte Lazerationen zwischen distaler Handgelenkbeuge- furche und den Muskel-Sehnen-Über- gängen der Beuger in der Zone 5. Da- bei sind mindestens 3 Strukturen durchtrennt, meist mindestens eine Arterie und ein Nerv. Die Behandlung umfasst die baldmöglichste Repara- tur aller verletzten Gebilde, um schwere Folgeschäden zu vermeiden. Bislang erfolgte das meist in Regional- oder Allgemeinanästhesie. Eine Arbeits- gruppe aus der Türkei beschreibt aber nun ihre Erfahrungen mit der OP in WA- LANT-Technik. WALANT steht dabei für „wide awake, local anesthesia, no tourni- quet“. Arik et al. haben die Akten von 13 zwischen Januar und Juli 2020 behandel- ten Patienten (sämtlich Männer, Durch- schnittsalter knapp 24 Jahre) retrospek- tiv ausgewertet. Bei allen Verletzungen handelte es sich um glatte Schnitte durch Glasscherben. Die Lokalanästhetikamischung (insge- samt 50 ml) bestand aus 25 ml Lidocain 2 %, 1 ml Adrenalin (0,5 mg), 19 ml phy- siologischer Kochsalzlösung und 5 ml Na- triumbikarbonat 8,4 %. Die Injektion er- folgte in der Notaufnahme im zu behan- delnden Bereich zunächst proximal, mit jeweils 15 ml der Mischung subdermal und subfaszial, dann distal mit jeweils 10 ml subdermal und subfaszial. Der Ein- griff begann 20–30 min nach der Injekti- on, dabei erfolgte die Überwachung der Patienten mittels EKG, Blutdruckmes- sung und Pulsoximetrie. Keiner der Ver- letzten benötigte zusätzliche Analgetika oder eine Sedierung, die Patienten ga- ben eine Schmerzstärke von im Mittel 1,0/10 Punkten an. Intraoperativ erfolgten zunächst 4–5 cm lange Inzisionen proximal und distal der Lazerationen. Nach Entfernen des Häma- toms wurden die anatomischen Struktu- ren identifiziert und gründlich mit Koch- salzlösung gespült. Die Sehnen wurden mit Doppelstrangnähten mit 3.0-Poly- dioxanon in „Cross-Stich“-Technik adap- tiert. Um die zueinander gehörigen Seh- nenanteile korrekt zuzuordnen, wurde der distale Stumpf atraumatisch so weit wie möglich nach proximal mobilisiert und der Patient anschließend aufgefor- dert, den zugehörigen Finger zu bewe- gen. Die Stabilität der Naht und eventu- elle Lücken wurden intraoperativ durch Willkürbewegungen des Patienten ge- prüft. Die Nerven wurden unter 2,5-fa- cher Lupenvergrößerung über eine epi- neurale Naht mit 6.0-Monofilament-Po- lypropylen End-zu End koaptiert. Die Ar- terien schließlich anastomisierten die Operateure nach Entfernung der Adven- titia mit 8.0-Nylonfäden. Trotz Verzichts auf den Tourniquet traten keine wesentlichen Blutungen auf. Post- operativ wurde die Hand für 3 Wochen immobilisiert, mit dem Handgelenk in 30° Flexion, den Fingergrundgelenken in 60° Flexion und den Mittel und Endge- lenken in voller Extension. Nach kurzer Überwachung im Aufwachraum wurden die Patienten komplikationslos entlas- sen. Nach 3 Wochen begann eine Physio- therapie über 6–10 Wochen, in dieser Zeit trugen die Patienten eine thermo- plastische Schiene mit dem Handgelenk in Neutralstellung und den Fingern in 45° Flexion. Die durchschnittliche Dauer von Aufnah- me bis zur OP betrug knapp 34 min, die durchschnittliche OP-Dauer knapp 2 Stunden, die Dauer von Aufnahme bis zur Entlassung knapp 4½ Stunden. Nach einer Nachbeobachtungszeit von im Mittel fast 10 Monaten fanden die Chirurgen ▪ mittels Allen-Test eine Durchgängig- keit von 10 der 12 behandelten Arte- rien, ▪ die Nervenfunktion erwies sich als – ausgezeichnet bei 6 der 17 repa- rierten Nerven (2-Punkt-Diskrimi- nation < 10 mm), – gut bei 9 Nerven (2-Punkt-Diskri- mination 10–20 mm) und – akzeptabel bei 2 Nerven (2-Punkt- Diskrimination > 20 mm, Pinprick- Test positiv) ▪ die aktive Gesamtbeweglichkeit der Finger erwies sich als – exzellent bei 6 Patienten (Norm- wert von 260° möglich oder der kontralateralen Seite entspre- chend), – gut bei 6 Patienten (> 75 % des Normwerts) und – akzeptabel bei einem Patienten (> 50 % des Normwerts), ▪ die durchschnittlich grobe Kraft lag bei 86,8 % der Gegenseite (76,9– 93,5 %). Alle Patienten waren mit der OP-Technik und dem Ergebnis sehr zufrieden (n = 9) oder zufrieden (n = 4). FAZIT Die WALANT-Technik erweist sich demnach auch bei komplexen Hand- verletzungen als gut anwendbar, fas- sen die Autoren zusammen. Im Ver- gleich zum Routinevorgehen waren dabei die Abläufe wesentlich zügiger und gerade unter angespannten Kli- nikressourcen belegten diese Patien- ten keine stationären Betten. Außer- dem standen zwar 7 Patienten unter Drogeneinfluss (Alkohol oder sonsti- ges), dennoch waren auch sie pro- blemlos kooperativ. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Kommentar Die Autoren berichten über den Einsatz der WALANT-Technik bei komplexen Weichteilverletzungen des Unterarms. Die Vorzüge des Verfahrens dürften mittlerweile hinreichend bekannt sein, sodass die Erkenntnisse kaum über- raschen: Perioperativ ergaben sich keine Komplikationen und die Ergebnisse im Nachbeobachtungszeitraum sind gut. Die Frage, die sich stellt, ist daher weni- ger, ob diese Verletzungen in der WA- LANT-Technik überhaupt versorgt wer- 8 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. 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Diskussion re/Blutleere (No Tourniquet). Der Patient wird hier wegen des Verzichts auf Sedati- va und Hypnotika von anästhesiologi- scher Seite nicht überwacht. Eine franzö- sische Arbeitsgruppe präsentiert ihre Er- gebnisse mit diesem Vorgehen. in ihre Auswertung gingen insgesamt 41 Patienten ein, die zwischen November 2019 und Juni 2020 wegen einer distalen Radiusfraktur mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese behandelt worden war. Den Patienten wurden präoperativ über das WALANT-Verfahren aufgeklärt, falls sie dieses ablehnten, wurde eine übliche Regionalanästhesie (RA) mittels axillärer Plexus-brachialis-Blockade durchgeführt. 21 Patienten entschieden sich für die WALANT-Technik. Bei ihnen erfolgte die Gabe von 40 ml Lidocain mit Adrenalin, 1:10 gepuffert mit Natriumbikarbonat 8,4 %. Das Anästhetikum wurde verteilt wie folgt: ▪ 10 ml entlang des geplanten Zugangs (nach Henry), davon 5 ml subkutan und 5 ml tief entlang der Fascia ante- brachii, ▪ 20 ml, aufgeteilt auf 2 Injektionsstel- len entlang der radialen Kante und beidseits unterhalb des Knochens und ▪ 10 ml direkt in den Ort der Fraktur. ▪ Bei zusätzlicher Fraktur des Proc. sty- loideus ulnae wurden hier nochmals 5 ml injiziert. Die maximale sichere Lidocaindosis von 7 mg/kg wurde dabei in keinem Fall über- schritten. 30 min nach den Injektionen begann die OP. Postoperativ wurde für 15 Tage ein Unterarmgips unter Freilas- sung der Fingergrundgelenke angelegt. Als primäre Endpunkte beurteilten die Wissenschaftler den Bewegungsumfang im verletzten Gelenk nach 6 Wochen und nach 3 Monaten. Sekundäre End- punkte umfassten u. a. die Beweglichkeit nach 6 Monaten, den Analgetikabedarf 7 Tage postoperativ, Schmerzen bei der Anästhesie, die grobe Kraft, die Rückkehr zur Arbeit/normalen Alltagsaktivitäten, die Patientenzufriedenheit und Kompli- kationen. Die Auswertung ergab für die primären Endpunkte nach 6 Wochen im Vergleich zur Gruppe mit Regionalanästhesie (RA) einen signifikant besseren Bewegungs- umfang in der WALANT-Gruppe, sowohl bei ▪ Flexion und Extension (56° und 56° vs. 53° und 54° in der RA-Gruppe) ▪ Pronation und Supination (51° und 53° vs. 48° und 51°) sowie ▪ Ulnar- und Radialabduktion (20° und 14° vs. 18° und 12° Nach 3 Monaten bestand diese bessere Beweglichkeit bis auf die Pronation und die Radialabduktion weiterhin, nach 6 Monaten fanden sich keine Unterschiede mehr. Schmerzen bei Verabreichung der Anäs- thesie waren in der WALANT-Gruppe signifikant geringer (2,8/10 Punkten vs. 5,3/10 Punkten). Der Analgetikabedarf an Tag 7 war zwischen den Gruppen ver- gleichbar, an Tag 45 aber signifikant ge- ringer (19 % der Patienten benötigten weiterhin Schmermittel vs. 40 % der Pa- tienten in der RA-Gruppe). Die grobe Kraft war bei der 6-Wochen- Kontrolle in der WALANT-Gruppe signifi- kant höher (28 % der gesunden Gegen- seite vs. 19 %), dieser Unterschied glich sich bis Monat 6 allerdings aus (84 % vs. 82 %). Ähnliches galt für die Funktionali- tät laut QuickDASH (Disabilities of the Arm, Shoulder, and Hand: 0: optimale Funktion, 100: schlechteste denkbare Funktion), mit 20 vs. 28 Punkte nach 6 Wochen und 6 vs. 7 Punkte nach 6 Mona- ten. Die WALANT-Patienten konnten nach 33 Tagen ihre üblichen Aktivitäten aufnehme, die RA-Patienten wieder nach 48 Tagen (p < 0,0001). In beiden Gruppen waren 95 % der Patienten zu- frieden oder sehr zufrieden. Intra- oder postoperative Komplikatio- nen traten nicht auf, und es kam auch nicht zu sekundären Dislokationen. FAZIT Die WALANT-Technik ist auch bei der operativen Versorgung distaler Radi- usfrakturen wirksam und sicher, fas- sen die Autoren zusammen. Darüber hinaus führt sie anscheinend zur schnelleren postoperativen Erholung und die Patienten haben bei den In- jektionen weniger Schmerzen als bei der klassischen Regionalanästhesie. Dementsprechend sollte die Technik allen geeigneten Patienten mit ope- rativ zu versorgender distaler Radius- fraktur angeboten werden. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Kommentar Wie einfach war noch bis in die 2000er hinein die Logistik zur Versorgung der distalen Radiusfraktur. Die weit überwie- gende Anzahl an Frakturen wurde mit Kirschnerdrähten stabilisiert. Als Narko- se diente die Bruchspaltanästhesie, die der Chirurg selbst applizierte. Der Ein- griff wurde völlig unabhängig von OP- Kapazitäten, Anästhesisten, Nüchtern- heit des Patienten und anderen Widrig- keiten zeitnah und Ressourcen schonend in der Notaufnahme durchgeführt. Leitungsanästhesien Heute ist der Versorgungalltag bei der distalen Radiusfraktur völlig anders. Die palmare winkelstabile Osteosynthese, die im Vergleich zur Bohrdrahtosteosyn- these eine deutlich verbesserte Reten- tion bietet, ist weithin als Standardver- fahren etabliert. Moderne ultraschall- navigierte (z. B. Armplexus) bieten eine schonende und zuverlässige Schmerzausschaltung, die eine übersichtliche OP-Umgebung in Blutleere ermöglichen. Bei der Bruch- spaltanästhesie war die erreichte Anal- gesie mitunter nur bedingt suffizient und der Patientenkomfort insgesamt überschaubar. Durch das moderne OP- Setting sind sekundäre Dislokationen, al- godystrophe Reaktionen und bleibende Funktionseinschränkungen bei einfache- ren Fraqkturtypen seltene Folgeerschei- nungen geworden. 10 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion Distaler Radius Dorsale Überbrückungs- platten führen zu funktionell akzeptablen Ergebnissen Fares A et al. Dorsal Bridge Plate for Distal Radi- us Fractures: A Systematic Review. J Hand Surg Am 2021; 46: 627.e1–627.e8 In den beiden letzten Jahrzehnten wurde die Fixierung einer distalen Radiusfraktur über eine palmare win- kelstabile Plattenosteosynthese im- mer beliebter. Bei ausgedehnten Trümmerfrakturen und komplexen Frakturmustern kann eine solche Os- teosynthese aber unter Umständen den Knochen nicht ausreichend stabi- lisieren. Pin-Infektionen Theoretisch käme hier auch ein Fixateur externe infrage, der aber neben der Un- bequemlichkeit für den Patienten mit häufigen einhergeht. Eine Alternative stellen dorsale Überbrü- ckungsplatten dar. Gegner der Methode führen allerdings an, dass bei diesem Verfahren letztendlich Versteifungen des Handgelenkes resultieren können, die dann erneute operative Eingriffe nach sich ziehen. US-amerikanische Me- diziner haben nun eine Übersichtsarbeit zu Ergebnissen und Komplikationen der Methode erstellt. Die Wissenschaftler suchten in den ein- schlägigen elektronischen Datenbanken nach allen zwischen 1988 und 2018 ver- öffentlichten Arbeiten, in denen distale Radiusfrakturen mit einer dorsalen Über- brückungsplatten versorgt worden wa- ren und in denen Ergebnisse dieser Tech- nik berichtet wurden. Als primäre End- punkte wählten sie Komplikationsraten, Bewegungsumfang und die subjektive Funktionsfähigkeit nach Einschätzung der Patienten im QuickDASH (Disabilities of the Arm, Shoulder, and Hand; 0: opti- male Funktion; 100: maximal einge- schränkte Funktion). Die Forscher fanden 12 Artikel mit insge- samt 310 Patienten (Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der OP: 55 Jahre). Meist waren Trümmerfrakturen und intra- artikuläre Frakturen mit dorsalen Über- brückungsplatten fixiert worden (jeweils 92 %). Häufigste Ursachen für die Verlet- zung waren Stürze (58 %) und Verkehrs- unfälle (27 %). Bei 16 % der Patienten lag eine offene Fraktur vor, und am häufigs- ten wurden distale Radiusfrakturen bei Überbrü- Polytrauma-Patienten mit ckungsplatten behandelt (65 %). Die Platten blieben im Mittel für 119 Tage (Bereich 73–183 Tage) in situ. Nach im Mittel 24 (6 – 48) Monaten fand sich nach der Metallentfernung ein Be- wegungsumfang bei ▪ Flexion von 45° (36–57°) ▪ Extension von 50° (40–65°) ▪ Pronation von 75° (65–80°) und ▪ Supination von 73° (68–77°) Die Röntgenaufnahmen zeigten ▪ eine palmare Abkippung von 5°(4–8°) ▪ eine positive Ulnavarianz von 0,4 mm (–0,3 bis + 1,2 mm) und ▪ eine radiale Inklination von 19° (18–20°) Der mittlere QuickDASH-Punktwert be- trug 26,1 Punkte. Die Gesamtkomplikationsrate betrug 13%, am häufigsten waren ein Implantat- versagen (3 %), symptomatische Heilun- gen in Fehlstellung bzw. ausbleibende knöcherne Heilungen (3 %) sowie persis- tierende Schmerzen (2 %). Insgesamt war die Datenlage allerdings äußerst he- terogen. FAZIT Dorsale Überbrückungsplatten wer- den vor allem bei Trümmerfrakturen und komplizierten intraartikulären Frakturen des distalen Radius, häufig in Kombination mit einem Polytrau- ma, eingesetzt, so die Autoren. Da- raus resultierten nach 2 Jahren ein funktioneller Bewegungsumfang und akzeptable subjektive Ergebnisse. Strecksehnenrupturen, die bei dorsa- len Platten gehäuft auftreten sollen, fanden sich hier nur bei < 1 % der Pa- tienten. Studien mit einer längeren Nachbeobachtungszeit und mit di- rektem Vergleich zu einer alternati- ven Fixierungsmethode sollten fol- gen. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Kommentar Überbrückende Montagen am Handge- lenk bei distalen Radiusfrakturen dienen der Entlastung und der Retention der Fragmente. Das gebräuchlichste Verfah- ren ist der Fixateur externe. Anlage und Demontage sind einfach; es handelt sich um ein geschlossenes Verfahren. Nach- teilig sind der Aufwand für die Pinpflege und die Sperrigkeit des Fixateurs. Diese Nachteile vermeidet die dorsale Brü- ckenplatte, um die es in der vorliegen- den systematischen Übersichtsarbeit geht. Die Autoren haben strenge Krite- rien bei der Auswahl der Publikationen zugrunde gelegt. Die Auswertung ba- siert auf den Daten von nur 12 Studien mit insgesamt 310 Fällen aus einem Zeit- raum von 20 Jahren (1988–2018). Ge- messen an der Gesamtzahl von Radius- frakturen, die jährlich versorgt werden, wird das Verfahren nur selten eingesetzt. Gründe dafür sind der erfolgreiche Ein- satz der palmaren Plattenosteosynthese, die Möglichkeit der fragmentspezifi- schen Versorgung und eine verständli- che Zurückhaltung der Operateure ge- genüber dorsalen Platten und temporä- ren Gelenktransfixationen. 12 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion nach war eine Bewegung des Handgelen- kes bis zur Schmerzgrenze erlaubt. ▪ 1,0 (IQR 0,837 – 1) EQ-5D-5L-Punkten Insgesamt 114 Patienten (97 Männer, Durchschnittsalter 28 Jahre) hatten sich diesem Eingriff unterzogen, im Median 9 Tage nach dem akuten Trauma. Im Mittel dauerte es 13 Wochen (Spanne 5–40 Wochen) bis zur knöchernen Durchbau- ung. Die Forscher errechneten eine Kom- plikationsrate von 11 % (n = 12), am häu- figsten war dabei eine ausbleibende Hei- lung, die eine Zweit-OP erforderlich machte (n = 6, 5 %). Bei 5 Patienten (4 %) wurde die Schraube wegen eines Impin- gements elektiv entfernt, und bei einem Patienten musste, ebenfalls wegen eines Impingements, innerhalb einer Woche eine Revision mit erneuter perkutaner Fixierung erfolgen. Langzeitdaten über im Mittel 11,4 Jahre (6,4–19,8 Jahre) waren für 77 Patienten verfügbar (67 Männer, Durchschnitts- alter zum Zeitpunkt der OP 30 Jahre). Das Intervall zwischen Trauma und OP betrug wie in der Gesamtgruppe 9 Tage. Die Patienten beantworteten telefonisch eine Reihe von Fragebogen: Die Patient- rated Wrist Evaluation (PRWE; 0: optima- le Funktion, 100: maximal eingeschränk- te Funktion) und der QuickDASH (Disabi- lities of the Arm, Shoulder, and Hand; Gradierung wie bei der PRWE) zur Beur- teilung der subjektiven Funktionalität der Handgelenkes bzw. der oberen Extre- mität) sowie den EuroQoL 5 Dimensions Score (EQ-5D-5L; 1: bestmöglicher Zu- stand; < 0: schlechtester denkbarer Zu- stand) zur gesundheitsbezogenen Le- bensqualität. Darüber hinaus bewerte- ten die Patienten auf einer Likert-Skala von 1–10 Schmerzen und Steifigkeit im Gelenk (1: nicht vorhanden; 10: stark ausgeprägt), ebenso beurteilten sie ihre Zufriedenheit auf einer 10-Punkte Li- kert-Skala, Werte > 5 definierten die Autoren als „zufrieden“. Die Auswertung ergab ausgezeichnete Ergebnisse für Funktion und Lebensqua- lität, mit im Median ▪ 0 (IQR 0 – 7.5) PRWE-Punkten ▪ 0 (IQR 0 – 4.5) QuickDASH-Punkten, wobei Patienten mit Komplikationen signifikant schlechtere Werte anga- ben, und Bei 14 Patienten bestand eine Steifigkeit im Gelenk (im Median 3 Likert-Punkte), und 19 Patienten gaben Schmerzen an (im Median 3,5 Likert-Punkte). 97 % der Befragten waren mit dem Ergebnis des Eingriffs zufrieden. 75 der Patienten waren zum Zeitpunkt der OP noch berufstätig gewesen, und sie alle konnten nach im Median 2 Wo- chen (Spannbreite 1–44 Wochen) ihre Arbeit wieder aufnehmen. FAZIT Die frühzeitige perkutane Schrauben- fixierung führt bei Skaphoidfrakturen im mittleren Drittel mit fehlender oder minimaler Dislokation der Frag- mente zu guten funktionellen Lang- zeitergebnissen, so die Autoren. Über ausgeprägte posttraumatische Ar- throsen wurde nicht berichtet. Dabei sei eine Komplikationsrate von 11 % zwar nicht zu vernachlässigen, aber sie entspreche etwa der, die in der Literatur für eine Ruhigstellung im Gips beschrieben sei. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Kommentar Unser Wissen zu Diagnostik und Therapie bei Skaphoidfrakturen hat sich in den letzten 20 Jahren erheblich verändert [1, 2, 3]. Die Therapie von stabilen, nicht oder gering dislozierten Skaphoidfraktu- ren im mittleren Drittel, sogenannten A2-Frakturen, nach der Klassifikation nach Krimmer, Schmitt und Herbert, kann konservativ erfolgen oder aber operativ mit dem Vorteil der schnelleren Freigabe der Funktion oder Erlangung der Arbeitsfähigkeit. Für die Praxis festzuhalten ist die Bedeu- tung der präoperativen CT-Untersu- chung präoperativ bei Skaphoidfraktu- ren, um die Frakturmorphologie und eine mögliche Instabilität korrekt zu er- fassen. Skaphoidfrakturen betreffen am häufigs- ten das mittlere Drittel des Skaphoids. Die vorliegende retrospektive Studie prä- sentiert Langzeitergebnisse nach opera- tiv versorgten Skaphoidfrakturen im mittleren Drittel. Interessant sind das lange Follow-up von 11 Jahren und die hohe Patientenzufrie- denheit mit 97 %. Bemerkenswert ist aber auch die Komplikationsrate von 11% bei einem potentiell auch für eine konservative Therapie geeigneten Pa- tientenkollektiv. Die Kollegen weisen in der Diskussion selbstkritisch darauf hin, dass die retro- spektive Studie und der Verlust von ca. 1/3 der Patienten im Follow-up die Aus- sagekraft schwächen. Nicht eindeutig geht aus der Studie her- vor, ob alle Patienten präoperativ ein CT erhalten haben, um die Fraktur zu klassi- fizieren und zwischen instabilen und sta- bilen Frakturen zu unterscheiden. Unklar ist auch der Zeitpunkt der knö- chernen Heilung, angegeben mit 5–40 Wochen. Die sichere knöcherne Durch- bauung kann ab der 8. Woche im CT be- urteilt werden. Eine knöcherne Durch- bauung nach 40 Wochen, wie angege- ben, ist schwer nachvollziehbar. Die Daten erlauben keine Rückschlüsse, ob die operative Behandlung bei diesem Frakturtyp der konservativen Therapie überlegen ist. Die Klassifikation von Krimmer, Schmitt und Herbert [1], die CT-basierte Unter- scheidung zwischen stabilen und instabi- len Frakturen, hat wesentlich zum besse- ren Verständnis der Diagnostik und The- rapie von Skaphoidfrakturen beigetra- gen. Unabhängig von der vorliegenden Studie sind es vor allem die instabilen Frakturen vom Typ B der oben genann- ten Klassifikation und bei diesen vor al- lem die Frakturen des proximalen Drit- tels des Skaphoids, die in hohem Pro- zentsatz zu Pseudarthrosen neigen und einer frühen Diagnostik und operativen Therapie zugeführt werden sollten. 14 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion Kommentar der Behandlung Zur skapholunären Bandverletzung bzw. Dissoziation (SLD) gibt es eine Vielzahl verschiedener ope- rativer Ansätze die u. a. abhängig vom Alter des Patienten, dem Alter der Ver- letzung bzw. vom Stadium einer mögli- cherweise vorliegenden Arthrose (SLAC) gewählt werden, eine Goldstandardme- thode ist bislang nicht etabliert. Diese retrospektive Studie präsentierte die postoperativen Ergebnisse von 50 Pa- tienten mit chronischer skapholunärer Instabilität, die mittels „three-ligament tenodesis for scapholunate ligament le- sions“ (3LT nach Garcia-Elias) behandelt wurden. Diese transossäre Bandrekon- struktion mittels FCR-Sehnenstreifen ist eine etablierte Methode, die bereits in einigen Studien auch hinsichtlich länge- rer Standzeiten evaluiert wurde. Das in dieser Studie untersuchte Patien- tengut ist vergleichbar mit dem der an- deren Studien. Intraoperativ wurden die Reponierbarkeit getestet und die Ge- lenkflächen hinsichtlich einer Arthrose evaluiert (SLAC). Die Voraussetzungen für die Durchführung einer 3LT waren ge- geben, vergleichbar mit anderen Stu- dien. Erschreckend ist dann zunächst die hohe Zahl an „failures“ – bei 30 % der operier- ten Patienten wurden innerhalb von durchschnittlich 33 Monaten eine Ret- tungsoperation durchgeführt! Nach Berücksichtigung aller Exklusionen und 10 % Komplikationen konnten 16 Pa- tienten nach an zwei Zeitpunkten unter- sucht werden, davon war nur bei 12 Pa- tienten ein beidseitiger Vergleich mög- lich. Die angewendeten Methoden zur Analy- se der Ergebnisse sind gut – jedoch fehlt die Trennschärfe aufgrund der geringen Fallzahl. Trotzdem halte ich die Publika- tion dieser Ergebnisse für sehr hilfreich: Im Rahmen der retrospektiven Untersu- chung wurde nicht nur die auf Dauer er- haltenden 3LT-Versorgungen betrachtet, sondern die gesamte Untersuchungs- kohorte – inklusive der schlechten Er- don-to-bone“-Einheilung der transossär geführten FCR-Sehne sollte eine stabile Situation, zumindest des Skaphoids, er- möglich. Ggf. könnte hier ein zu flacher Winkel der Bohrung durch das Skaphoid von palmar-distal nach dorsal-proximal zu einem Wipp-Effekt und daher zu einer fehlenden dauerhaften Aufrichtung des Skaphoids führen, trotz der Einheilung der Sehne in den Knochen. Zum Beispiel zeigt sich in einer Studie von Athalani et al. [1] ein ähnliches Pa- tientengut, in der im Vergleich zu der 3LT-Methode eine eigene (rein dorsale) Modifikation mit signifikant besseren kli- nischen und radiologischen Ergebnissen angegeben wurde. Eine ähnlich kritische Betrachtung wie in dieser Studie ist auch zukünftig hinsicht- lich weiterer Modifikationen der 3LT- Technik und anderer Tenodese-Opera- tionen wünschenswert. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Dr. med. Britta Wieskoet- ter, Orthopädie, Unfall-, Hand- und Wiederher- stellungschirurgie, UKM Marienhospital Steinfurt GmbH Literatur [1] Athalani L, Pauchard N, Dap F. et al. Treatment of chronic scapholunate instability: Results with three-ligament tenodesis vs. scapholu- nate and intercarpal ligamentoplasty. Hand Surg Rehabil 2019; 38: 157-164 gebnisse. Dadurch ergibt sich ein wo- möglich realistischerer Überblick hin- sichtlich des Outcome als durch die Er- gebnisse anderer Studien. Leider wurden – wie häufig bei retro- spektiven Studien – keine präoperativen Angaben zur ROM und Griffkraft der er- krankten und der Gegenseite dokumen- tiert - hier wären die Auswertung und der Vergleich der Ergebnisse anhand einer „Nullgruppe“ hilfreich. Insgesamt gibt es kaum Daten bezüglich des zeitli- chen Verlaufs einer skapholunären Band- verletzung und ihrer Stadien bis hin zum Vorliegen SLAC 3° bzw. einer Korrelation mit der Beschwerdesymptomatik. Daher sind die bisher vorliegenden Ergebnisse der 3LT schwer zu differenzieren vom „physiologischen“ Verlauf einer SLD. Ins- besondere fällt es schwer zu beurteilen, ob es zu einer Verbesserung, einer Kon- stanz oder sogar einer Verschlechterung der Kraftentwicklung und des Bewe- gungsausmaßes im postoperativen Ver- lauf gekommen ist. Der in dieser Studie durchschnittliche Zeitraum von 33 Monaten bis zur Durch- führung von Rettungsoperationen zeigt das Versagen der 3LT in einem eher frü- heren Stadium. Die Diskussion der Er- gebnisse durch die Autoren ist sehr kri- tisch und versucht eine Vorhersehbarkeit der schlechten Ergebnisse im Vergleich zu den guten Ergebnissen anhand des Vergleiches zu der präoperativen Bildge- bung herauszuarbeiten. Bei einer größe- ren Fallzahl wäre hier ggf. ein signifikan- ter Unterschied festzustellen gewesen – die Versagens-Gruppe wies radiologisch präoperativ eine höhere Instabilität (SL- Distanz, SL-Winkel) auf, die auch post- operativ frühzeitig wieder auftrat. Eine vergleichbare Studie mit einer ähn- lich hohen „failure“- Gruppe habe ich nicht gefunden - die Ergebnisse der durchgeführten 3LT-Operationen nach 9 Jahren entsprechen denen vergleichba- rer Studien. Daher bleibt offen, ob die Autoren einfach nur ehrlicher sind in der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse trotz hoher Ausfälle. Andererseits kann man aus dieser Publikation durchaus ableiten, dass diese OP-Methode insgesamt kri- tisch betrachtet werden sollte. Eine „ten- 16 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion Ist die STT-Arthrodese nun eine chirurgi- sche Maßnahme die wir, unabhängig da- von ob mit Schrauben, Drähten oder Klammern versorgt, auch weiterhin dem ratsuchenden Patienten anbieten soll- ten? Die Antwort ist ganz einfach. Solan- ge es kein Verfahren gibt, welches zu un- eingeschränkt guten Ergebnissen führt, stellt die STT-Arthrodese auch in Zukunft ein Verfahren dar, welches zum einen in das Portfolio des Operateurs gehört, zum anderen auch dem Patienten ange- boten werden sollte. Dies insbesondere auch deswegen, da nicht alles was in den Hochglanzprospekten und auf den Internetseiten der Industrie angepriesen wird, mittel und langfristig das hält, was versprochen wird. Nicht immer, aber doch sehr häufig, ist es besser auf Be- währtes zurückzugreifen, als den Ver- sprechungen der Industrie und dem Trend des Augenblickes zu folgen. Die Ergebnisse der vorgestellten Studie mit 91 % guten und sehr guten Ergebnis- sen in der Patientenbefragung erschei- nen auf den ersten Blick überzeugend. Nur wenige Verfahren können diese Quote vorweisen. Der Blick hinter die Ku- lissen zeigt jedoch auch einen Zeitraum bis zur vollständigen Konsolidierung von bis zu 16 Wochen bei 18 % Pseudarthro- sen und 54 % der versorgten Patienten mit dem radiologischen Nachweis einer Gelenkspaltverschmälerung als direkten Hinweis für die, der STT-Arthrodese so oft nachgesagten Anschluss-Arthrose. In immerhin 14 % der Fälle musste operativ revidiert werden. Insbesondere die lange Ruhigstellungs- dauer mit den daraus resultierenden Ko- morbiditäten für die Hand und den be- ruflichen und privaten Konsequenzen so- wie die 14 % operative Revisionen ma- chen mich nachdenklich. Zusammenfas- send bleiben für mich 91 % gute und sehr gute Ergebnisse. Die Alternativen, denen allen gemein ist, dass Sie nicht ohne Komplikation und Revisionen sind, sind vielfältig. So stehen beispielsweise die Resektionsarthroplastik mit und ohne Suspension, mit oder ohne Resekti- on eines „Scheibchens“ vom kleinen Viel- eckbein sowie mit und ohne Interpositi- on von allogenem oder alloplastischem Material, die Interposition von aus ganz unterschiedlichen Werkstoffen beste- henden Platzhaltern, zur Verfügung. Und trotzdem halte ich daran fest, dass die STT-Arthrodese kein verstaubter Stu- benhocker ist, keine Ultima ratio, kein „achso ich hätte da noch ein Auslaufmo- dell im Angebot“, sondern weiterhin ein ernstzunehmendes Verfahren, welches wir den Patienten unter Nennung der Vor- und Nachteile anbieten sollten und das im Vergleich mit den Alternativen weiterhin konkurrenzfähig bleibt. Die vorgestellte Technik unter Verwendung von Klammern ist eine sinnvolle Alterna- tive zu den sonst verwendeten Drähten und Schrauben. Nachteilig ist dass die Klammern an exponierter Stelle meiner Meinung nach mehr stören und Proble- me bereiten, als es in der Studie darge- stellt wird. Für mich bleibt das gute Gefühl, dass wir nicht aufhören dürfen, Ergebnisse zu hinterfragen und durch Studien insbe- sondere die mittel- und langfristigen Er- gebnisse überprüfen müssen. Und nur weil von Designerhand entworfene Im- plantate als die allumfassende Lösung angepriesen werden, bedeutet dies nicht im Umkehrschluss, dass Altbewährtes abgelegt werden muss. So ist Sie eben die gelebte Handchirurgie: bunt, vielfäl- tig, tolerant und spannend mit dem Mut für Neues und der Weisheit, auf Bewähr- tes zu vertrauen. Und in diesem Sinne werde ich, wenn indiziert und vom Pa- tienten gewünscht, diese Klammern bei nächster Gelegenheit ausprobieren und mir ein eigenes Bild machen. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Prof. Dr. med Gabor Szalay, Praxis an der Sportklinik, Bad Nauheim Phalangen Perkutane Drahtosteo- synthesen der Finger- grundglieder: Ruhig- stellung oder frühe Physiotherapie? Ederer I et al. Perkutane, antegrade K-Draht- Osteosynthese bei Fingergrundgliedfrakturen: Vergleich zwischen frühfunktioneller und stati- scher Nachbehandlung. Handchir Mikrochir Plast Chir 2021; 53: 467–474 Bei Frakturen des Fingergrundgliedes gilt die antegrade perkutane Kirsch- ner-Draht-Osteosynthese als eine der bevorzugten Versorgungsmethoden, da sie Weichteile schont und eine zügige Mobilisierung zulässt. Einige Autoren sind allerdings der Ansicht, dass die Drahtosteosynthese für eine solche frühe physiotherapeutische Beübung nicht ausreichend stabil ist und sprechen sich für eine mehrwö- chige Immobilisierung aus. Darüber hinaus soll, zumindest wenn die Drahtenden nicht unter der Haut ver- senkt werden, ein erhöhtes Infektions- risiko besteht. Eine Gruppe aus Tübingen hat nun die Ergebnisse beider Verfahren verglichen. Die Wissenschaftler nahmen ins samt 46 Patienten in ihre retrospektive Auswer- tung auf (Durchschnittsalter knapp 43 Jahre, 37 % Frauen). Bei ihnen war zwi- schen 2010 und 2017 wegen einer Fin- gergrundgliedfraktur eine perkutane an- tegrade Kirschner-Draht-Osteosynthese erfolgt. Ausgeschlossen waren Frakturen des Daumens, Begleitverletzungen von Gefäßen, Nerven und Sehnen, multiple Frakturen und Finger mit höhergradigen Arthrosen. Bei der OP erfolgte zunächst eine ge- schlossene Reposition unter axialem Zug und Flexion im Grundgelenk, so wurden dann auch die Drähte eingebracht. Be- stätigte die Durchleuchtung die intraos- säre Drahtlage, wurden sie über den Frakturspalt hinaus bis in die gegenüber- liegenden Grundgliedkondylen vorge- bohrt. Um die Übungsstabilität zu ver- bessern, brachten die Chirurgen die 18 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion Entsprechend der o. g. Beschreibung wäre nun für den Anwender der OP- Technik und der anschließenden Ruhig- stellung im Grundgelenk eine differen- zierte Darstellung der Funktion von MCP- und PIP-Gelenken ausgesprochen aufschlussreich. Durch die angegebenen diversen Messmethoden werden zwar vielfältige Ergebnisse aufgeführt, aber immer nur die Gesamtbeweglichkeit des Fingers dargestellt. Auch wird innerhalb der Gruppen keine Differenzierung an- hand der Frakturtypen vorgenommen. Es ist somit nicht nachzuvollziehen, ob es sich bei den guten Ergebnissen um un- komplizierte Schaftquerfrakturen und bei der schlechten Funktionalität um ge- lenkbeteiligende Trümmerfrakturen handelt. Trotzdem stellen die Autoren abschließend fest, dass die guten funk- tionalen Gesamtergebnisse dafür spre- chen, die antegrade KD-Osteosynthese auch auf intraartikuläre und komplexe Frakturen übertragen zu können. Zusammenfassend lässt sich aus der re- trospektiven Beobachtung als Ergebnis dieser Studie erkennen, dass nach ante- grader KD-Osteosynthese von Grund- gliedfrakturen sowohl mit frühfunktio- neller Nachbehandlung, aber auch mit postoperativer Ruhigstellung gute bis exzellente Behandlungsergebnisse er- zielt werden können. Weder eine Überle- genheit der frühfunktionellen Gruppe noch eine Übertragbarkeit der guten Be- handlungsergebnisse auf intraartikuläre und mehrfragmentäre Frakturen ist nachzuvollziehen, da der Leser dies an- hand der Daten schlichtweg nicht er- fährt. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Dr. med. Ariane Asmus, Abteilung Hand-, Replanta- tions- und Mikrochirurgie, BG Klinikum Unfallkranken- haus Berlin tienten nur ein Zügel der oberflächlichen Sehne mit einer Naht nach Tsuge und bei 6 Patienten blieb die oberflächliche Seh- ne vollständig unbehandelt. Anschließend testeten die Chirurgen die Exkursion der reparierte Finger und führ- ten eine vollständige Spaltung des A4- Ringbandes und bei Bedarf eine ca. 75 % ige Spaltung des A2–Ringbandes durch. Postoperativ wurde, wenn lediglich Seh- nennähte erfolgt waren, eine dorsale ge- polsterte Schiene angelegt, mit dem Fin- gergrundgelenk in 30–45° Flexion. Alle anderen Gelenke bleiben frei beweglich, um eine frühzeitige Bewegung der Fin- ger zu ermöglichen. Innerhalb von 5 Ta- gen nach der OP begann die Rehabilitati- on. Zunächst erfolgten Fingerübungen mindestens 4-mal am Tag mit jeweils 25 Bewegungszyklen (10 passive, 15 aktive bis zu einem Drittel der maximalen Flexi- on) für 2–3 Wochen. Danach wurde eine neue, individuell angefertigte thermo- plastische Schiene angelegt, die das Grundgelenk in 20° Flexion und das Handgelenk in 0–20° Extension fixierte. Anschließend wurde die aktive Bewe- gung zunehmend gesteigert, bis die Fin- gerspitzen die Handfläche berühren konnten. Nach 45 Tagen entfiel die Schienenimmobilisierung gänzlich, nach 60 Tagen dufte der Patienten Auto fah- ren, nach 90 Tagen war ein Vollbelastung möglich. Nach einer durchschnittlichen Nachbe- obachtungszeit von 15 Monaten (4–22 Monaten) fanden die Wissenschaftler bei 4 der 31 Finger Adhäsionen, die eine Tenolyse notwendig machten, 2 dieser Patienten lehnen das allerdings ab. Bei einem Patienten war es zu einer Ruptur gekommen, nach Revision zeigte sich ein gutes Ergebnis. Abschließend (nach Tenolyse bzw. Revision) ergaben sich nach den Tang-Kriterien ▪ 13 exzellente, ▪ 14 gute, ▪ 2 akzeptable und ▪ 2 schlechte Ergebnisse. Beugesehnen Verzögerte Beugesehnen- naht bis zu 5 Wochen nach der Verletzung Munz G et al. Up to five-week delay in primary repair of Zone 2 flexor tendon injuries: outco- mes and complications. J Hand Surg Eur Vol 2021; 46: 818–824 Bei Beugesehnenverletzungen wird eigentlich eine primäre Naht inner- halb von 24 h empfohlen. Das ist aus verschiedenen Gründen aber nicht immer machbar – so hat zuletzt die COVID-19-Pandemie den Zugang zu den Klinken für nicht lebensbedroh- liche Notfälle stark eingeschränkt, sodass diese Versorgung innerhalb eines Tages nicht immer möglich war. Italienische Mediziner berichten über ihre Erfahrungen mit einer „verzögert- primären“ Sehnennaht (4–37 Tage, im Mittel 15 Tage nach der Verletzung). Sie schlossen in ihre Analyse Patienten mit Beugesehnenverletzungen in Zone 2 ein, bei denen die Läsion mehr als 3 Tage, aber nicht länger als 5 Wochen zurück- lag. Verletzungen in anderen Zonen wa- ren ausgeschlossen, ebenso Patienten mit begleitenden Frakturen der Metakar- palia oder der Phalangen und solche mit rheumatoider Arthritis. Ebenso gingen Betroffenen mit (subtotalen) Amputa- tionsverletzungen nicht ein. Bei den 28 Patienten (Durchschnittsalter 34 Jahre, 18 Männer) mit insgesamt 31 verletzten Fingern (11 Damen, 7 Zeige- finger, jeweils 3 Mittel- und 3 Ringfinger und 7 Kleinfinger) erfolgte zunächst eine Erweiterung der Wunde zur Identifizie- rung der Sehnenstümpfe, bei Bedarf er- folge ein Adhäsiolyse. Die tiefen Beuge- sehen wurden mithilfe einer 6-strängi- gen Kernnaht (M-Tang-Methode; 18 lan- ge Finger, 2 Daumen) oder einer Doppel- naht nach Tsuge (2 lange Finger, 2 Dau- men) genäht- Bei 10 Patienten lag eine Verletzung so- wohl der oberflächlichen als auch der tiefen Beugesehnen vor. In einem Fall wurden beide Sehnen genäht, bei 3 Pa- 20 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Diskussion einer neben Ab dem 1. Tag nach der Verletzung wird die Wunde zweimal täglich in steriler Kochsalzlösung gebadet, bis sie sekun- där geheilt ist. Verlässliche Patienten er- halten Tetanus-Auffri- schungsimpfung einmalig ein intraven- öses Antibiotikum mit gramnegativer Abdeckung, Instruktionen zum weiteren Verhalten und die Verordnung von einem Zyklus Amoxicillin/Clavulansäure per os, danach werden sie entlassen. Nach 5–7 Tagen erfolgt eine erste Wund- kontrolle, gefolgt von wöchentlichen Vorstellungen in der Klinik, bis die Wun- de geheilt ist. Weniger zuverlässige Patienten und sol- che mit Zeichen einer aktiven Infektion werden zur Überwachung stationär auf- genommen. Sie erhalten intravenös An- Ampicillin/Sul- tibiotika, meist mit bactam oder Cefoxitin, gefolgt von einem ambulanten Zyklus mit Amoxicil- lin/Clavulansäure per os nach Entlas- sung. Die Wunde wird unter sterilen Be- dingungen regelmäßig inspiziert, bei Be- darf wird das Debridement wiederholt, je nach geplantem Ausmaß entweder wie- derum direkt am Patientenbett oder im OP. Bei Frakturen wird eine Schiene mit dem Grundgelenk in Intrinsic-plus-Stel- lung angelegt, eine chirurgische Stabili- sierung erfolgt nicht. Mit diesem Protokoll wurden von 2012 bis 2017 insgesamt 210 Patienten be- handelt (94 % Männer). Am häufigsten war der Mittelfinger betroffen (36 %), ge- folgt vom Ringfinger und kleinen Finger (jeweils 20 %). Bei 88 % war das Grundge- lenk verletzt, bei 10 % das Mittelgelenk, dazu kamen 28 Verletzungen, die mehre- re Finger betrafen. Frakturen lagen bei 41 Patienten vor, Sehnenschäden (kom- plette oder partielle) bei 71 Patienten. Die Versorgung fand im Mittel 4 Tage nach dem Trauma statt. Von den 210 Patienten benötigten 15 (7%) ein weiteres Debridement, das bei 12 Patienten steril außerhalb des OPs er- folgte, 3 Patienten wurden im Opera- tionssaal behandelt. Mikrobiologische Kulturen waren bei 194 Patienten angelegt worden, 120 waren positiv, und 70 zeigten ein polymikro- bielles Wachstum. Grampositive Erreger waren in allen positiven Kulturen nach- weisbar, am häufigsten Streptokokken (48 %) und Staphylokokken (36 %). Gram- negative Erreger fanden sich in 28 Kultu- ren und in 22 Fällen wuchsen hier entwe- der Eikanella spp. oder Prevotella spp. Die- se Patienten mit gramnegativen Keimen wiesen ein signifikant erhöhtes Risiko für ein wiederholtes Debridement auf. Bei 3 Patienten entwickelte sich eine Os- teomyelitis, die sich unter intravenöser Antibiose und/oder wiederholten Debri- dements zurückbildete. Amputationen wurden in keinem Fall notwendig. FAZIT Die Behandlung von Clenched Fist Bite Injuries muss nicht unbedingt im OP stattfinden, wenn ansonsten ste- rile Bedingungen geschaffen werden können, so die Autoren. Die Kompli- kationsrate bei diesem Vorgehen ist gering (3/210 Patienten mit Osteo- myelitis, 3/210 Patienten mit Re-De- bridement, 0 Amputationen). Dabei scheint vor allem ein frühzeitiges und großzügiges Debridement von Be- deutung. Auf diese Weise lassen sich die hohen Kosten vermeiden, die mit einer Behandlung im OP verbunden sind. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Kommentar Eindeutig das falsche Signal! Das dachte ich mir (und denke ich immer noch), als ich diesen Beitrag gelesen habe. Bissver- letzungen, und gerade Menschenbisse, sind niemals zu unterschätzen. Die Kei- me, die sich im Mund eines Menschen halten können, können sich auch gut in Wunden halten und dort einen katastro- phalen Schaden anrichten. Die Clen- ched-Fist–Verletzungen, also der Faust- schlag gegen die Schneidezähne des Gegners mit Hautperforation meist über den Grundgelenken der Finger, kommt bei uns glücklicherweise nicht so häufig vor. Anders scheint das in Los Angeles in dem Department of Orthopaedic Surge- ry der University of Southern California zu sein, die innerhalb von 6 Jahren (1/ immerhin 232 dieser 2012–12/2017) Verletzungen hatten. Die Autoren argu- mentieren mit geringen Kosten, nicht kooperativen Patienten und einer akzep- tablen Reoprationsrate, haben aber auch nur eine Nachuntersuchungsquote von 51 %. Zwar ist die Aufarbeitung der Lite- ratur und die Auswertung der mikrobio- logischen Untersuchungen (über 90 % untersucht, 62 % mit Keimen, 40 % Mischinfektionen) sehr gut und auch die Algorithmen der Behandlung einer Clen- ched-Fist-Verletzung zeigen, dass sich die Autoren doch schon eine Menge Ge- danken gemacht haben. Aber wenn man nur die Überschrift im Gedächtnis behält – „Clenched-Fist-Verletzungen können auch in Lokalanästhesie operiert wer- den“ – so muss ich doch energisch wi- dersprechen. Das Besondere bei diesen Clenched-Fist- Verletzungen ist, dass sich in der Faust- position verschiedene Schichten – Haut – Strecksehne – Grundgelenkskapsel – Knochen – in ganz anderen Positionen befinden, als bei der ausgestreckten Hand und sich diese Schichten kulissen- artig gegeneinander verschieben. Ideal für Bakterien, die sich verstecken wollen. Um diese Bereiche auffinden und inten- siv reinigen zu können ist eine richtig! gute! unschätzbarem Wert. Blutleere von Ein richtiges Auswickeln ist aber nur bei ganz frischen Verletzungen möglich, wenn die Wunde schon älter ist, sollte man den Arm längere Zeit hochhalten und erst ab Handgelenk auswickeln, um keine Keime durch das Auswickeln erst noch in die Umgebung zu drücken. Habe ich also eine sehr gute Blutleere, kann ich Lupenbrillenvergrößerung jede unter kleine Einblutung, jede kleine Verfär- bung und jede kleine ödematöse An- schwellung im Gewebe erkennen und hier sehr sauber und schonend jedes ver- dächtige Gewebe exzidieren. Wenn ich dann sehe, dass alles sauber ist, kann ich noch mit verschiedenen Spüllösungen arbeiten, was aber dann schon mehr den Charakter von Weihwasser hat, denn es sollte jetzt alles kontrolliert sauber sein und man kann sich Gedanken über den Wundverschluss machen. 22 Handchirurgie Scan 2022; 11: 8–23 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell Distaler Radius Palmare Platte erreicht bessere Ergebnisse als konservative Therapie und ist kosteneffektiv Selles C et al. Volar Plate Fixation Versus Cast Immobilization in Acceptably Reduced Intra-Ar- ticular Distal Radial Fractures: A Randomized Controlled Trial. J Bone Joint Surg Am 2021; 103: 1963–1969 Selles C et al. Cost Analysis of Volar Plate Fixation Versus Plaster Cast Immobilization for Intra-Ar- ticular Distal Radial Fractures. J Bone Joint Surg Am 2021; 103: 1970–1976 Die Diskussion um die optimale Ver- sorgung intraartikulärer distaler Ra- diusfrakturen geht weiter. Ist nach akzeptabler geschlossener Reposi- tion die alleinige Ruhigstellung im Gips ausreichend oder führt die an- schließende offene Fixierung mit einer winkelstabilen palmaren Platte zu besseren Ergebnissen? Selles et al. haben in ihre multizentri- schen randomisierten Studie Daten von insgesamt 90 Patienten (Alter 18–75 Jah- re) ausgewertet, die nach geschlossener Reposition der Fraktur eine akzeptable anatomische Ausrichtung aufwiesen. ▪ 46 von ihnen waren konservativ über 4–5 Wochen im Gips behandelt wor- den (Gruppe 1), ▪ 44 hatten eine Plattenosteosynthese erhalten, auf die eine unmittelbar postoperative Mobilisierung des Handgelenkes erfolgte (Gruppe 2). Als primären Endpunkt beurteilten die Forscher nach einer Woche, nach 3 und 6 Wochen sowie nach 3. 6 und 12 Mona- ten die Funktionsfähigkeit der Hand laut Patient-rated Wrist Evaluation (PRWE; 0: optimale Funktion; 100: maximal einge- schränkte Funktion). Sekundäre End- punkte umfassten den DASH (Disabilities of the Arm, Shoulder, and Hand, Skalie- rung wie bei der PRWE), die gesundheits- bezogene Lebensqualität laut SF-36 und postoperative Schmerzen auf einer visu- ellen Analogskala von 0 (keine Schmer- zen) vorstellbare Schmerzen). (stärkste bis 10 Weiterhin verglichen sie die Kosten der jeweiligen Versorgungsmethode und be- rücksichtigten dabei direkte Kosten (me- dizinische und nicht-medizinische) sowie indirekte Kosten, etwa durch Arbeitsaus- fälle Bei der Auswertung zeigte sich, dass der primäre Endpunkt (PRWE) zu allen Un- tersuchungszeitpunkten in Gruppe 2 ab Woche 6 deutlich besser ausfiel als in Gruppe 1. Ähnliches galt für den DASH; hier fanden sich allerdings nach 12 Mo- naten keine wesentlichen Unterschiede mehr zwischen den Gruppen. Ebenso fiel die physische Subskala des SF-36 nach 3 und 12 Monaten zugunsten der Operati- on aus, die mentale Subskala ergab keine wesentlichen Differenzen. Der Bewegungsumfang und die grobe Kraft zeigte sich nach 6 Wochen in Grup- pe 2 signifikant besser, allerdings hatten zu diesem Zeitpunkt die Patienten der Gruppe 1 deutlich weniger Physiothera- piezeit hinter sich. In Monat 12 existier- ten keine Unterschiede mehr zwischen den Gruppen. Schmerzen laut VAS waren zu allen Zeitpunkten ähnlich ausgeprägt. Radiologische Parameter fielen während des Nachbeobachtungszeitraums in Gruppe 2 besser aus als in Gruppe 1. ▪ In Gruppe 1 traten 23 Komplikationen bei 19 Patienten auf, darunter in elf Fällen eine sekundäre Dislokation; bei ihnen erfolgte eine sekundäre OP. Bei 6 Patienten kam es zu einer Heilung in symptomatischer Fehlstellung, die in 2 Fällen durch eine Korrekturosteoto- mie behoben wurde. Bei weiteren 2 Teilnehmern wurde wegen Schmer- zen und eingeschränkter Beweglich- keit eine OP am Triangulären Fibro- kartilaginären Komplex (TFCC) not- wendig. Im Hinblick auf die Kosten der jeweiligen Verfahren fanden die Wissenschaftler zunächst ▪ für die operative Fixierung im Mittel um 291 USD höhere Kosten, ▪ aber bis Monat 12 auch signifikant mehr QALYs (quality-adjusted life years; 1 QALY entspricht 1 Jahr in voll- ständiger Gesundheit), mit 55 zusätz- lichen QALYs in der operativ behan- delt Gruppe. Der Unterschied in den Kosten pro ge- wonnenem QALY (incremental cost ef- fectiveness ratio, ICER) betrug 2008 USD in Gruppe 2 im Vergleich zu Gruppe 1. Mit anderen Worten: Die OP war zwar wirksamer als de Gipsimmobilisation, aber auch teurer. In einer Subgruppenanalyse mit Ver- gleich der Kosten für arbeitslose bzw. ar- beitende Patienten zeigte sich schließ- lich für die aktiv Beschäftigten in Gruppe 2 eine ICER von –3500 USD pro QALY bis Monat 12: also um 3500 USD geringere Kosten pro QALY bei operativer Behand- lung. FAZIT Bei Patienten mit intraartikulärer Ra- diusfraktur und zunächst akzeptabler Reposition führt eine offene Fixierung mit einer winkelstabile Platte nach 12 Monaten zu besseren funktionel- len Ergebnissen laut PRWE, fassen die Autoren zusammen. Darüber hinaus war die OP kosteneffizienter, wenn man alle damit verbundenen Aus- gaben berücksichtigte, vor allem für aktiv Arbeitende. ▪ In Gruppe 2 kam es bei 17 Patienten Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim zu 21 Komplikationen. In 12 Fällen musste die Platte wegen Schmerzen, Tendinitis oder eines sekundären Kar- paltunnelsyndroms entfernt werden. Bei einem Patienten kam es zu einem Funktionsverlust des M. flexor pollicis longus wegen einer Vernarbung, die operativ behandelt wurde. 24 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell FAZIT Die palmare Plattenosteosynthese zeigt bei distalen Radiusfrakturen für eine Reihe von Parametern bessere Ergebnisse als die jeweils verwende- ten Vergleichsverfahren, so die Auto- ren. Zukünftige Studien sollten aber nun die verschiedenen alternativen Methoden direkt miteinander ver- gleichen, nicht nur mit der palmaren Platte. So könnte sich eine Hierarchie von Behandlungen ausbilden und nicht grundsätzlich die palmare Platte als überlegen gelten und die anderen Methoden lediglich als schlechter. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Handgelenk und Handwurzel Interdisziplinärer Konsensus zur Bildgebung der skapholunären Instabilität Dietrich TJ et al. Interdisciplinary consensus statements on imaging of scapholunate joint in- stability. Eur Radiol 2021; 31: 9446–9458 Da die Diagnostik der skapholunären Instabilität anspruchsvoll ist und un- terschiedliche bildgebende Modalitä- ten zum Nachweis genutzt werden, wurde eine Expertengruppe aus den Fachgebieten Handchirurgie und Ra- diologie gebildet, um ein Evidenz-ba- siertes Vorgehen zum Nachweis der Instabilität zu empfehlen. Es wurde eine Expertengruppe aus dem Fachgebiet Radiologie und Handchirur- gie gebildet. Eine Literaturrecherche ex- trahierte 696 Artikel. In einem weiteren Auswahlverfahren wurden nur Meta- Analysen und Originalpublikationen be- züglich der skapholunären Instabilität berücksichtigt. Somit bildeten 3 Meta- Analysen und 91 Originalpublikationen die Grundlage zur Konsensusbildung der Expertengruppe. In drei aufeinanderfol- genden Evaluationen wurden abschlie- ßend 10 Fragestellungen und die dazu- gehörigen Antworten zur skapholunären Instabilität mit Evidenz-Graduierung nach der Oxford Centre for Evidence-Ba- sed Medicine Skala erörtert. Ergebnisse ▪ Basisdiagnostik ist die nativ-radiolo- gische Bildgebung des Handgelenkes in 2 Ebenen. Aufnahmen unter Belas- tung und eine Durchleuchtung erlau- ben den Nachweis einer dynamischen Instabilität. ▪ Die MRT mit intraartikulärer Kontrast- mittelgabe (direkte MR-Arthrografie, MRA) ist präziser als die Kernspinto- mografie ohne intraartikuläre Kon- trastmittelgabe (natives MRT) zum Nachweis von skapholunären Bandlä- sionen. ▪ Die CT mit intraartikulärer Kontrast- mittelgabe (direkte CT-Arthrografie, CTA) ist äußerst präzise zum Nach- weis von skapholunären Bandläsio- nen. ▪ Die Sonografie kann noch nicht als Basisdiagnostik empfohlen werden. ▪ Dynamische CT- bzw. MRT-Untersu- chungen können noch nicht als Basis- diagnostik empfohlen werden. ▪ Weder die Sonografie noch die MRT können verlässlich die Integrität der sekundären Stabilisatoren des ska- pholunären Gelenkes beurteilen. ▪ Sowohl die MRA, als auch die CTA können zuverlässig Knorpelschäden im Handgelenk nachweisen. ▪ Die nativ-radiologische Basisdiagnos- tik in 2 Ebenen mit Aufnahmen unter Belastung und Durchleuchtung sowie zusätzlich die MRA bzw. CTA ermögli- chen die präzise Einteilung der Verlet- zung nach der Garcia-Elias-Klassifika- tion für skapholunäre Instabilitäten. ▪ Dynamische Bildgebungen und die CTA bzw. MRA ermöglichen die Ein- teilung nach den EWAS (European Wrist Arthroscopy Society)-Kriterien. ▪ Die MRA bzw. CTA können zum Nach- weis einer Läsion des dorsalen kapsu- lo-skapholunären Septums empfoh- len werden. FAZIT Die sinnvolle Kombination aus nativ- radiologischer Bildgebung des Hand- gelenkes in 2 Ebenen, Aufnahme un- ter Belastung, Durchleuchtung, CTA und MRA ermöglicht die umfassende bildgebende Beurteilung einer ska- pholunären Instabilität. Priv.-Doz. Dr. Christian Spies, Bad Rappenau Handgelenk und Handwurzel Gründe für längere Immo- bilisierung bei Skaphoid- frakturen im mittleren Drittel Bulstra A et al. Prospective Cohort Study to In- vestigate Factors Associated With Continued Immobilization of a Nondisplaced Scaphoid Waist Fracture. J Hand Surg Am 2021; 46: 685– 694 Skaphoidfrakturen im mittleren Drit- tel des Knochens, bei denen keine Dislokation vorliegt, heilen im Allge- meinen gut unter konservativer The- rapie mit Ruhigstellung des Handge- lenkes im Gips. Derzeit gehen Mediziner von einer Im- mobilisierungsdauer von 6–12 Wochen aus. Dabei richten sie sich bei ihrer end- gültigen Entscheidung zur Gipsentfer- nung nach der Angabe von Druck- schmerzen über dem Skaphoid durch den Patienten und den Röntgenbildern. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Hin- weisen, dass die Beurteilung einer knö- chernen Heilung des Skaphoids radiolo- gisch in dem angegebenen Zeitraum kaum zuverlässig möglich ist. Ebenso werden auch von psy- chischen, nicht nur anatomischen Fakto- ren beeinflusst. Schmerzen Eine internationale Arbeitsgruppe unter- suchte nun die Gründe von Chirurgen, eine weitere Ruhigstellung anordnen, obwohl sie zunächst eine Gipsentfer- 26 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell Identified patients who underwent surgery of the scaphoid from 2013–2018 (N = 178) ▪Excluded patients – acute cases (N = 19) Chronic cases with a diagnosis of delayed-* or established nonunion** of the scaphoid (N = 159) ▪Excluded patients – AVN of proximal pole – vascular grafting techniques (N = 5) Scaphoin nonunion cases operated with open, arthroscopically assisted or percutaneous techniques (N = 154) ▪ Excluded patients – nonexisting or poor quality preoperative CT-scan of the wrist (N = 91) Only cases with preoperative CT-scan of high quality (< 2 mm/slice) were included (N = 63) * delayed union = cases > 2 mo. < 6 mo. since injury ** established nonunion = cases > 6 mo. since injury Einschluss- und Ausschlusskriterien für die Studie (Quelle: Gvozdenovic R et al. Can CT-Scan Measurements of Humpback Deformity, Dislocation, and the Size of Bony Cysts Predict Union after Surgery for Scaphoid Nonunion? J Wrist Surg 2021; 10: 418–429). der. Es wurden der intraskaphoidale Win- kel, der Höhe-Länge-Quotient und der dorsale Kortikaliswinkel bestimmt. Zu- dem wurde der größte Durchmesser der Knochenzysten in der dorsopalmaren und der sagittalen Projektion bestimmt. Postoperativ erhielten die Patienten eine Daumeneinschlussschiene bzw. Orthese für 2 bis 6 Wochen ggf. mit Verlängerung für weitere 2 bis 4 Wochen. Heilung wur- de definiert, wenn > 50 % Trabekelbrü- cken sowohl in der koronaren, als auch in der sagittalen Ebenen zu identifizieren waren. Ergebnisse Zweiundsechzig Patienten wurden mit einer Doppelgewindeschraube und 1 Pa- tient mit K-Drähten versorgt. Die durch- schnittliche Nachuntersuchung lag bei 11 (3–43) Monate. Sechsundfünfzig Pa- tienten hatten ein Mindestnachuntersu- chungsintervall von 6 Monate. In 54 Fäl- len konnte eine Heilung nach durch- schnittlich 84 Tagen erzielt werden. So- wohl die Heilungsrate, als auch die Zeit zur Konsolidation waren nicht mit der Ausprägung der Buckelbildung, des Zys- tendurchmessers oder der Dislokation der Fragmente im Allgemeinen assozi- iert. Nur für Pseudarthrosen im mittleren Drittel zeigte sich ein signifikanter Ein- fluss der Fragmentdislokation auf die Heilung. Diesbezüglich zeigte sich für die konsolidierte Gruppe eine präopera- tive Dislokation von 2,7 mm (95 % Konfi- denzintervall: 1,5–3,7) und für die nicht geheilte Gruppe von 4,2 mm (95 % Konfi- denzintervall: 2,9–5,7). Das Zeitintervall von Verletzung zur Operation korrelierte positiv mit der Heilungszeit, aber nicht mit der Heilungsrate. Alle offenen Ver- fahren mit kortikospongiösen Augmen- tationen heilten, wogegen nur 80 % der offenen Operationen mit rein spongiö- sen Defektfüllungen konsolidierten. Alle verzögerten Heilungen mit perkutanen Verfahren heilten, wogegen 88 % der ar- throskopisch-gestützten Operationen mit Knochenaugmentation konsolidier- ten. Dieses Verfahren wies die kürzeste Heilung mit durchschnittlich 42 Tagen (SA: 4,8) auf. Offene Eingriffe benötigten durchschnittlich 92 Tage (SA: 70,9). Ni- kotin, Diabetes mellitus, andere chroni- sche Erkrankungen, Alter und Begleitver- letzungen hatten keinen Einfluss auf die Heilungsrate bzw. auf die Heilungszeit. Lediglich der intraskaphoidale Winkel wies eine exzellente interindividuelle Re- liabilität auf, wogegen die Beurteilung der Fragmentdislokation die schlechtes- te Reliabilität mit 0,24 zeigte. FAZIT Die Buckelbildung des Kahnbeins (Humback Deformity) oder die Zys- tenausprägung haben keinen Einfluss auf die Heilungsrate. Dagegen zeigte sich ein signifikanter Einfluss der Fragmentdislokation auf die Konsoli- dierung für Pseudarthrosen im mitt- leren Drittel. Ein längeres Intervall vom Unfall zur Operation korrelierte mit einer längeren Heilungszeit. Priv.-Doz. Dr. Christian Spies, Bad Rappenau Handgelenk und Handwurzel Neuartiges vaskulari- siertes Transplantat mit guten Ergebnissen bei Skaphoidpseudarthrose Shen Q et al. A vascularized bone graft harves- ted from the dorsal base of the third metacarpal bone for the treatment of scaphoid nonunion. Hand Surg Rehabil 2021; 40: 439–447 Pseudarthrosen stellen häufige Kom- plikationen nach Skaphoidfrakturen dar, auch wegen der besonderen Anatomie und Blutversorgung des Knochens. Zur Behandlung wurde eine Reihe von Methoden vorgeschla- gen, mit nicht vaskularisierten oder aus verschiedenen Arterien versorg- ten vaskularisierten Transplantaten. Während ein vaskularisiertes Knochen- transplantat aus dem Radius mit Versor- gung über die 1.2-ICSRA (interkomparti- mentelle supraretinakuläre Arterie zwi- schen 1. und 2. Strecksehnenfach) heute eine der häufigsten Methoden darstellt, schlagen Mediziner aus China ein ande- res Vorgehen vor. 28 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell sche Therapie während der Operation er- hielten, wurden ausgeschlossen. Ergebnisse Alle Operationen wurden durch den Se- niorautor unter Blutleere über einen pal- maren Zugang zwischen 2003 und 2019 durchgeführt. Es wurde zwischen akuten Verletzungen mit Nachweis von Fraktur- hämatom und subakuten bzw. chroni- schen Verletzungen mit Fibrosierungen oder Sklerosierungen bzw. Zysten in der Frakturzone im Sinne von Pseudarthro- sen differenziert. In allen Fällen wurde eine komplette Exzision der Fragmente durchgeführt. Im Anschluss erfolgte eine Schienenversorgung für weitere 1– 2 Wochen mit medikamentöser Ossifika- tionsprophylaxe für 4 Wochen. Zuneh- mende Belastung mit Kräftigung und Narbenmassage wurde danach empfoh- len. Danach erfolgte das stufenweise sportspezifische Training mit regelmäßi- gen Kontrollen bis zur Freigabe. 131 Ath- leten zogen sich beim Schwingen des Baseballschlägers die Frakturen zu. Es war nur die nicht dominante Hand be- troffen. 127 Sportler beklagten einen plötzlichen Schmerz in der Hohlhand. Es wurden keine sensomotorischen Defizite festgestellt. 137 Patienten wiesen einen positiven Hamulus „Pull“ Test auf: Ulna- deviation der Hand mit aktiver Beugung des Ring- bzw. Kleinfingers gegen Wider- stand führte zu Schmerzen über der Frakturzone. 118 Athleten wiesen eine verzögerte Heilung bzw. Pseudarthrose auf. Zwei Patienten litten unter einer passageren Hypästhesie an Klein- und Ringfinger. Bei einem Sportler trat eine nicht relevante heterotope Ossifikation auf. Sowohl die Athleten mit akuten, als auch die Sportler mit chronischen Verlet- zungen nahmen nach 4 bis 5 Wochen das Schlagtraining wieder auf. Nach 7 bis 8 Wochen erfolgte für beide Gruppen die komplette Wiedereingliederung in den Spielbetrieb. FAZIT Die Autoren empfehlen bei Hamulus- frakturen eine computertomografi- sche Bildgebung. Zudem bevorzugen sie basierend auf der marginalen Blutversorgung und den biomechani- schen Gegebenheiten eine Fragmen- texzision. Speziell für Baseballspieler empfehlen die Autoren eine medika- mentöse Ossifikationsprophylaxe, da die heterotope Ossifikation schwer- wiegende berufliche Konsequenzen verursachen könnte. Priv.-Doz. Dr. Christian Spies, Bad Rappenau Handgelenk und Handwurzel Aseptische Lunatum- nekrose: Verkürzungs- osteotomie des Kapitatums tendenziell besser als des Radius Kayaokay K et al. Radial shortening osteotomy vs partial capitate shortening osteotomy in Kienböckʼs disease: Medium-term radiological and clinical results. Hand Surg Rehabil 2021; 40: 427–432 Bei einer aseptischen Lunatumnekro- se, nach ihrem Erstbeschreiber auch als Morbus Kienböck bezeichnet, handelt es sich um eine meist progre- dient verlaufende Nekrose des Os lu- natum, die im Extremfall aufgrund der veränderten Bewegungsabläufe zu einer Arthrose des Handgelenkes führen kann. Daher wird im Allgemeinen eine frühzei- tige Therapie angestrebt, um das Fort- schreiten der Erkrankung zu verhindern und optimalerweise die Durchblutung des Lunatum wiederherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, existieren der- zeit vor allem 2 Prinzipien: das direkte Einbringen eines vaskularisierten Trans- plantats in den Knochen oder eine Ent- lastungsosteotomie, die die Kompres- sion auf das Lunatum vermindern und eine Blutgefäßneubildung anregen soll. Der Ort dieser Osteotomie ist allerdings umstritten: Viele Chirurgen befürworten eine Verkürzung am distalen Radius, an- dere sprechen sich für eine partielle Ver- kürzungsosteotomie des Os capitatum aus. Richtig harte Beweise für die Überle- genheit der einen oder der anderen Technik existieren derzeit aber nicht, da- her haben türkische Mediziner die mit- telfristigen Ergebnisse beider Verfahren verglichen. Kayaokay et al. identifizierten in der Da- tenbank ihres Krankenhauses insgesamt 28 Patienten, die sie im Frühstadium einer Lunatumnekrose (Stadium II oder IIIA nach Lichtman) zwischen März 2010 und Juli 2020 behandelt hatten. Die Wahl des Verfahrens lag im Ermessen des Operateurs, Indikationen umfassten starke Schmerzen und einen einge- schränkten Bewegungsumfang. Bei allen Patienten hatte eine negative Ulnavari- anz (1–3 mm) bestanden. ▪ In Gruppe 1 (n = 14) führten die Chi- rurgen eine partielle Verkürzungsos- teotomie des Os capitatum durch. Dabei erfolgte eine longitudinale Inzi- sion über dem Tuberculum dorsale radii, anschließend wurden auf der dem Lunatum zugewandten Seite eine Osteotomie in Form eines umge- kehrten „L“ mit einer Verkürzung von 2 mm vorgenommen. Die Fixierung erfolgte mit einer kopflosen kanülier- ten Schraube. ▪ In Gruppe 2 (n = 14) wurde über den Standardzugang von palmar eine Ver- kürzungsosteotomie im metaphysä- ren Bereich des distalen Radius um 2–3 mm vorgenommen, zur Fixierung kam eine dynamische Kompressions- platte zum Einsatz. In beiden Gruppen wurde das Gelenk über 4 Wochen ruhiggestellt, danach be- gann die Physiotherapie. Nach insgesamt 6 Wochen wurde die Schiene entfernt. Nach einer Nachbeobachtungszeit von im Mittel knapp 5 Jahren (Gruppe 1) bzw. gut 4 Jahren (Gruppe 2) fanden die Wissenschaftler in beiden Gruppen 30 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell Nach einer durchschnittlichen Nachbe- obachtungszeit von gut 18 (0,5–60) Mo- naten standen Daten von 775 Patienten zur Verfügung (630 Metakarpalia, 222 proximalen Phalangen, 43 Mittelpha- langen). Alle Frakturen waren knöchern geheilt, im Mittel nach 5,7 Wochen (2– 12 Wochen). Eine verzögerte Heilung (> 3 Monate) trat bei 5 Patienten mit Frakturen der proximalen Phalanx auf. Die Komplikationsrate betrug 3,2 % und lag bei Phalanxfrakturen mehr als dop- pelt so hoch wie bei Metakarpalefraktu- ren (6 % vs. 2,5 %). Am häufigsten kam es zu einem verminderten Bewegungs- umfang (n = 18). Bei 7 Patienten musste eine operative Teno-Arthrolyse erfolgen, in 6 Fällen trat eine sekundäre Disloka- tion auf. In 4 Fällen kam es zu einer Pro- trusion der Schrauben, in 3 Fällen wurde sie entfernt, der 4. Fall war asymptoma- tisch, und die Schraube blieb in situ. Bei einem Patienten mit offener Fraktur der proximalen Phalanx kam es zu einer Wundinfektion, nach der Frakturheilung wurde die Schraube ohne langfristige Folgen entfernt. Das Implantat wurde bei 23 Patienten entfernt, in 7 Fällen wegen Refrakturen, in 3 Fällen wegen anhaltender Schmer- zen, wegen einer Infektion und einer Nickelallergie in jeweils einem Fall, und einmal während einer Teno-Arthrolyse. In 7 Fällen wurde keine Ursache genannt. Der aktive Gesamtbewegungsumfang betrug im Mittel 243° (90–295°), die grobe Kraft 97,7 % der Gegenseite. Eine Rückkehr an den Arbeitsplatz war nach im Schnitt 7,3 Wochen möglich. FAZIT Die intramedulläre Schraubenfixie- rung stellt bei ausgewählten instabi- len Metakarpale- und Phalanxfraktu- ren eine einfache Alternative zur of- fenen Reposition und internen Fixie- rung dar, so die Autoren. Allerdings sind weitere Studien mit längeren Nachbeobachtungszeiten erforder- lich, um eventuelle späte Knorpel- schäden und beginnende Arthrosen zu erkennen. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Fingergelenke Hemihamatum-Arthro- plastik bei Frakturen der Mittelgliedbasis Malhotra G et al. Hemihamate arthroplasties in pilon fractures: a modified approach and expe- rience in 30 patients. J Hand Surg Eur Vol 2021; 46: 928–935 doi:10.1177/17531934211008056 Rekonstruktion. Komplexe Pilonfrakturen des proxi- malen Interphalangealgelenkes (PIP) erfordern in der Regel eine aufwändi- ge Insbesondere wenn die Verletzung bereits mehrere Wochen zurückliegt, nutzen Chirur- ginnen und Chirurgen aus dem Oman hierzu Hemihamatum-Trans- plantate. Nun berichten sie ihre Er- fahrungen mit dieser Technik sowie mit verschiedenen Modifikationen. Die Forscherinnen und Forscher werte- ten die Daten von 30 Personen aus, die sich zwischen 2005 und 2018 aufgrund einer instabilen, dislozierten PIP-Fraktur einer Hemihamatum-Arthroplastik un- terzogen hatten. In allen Fällen betraf die Fraktur mehr als 50 % der Mittelglied- basis und es lag eine persistierende dor- sale Subluxation vor. Ferner waren seit dem Trauma mehr als 3 Wochen vergan- gen und alle Patientinnen und Patienten waren postoperativ mindestens ein Jahr nachbeobachtet worden. Die Hemiha- matum-Arthroplastik erfolgte entspre- chend des von McAuliffe beschriebenen Verfahrens unter Regionalanästhesie, er- läutern die Chirurginnen und Chirurgen. In einigen Fällen modifizierten sie aller- dings die Technik: In 28 Fällen wählten sie beispielsweise eine Zickzackinzision nach Bruner. Bei 8 Personen mit länger als 4 Wochen zurückliegender Verlet- zung, verringertem Gelenkspalt oder straffem Streckapparat erfolgte vor dem operativen Eingriff zunächst eine Dis- traktionsbehandlung, um den Band- und Kapselapparat zu dehnen. Eine subpe- riostale Lösung der Kollateralbänder er- folgte in allen 30 Fällen; diese wurden später refixiert. Bei 6 Personen erhielten sie die Seitenwände der Mittelgliedbasis, da auf diese Weise die Kollateralbänder erhalten blieben und die Rotationsstabi- lität des Transplantats gewährleistet wurde. Eine weitere Modifikation um- fasste die Verwendung kleinerer Hemi- hamatum-Transplantate bei 10 Patien- tinnen und Patienten. Diese sind einfa- cher zu gewinnen und beugen Komplika- tionen an der Entnahmestelle vor, haben allerdings den Nachteil, dass in einigen Fällen nur eine einzige Schraube zur Fi- xierung gesetzt werden kann, erläutern die Forschenden. Unmittelbar nach der Operation begannen alle Patientinnen und Patienten mit einer aktiven und pas- siven Mobilisationsbehandlung. Das funktionelle Behandlungsergebnis ob- jektivierte die Arbeitsgruppe anhand der Greifkraft sowie des Bewegungsum- fangs. Zusätzlich erfassten sie Komplika- tionen und Sekundäreingriffe und be- fragten die Operierten zu ihrer Zufrie- denheit. Ergebnisse Die 28 Männer und 2 Frauen waren im Schnitt 33 (18–53) Jahre alt. Zwischen dem Verletzungsereignis und der Opera- tion waren durchschnittlich 29 (21–60) Tage vergangen und die durchschnitt- liche Nachbeobachtungszeit betrug 28 (18–48) Monate. Postoperativ stellten die Forschenden eine Verbesserung der aktiven Beweglichkeit des Mittelgelen- kes von 30 (20–45) auf 104 (90–110) Grad fest. Das durchschnittliche Streck- defizit im PIP betrug zum letzten Nach- beobachtungszeitpunkt 6 (0–20) Grad. 6 Patientinnen und Patienten entwickel- ten Beugekontrakturen, die einen erneu- 32 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell Ergebnisse Zwischen der K-Drahttransfixation und der Befragung waren zwischen 2 und 128 Monaten vergangen (median 61 Mo- nate). Die Studienteilnehmenden waren im Schnitt 53 Jahre alt. In 40 Fällen han- delte es sich um eine akute Verletzung (median 5 Tage nach Unfall) und in 25 um eine chronische Verletzung (median 27 Tage nach Unfall). In 35 Fällen war der Mittel- in 19 der Klein-, in 10 der Ring- und in einem der Zeigefinger be- troffen. 15 Befragte berichteten über postoperative Komplikationen, 6 klagten über persistierende Schmerzen am Fin- ger und 7 gaben ein Bewegungsdefizit an. In je einem Fall war nach der Transfi- xation eine Infektion bzw. eine allergi- sche Reaktion auf den Draht aufgetreten. Gemäß modifizierter Crawford-Klassifi- kation stuften die Forschenden in 75 % der Fälle das Behandlungsergebnis als ex- zellent und in 14 % als gut ein. In 11 % wurde das Ergebnis als befriedigend ein- geschätzt, bedingt durch ein Streck- oder Beugedefizit. Auf einer Skala von 0 bis 10 gaben die Befragten ihre Zufrie- denheit im Schnitt mit 7,9 an. Der Quick-DASH-Score betrug durchschnitt- lich 5,4 Punkte. FAZIT Die temporäre Transfixation des dis- talen Interphalangealgelenkes mittels K-Draht in Hyperextensionsstellung stellt nach Einschätzung der Autorin- nen und Autoren ein sicheres und wirksames Verfahren zur Behandlung subkutaner Strecksehnenabrisse dar. Die potenziellen Eingriffsrisiken hal- ten sie in Anbetracht der mehrheitlich exzellenten und guten Behandlungs- ergebnisse sowie der hohen Patien- tenzufriedenheit für akzeptabel. Dr. Judith Lorenz, Künzell Daumen Sonografie und MRT erkennen Stener-Läsion mit vergleichbarer Genauigkeit Qamhawi Z et al. Diagnostic accuracy of ultra- sound and magnetic resonance imaging in de- tecting Stener lesions of the thumb: systematic review and meta-analysis. J Hand Surg Eur Vol 2021; 46: 946–953 Die Ruptur des ulnaren Seitenbandes des Daumens, im Volksmund auch als Skidaumen bezeichnet, stellt eine der häufigsten Bandverletzung der Hand dar. Wenn das distal abgerissene Li- gament proximal an der Aponeurose des M. abductor pollicis verfängt, spricht man von einer Stener-Läsion. In diesem Fall empfiehlt sich ein ope- ratives Vorgehen, da die Interposi- tion der Aponeurose die Heilung des Bandes beinträchtigen kann. Allerdings stellt die korrekte Diagnose der Läsion Chirurgen oftmals vor eine Herausforderung. Die klinische Beurtei- lung kann im Akutfall schwierig sein, da Schwellung und Muskelanspannung die ausführliche Untersuchung verhindern. Daher ziehen Mediziner oftmals die bild- gebende Diagnostik zu Rate, bislang gibt es aber noch keine eindeutigen Belege für die Überlegenheit einer bestimmten Methode. Qamhawi et al. haben nun in einer systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse die diagnostische Ge- nauigkeit von MRT und Sonografie unter- sucht und verglichen. Die Forscher durchsuchten dazu die ein- schlägigen elektronischen Datenbanken nach Originalstudien, die die diagnosti- sche Aussagekraft von Sonografie und/ oder MRT bei der Beurteilung von Verlet- zungen des ulnaren Seitenbandes des Daumens untersucht hatten. Als Refe- renz musste entweder die Diagnose nach chirurgischer Exploration oder die Stabilität im Daumengrundgelenk wäh- rend der Nachuntersuchungen angege- ben sein. Die Wissenschaftler fanden 9 Studien zu Ultraschalluntersuchungen (315 Dau- men) und 6 zu MRT-Untersuchungen (107 Daumen), für die eine Metaanalyse durchführbar war. Darunter waren im Wesentlichen prospektive Auswertun- gen (7 für die Sonografie, 5 für die MRT), die Gruppengrößen reichten von 14 bis 69. Für die Ultraschalluntersuchung hatten die Originalautoren im Allgemeinen eine lineare 7,5-MHz-Sonde eingesetzt. Das Intervall zwischen Verletzung und Unter- suchung variierte stark, zwischen 4 h und 203 Tagen. Ähnlich verhielt es sich mit dem Abstand zwischen Untersuchung und OP (1–405 Tage). Die klinische Nachbeobachtungszeit lag zwischen 17 Tagen und 5 Jahren. Die Studien zur MRT (5 prospektive) wa- ren ähnlich heterogen: Die Zahl der Pa- tienten in den Studien lag zwischen 5 und 43, in den 3 Studien, die das Intervall zwischen Verletzung und MRT angaben, reichte es von 3 Tagen bis 3 Jahre. Eine Studie erwähnte den Abstand von MRT und Chirurgie, der zwischen 10 Wochen und mehr als einem Jahr lag. Die Magnet- feldstärke der Geräte lag zwischen 0,5 und 1,5 T. In der Metaanalyse der Einzelstudien er- rechneten die Wissenschaftler für die So- nografie ▪ eine gepoolte Sensitivität von 95 % und ▪ eine gepoolte Spezifität von 94 %. Dabei schwankte die Sensitivität deutlich zwischen den Einzelstunden, während sich die Spezifität relativ einheitlich dar- stellte. Für die MRT errechneten sich ▪ eine gepoolte Sensitivität von 93 % und ▪ eine gepoolte Spezifität von 98 % Allerdings bestand für alle Studien ein hohes Verzerrungsrisiko: So war etwa nur in 2 Studien angegeben, ob es sich bei den Patienten um konsekutiv Betrof- fen oder eine Zufallsstichprobe handelte, Angaben zur Verblindung der Untersu- 34 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell ▪ In Gruppe 1 betrug die Überlebensra- Amputationen te der replantierten langen Finger 89,7 %, die der replantierten Daumen 92 %. ▪ In Gruppe 2 betrugen die jeweiligen Raten 90 % bzw. 88,9 %. Nach im Mittel 13 Monaten betrug der aktive Gesamtbewegungsumfang ▪ 138° bei den langen Fingern und 72° beim Daumen in Gruppe 1, entspre- chend 55,2 % bzw. 51 % der gesunden Gegenseite, und ▪ 141° bzw. 70° in Gruppe 2. Die Kraft lag ▪ bei 35,5 kg beim Grobgriff bzw. 7,8 kg beim Feingriff (Gruppe 1), entspre- chend 89 % bzw. 79 % der kontralate- ralen Seite, und ▪ bei 34,9 kg bei Grobgriff und 8,1 kg beim Feingriff (Gruppe 2). Weder bei den Überlebensraten der re- plantierten Finger noch bei den Funk- tionsparametern fanden sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Allerdings war die OP-Dauer in Gruppe 1 um fast eine Stunde kürzer als in Gruppe 2 (2 h 50 min vs. 3 h 42 min). FAZIT De Umkehrung der Gefäßanastomo- sen bei der Replantation von ampu- tierten Fingern verschlechtert also nicht die Ergebnisse, fassen de Auto- ren zusammen. Vorteilhaft bei den zuerst erfolgenden Venenanastomo- sen sind allerdings das blutleere OP- Feld mit besserer Sicht für den Ope- rateur und die kürzere Operations- zeit. Weitere Studien mit größeren Patientenzahlen sollten diese Ergeb- nisse überprüfen. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Verzögerte Fingerreplan- tation – gibt es evidenz- basierte Empfehlungen? Harbour PW et al. Delayed digit replantation: What is the evidence?. J Hand Surg 2021; 46: 908–916 Literaturstudie zur Bedeutung der propagierten Ischämietoleranz hin- sichtlich Fingerreplantation. Der Fo- kus der Untersuchung liegt auf der Sichtung von Hinweisen zur Durch- führbarkeit von zeitlich verzögerten Fingerreplantationen. Ischämiezeiten Diese Literaturrecherche schloss 22 Pu- blikationen von 1989 bis 2019 ein. Es zeigte sich, dass die Veröffentlichungen äußerst heterogen waren und verschie- dene Parameter dargestellt wurden. Es wurden nur bei 10 von 22 Studien Funk- tionsparameter postoperativ erhoben. Eine Vergleichbarkeit bzw. sinnvolle Meta-Analyse war damit hinsichtlich der Fragestellung nicht durchzuführen. Bei- spielsweise wurden einerseits lediglich kalte Ischämiezeiten, andererseits nur warme beschrieben. Auch die Funktionsparameter zur Beur- teilung des postoperativen Ergebnisses waren sehr heterogen. Zudem schlossen die Autoren, dass auch die bereits veröf- fentlichen Meta-Analysen aus den Jahren 2006, 2015, 2018 und 2021 auf sehr he- terogenen Daten aufbauen und deswe- gen unter den gleichen Limitationen lei- den. Es bleibt weiterhin unklar, ob eine Ischämiezeit bis zu 24 Stunden das Re- plantat negativ beeinflusst. Hervorzuhe- ben ist gemäß den Autoren, dass nicht konsistent Aufbewahrungsmethodik der Amputate, Operationszeiten, strukturel- le Integrität der Amputate bzw. Finger- stümpfe, Ischämiezeiten und funktionel- le bzw. subjektive postoperative Parame- ter erfasst wurden. Zudem wurden auch Revaskularisationen teilweise in die Pa- tientenkollektive eingeschlossen, die zu einer weiteren Unschärfe der Ergebnisse führten. Vereinzelte Studien deuten da- rauf hin, dass eine verzögerte Replanta- tion, vor allem bei einer warmen Ischä- miezeit < 6 Stunden bzw. einer kalten Ischämiezeit von < 12 Stunden möglich ist. In Anbetracht der sinkenden Bereit- schaft zur Beteiligung an einem 24-Stun- den Replantationsdienstes sollte nach Aussage der Autoren die Replantations- protokolle überprüft werden, um die Möglichkeit von verzögerter Replanta- tion zu erörtern. Dies würde zum einen die Kosten für die Bereitstellung des Dienstes und für den Patiententransport verringern und die Möglichkeit eröffnen, dass Replantationszentren mit hoher medizinischer Expertise eine größere Re- gion versorgen könnten. FAZIT Es ist weiterhin unklar, ob die allge- mein propagierten Ischämiezeiten für Fingeramputationen das Replantat- überleben beeinflussen. In Anbe- tracht der sinkenden Bereitschaft zur Beteiligung an einem Replantations- dienstes sollten diese Parameter in Zukunft mit konklusiven Untersu- chungen evaluiert werden. Priv.-Doz. Dr. Christian Spies, Bad Rappenau Rhizarthrose Prädiktoren für eine frühe operative Behandlung Nishimura K et al. Factors Associated With Sur- gical Intervention for Osteoarthritis of the Thumb Carpometacarpal Joint. J Hand Surg Am 2021; 46: 817.e1–817.e7 Bei Patienten mit einer Rhizarthrose erweisen sich konservative Maßnah- men oft als erfolgreich. Bleiben diese allerdings mittelfristig unwirksam, kommt eine operative Intervention infrage. Dabei könnte es sinnvoll sein, schon frühzeitig diejenigen Pa- tienten zu erkennen, die im Laufe der Zeit wohl einen chirurgischen Eingriff benötigen werden. Mediziner aus To- kio habe nun versucht, solche Prädik- toren zu ermitteln. 36 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell mal eingeschränkte Funktion) hatte sich von präoperativ 38 Punkten auf 20 Punk- te gebessert. Insgesamt waren 102 der 107 Patienten mit dem funktionellen Ergebnis zufrie- den oder sehr zufrieden. Von den 34 Patienten, die präoperativ noch berufstätig gewesen waren, kehr- ten 30 nach weniger als 3 Monaten an ih- ren Arbeitsplatz zurück, 29 davon zu ih- rer ursprünglichen Tätigkeit. Komplikationen, die eine chirurgische Revision erforderten, traten bei 5 Patien- ten auf (4,6 %): ▪ Bei einem Patienten kam es zur Ver- kippung der Pfanne, vermutlich auf- grund einer unzureichenden Vorbe- reitung des Trapeziums; hier wurde die Pfanne gewechselt. ▪ Bei 2 Patienten trat nach 25 bzw. 36 Monaten eine schmerzhafte Locke- rung der Pfanne auf, die in beiden Fäl- len ausgetauscht wurde. Zusätzlich brachten die Chirurgen in einem Fall autologe Spongiosa ein. ▪ Bei 2 Patienten mit starker beruflicher Beanspruchung der Hand schließlich zeigte sich nach 4 Jahren ein Poly- ethylen-Abrieb. Bei beiden erfolgte daraufhin eine Trapezektomie mit Ligamentrekonstruktion und Sehnen- interposition. Radiologisch fanden sich keine Anzei- chen eine Migration des Metakarpale 1. Bei 2 Pfannen fand sich eine mäßige Pro- ximalisierung, bei der letzten Nachunter- suchung waren aber alle Pfannen voll- ständig in den Knochen integriert. Das Verhältnis der Längen von Metakarpale 1 zu Metakarpale 2 blieb im Verlauf kon- stant, eine Verkürzung des Daumens war demnach nicht nachweisbar. In 14 Fällen zeigten sich Aufhellungszonen über dem Schaft, die aber über die Nach- beobachtungszeit konstant bleiben. Ent- sprechend Veränderungen fanden sich bei 9 Pfannen. Im Verlauf nahmen diese Aufhellungen in 2 Fällen zu, entspre- chend einer Pfannenlockerung. Beide wurden operativ revidiert. Postoperative Kalzifikationen fanden sich bei insge- samt 25 % der Fälle (bei 3 % stark ausge- prägt), die aber keinen Einfluss auf die Funktion hatten. FAZIT Der Einsatz von Dual-Mobility-Pro- thesen bei schwerer Rhizarthrose könnte die Stabilität deutlich verbes- sern, fassen die Autoren zusammen. Radiologisch sichtbare Aufhellungen sind dabei nicht unbedingt ein Zei- chen für eine Prothesenlockerung, sie müssen aber natürlich kontrolliert werden. Das hier vorgestellte Kollek- tiv soll nach 5, 10 und 15 Jahren nochmals untersucht werden, um dann auch Langzeitdaten zu präsen- tieren. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Rhizarthrose Nach Prothese Rückkehr in den Beruf auch bei starker Beanspruchung der Hand Kirkeby L et al. Influence of Occupational Hand Force Requirements on Return to Work, Pain, and Disability After Trapeziometacarpal Total Joint Arthroplasty: A 12-Month Follow-Up Study. J Hand Surg Am 2021; 46: 714.e1–714.e10 Als Standard-OP gilt bei einer Rhizar- throse, wenn konservative Maß- nahmen nicht mehr greifen, die Tra- pezektomie mit oder ohne Zusatzver- fahre, etwa einer Ligamentrekon- struktion und Sehneninterposition. Mittlerweile gibt es aber eine Reihe von Prothesen, die einen vollständi- gen Gelenkersatz ermöglichen. Als Vorteil dieser Implantate gilt die schnellere postoperative Erholung und somit auch die schnellere Rückkehr in den Beruf. Inwieweit das zutrifft und wie sich verschiedene Berufsgruppen darin unterscheiden, haben nun Lone Kirkeby et al untersucht. Die Wissenschaftler zogen für ihre Aus- wertung Daten ihrer Klinik heran und identifizierten alle Patienten, bei denen wegen einer schmerzhaften Rhizarthro- se zwischen 2003 und 2015 eine solche Prothese implantiert worden war. Post- operativ wurde die Hand für 3 Wochen immobilisiert, es folgten Bewegungs- übungen ohne Belastung über weitere 2 Wochen. Eine Vollbelastung war nach 12 Wochen zulässig. Alle Patienten standen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung (Alter < 66 Jahre, dem Rentenalter in Däne- mark). Die Forscher wollten nun wissen, ob das Ausmaß der beruflichen mechanischen Belastung der Hand die Zeit bis zur dau- erhaften Rückkehr in den Beruf (≥ 4 kon- sekutive Wochen) beeinflusste (primärer Endpunkt). Das Ausmaß dieser Belastung ermittelten sie anhand der von den Pa- tienten angegebenen Berufsbezeichnun- gen mithilfe einer Job Exposure Matrix. Diese Matrix enthält die von Experten zu- sammengestellten mechanischen Belas- tungen der Hand für alle in Dänemark gängigen Tätigkeiten, gruppiert von leicht (0 Punkte) bis nahezu maximal (5 Punkte). Kirkeby et al. kategorisierten die Belastung der hier untersuchten Pa- tienten als leicht (0 Punkte), mäßig (> 0 bis < 1 Punkt) oder schwer (≥ 1 Punkt). Weitere Endpunkte umfassten nach 12 Monaten Schmerzen auf einer numeri- schen Rating-Skala (NRS) von 0 (keine Schmerzen) bis 10 (stärkste verstellbare Schmerzen) sowie die Funktionsfähigkeit der Hand laut DASH bzw. Quick DASH (Disabilities of the Arm, Shoulder, and Hand; 0: maximale Funktion, 100: maxi- mal eingeschränkte Funktion). Insgesamt 133 Patienten gingen in die Auswertung ein. Innerhalb von 12 Mona- ten nach dem Eingriff kehrten 114 Pa- tienten an ihren Arbeitsplatz zurück (86%), 5 waren noch krankgeschrieben. Bei 12 Patienten waren weitere operative Eingriff erfolgt oder sie konnten nicht mehr kontaktiert werden, so dass sie aus der Analyse herausfielen. Im Mittel dauerte es 14 Wochen, bis eine dauerhafte Rückkehr an den Arbeitsplatz möglich war. 38 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell Überraschenderweise unterschieden sich diese Versagensraten bei den 133 Berufstätigen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung standen, nicht zwischen Pa- tienten mit geringen, mäßigen und star- ken mechanischen beruflichen Belastun- gen der Hand: Die im Hinblick auf Alter und Prothesentyp adjustierte Hazard Ra- tio (HR) bei geringer vs. mäßig-starker Belastung betrug 1,58. Ähnliches galt auch, wenn man lediglich Revisionen bei aseptischer Lockerung heranzog (HR 1,2 bei mäßiger Belastung, und 0,8 bei star- ker Belastung). Jedoch war die Revisions- rate bei Patienten, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung standen, etwa ver- doppelt (HR 2,0). Von 222 Prothesen mußten 59 operativ revidiert werden (25 %). 47 der 59 Revi- sionen erfolgten wegen einer asepti- schen Prothesenlockerung (34-mal Elek- tra, 13-mal Moovis), 5 wegen wiederhol- ter Dislokationen und 7 aus anderen Gründen. Berücksichtige man nur Elektra- und Moovis-Implantate, ergaben sich ähnli- che Verhältnisse. Bezog man nur die 183 Frauen in die Analyse ein, so errechneten sich eine HR von 1,6 bei geringer vs. mä- ßiger Beanspruchung der Hand und eine HR von 2,0 bei starker vs. geringer Belas- tung. FAZIT Offensichtlich spielt eine stärker me- chanische Belastung der Hand im Be- ruf keine Rolle bei den Revisionsraten von Gelenkprothesen bei Rhizarthro- se, fassen die Autoren zusammen. Allerdings waren in diesem Kollektiv Personen mit sehr hohen Belastungen laut der Job Exposure Matrix deutlich unterrepräsentiert. Zukünftig sollte man untersuchen, ob neuere Implan- tat-Designs, wie etwa bei der Moovis- Prothese, die berufliche Beanspru- chung an die Hand besser kompen- sieren als ältere Modelle. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Nervenkompressionssyndrome KTS: Ultraschall ist auch zur Schweregrad-Ein- teilung geeignet Hacker E et al. Does Patient Sex Affect Ultra- sound Cutoff Values for Severity Grading of Car- pal Tunnel Syndrome?. J Hand Surg Am 2021; 46: 862–867 Üblicherweise wird ein Karpaltunnel- syndrom (KTS) klinisch-anamnestisch diagnostiziert, wie es auch die meis- ten Fachgesellschaften empfehlen. Dennoch führen zahlreiche Ärzte er- gänzende Tests durch, vor allem in unsicheren Fällen oder solchen mit atypischen Symptomen. Ebenso sol- len sie zur Einteilung in verschiedene Schweregrade dienen, um das weite- re therapeutische Vorgehen festzu- legen. Derzeit werden dazu vor allem ziemlich aufwendige elektrophysiologische Ver- fahren genutzt, die Patienten teils als recht unangenehmen empfinden. Daher kommt mittlerweile oftmals ein nicht in- vasives Verfahren, wie die Sonografie, zum Einsatz. Dabei wird die Quer- schnittsfläche des N. medianus auf Höhe der Handgelenkbeugefurche ge- messen. Positive Korrelationen der so gemessenen Werte mit den elektrophy- siologischen Parametern haben bereits früher Studien gezeigt. Forscher aus Pittsburgh untersuchten nun, ob sich die Aussagekraft des Ultraschalls für die Einteilung in leichte, moderate bzw. schwere KTS-Formen eignet und sich zwischen Männern und Frauen unter- scheidet. Dabei zogen sie eine modifi- zierte Einteilung nach Bland als Referenz heran: be- stimmte distale motorische Latenz und die distale sensorische Latenz. elektrophysiologisch die Die Auswertung ergab bei 262 Patienten elektrodiagnostische Anzeichen eines KTS. Zog man die Ultraschalmessungen heran, so ergab sich für Frauen eine durchschnittliche Querschnittfläche des Medianus ▪ von 10,8 ± 2,5 mm2 in leichten Fällen ▪ von 11,5 ± 3,3 mm2 in moderaten Fäl- len und ▪ von 13,5 ± 4,4 mm2 in schweren Fäl- len. Bei Männern waren es demgegenüber ▪ 10,8 ± 1,8 mm2 in leichten Fällen ▪ 11,3 ± 2,6 mm2 in moderaten Fällen und ▪ 13,8 ± 4,9 mm2 in schweren Fällen. Dabei bestanden bei beiden Geschlech- tern jeweils signifikante Unterschiede zwischen normalen Befunden, leichten, moderaten und schweren KTS-Fällen. Mithilfe einer ROC-Kurven-Analyse (ROC: receiver operator characteristic) legten die Wissenschaftler dann diejenigen Grenzwerte fest, die am besten zwischen den KTS-Schweregraden unterscheiden konnten. Dabei fanden sie ▪ 11 mm2 zur Abgrenzung von KTS vs. kein KTS, ▪ 12 mm2 zur Unterscheidung von nor- malen Befunden bzw. leichten KTS- Fällen vs. moderat-schwere Fällen und ▪ 13 mm2 zur Unterscheidung von schweren vs. nicht schweren KTS-Fäl- len Für diese Werte errechneten sich ▪ bei Frauen eine Sensitivität – von 64 % für leichte Fälle – von 55 % für moderte Fälle und – von 49 % für schwere Fälle ▪ bei Männern betrugen die jeweiligen Werte – 54 % – 50 % und – 44 % Emily Hacker und Ihre Kollegen haben dazu 413 Handgelenke (367 von Frauen) von Patienten untersucht, die zwischen August 2013 und Januar 2019 in ihrer Praxis behandelt worden waren. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 52 Jahre (18–90 Jahre). ▪ Die Spezifität lag dabei für Frauen – bei 75 % für leichte Fälle, – 80 % für moderte Fälle und – 85 % ▪ Bei Männern betrugen die jeweiligen Werte – 79 % – 82 % und – 78 % 40 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell Die Wissenschaftler haben dazu die Da- tenbank einer Krankenversicherungs- gruppe für die Jahre 2015–2017 heran- gezogen. Darin identifizierten sie zu- nächst alle Patienten, die im entspre- chenden Zeitraum wegen eines primären KTS operiert worden waren, unabhängig von der Methode (offen oder endosko- pisch). Ausgeschlossen waren OPs we- gen eines KTS (oder dessen Prävention) aus anderen Gründen, etwa nach Osteo- synthese einer distalen Radiusfraktur oder eines Kompartment-Syndroms). Insgesamt fanden die Forscher 4.549 Pa- tienten (knapp 60 % Frauen, Durch- schnittsalter 67 Jahre) mit primärem operiertem KTS. Darunter waren 720 Pa- tienten mit endoskopischer OP (15,8 %) und 3.829 mit offener OP (84,2 %). Inner- halb des ersten Jahres postoperativ erfolgten 217 Revisionen (4,8 %), im Durchschnitt 129 Tage nach dem Er- steingriff (Spannbreite 6–365 Tage). Dabei lag die Revisionsrate nach endo- skopischer Spaltung des Retinaculum flexorum deutlich höher als beim offe- nen Vorgehen, mit 6,5 % gegenüber 4,4% nach offener Spaltung. Relevante demografische Faktoren unterschieden sich dabei nicht zwischen den beiden Pa- tientengruppen. Bei der multivariaten Analyse, adjustiert im Hinblick auf Stör- variablen, errechnete sich daraus ▪ eine Odds Ratio (OR) von 1,3 für eine Revision bei endoskopischer OP des KTS (vs. dem offenen Vorgehen). Auf Seiten der Patienten ergaben sich weitere Risikofaktoren: ▪ Diabetes mellitus (OR 1,8), ▪ Nikotinkonsum (OR 1,7), ▪ psychiatrische Begleiterkrankungen (OR 1,1), ▪ Erkrankungen der Halswirbelsäule (OR 2,1) und ▪ Zustand nach OP wegen eines Kubi- taltunnelsyndroms (OR 2,1). Alter und Geschlecht hingen dagegen nicht mit der Revisionsrate zusammen, ebenso wenig inflammatorisch rheuma- tologische Erkrankung wie systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Ar- thritis oder Gicht. FAZIT Etwa jeder 20. Patient, der wegen eines primären Karpaltunnelsyndrom operiert wird, muss innerhalb eines Jahres mit einer Revision rechnen, fassen die Autoren zusammen. Die Gefahr dafür ist größer, wenn der Er- steingriff endoskopisch erfolgte – was den scheinbaren Vorteil des minimal- invasiven Vorgehens teils wieder auf- hebt. Das sollten Chirurgen bei der präoperativen Aufklärung berück- sichtigen. Ebenso sollten sie ihren Patienten zu einem Rauchstopp raten, der das Revisionsrisiko fast verdoppelt. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Nervenkompressionssyndrome Revision bei KTS: einfache erneute Dekompression ist ausreichend de Roo S et al. Systematic review and meta-ana- lysis of surgical options for recurrent or persis- tent carpal tunnel syndrome: simple decom- pression versus coverage of the median nerve. J Hand Surg Eur Vol 2021; 46: 749–753 rezidivierenden Nach der Operation eines Karpaltun- nelsyndroms (KTS) kann es bei bis zu 20 % der Patienten zu anhaltenden oder Schmerzen kommen, bei bis zu 12 % ist deswe- gen eine operative Revision erforder- lich. Allerdings sind sich die Experten nicht einig, wie umfangreich der Re- visioneingriff erfolgen muß. Genügt einfach eine erneute Dekom- pression, da diese beim ersten Mal mög- licherweise unvollständig war? Oder sind komplexere Methoden gefragt, bei de- nen der N. medianus mit einem autolo- gen Lappen oder einem allogenen Im- plantat geschützt wird? Niederländische Mediziner haben nun eine systematische Literaturrecherche dazu durchgeführt. Saskia de Roo und ihre Kollegen durch- suchten dazu die einschlägigen elektro- nischen Datenbanken. Sie schlossen bis Januar 2020 veröffentlichte Artikel ein, die die offene Revision eines klinisch und/oder apparativ gesicherten KTS be- schrieben, bei dem nach dem Ersteingriff (Spaltung des Retinaculum flexorum) persistierende oder erneut aufgetretene KTS-Beschwerden bestanden. Die Stu- dien mussten subjektive und möglichst objektive Ergebnisse der Revision bei ≥10 Patienten beschreiben und eine Nachbeobachtungsdauer von mindes- tens einem Jahr beinhalten. Arbeiten, bei denen die Erst-OP endoskopisch er- folgt war, waren ausgeschlossen. Als primären Endpunkt beurteilten die Wissenschaftler die Erfolgsraten der Zweit-OP, gemessen anhand subjektiver Daten wie Symptombesserung, Zufrie- denheit und Schmerzminderung. Sekun- däre Endpunkte umfassten Komplikatio- nen, Veränderungen von patientenrele- vanten Daten (PROMs: patient-reported outcomes), Kraft und Sensibilität. Dabei verglichen sie 3 Methoden: ▪ eine einfach erneute bzw. erweiterte Dekompression des N. medianus, ▪ die zusätzliche Überdeckung des Ner- ven mit einer Lappenplastik und ▪ die zusätzliche Überdeckung des Ner- ven mit einem Implantat. Die Forscher fanden insgesamt 20 zwi- schen 1986 und 2019 publizierte Studi- en, ausschließlich Observationsstudien. Darunter waren ▪ 6 Studien mit einfachen offenen De- kompression (Gruppe 1), ▪ 11 Studien mit Dekompression und zusätzlicher Deckung des N. media- nus mit einer Lappenplastik (in 7 Fäl- len einem Fettlappen aus dem Hypo- thenar; Gruppe 2) und ▪ 3 Studien mit Dekompression und zu- sätzlicher Deckung mit einem Allo- graft (Gruppe 3). Im Hinblick auf den primären Endpunkt – Erfolg des Eingriffs – konnten die Medizi- ner 18 der 20 Studien in eine Metaanaly- se einschließen. Dabei ergaben sich kei- ne signifikanten Unterschiede zwischen den Methoden, mit Erfolgsraten von 42 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. 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Aktuell Beugesehnen Schnappfinger: Häufig sonografisch Sehnen- adhäsionen nachweisbar Ling Chuang X et al. Adhesions as a component of the trigger finger: a dynamic sonographic study. J Hand Surg Eur Vol 2021; 46: 852–856 doi:10.1177/1753193420969293 Die Pathophysiologie der Tendovagi- nitis stenosans ist noch nicht voll- ständig verstanden. Insbesondere ist unklar, welchen Anteil Pathologien der Sehne, der Sehnenscheide bzw. des Ringbands an der Problematik haben. Ein Forscherteam aus Singa- pur untersuchte nun mittels hoch auflösendem dynamischem Ultra- schall die Interaktionen zwischen den Beugesehnen und den umgeben- den Gewebestrukturen. Das Studienkollektiv bildeten 20 Erwach- sene mit einem Schnappfinger. In allen Fällen zeigte der gleiche Finger der kon- tralateralen Hand keine Anzeichen einer Triggersymptomatik. Eine vorangegan- gene Verletzung oder Operation am Schnappfinger, Injektionsbehandlungen innerhalb der vorangegangenen 3 Mona- te, eine Dialysepflichtigkeit, eine Gicht sowie eine rheumatoide Arthritis stellten Ausschlusskriterien dar. Die dynamische Sonografie der Schnappfinger und der Kontrollfinger erfolgte mittels eines Li- nearschallkopfs. ge- streckten Fingern und dem Handgelenk in Neutralstellung prüften die Forschen- den dabei, inwiefern sich die oberfläch- lichen und tiefen Beugesehnen bei passi- ver Beugung des distalen Interphalan- gealgelenkes gegeneinander verschoben – bei einem gesunden Finger darf sich nur die Sehne des M. flexor digitorum profundus bewegen – und ob möglicher- weise Adhäsionen zwischen den Sehnen und den umgebenden Strukturen be- standen. vollständig Bei Ergebnisse Bei allen gesunden Fingern stellte sich sonografisch eine klare, feine Demarka- tionslinie zwischen den Sehnen und dem oberflächlichen und tiefen Sehnenschei- dengewebe dar und bei passiver Beu- gung im distalen Interphalangealgelenk bewegte sich ausschließlich die tiefe Beugesehne. Hinweise auf peri- oder in- tertendinöse Adhäsionen ergaben sich bei den gesunden Fingern nicht. 17 der 20 Schnappfinger hatten dagegen keine klaren Sehnengrenzen und/oder die For- schenden beobachteten während der passiven Gelenkbewegung eine Sehnen- traktion durch das Umgebungsgewebe, was sie auf Adhäsionen zurückführten. Bei 10 Triggerfingern fehlte zudem die Verschieblichkeit der Sehnen des M. fle- xor digitorum profundus und des M. fle- xor digitorum superficialis gegeneinan- der, was auf Verklebungen zwischen die- sen beiden Sehnen hindeutete. Ein sta- tistisch Zusammenhang zwischen dem Schnappfinger-Schwere- grad bzw. anderen Vorerkrankungen und dem Vorhandensein von Adhäsionen oder der Beugesehnenverschieblichkeit bestand nicht. Allerdings sind diese Be- rechnungen angesichts der geringen Fallzahl laut der Arbeitsgruppe nicht be- lastbar. signifikanter FAZIT Bei der Mehrzahl der Schnappfinger bestehen offenbar Adhäsionen zwi- schen den Beugesehnen oder in deren Umgebung, so die Interpretation der Forschenden. Sie gehen davon aus, dass diese Adhäsionen wesentlich zu der Erkrankung beitragen. Weitere Studien müssen nun die Ultraschall- befunde mit den intraoperativen Be- funden korrelieren und klären, ob eine intraoperative Tenolyse das postoperative Ergebnis verbessert. Dr. Judith Lorenz, Künzell Dupuytren Handfunktion bei Morbus Dupuytren 5 Jahre nach Kollagenase-Injektion Göransson I et al. Hand function 5 years after treatment with collagenase Clostridium histoly- ticum injection for Dupuytrenʼs disease. J Hand Surg Eur Vol 2021; 46: 985–994 Dupuytren-Kontrakturen lassen sich u. a. mit Kollagenase aus Clostridium histolyticum behandeln, am besten sprechen die Fingergrundgelenke an. Schwedische Wissenschaftler berich- ten nun über ihre 5-Jahres-Ergebnis- se. Goransson et al. erhoben retrospektiv Daten von insgesamt 79 Patienten, die zwischen 2012 und 2014 wegen einer erstmaligen oder rezidivierten Dupuyt- ren-Erkrankung eines langen Fingers (II– V) Kollagenase erhalten hatten. Als Indi- kation galten tastbare Dupuytren-Strän- ge mit Behinderung von Alltagsaktivitä- ten und einem Streckdefizit von ≥ 45° in einem Finger (Grund- oder Mittelgelenk) oder einem Gesamtstreckdefizit aller Ge- lenke eines Fingers > 60°. Die Injektion erfolgte nach üblichem Standard mit 0,9 mg Kollagenase, gelöst in 0,4 ml Flüssigkeit. Die anschließende Extension (Cord breaking) wurde in Lo- kalanästhesie nach im Mittel 4 Tagen durchgeführt. Bei 32 Patienten kam es zu Hautrupturen, Ödeme traten sowohl nach der Injektion als auch nach der ma- nuellen Extension auf. Nach der Extensi- on erfolgte die Anlage einer Schiene, welche für 3 Monate getragen werden soll. Außerdem erhielten die Patienten Anweisungen für Bewegungsübungen mit aktiver Flexion und Extension. Die Forscher erhoben Daten vor der Be- handlung sowie 3, 12 und 60 Monate nach der Therapie. Dabei berücksichtig- ten sie u. a. ▪ den aktiven Bewegungsumfang des behandelten Fingers ▪ die Sensibilität mit Semmes-Wein- stein-Monofilamenten ▪ die Handfunktion mithilfe des Quick- DASH (Disabilities of The Arm, Shoul- 44 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell fisch Faktoren (etwa behandelter Finger, behandeltes Gelenk, fixierte Flexions- kontraktur der einzelnen und aller Gelen- ke kombiniert) möglichst ähnelten. Da- bei erhielten sie 44 Paare. Bei der multivariaten Analyse korrigier- ten die Forscher mittel logistischer bzw. linearer Regression für Störvariablen wie Alter, allgemeinen Gesundheitszustand, isolierte Mittelgelenkkontraktur und Grundgelenkkontraktur. Infektionen Handverletzungen: Infektionsrisiko nach Operation vor und nach Pandemiebeginn Baldwin AJ et al. Risk of surgical site infection in hand trauma, and the impact of the SARS-CoV-2 pandemic: A cohort study. J Plast Reconstr Aes- thet Surg 2021; 74: 3080–3086 doi:10.1016/j. bjps.2021.06.016 Bei der Auswertung fanden die Autoren nach Propensity Score Matching ▪ eine signifikant höhere Anzahl von Revisionen in der Kollagenase-Gruppe (50 % vs. 16 % in der Aponeurektomie- gruppe) und ▪ deutlich mehr von den Patienten als solche eingeschätzte Rezidive nach Kollagenase (80 % der Befragten vs. 34 % nach Aponeurektomie) Wie bei allen chirurgischen Eingriffen be- steht auch bei Handverletzungen die Ge- fahr einer Infektion im Operationsgebiet. Wie hoch dieses Risiko genau ist, unter- suchte ein britisches Forscherteam. Zu- sätzlich gingen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frage nach, in- wiefern sich das Infektionsrisiko nach Be- ginn der SARS-CoV-2-Pandemie verän- derte. Die Ergebnisse der multivariaten Analyse ähnelten den beschriebenen: ▪ Eine Kollagenasebehandlung trug ein mehr als 4-mal so hohes Revisionsrisi- ko (Odds Ratio [OR] 4,1 vs. partielle Aponeurektomie), und ▪ Patienten waren bei ihrem mit Kol- lagenase behandelten Finger 6-mal so häufig der Meinung, dass ein Rezi- div vorlag (OR 6,0 vs. partielle Apo- neurektomie). FAZIT Die Langzeitergebnisse nach Kollage- naseinjektion wegen eines Morbus Dupuytren stellen sich ungünstiger dar als die nach einer partiellen Apo- neurektomie, fassen die Autoren zu- sammen. Das galt sowohl objektiv, anhand der durchgeführten Revisio- nen, als auch subjektiv, wenn man die Patienten nach von ihnen empfunde- nen Rezidiven fragte. Diese Ergebnis- se könnten Chirurgen möglicherweise helfen, wenn sie Patienten über die für sie passendste Therapie von Du- puytren-Kontrakturen beraten. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Sie werteten die Daten von 310 Patien- tinnen und Patienten aus, die sich zwi- schen Mai und Juli 2019 aufgrund eines Hand- oder Handgelenktraumas einem chirurgischen Eingriff unterziehen muss- ten. Das Vergleichskollektiv umfasste weitere 246 Personen, die während der ersten Pandemiewelle zwischen März und Juni 2020 operiert worden waren. Außer Verbrennungen, Verätzungen, Stromverletzungen sowie bei der Erst- vorstellung bereits infizierten Verletzun- gen schlossen die Forschenden jegliche offenen und geschlossenen, knöchernen und nicht knöchernen Verletzungen dis- tal des Radius in die Analyse ein. Sie wer- teten die demografischen und operati- ven Daten inklusive der Antibiotikapro- phylaxe aus und prüften, wie viele Ope- rierte innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff – bei Eingriffen mit Implantat- versorgung innerhalb von 90 Tagen – eine Infektion im Operationsgebiet ent- wickelt hatten. Ergebnisse Das mediane Alter der insgesamt 556 Pa- tientinnen und Patienten betrug 40 Jah- re. 406 (73 %) waren Männer. Bei 45 % der Handtraumata handelte es sich um scharfe Verletzungen, bei 39 % um Riss- oder Quetschverletzungen und bei 12 % um Bissverletzungen. 20 der insgesamt 556 Personen (3,6 %) entwickelten eine Infektion im Operationsgebiet, die mit Antibiotika behandelt werden musste. In 12 Fällen folgte ein weiterer chirurgi- scher Eingriff zur Infektionsbehandlung. Frauen hatten im Vergleich zu Männern ein höheres Infektionsrisiko – und zwar selbst dann, wenn die Forschenden bei ihren Berechnungen berücksichtigten, dass Frauen sich signifikant häufiger mit Bissverletzungen vorstellten (adjustierte Odds Ratio 2,5; 95 % KI 1,00–6,37). Die vor und die während der COVID-19-Pan- demie behandelten Patientinnen und Pa- tienten unterschieden sich weder im Hinblick auf den Verletzungsmechanis- mus noch im Hinblick auf die übrigen präoperativen Basischarakteristika. Ein- zige Ausnahme: Während der Pandemie waren unter den Handverletzten signifi- kant weniger aktive Raucher (9,8 vs. 21,3 %). Vor Pandemiebeginn erfolgten signifikant mehr Eingriffe in großen Ope- rationssälen (57,1 vs. 17,1) und die Ope- rationen erfolgten signifikant häufiger unter antibiotischer Abdeckung (91,0 vs. 81,7 %). Das absolute Infektionsrisiko betrug im Kollektiv der 2019 operierten Personen 2,3 % und im Kollektiv der wäh- rend der ersten Pandemiewelle operier- ten Personen 5,3 %. Statistische Signifi- kanz bestand hier jedoch nicht. FAZIT Das Risiko für Infektionen im Opera- tionsgebiet ist nach Handverletzun- gen ähnlich hoch wie nach anderen operativen Eingriffen in Großbritan- nien, so das Fazit des Autorenteams. Die SARS-CoV-2-Pandemie führte zwar zu einer Verlagerung von Hand- eingriffen in kleinere Operationssäle, wo bevorzugt unter Lokalanästhesie operiert wird, dies beeinflußte jedoch offenbar das Infektionsrisiko nicht relevant. Dr. Judith Lorenz, Künzell 46 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell sie dabei nur ein „Minimalprogramm“, das ausschließlich Posten enthielt, die für jeden Patienten anfielen. Zusatzleis- tungen wegen Begleiterkrankungen oder aus anderen Gründen wurden nicht eingeschlossen. Die Wissenschaftler teilten für den Zeit- raum 2016–2017 alle Karpaltunnelsyn- drom-(KTS-)OPs und OPs wegen einer Tendovaginosis in 4 Gruppen ein, abhängig von der ange- wendeten Anästhesie: ▪ WALANT (wide awake, local anesthe- stenosans (TV) sia, no tourniquet): im OP-Gebiet Gabe von einer Mischung aus 1 % Li- docain und 1:100 000 verdünntem Adrenalin außerhalb des OPs, 17– 20 ml bei KTS, 7–10 ml bei TV; nach 30-minütiger Überwachung in einem Vorbereitungsraum beginnt die OP (n = 120 für KTS, n = 46 für TV) ▪ Plexus-brachialis-Block (PBB): Gabe eine Mischung von Ropivacain 2 %, Li- docain 1 % und Chirocain 0,5 % außer- halb des OPs; 30–40 ml werden unter sonografischer Kontrolle um die Nn. medianus, ulnaris, radialis und musculocutaneus injiziert; im OP dann Herstellung einer Blutleere und Anlage eines Tourniquets (n = 78 für KTS, n = 31 für TV) ▪ intravenöse Regionalanästhesie (IV- RA, auch: Bier-Block): im OP Herstel- lung einer Blutleere mittels Esmarch- Verfahren, Anlage und Insufflation eines Tourniquets, intravenöse Injek- tion von 40–60 ml Chloroprocain 0,5 % in eine distale Vene (n = 263 für KTS, n = 111 für TV) ▪ Lokalanästhesie plus Tourniquet (L + T): im OP Gabe eines Lokalanäs- thetikums, Herstellung einer Blutleere und Anlage eines Tourniquets (n = 52 für KTS, n = 47 für TV) Die durchschnittliche OP-Dauer betrug ▪ bei KTS – 17:14 min bei WALANT – 16:42 min bei L + T – 17:06 min bei IVRA – 26:03 min bei PBB ▪ bei Tendovaginosis stenosans – 14:33 min bei WALANT – 14:00 min bei L + T – 13:43 min bei IVRA – 19:05 min bei PBB ohne signifikante Unterschiede. Die Belegungsdauer des Operationssaals betrug ▪ bei KTS – 32:05 min bei WALANT – 35:31 min bei L + T – 40:02 min bei IVRA – 47:19 min bei PBB ▪ bei Tendovaginosis stenosans – 29:41 min bei WALANT – 31:44 min bei L + T – 37:10 min bei IVRA – 41:11 min bei PBB Der Operationen unter WALANT-Technik bzw. L + T waren dabei signifikant kürzer als bei den anderen Techniken. Die Betreuungsdauer außerhalb des OPs betrug ▪ bei KTS – 14:51 min bei WALANT – 18:49 min bei L + T – 22:50 min bei IVRA – 21:16 min bei PBB PBB. Wenn sich ein Eingriff nahtlos an den anderen anschließen würde, so könnten unter WALANT während eines 4-h-Zeitraums 7 Karpaltunnelsyndrome oder 7 Finger mit Tendovaginosis steno- sans operiert werden. Bei der IVRA oder mit Lokalanästhesie und Tourniquet wä- ren es 6 Eingriffe, beim Plexusblock 5 Eingriffe. FAZIT Bei kürzeren handchirurgischen Ein- griffen lohnt sich eine WALANT-Anäs- thesie, ebenso wie Lokalanästhesie und Tourniquet auch ökonomisch, fassen die Autoren zusammen. Dazu kommt, bei problemlosem Verlauf, die Einsparung von OP- und Anästhe- sieressourcen, was gerade in Zeiten von maximal angespannten Situatio- nen in den Krankenhäusern relevant sein kann. ▪ bei Tendovaginosis stenosans Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim – 15:00 min bei WALANT – 17:44 min bei L + T – 23:27 min bei IVRA – 22:05 min bei PBB Die WALANT- und die L + T-Technik zei- gen dabei keinen signifikanten Unter- schied, für alle anderen Vergleiche galt p < 0,05. Bei Minimalaufwand wie hier betrugen die Kosten ▪ für eine KTS-Operation – 967 CHF bei WALANT – 1006 CHF bei L + T – 1258 CHF bei IVRA – 1250 CHF bei PBB ▪ für die Behebung einer Tendovagino- sis stenosans – 786 CHF bei WALANT – 826 CHF bei L + T – 1103 CHF bei IVRA – 1175 CHF bei PBB Beim KTS war die Kostenreduktion bei WALANT-Technik am höchsten und be- trug 23 % weniger als bei Einsatz einer Plexusanästhesie (PBB). Bei der Tendova- ginose errechnete sich die WALANT- Technik als um 31 % günstiger als der Anästhesie Anästhesie in der Hand- chirurgie: 3 Verfahren im Vergleich Orman O et al. The effect of wide-awake anes- thesia, intravenous regional anesthesia, and in- fraclavicular brachial plexus block on cost and clinical scores of patients undergoing hand sur- gery. Hand Surg Rehabil 2021; 40: 382–388 Die Anästhesie mittels WALANT- Technik (WALANT: wide awake, local anesthesia, no tourniquet) erfreut sich Immer größerer Beliebtheit auch bei handchirurgischen Eingrif- fen. Eine türkische Gruppe hat nun die WALANT-Technik mit 2 anderen Anästhesieverfahren verglichen, die in der Handchirurgie ebenfalls häufig zur Anwendung kommen: der intra- venösen Regionalanästhesie (IVRA) und dem Plexus-brachialis-Block. Die Mediziner suchten in den Akten ihres Hauses nach Patienten, bei denen zwi- schen Januar 2019 und Januar 2020 ein 48 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Aktuell haben das nun US-amerikanische Medizi- ner untersucht. über der Standardabweichung in der ge- sunden Allgemeinbevölkerung. Die Wissenschaftler nahmen 143 konse- kutiv in verschiedenen Ambulanzen eines Traumazentrums behandelte Pa- tienten in ihre Studie auf. Vor ihrer Un- tersuchung füllten die Patienten mehre- re Fragebogen aus. ▪ Auf einer numerische Rating- Skala (NRS) gaben sie ihre Schmerzstärke an (0: keine Schmerzen, 10: stärkste vor- stellbare Schmerzen). ▪ Auf dem PROMIS UE (Patient-reported Outcomes Measurement Information System – Upper Extremity beurteilten sie die Funktion ihrer oberen Extremi- tät bei Alltagsaktivitäten. ▪ Im PROMIS Pain Interference (PI) be- werteten sie den Einfluss von beste- henden Schmerzen auf ihre Alltags- aktivitäten. ▪ Im PROMIS Self Efficacy (SE) schätzten sie ihre Fähigkeit ein, adäquat mit den Schmerzen umzugehen. Die PROMIS-Werte liegen zwischen 0 und 100, in der Allgemeinbevölkerung beträgt der Mittelwert 50 Punkte, mit ei- ner Standardabweichung von ±10 Punk- ten. Anschließend gaben die behandelnden Chirurgen nach der Untersuchung ihren eigenen Eindruck vom Funktionszustand ihrer Patienten an, wobei sie gegenüber den Patientenangaben verblindet waren. Für jeden Fragebogen beurteilten die Forscher dann die Unterschiede zwi- schen Chirurgen- und Patientenanga- ben. Bei der Auswertung fanden sich im Medi- an für die Patienten- bzw. Chirurgenein- schätzung ▪ 5 bzw. 5 Punkte auf der NRS ▪ 35 bzw. 40 Punkte im PROMIS UE ▪ 61 bzw. 55 Punkte im PROMIS PO ▪ 45 bzw. 50 Punkte im PROMIS SE Insgesamt überschätzten die Chirurgen als Gruppe die Patientenwerte im PRO- MIS UE und PROMIS SE, dagegen unter- schätzten sie die Werte im PROMIS PI. Für alle PROMs zusammen lag der Unter- schied zwischen Chirurgen- und Patien- tenbeurteilung > 10 Punkte und damit Dabei fanden sich keine statistisch signi- fikanten Unterschiede für die Fehlein- schätzungen zwischen den einzelnen Fragebogen. Ebenso zeigten sich bis auf den PROMIS UE auch keine signifikanten Differenzen zwischen den Einschätzun- gen der 5 verschiedenen Chirurgen, die die Angaben gemacht hatten. Im PRO- MIS UE allerdings wichen 2 Chirurgen (Unterschied zu den Patientenangaben 7,8 bzw. 8,2 Punkte) um mehr als 10 Punkte von dem Wert eines 3. Chirurgen (Unterschied von 17,9 Punkten) ab. FAZIT Handchirurgen haben anscheinend Schwierigkeiten, bei ihren Patienten den funktionellen Zustand, die Beein- trächtigung durch Schmerzen und einen wirksamen Umgang damit so einzuschätzen, wie die Patienten sich selbst nach diesen Parametern beur- teilen, fassen die Autoren zusammen. Der vermehrte Einsatz dieser oder ähnlicher Patientenfragebogen könn- te eine bessere ärztliche Beurteilung des Ausgangszustandes und damit eventuell auch der passenden Be- handlungsmaßnahmen erlauben. Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim Varia Handchirurgen sollten über ihre Ergebnisse auch in den sozialen Medien berichten Yoshimura R et al. Disseminating Hand Surgery Research Using Social Media: The Relationship Between Altmetrics and Citations. J Hand Surg Am 2021; 46: 740–747 Üblicherweise veröffentlichen Wis- senschaftler, und so auch Handchi- rurgen, ihre Ergebnisse in Fachzeit- schriften, sei es online oder in ge- druckter Form, die im Allgemeinen nur für Abonnenten verfügbar sind. Bis es aber zu einer Veröffentlichung kommt, kann mitunter längere Zeit vergehen – und daraus folgt, dass es nochmals länger dauert, bis die je- weiligen Artikel von anderen Autoren zitiert werden. Die Häufigkeit von Zitaten trägt aber wiederum zum Impact Factor des jeweili- gen Journals bei – je mehr Zitate also, desto besser (was den IF angeht). Eine britische Arbeitsgruppe hat nun unter- sucht, ob die Zitierhäufigkeit handchi- rurgischer Artikel steigt, wenn Autoren in den so genannten sozialen Medien Er- gebnisse ihrer Arbeit frühzeitig in (Kurz-) Meldungen darstellen. Die Mediziner haben insgesamt 6 wichti- ge handchirurgische Zeitschriften in ihre Untersuchung aufgenommen: ▪ das Journal of Hand Surgery, Ameri- can Volume ▪ das Journal of Hand Surgery, European Volumen, ▪ das Journal of Hand Surgery, Asian- Pacific Volume, ▪ das Journal of Plastic Surgery and Hand Surgery ▪ Techniques in Hand and Upper Extre- mity Surgery und ▪ Hand Anschließend bestimmten sie für das Jahr 2017 mithilfe des Altmetric Explorer, inwieweit wissenschaftliche Inhalte auf den unterschiedlichen sozialen Plattfor- men erwähnt werden, vor allem auf Twit- ter, Facebook, YouTube, in verschiede- nen Blogs u. a. Der Begriff Altmetrics steht dabei für alternative webbasierte Indikatoren (im Vergleich zu den konven- tionellen bibliometrischen Angaben). Aus dem Explorer berechneten die Wis- senschaftler dann über einen automati- sierten Algorithmus den Altmetric At- tention Score als gewichtete Maßzahl für die Aufmerksamkeit, die ein Artikel in den verschiedenen Plattformen erhält. Insgesamt 624 Artikel gingen in die Aus- wertung ein. Im Schnitt wies ein Artikel aus dem Journal of Hand Surgery (Am) mindesten ein Zitat mehr auf als Artikel aus den anderen Zeitschriften. Ebenso waren die Altmetric Attention Scores da- 50 Handchirurgie Scan 2022; 11: 24–51 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung CME-Fortbildung mit der Handchirurgie Scan Zertifizierte Fortbildung Hinter der Abkürzung CME verbirgt sich „continuing medical education“, also kontinuierliche medizinische Fort- und Weiter- bildung. Zur Dokumentation der kontinuierlichen Fortbildung der Ärzte wurde das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern etabliert. Hauptzielgruppe für das Fortbildungszertifikat sind Ärzte mit abgeschlossener Facharztausbildung, die im 5-jährigen Turnus einen Fortbildungsnachweis erbringen müssen. Es ist je- doch auch für Ärzte in der Facharztweiterbildung gedacht. Datenschutz Ihre Daten werden ausschließlich für die Bearbeitung dieser Fortbildungseinheit verwendet. Es erfolgt keine Speicherung der Ergebnisse über die für die Bearbeitung der Fortbildungsein- heit notwendige Zeit hinaus. Die Daten werden nach Versand der Testate anonymisiert. Namens- und Adressangaben dienen nur dem Versand der Testate. Die Angaben zur Person dienen nur statistischen Zwecken und werden von den Adressangaben ge- trennt und anonymisiert verarbeitet. Die Fortbildungseinheit In den einheitlichen Bewertungskriterien der Bundesärztekam- mer ist festgelegt: „Die Grundeinheit der Fortbildungsaktivitäten ist der Fortbildungspunkt. Dieser entspricht in der Regel einer abgeschlossenen Fortbildungsstunde (45 Minuten)“. Für die erworbenen Fortbildungspunkte muss ein Nachweis er- bracht werden. Hat man die erforderliche Anzahl von 250 Punk- ten gesammelt, kann man das Fortbildungszertifikat bei seiner Ärztekammer beantragen, welches man wiederum bei der KV (niedergelassene Ärzte) oder bei seinem Klinikträger (Klinikärzte) vorlegen muss. Anerkennung der CME-Beiträge Die Fortbildung in der Handchirurgie Scan wurde von der Nord- rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung für das Fortbildungszertifikat anerkannt, d. h., die Vergabe der Punkte kann direkt durch die Thieme Verlagsgruppe erfolgen. Die Fortbildung in der Handchirurgie Scan gehört zur Kategorie „strukturierte interaktive Fortbildung“. Entsprechend einer Ab- sprache der Ärztekammern werden die von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung anerkannten Fortbildungsveranstaltungen auch von den anderen zertifizie- renden Ärztekammern anerkannt. Teilnahme Jede Ärztin und jeder Arzt soll das Fortbildungszertifikat erlangen können. Deshalb ist die Teilnahme am CME-Programm der Hand- chirurgie Scan nicht an ein Abonnement geknüpft! Die Teilnahme ist im Internet unter http://cme.thieme.de möglich. Im Internet muss man sich registrieren, wobei die Teilnahme an Fortbildun- gen abonnierter Zeitschriften ohne Zusatzkosten möglich ist. Teilnahmebedingungen Für eine Fortbildungseinheit erhalten Sie 3 Fortbildungspunkte im Rahmen des Fortbildungszertifikats. Hierfür müssen 70 % der Fragen richtig beantwortet sein. CME-Fortbildung für Nicht-Abonnenten Teilnehmer, die nicht Abonnenten der Handchirurgie Scan sind, können für die Internet-Teilnahme dort direkt ein Guthaben ein- richten, von dem pro Teilnahme ein Unkostenbeitrag abgebucht wird. Teilnahme online möglich unter http://cme.thieme.de 52 Handchirurgie Scan 2022; 11: 52 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Im Folgenden werden zunächst die anatomischen Grundlagen der Strecksehnen zusammengefasst, da nur die genauen Kenntnisse über den Aufbau des Streckapparats und das Zusammenspiel verschiedener Sehnenanteile eine adäquate funktionelle Rekonstruk- tion mit einem langfristigen Erfolg ermöglichen. An- schließend wird ein Überblick über die häufigsten For- men der sekundären Rekonstruktionen an den Fingern und am Daumen zonenspezifisch gegeben. Anatomische Grundlagen Der Strecksehnenapparat der Hand besteht aus einem extrinsischen und einem intrinsischen System [4]. Die Sehnen des extrinsischen Anteils gehen aus den Streck- muskeln des Unterarms (M. extensor digitorum com- munis, M. extensor indicis, M. extensor digiti minimi, M. extensor pollicis longus und M. extensor pollicis bre- vis) hervor, nehmen ihren Verlauf innerhalb der Streck- sehnenfächer unter dem Retinaculum extensorum hin- durch und finden schließlich ihren Ansatz vor allem an der Mittelgliedbasis und über einige Zügel auch an den Endgliedbasen der Finger und des Daumens. Merke Die Strecksehnen sind in ihrem Verlauf lediglich auf Höhe des Handgelenkes von Sehnenscheiden umge- ben. Im Bereich des Handrückens liegen sie in enger Bezie- hung zu den Mittelhandknochen (MHK), wobei sich die Sehnen des Mittel- und Ringfingers direkt auf die MHK III und MHK IV projizieren, wohingegen die Strecksehnen des Zeigefingers und Kleinfingers den zweiten und vierten Zwischenraum der Metakarpalia kreuzen. Sogenannte Connexus intertendinei, inter- tendinöse Querfasern, verbinden die extrinsischen Sehnen auf Höhe der distalen Mittelhandknochen un- tereinander. Ab dem Bereich der Metakarpophalange- algelenke (MCP-Gelenke) bilden die extrinsischen Strecksehnen gemeinsam mit dem intrinsischen Sys- tem die Dorsalaponeurose. Diese setzt sich aus einem kräftigen, zentralen Mittelzügel (Tractus intermedius) und einem radial und ulnar gelegenen Seitenzügel (Tractus lateralis) zusammen. Die Dorsalaponeurose zentriert das extrinsische Sehnensystem und verhin- dert eine Hyperextension der Finger. Die kurzen Hand- binnenmuskeln, die Mm. interossei und lumbricales, sind die Motoren des intrinsischen Strecksehnensys- tems, welches die Streckaponeurose speist. Am Dau- men findet sich ebenfalls ein extrinsischer (M. extensor pollicis longus, M. extensor pollicis brevis, M. abductor pollicis longus) und ein intrinsischer Anteil (M. ab- ductor pollicis brevis und M. adductor pollicis). Merke Eine vollständige Fingerstreckung ist nur durch das Zusammenspiel und eine exakte Koordination des extrinsischen und intrinsischen Strecksystems mög- lich. Die alleinige Funktion der extrinsischen Strecksehnen führt zur Streckung der Fingergrundgelenke, während durch den zusätzlichen Zug der intrinsischen Hand- muskulatur die Streckung in den Mittel- und Endgelen- ken erfolgt. Der Streckapparat wird unter Berücksichtigung seiner komplexen Morphologie nach Verdan in 8 Zonen (1–8) eingeteilt ( ▶ Tab.1) [4]. Die Zahlen steigen von distal nach proximal an, wobei gerade Zahlen topografisch den Schaftregionen und ungerade Zahlen den Gelenk- regionen entsprechen. Der Streckapparat am Daumen wird in 5 Zonen eingeteilt, die mit einem „T“ (T1–T5) gekennzeichnet werden. Bis zur Zone 6 haben Streck- sehnen zumeist einen runden bzw. ovalen Querschnitt, der nach distal hin immer weiter abflacht. ▶ Tab. 1 Topografische Zoneneinteilung der Strecksehnen des Unterarms nach Verdan [4]. Zoneneinteilung im Bereich der Finger Begrenzung Zoneneinteilung im Bereich des Daumens 1 2 3 4 5 6 7 8 T1 T2 T3 T4 T5 Endgelenk Mittelglied Mittelgelenk Grundglied Grundgelenk Mittelhand Sehnenfächer Unterarm Begrenzung Endgelenk Grundglied Grundgelenk Mittelhandknochen I 1. Sehnenfach 54 Jaekel Carina et al. Sekundäre Rekonstruktion nach … Handchirurgie Scan 2022; 11: 53–66 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung ▶ Abb. 1 Dermatotendose. a Markierung des operativen Zugangswegs. b Spindelförmiges Ausschneiden der Haut sowie der narbig elongierten Strecksehnenanteile. c Mobilisation der proximalen Weichteile. d Einbringen eines Kirschner-Drahtes zur temporären Transfixation für 6 Wo- chen. e Durchgreifende Naht Haut-Sehne-Sehne-Haut. Merke Übersehene bzw. veraltete Verletzungen des Mittel- zügels führen sukzessive zur Ausbildung einer Knopf- lochdeformität (s. Fallbeispiel 1, ▶ Abb. 2). Aufgrund der Durchtrennung des Mittelzügels gleitet das Mittelgelenk, insbesondere der Grundgliedkopf, durch die Streckaponeurose hindurch nach dorsal. Als Folge der permanenten Beugung des Mittelgelenkes überdehnen das dorsale Lig. triangulare und das Lig. re- tinaculare transversum, sodass die Seitenzügel begin- nen, sich nach lateral und palmar zu verlagern, was die Beugung im Mittelgelenk verstärkt, die Spannung im distalen Streckapparat erhöht und sekundär zur Über- streckung im Endgelenk führt [11]. Ist die Fehlstellung noch passiv ausgleichbar, spricht man von der mobilen Form der Knopflochdeformität. Liegt jedoch bereits eine manifeste Kontraktur vor, welche passiv nicht auf- gehoben werden kann, bezeichnet man die Deformität als fixierte Form der Knopflochdeformität. Die Klassifi- kation des Knopflochphänomens nach Burton u. Mel- chior fasst ▶ Tab.3 zusammen. Die sekundäre Rekonstruktion richtet sich nach dem Stadium, insbesondere der passiven Beweglichkeit im Mittel- und Endgelenk. Bei mobilen Knopflochdeformi- täten kann aufgrund der noch mobilen Seitenzügel ein konservativer Therapieversuch erfolgen. Hierfür wird das Mittelgelenk für 6–8 Wochen konsequent in Streckstellung mittels Schienenbehandlung (bspw. An- ti-Knopfloch-Schiene) ruhiggestellt. Es ist darauf zu achten, dass die Schiene isoliert das Mittelgelenk ru- higstellt und eine Mobilisierung sowohl des Grund- als auch des Endgelenkes erlaubt. Cave Die volle passive Beweglichkeit im Mittel- und End- gelenk ist Grundvoraussetzung für eine sekundäre Rekonstruktion des Streckapparats. Daher ist bei fixierten Knopflochdeformitäten zunächst eine intensive physiotherapeutische, bestenfalls sogar handtherapeutische Vorbehandlung ggf. mit Quengel- Schienen erforderlich. Sollte der konservative Behand- lungsversuch scheitern und die Beugekontraktur im Mittelgelenk persistieren, kann ggf. eine operative Ar- throlyse erforderlich sein, um zweizeitig den Streck- apparat wiederherzustellen. Zentraler Aspekt der Revi- sion von dorsal ist die Rekonstruktion des Tractus inter- medius. Sofern möglich, sollte dieser mittels Tenolyse, direkter Naht oder knöcherner Refixation durch z. B. Fadenanker versorgt werden. Defektverletzungen und ausgeprägte Narbenbildungen können mit Sehnenre- konstruktionen behandelt werden. Hierfür steht eine Vielzahl an Techniken zur Verfügung. Für kleinere De- fekte mit Narbenbildungen hat sich vor allem die soge- 56 Jaekel Carina et al. Sekundäre Rekonstruktion nach … Handchirurgie Scan 2022; 11: 53–66 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung ▶ Tab. 3 Klassifikation der Knopflochdeformität nach Burton u. Melchior. Stadium Definition Befund 1 2 3 4 dynamische Dysbalance (mobile Form) manifeste Kontraktur (fixierte Form) passiv ausgleichbar Seitenzügel subluxiert, aber nicht fixiert passiv nicht ausgleichbar Seitenzügel verkürzt und fixiert periartikuläre Veränderungen Schrumpfung, Vernarbung der palmaren Platte und der Kollateralbänder, Arthrofibrose Destruktion der Gelenkflächen Arthrose des Mittelgelenkes nannte Umkehrplastik nach Snow bewährt [12]. Diese Technik ist dann geeignet, wenn der Defekt des Tractus intermedius die Größe von 2 cm nicht überschreitet. Dabei wird ein distal gestielter Sehnenstreifen des mit- tig liegenden Anteils des Tractus intermedius gehoben, nach distal umgeschlagen und mit dem distal gelege- nen Sehnenstumpf vernäht. Der so entstandene Hebe- defekt wird durch eine adaptierende Naht versorgt (▶ Abb. 2). Weitere lokale Sehnenplastiken wurden u. a. von Hell- mann u. Matev beschrieben. Bei der Technik von Hell- mann werden beide Seitenzügel median längs halbiert [13]. Anschließend erfolgt eine Zentrierung der jeweili- gen medialen Seitenzügelanteile mittig über dem PIP- Gelenk mittels Einzelknopfnähten. Insgesamt steht eine Vielzahl an lokalen Sehnenplastiken zur Verfü- gung, auf die an dieser Stelle nur verwiesen werden kann. Für ausgedehntere Defektzonen bieten sich vor allem freie Sehnentransplantate an. Als Spendersehnen kom- men hier vor allem die Sehne des M. palmaris longus, aber auch die langen Zehenstrecker oder Bindege- websstreifen bspw. aus der Fascia lata in Betracht. Die Wahl des Operationsverfahrens sollte sich an der De- fektgröße orientieren und sich nach der individuellen Erfahrung des Operateurs richten. Die Ultima Ratio nach fehlgeschlagenen Rekonstruktionen und bei de- struiertem Mittelgelenk stellt die die definitive Arthro- dese in Funktionsstellung des PIP-Gelenkes dar. Zone 4 und 5 (Grundglied und Grundgelenk) Übersehene Verletzungen oder gescheitere Primärbe- handlungen im Bereich der Grundglieder, welche eine Rekonstruktion im Verlauf erforderlich machen, sind eine Seltenheit. Sekundäre Rekonstruktionen auf Höhe der Grundge- lenke sind zumeist bei Sagittalbandverletzungen, wel- che zu (Sub-)Luxationen der Strecksehnen führen, er- forderlich. Geschlossene Rupturen des radialen Sagit- talbands des Mittel- und Ringfingers in Folge eines di- rekten Anpralls stellen die häufigsten solcher Verlet- zungen dar. Die Patienten berichten von einem stören- den Schnappen der Sehne über dem Grundgelenk beim Faustschluss, welches durch das ulnarseitige Abgleiten der Strecksehne aus der zentralen Position entsteht. Dieses Phänomen ist von einem Schnappfinger bei Tendovaginitis stenosans der Beugesehnen sorgfältig abzugrenzen. Sagittalbandverletzungen gehen häufig mit einer verspäteten Diagnose einher. Falls keine di- rekte Naht mehr möglich sein sollte, stehen verschie- dene rekonstruktive Verfahren zur Verfügung. Bei der von Wheeldon beschriebenen Technik wird der ulnar- seitige Connexus intertendineus durchtrennt und mit den radialen Anteilen der Streckerhaube vernäht [14]. Alternativen stellen proximal oder distal gestielte Loop-Plastiken dar. McCoy u. Winski entwickelten die Rekonstruktion durch einen proximal gestielten Seh- nenstreifen von radial, welcher um die Lumbrikalmus- kulatur geschlungen und dann mit sich selbst vernäht wird [15]. Bei dem Verfahren nach Carroll wird ein dis- tal gestielter Zügel von ulnarseitig unter der betroffe- nen Strecksehne lang geführt, um das radiale Seiten- band geschlungen, anschließend nach proximal umge- legt und ulnarseitig vernäht [16]. 58 Jaekel Carina et al. Sekundäre Rekonstruktion nach … Handchirurgie Scan 2022; 11: 53–66 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Es sollten zunächst 2 adaptierende Haltenähte gesetzt werden, um eine anschließende Prüfung der Vorspan- nung vorzunehmen. Hierfür macht man sich den Teno- dese-Effekt zunutze: In Beugestellung des Handgelen- kes sollte der verletzte Finger eine etwas stärke Exten- sion als die unverletzten Nachbarfinger aufweisen. In Streckstellung des Handgelenkes sollte jedoch ein pas- siver Faustschluss noch durchführbar sein. Anschlie- ßend kann die Naht vervollständigt werden. Für grö- ßere Defektverletzungen sind auch zweizeitige Vorge- hensweisen zur Sehnentransplantation beschrieben [18]. Zunächst wird eine Silikonschiene in das ehemali- ge Sehnengleitlager eingebracht und mit den Sehnens- tümpfen vernäht. Auf diese Weise kann zum einen das Sehnengleitlager erhalten werden als auch eine Retrak- tion des proximalen Sehnenstumpfs unter Erhalt der Motorfunktion des betroffenen Muskels verhindert werden. Im zweiten Eingriff kann dann das Sehnen- transplantat eingebracht werden. Zahlreiche Erkrankungen prädisponieren für gedeckte Strecksehnenverletzungen bzw. Rupturen in der Zone 7. Hierzu gehören insbesondere Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, aber auch die Chon- drokalzinose und die Madelung-Deformität. Solche Strecksehnenrupturen gehen immer mit größeren De- fektstrecken einher und können nie durch eine primäre Sehnennaht versorgt werden. Umfangreiche Rekon- struktionsoperationen mit Sehnentranspositionen, sel- tener Transplantationen, wie sie für die Zone 6 be- schrieben worden sind, können dann notwendig sein. Zone 8 (Unterarm) Strecksehnenverletzungen in Zone 8 projizieren sich auf den muskulotendinösen Übergang. Ist eine primäre Versorgung nicht möglich, können Sehnentransposi- tionen oder eine Kopplung von durchtrennten mit un- verletzten Nachbarsehnen durchgeführt werden. Zone T1–T5 (Daumen) Strecksehnenverletzungen im Bereich des Daumens werden abhängig von der Höhe der Läsion in die Zonen T1–T5 eingeteilt. Die Sehnen des M. extensor pollicis brevis und des M. abductor pollicis longus verlaufen im 1. Strecksehnenfach. Verletzungen dieser Sehnen sind selten, treten meist im Rahmen von Schnittverlet- zungen der Zone T5 auf und können zumeist in der pri- mären Versorgung durch Sehnennaht erfolgreich the- rapiert werden. Sekundäre Rekonstruktionen der bei- den Sehnen stellen Raritäten dar. Verletzungen oder Rupturen der EPL-Sehne sind häufig und treten sowohl als offene als auch geschlossene Verletzungen in Erscheinung. Anamnestisch kommen neben frischen Traumata auch weiter zurückliegende Unfälle sowie vor allem degenerative und rheumati- sche Erkrankungen in Betracht. Auch iatrogene Verlet- zungen spielen eine Rolle. Aufgrund ihres anatomi- schen Verlaufs ist die EPL-Sehne neben der Streckung des Daumenendglieds auch für die Anhebung des Dau- mens, der sogenannten Retropulsion, verantwortlich. Verletzungen dieser gehen daher meist mit deutlichen Funktionseinschränkungen einher, unterscheiden sich aber je nach der Lokalisation der Sehnenschädigung. EPL-Verletzungen der Zone T1 und T2 treten durch ein Extensionsdefizit des Daumenendgelenkes in Erschei- nung, wobei die Retropulsion des Daumens in der Re- gel erhalten bleibt, da die Verankerung der Sehne in der Steckerhaube erhalten bleibt und somit ein Zurück- gleiten des proximalen Sehnenstumpfs nach proximal verhindert wird. Aufgrund dessen ist in solchen Aus- nahmefällen bei den in diesen Zonen seltenen sekundä- ren Rekonstruktionen ggf. eine direkte Naht der Sehne noch möglich. Die gedeckte Ruptur der EPL-Sehne proximal der Zone T3 ist die am häufigsten vorkommende Form der Streck- sehnenverletzungen am Daumen. Aufgrund einer Hypovaskularisationszone im Bereich des 3. Streck- sehnenfachs (SSF) in der Zone T4 ergibt sich hier eben- falls eine Prädisposition für gedeckte Rupturen. An- amnestisch lässt sich zumeist eine stattgehabte distale Radiusfraktur erheben, typischerweise die nicht oder kaum dislozierte, konservativ behandelte Fraktur. So- wohl posttraumatische Schwellungen (Hämatom im 3. SSF), störende Knochenfragmente und überschie- ßende Kallusbildung als auch auftragende dorsale Plat- ten und überlange Schrauben nach einer palmaren win- kelstabilen Plattenosteosynthese können eine schlei- chende Sehnenschädigung mit anschließender Ruptur bedingen. In der klinischen Untersuchung zeigt sich eine verminderte bis aufgehobene Streckfähigkeit im Endgelenk des Daumens sowie die fehlende Retropul- sion. Gelegentlich kann ein Sehnenstumpf in der Taba- tière ertastet werden. Merke Die Ruptur der EPL-Sehne beruht in aller Regel auf einer chronischen Degeneration mit einer lang- streckigen Schädigung der Sehne, sodass hier eine direkte Naht meist nicht möglich ist. 60 Jaekel Carina et al. Sekundäre Rekonstruktion nach … Handchirurgie Scan 2022; 11: 53–66 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung FALLBEISPIEL 3 – FORTSETZUNG Transpositionsplastik der Sehne des M. extensor indices bei EPL-Sehnenruptur Operatives Vorgehen Intraoperativ erfolgt zunächst ein Längsschnitt (1) über dem 1. MHK in Projektion auf den Verlauf der EPL-Sehne (▶ Abb. 6a). Der distale Sehnenstumpf wird daraufhin auf- gesucht, inspiziert und in seiner Funktion überprüft. Über einen querverlaufenden Zugang von knapp 2 cm proximal des MCP-Gelenkes des Zeigefingers (2) wird streckseitig die Sehne des EIP gehoben (▶ Abb. 6b). Nach sorgfältiger Prä- paration auf die Strecksehnen wird die ulnar gelegene EIP- Sehne (▶ Abb. 6b, Kreis) proximal der Streckerhaube mo- bilisiert und durchtrennt. Das distale Ende wird mit einer U-Naht unter Verwendung eines PDS-Fadens der Stärke 5/0 oder 6/0 an die Sehne des Extensor digitorum 2 fixiert. Über einen dritten Zugang distal des Tuberculum Listeri wird der distale Rand des Retinakulum dargestellt (3). Zunächst wird die soeben gehobene EIP-Sehne über diesen Zugang herausluxiert (▶ Abb. 6c). Anschließend erfolgt die sparsa- me Inzision des Retinakulums von der distalen Begrenzung aus. Hier zeigt sich ein leeres 3. Strecksehnenfach und ein in diesem Fall scharfkantig verändertes Tuberculum Listeri, das mit dem Luer geglättet wird. Nun wird die EIP-Sehne vom 4. Strecksehnenfach aus zum distalen Stumpf der EPL- Sehne Richtung MHK I subkutan getunnelt (▶ Abb. 6d). Hierbei ist auf eine Darstellung und Schonung des R. su- perficialis des N. radialis zu achten. Die transponierte Sehne soll unterhalb des Subkutangewebes und damit unter dem Nerv verlaufen. Letztlich wird die EIP-Sehne in einer Durch- flechtungsnaht nach Pulvertaft (▶ Abb. 6e, Kreis) oder einer Naht nach Fridén mit dem distalen Stumpf der EPL- Sehne vernäht. Hierbei ist auf eine adäquate Vorspannung der Sehne zu achten. Diese sollte eher etwas zu hoch als zu niedrig gewählt und mittels Tenodesetest überprüft wer- den. ▶ Abb. 6 Transpositionsplastik der Sehne des M. extensor indices bei EPL-Sehnenruptur. a Längsschnitt (1) über dem 1. MHK in Projektion auf den Verlauf der EPL-Sehne. b Über einen querverlaufenden Zugang von knapp 2 cm proximal des MCP-Gelenkes des Zeigefingers (2) wird streckseitig die Sehne des EIP gehoben (Kreis). c Über einen dritten Zugang distal des Tuberculum Listeri wird der distale Rand des Retinakulums dargestellt (3) und die soeben gehobene EIP-Sehne herausluxiert. d Die EIP-Sehne wird vom 4. Strecksehnenfach aus zum distalen Stumpf der EPL-Sehne Richtung MHK I subkutan getunnelt. e Die EIP-Sehne wird in einer Durchflechtungsnaht nach Pulvertaft (Kreis) oder einer Naht nach Fridén mit dem distalen Stumpf der EPL-Sehne vernäht. 62 Jaekel Carina et al. Sekundäre Rekonstruktion nach … Handchirurgie Scan 2022; 11: 53–66 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

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Fragen und Antworten | CME Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 6 Welche Aussage zu Verletzungen des Mittelzügels ist richtig? A Strecksehnenverletzung der Zone 3 sind klinisch immer B symptomatisch und werden daher nie übersehen. Bei Verletzungen des Mittelzügels ist zumeist die Streckung gegen Widerstand abgeschwächt. C Übersehene bzw. veraltete Verletzungen des Mittelzügels führen sukzessive zur Ausbildung einer sogenannten Schwanenhalsdeformität. D Fixierte Knopflochdeformitäten sind eine Domäne der konservativen Therapie. E Die sogenannte Umkehrplastik nach Snow hat sich insbe- sondere für langstreckige Defektverletzungen bewährt. Frage 7 Welche Aussage zu Sagittalbandverletzungen ist nicht richtig? A Sagittalbandverletzungen gehen häufig mit einer verspä- teten Diagnose einher. C B Geschlossene Rupturen des radialen Sagittalbands des Mittel- und Ringfingers infolge eines direkten Anpralls stellen die häufigsten solcher Verletzungen dar. Bei der von Wheeldon beschriebenen Technik wird ein dis- tal gestielter Zügel von ulnarseitig unter der betroffenen Strecksehne lang geführt, um das radiale Seitenband ge- schlungen, anschließend nach proximal umgelegt und ulnarseitig vernäht. D Sagittalbandverletzungen können zu (Sub-)Luxationen der Strecksehnen führen. E Die Patienten berichten häufig von einem störenden Schnappen der Sehne bei Beugung/Faustschluss des be- troffenen Fingers. Frage 8 Welche Aussage zur Sehnentransposition ist nicht richtig? A Bei der Prüfung der Vorspannung sollte in Beugestellung des Handgelenkes der verletzte Finger eine etwas stärke Flexion als die unverletzten Nachbarfinger aufweisen. Aufgrund der Connexus intertendinei gehen Strecksehnen- verletzungen im Bereich der Mittelhand häufig mit nur ge- ringen funktionellen Einschränkungen einher. B C Aufgrund des funktionellen Synergismus der Fingerstreck- sehnen können Defektverletzungen durch Transposition verletzter Sehnenstümpfe auf die unverletzte, benachbarte Sehne behandelt werden. D Intraoperativ ist bei einer Sehnentransposition unbedingt auf eine korrekte Vorspannung der rekonstruierten Sehne zu achten. Sowohl die Nahttechnik nach Pulvertaft als auch die Naht- technik nach Fridén werden zur Sehnenrekonstruktion ver- wendet. E Frage 9 Welche Aussage bezüglich Strecksehnenverletzungen des Dau- mens ist richtig? A Entsprechend der Zoneneinteilung nach Verdan erfolgt am Daumen eine topographische Zoneneinteilung in 8 Zonen (T1–T8). Verletzungen der Sehne des M. extensor pollicis brevis sind die häufigsten aller Strecksehnenverletzungen. B C Die Ruptur der EPL-Sehne in Zone 3 beruht in aller Regel auf einer direkten Schnittverletzung ohne langstreckige Schä- digung der Sehne, sodass hier eine direkte Naht immer sinnvoll möglich ist. D Eine Sehnentransposition stellt die Therapie der Wahl zur E Rekonstruktion der langen Daumenstrecksehne dar. Strecksehnenverletzungen am Daumen können aufgrund des hohen Bewegungsumfangs im Daumensattelgelenk immer konservativ behandelt werden. Frage 10 Die Sehne welches Muskels eignet sich besonders zur Transpo- sition auf die lange Daumenstrecksehne? A M. extensor indicis proprius. B M. extensor carpi ulnaris. C M. extensor carpi radialis. D M. extensor digiti minimi. E M. extensor pollicis brevis. 66 Jaekel Carina et al. Sekundäre Rekonstruktion nach … Handchirurgie Scan 2022; 11: 53–66 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Motorisch sind alle Ulnaris-innervierten extrinsischen und intrinsischen Muskelfunktionen der Hand aufgeho- ben: ▪ M. flexor carpi ulnaris (FCU) (extrinsische Funktion) ▪ M. flexor digitorum profundus 4/5 (FDP) (extrinsi- sche Funktion) ▪ M. abductor digiti minimi (ADM) (intrinsische Funk- tion) ▪ alle Mm. interossei (IO) (intrinsische Funktion) ▪ Mm. lumbricales des 4.und 5. Strahles (intrinsische Funktion) ▪ M. adductor pollicis (AddP) (intrinsische Funktion) ▪ M. flexor pollicis brevis (caput profundum) (FPB) (intrinsische Funktion, das Caput superficiale des FPB ist Medianus-innerviert) Eine exakte klinische Untersuchung der einzelnen Ulna- ris-innervierten Muskelfunktionen ist essenziell in der Diagnostik und Therapieplanung von N.-ulnaris-Verlet- zungen. Bei hohen Ulnarisverletzungen (Ellenbogen oder höher) ist als günstige anatomische Variante manchmal die Martin-Gruber-Verbindung zu beachten: Motorische Äste zu Ulnaris-innervierten intrinsischen Handmuskeln verlaufen ab dem Plexus brachialis zu- nächst mit dem N. medianus und werden erst etwa in Unterarmmitte an den N. ulnaris abgegeben. Sie blei- ben also bei einer hohen Ulnarisverletzung erhalten (z.B. keine Krallenhand). Auf Unterarmhöhe kann die Läsion gut anhand des sen- siblen Ausfallsmusters lokalisiert werden. Ist bei erhal- tener extrinsischer Muskelfunktion die Sensibilität am ulnaren Handrücken aufgehoben, liegt die Läsion proxi- mal des distalen Unterarmviertels. Ist die Sensibilität am Handrücken erhalten, muss die Läsion am distalen Unterarm liegen. Distale Verletzungen am Handgelenk zeigen üblicher- weise einen Sensibilitätsausfall der beugeseitigen Fin- gernerven N8–N10 und eine Parese der intrinsischen Ulnaris-innervierten Muskulatur. ZUSATZINFO Bei hohen Läsionen fällt oftmals der Ausfall der extrinsischen Funktionen klinisch nicht auf. Die FCU-Funktion wird von der Funktion des M. flexor carpi radialis (FCR) übernommen, und der Ausfall der FDP-4/5-Funktion kann durch eine erhaltene FDS-Funktion maskiert sein. Umgekehrt kann trotz hoher Ulnarisläsion das Zeichen der Krallenhand aufgrund einer Martin-Gruber-Verbindung fehlen. Eine dezidierte klinische Untersuchung aller Ulnarisfunktionen ist daher für jede The- rapieplanung essenziell. Diagnostik Im Vordergrund steht die präzise klinische Untersu- chung der oben aufgeführten Kennmuskeln/-funktio- nen. Die Untersuchung der extrinsischen Funktion (FCU, FDP 4/5) ist einfach, muss aber zwingend durch- geführt werden (s. o.). Für die intrinsische Funktions- prüfung beinhaltet die Testung (▶ Abb. 1): ▪ die gestörte Greiffunktion großer Gegenstände (André-Thomas-Zeichen) ▪ die geschwächte Kleinfingerabduktion gegen Widerstand (ADM) ▪ die fehlende Seitwärtsbewegung der Langfinger (Wartenberg-Zeichen, Pitres-Testut-Test, IO) ▪ die fehlende aktive Streckung der Mittel- und End- gelenke der Finger D4 und D5 (Kralle, Duchenne- Zeichen, IO und Mm. lumbricales D4–D5) ▪ die fehlende Daumenadduktion, die durch Daumenendgelenkbeugung kompensiert wird (Froment-Zeichen, AddP) ▪ die angedeutete Hyperextensionsstellung des Daumengrundgelenkes (Jeanne-Zeichen, durch fehlende AddP- und geschwächte FPB-Funktion) ▪ Cross-Finger-Test [5] Die neurophysiologische Untersuchung bestätigt dann die Art der Läsion, deren Höhe und deren Alter. Insbe- sondere die chronische Muskeldenervation ohne Rein- nervationstendenz stützt die Indikationsstellung zur Sehnentranspositionsoperation. In unklaren Fällen kön- nen auch bildgebende Verfahren (Neurosonografie/ MR-Neurografie) helfen, um den Nervenschaden zu si- chern und die richtige Therapiestrategie abzuleiten. Zur detaillierten Planung müssen immer auch die po- tenziellen Spendermuskeln detailliert untersucht wer- den. Entscheidend ist eine ausreichende Kraft mit möglichst M5, mindestens aber M4 nach MRC (Medical Research Council). Genauso wichtig ist der Erhalt der freien passiven Gelenkfunktionen durch intensive Phy- siotherapie vor motorischen Ersatzoperationen. Merke Dieser Artikel befasst sich mit rekonstruktiven Stra- tegien bei Ausfall des N. ulnaris, bei denen keine Ner- venrekonstruktion bzw. Reinnervation der originären Muskulatur durch z. B. Nerventransfers mehr möglich ist. 68 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Prinzip der Sehnentransposition Eine verloren gegangene Funktion wird durch eine um- gelagerte gesunde Sehnen-Muskel-Einheit übernom- men. Eine „komplexe“ Krallenstellung besteht dann, wenn im Bouvier-Test die PIP-Gelenke nicht aktiv streckbar und damit die Streckerhauben insuffizient sind. Hier muss zusätzlich zur MCP-Beugung auch die Streckung im PIP-Gelenk rekonstruiert werden. Merke Die Begriffe „motorische Ersatzplastik“, „Sehnen- transposition“ und „Sehnentransfer“ werden oft sy- nonym verwendet. Ausgehend vom ursprünglichen englischen Fachterminus „Tendon Transfer“ ist die korrekte Übersetzung „Sehnentransposition“ und wird daher in diesem Artikel verwendet. Voraussetzungen Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Sehnen- transposition wurden bereits ausführlich im vorausge- gangenen Artikel „Rekonstruktive Verfahren bei Schä- digung des N. radialis“ dargestellt [8]. Darauf sei an dieser Stelle verwiesen, sie haben ihre Gültigkeit eben- so für die Rekonstruktionen bei Ulnarisparesen. Transpositionsstrategien bei Ulnarisparese Die Ziele der Sehnentransfers bei Ulnarisparese sind: ▪ die Korrektur der Krallenstellung, ▪ die Rekonstruktion des Schlüsselgriffs, ▪ die Rekonstruktion der FDP-4/5-Funktion. Merke Die Funktion der extrinsischen Ulnaris-innervierten Muskulatur muss nicht zwingend rekonstruiert wer- den. Für die Handgelenkbeugung ist die FCU-Sehne verzichtbar, für die Beugung des Ring- und kleinen Fingers kann die FDS-Funktion individuell auch aus- reichend sein. Die Korrektur der Krallenstellung Es existieren vielfältige Kombinationen und Transposi- tionsstrategien, wobei alle für das jeweilige Patienten- kollektiv ihre Berechtigung haben und gute Ergebnisse erreichen können. Um für die Korrektur der Krallenstel- lung das richtige Verfahren auszuwählen, ist eine ge- naue Differenzierung der Krallenfehlstellung erforder- lich. Eine „einfache“ Krallenstellung besteht dann, wenn die aktive Streckfähigkeit des proximalen Interphalan- gealgelenkes (PIP-Gelenk) über eine intakte Strecker- haube gegeben ist. Dies kann präoperativ mit dem Bouvier-Test untersucht werden (s. ▶ Abb. 1f). Die MCP-Gelenke (Metakarpophalangealgelenke) wer- den in Beugestellung fixiert und der Patient aufgefor- dert, die PIP-Gelenke zu extendieren. Ist dies möglich, ist der Mittelzügel des Streckapparats intakt. Korrektur der „einfachen“ Krallenstellung Statische Verfahren Indikation: Streckapparat suffizient im Bouvier-Test. Statische Korrekturverfahren sind immer dann gut ge- eignet, wenn die aktive Streckfähigkeit des PIP-Gelen- kes über eine intakte Streckerhaube gegeben ist. In sol- chen Fällen helfen die statischen Verfahren, welche das MCP-Gelenk in ca. 30° Flexion fixieren, den Finger- strecksehnen bei der effektiven Ausübung ihrer Funk- tion. Auch die Greiffunktion wird wieder in eine physio- logische Abfolge gebracht (André-Thomas-Zeichen). ▪ Palmare Kapsulodese (statischer Zancolli): Über eine Proximalisierung der palmaren Platten der be- troffenen MCP-Gelenke wird eine dauerhafte MCP- Beugung erzielt [9, 10]. Die Indikation hierfür – im Vergleich zum später dargestellten FDS-Lasso (FDS: M. flexor digitoorum superficialis) – besteht insbe- sondere bei kombinierten Paresen, bei denen die FDS-Funktion durch eine Medianusverletzung eben- falls ausgefallen ist. Auch bei proximaler Ulnaris- parese mit gelähmten Muskeln FDP 4 und 5 stellt der statische Zancolli eine Möglichkeit dar, alle FDS- Sehnen zu erhalten. Die knöcherne Refixierung der distal gestielten, rechteckig abgehobenen palmaren Platten-„Läppchen“ kann z. B. mit Knochenankern erfolgen (▶ Abb. 2) Bei der Einstellung der Gelenk- beugung muss auf die leicht zunehmende Beugung in ulnarer Richtung zur Rekonstruktion der physio- logischen Stellungsarkade geachtet werden. MCP 3 und 4 werden bei ca. 30–35° Flexion fixiert, MCP 5 bei bis zu 45°. Bei kräftigem Gebrauch der Hand be- steht bei dieser Technik jedoch das Risiko der Lo- ckerung über die Zeit. ▪ FDS-Lasso (dynamischer Zancolli): Die Anlage eines FDS-Lassos um ein Ringband ist ein semidyna- misches Verfahren, welches die MCP-Gelenke in Beugung bringt und in geringem Maße auch die Faustschlusskraft stärken kann. Die FDS-Sehnen werden ansatznah abgelöst, um ein Ringband nach proximal herumgeführt und in entsprechender Vor- spannung mit sich selbst vernäht. Zancolli beschrieb dafür das A1-Ringband (▶ Abb. 3, ▶ Abb. 4), mehr Kraftentfaltung bei der Beugung kann aber beim Umschlagen um das proximale Drittel des A2-Ring- bands erreicht werden. Die Einstellung der Vor- spannung erfolgt in Neutralstellung des Handgelen- kes ebenfalls unter Beachtung der physiologischen Beugekaskade (nach ulnar hin zunehmend) der MCP-Gelenke. Eine FDS-Entnahme kann durch die damit aufgehobene Zugwirkung auf das PIP-Gelenk 70 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung ▶ Abb. 4 Bildung eines FDS-Lassos um das proximale Drittel des Ringbands A2. a u. b Intraoperativer Befund der Hebung und distalen Ab- lösung eine FDS-3-Sehne und Herumschlagen nach proximal um das A2-Ringband herum. c u. d Der intraoperative Tenodesetest zeigt eine gute Einstellung der Beugekaskade der MCP-Gelenke. ▶ Abb. 5 MCP-Arthrodesen. 72 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung ▪ Transfer des Extensor carpi radialis brevis/Exten- sor carpi radialis longus (ECRB/ECRL) (nach Brand): Als „Motor“ wird bei dieser Technik die kräftige ECRB-Sehne gewählt [12]. Sollte diese für andere Transpositionen (z. B. Daumenadduktion) benötigt werden, kann alternativ auch die ECRL- Sehne genutzt werden. Die Sehne wird distal an der Basis des Mittelhandknochen (MHK) 3 (oder 2) ab- gesetzt und durch ein Sehnentransplantat (Planta- ris- oder Palmarissehne oder funktionslose Sehnen der gelähmten Muskeln) verlängert. Dieses wird dann intermetakarpal hindurchgeführt, dann wie oben beschrieben palmarseitig über die Ligg. meta- carpalia transversa profunda in die radialseitig gele- genen Lumbrikaliskanäle geführt und in den Exten- sorapparat inseriert. Die richtige Vorspannung wird in gleicher Weise wie bei der Technik nach Stiles- Bunnell in Neutralstellung des Handgelenkes und ca. 70–80° Beugung der MCP-Gelenke eingestellt. ▪ Modifikation nach Riordan: Auch hier werden die Handgelenkstrecker verwendet. Die Sehnenverlän- gerung wird jedoch durch einen Split der Sehnen weit nach proximal erreicht. Die hälftigen Sehnen- streifen werden sodann nach distal umgeschlagen. So kann nahezu eine Verdopplung der Sehnenlänge erreicht werden [13]. Das weitere Vorgehen erfolgt analog der Technik nach Brand. ▪ House-Procedure: Die House-Procedure [14] zählt eigentlich zu den statischen Verfahren zur Rekon- struktion der Lumbrikalisfunktion und wird vorwie- gend zur Funktionsverbesserung bei Tetraplegie an- gewendet, da hier keine ausreichenden motorisch aktiven Spender zur Verfügung stehen. Da der Ver- lauf der eingezogenen Sehnenstreifen und die In- sertion in die Streckerhaube aber denen der „kom- plexen“ Krallenstellung entsprechen, wird dieses Verfahren an dieser Stelle aufgeführt. Verwendet werden dafür frei gehobene lange Sehnentrans- plantate (z. B. Palmarissehne, FDS-Zügel). Diese werden U-förmig über die MHK-Köpfchen als Fixie- rungspunkt gelegt und dann entlang des oben be- schriebenen Verlaufs beugeseitig der Ligg. meta- carpalia transversa profunda herum wieder durch die Lumbrikaliskanäle nach streckseitig geführt und an den Streckerhauben inseriert (▶ Abb. 7). ▶ Abb. 7 Schematische Darstellung der House-Procedure. Diese eigentlich statische Rekonstruktion der komplexen Krallenstellung wird vorwiegend zur Funktionsverbesse- rung bei Tetraplegie eingesetzt. FALLBEISPIEL 1 House-Procedure Im vorliegenden Fall eines 60-jährigen Patienten lag eine Multilevel-Verletzung mit intrazerebraler Blutung, multiplen HWK-Frakturen und einer Plexus-brachialis-Läsion links (C7/C8-Wurzel- läsion) vor ohne Reinnervationszeichen. Es fand sich klinisch ein Befund vergleichbar mit einer Querschnittsituation, mit aufgehobener Beuge- fähigkeit des Daumens und der Langfinger, auf- gehobener Streckfähigkeit des Daumens, aufge- hobener Oppositionsfähigkeit des Daumens so- wie Ausfall der intrinsischen Muskulatur. Er er- hielt unter anderem eine House-Procedure zur Rekonstruktion der Interosseus-/Lumbrikalis- funktion (▶ Abb. 8). Rekonstruktion des Schlüsselgriffs Die wesentlich an der Funktion des Schlüsselgriffs be- teiligten Muskeln sind der M. adductor pollicis, der M. interosseous dorsalis I und das Caput profundum des M. flexor pollicis brevis. Die meisten Verfahren zur Rekonstruktion des Schlüs- selgriffs zielen hauptsächlich auf die Wiederherstellung der M.-adductor-pollicis-Funktion als stärkstem Muskel dieser Gruppe ab. Aufgrund der dafür erforderlichen Kraft sind Spender, wie der M. extensor digiti minimi oder M. extensor indi- cis, weniger geeignet. Mit seiner agonistischen Funk- tion und seiner guten Kraft ist der ECRB daher der favo- risierte Spender, gefolgt von den FDS-Sehnen. 74 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Rekonstruktion der FDP-4/5-Funktion Bei hohen Ulnarisläsionen besteht zusätzlich zur intrin- sischen Parese eine aufgehobene extrinsische Funktion der FDP-4/5-Sehnen. Für die Greiffunktion ist diese zu- mindest als stabiles Widerlager zum Halten von Gegen- ständen wichtig. Zur Rekonstruktion dieser Funktion ist eine Seit-zu-Seit-Kopplung der beiden Beugesehnen an die FDP-3-Sehne auf Unterarmhöhe das am häufigsten verwendete Verfahren. Die FDP-2-Sehne sollte dabei für den Erhalt der unabhängigen Funktion des Zeigefin- gers einzeln belassen werden (▶ Abb. 11). Alternativ kann die Überstreckung der Endgelenke, resultierend aus der Fingerbeugung durch FDS-Sehnen, auch mit Arthrodesen der distalen Interphalangealgelenke (DIP- Gelenke) korrigiert werden. Vorgehen bei Komplikationen Die häufigsten Komplikationen entstehen durch: ▪ Planungsfehler: – Wahl eines zu schwachen Spenders, dessen Kraftgrad präoperativ überschätzt wurde – Unterschätzung eines nicht suffizienten Weich- teilmantels/Narbenverlaufs – Gelenksteifigkeit ▪ intraoperative Aspekte: – fehlerhafte intraoperative Umsetzung, zu viele Hindernisse/Hypomochlien – Präparation der Spender nicht ausreichend nach proximal – ungenügende oder zu hohe Vorspannung eines verlagerten Muskels ▪ in der Nachbehandlung: – zu vorsichtige Nachbehandlung: Adhäsionen, Vernarbungen – zu ambitionierte Nachbehandlung: Ausreißen oder Überdehnung der Sehnennaht Diese Fehler sind vermeidbar, können den Operations- erfolg aber schmälern oder verhindern. In den meisten Fällen kann man das Problem aber mit einer Revisions- operation lösen, in der Vernarbungen gelöst werden oder Sehnennähte nachgestrafft werden können. Rettungsoperationen In einigen Fällen kann auch eine Sehnentransposition nicht mehr möglich sein. So stehen bei kombinierten Nervenverletzungen oft nicht mehr genügend Spender zur Verfügung. Dies ist insbesondere bei kombinierten hohen Verletzungen des N. ulnaris und des N. media- nus der Fall oder bei Plexus-brachialis-Verletzungen. Manchmal kann auch durch intensive Physiotherapie eine Gelenksteifigkeit nicht mehr behoben werden. In solchen Fällen können versteifende Operationen, wie z. B. die MCP-Gelenkarthrodese (s. ▶ Abb. 5) eine gute ▶ Abb. 9 Prinzip der Adductor-pollicis-Rekonstruktion nach Smith. gen mehrerer Stammnerven bleiben oft nur wenige Funktionen als mögliche Spender erhalten. Hier müs- sen die wichtigsten Funktionen gegeneinander abge- wogen werden und eine individuelle Planung im Zwei- fel auch mit Kompromisslösungen erfolgen. ▪ Auch die Zeigefingerabduktion ist für einen kräfti- gen Schlüsselgriff als stabiles Gegenlager wichtig. Diese Funktion wird im Wesentlichen über den M. interosseus dorsalis I geleistet. Beschriebene Spender zur Rekonstruktion seiner Funktion sind: ▪ M. abductor pollicis longus, ▪ M. extensor indicis proprius, ▪ M. palmaris longus (verlängert). Die Sehnen werden entlang des Verlaufs des M. inte- rosseus dorsalis I geführt und an dessen Ansatz inse- riert. Zur Daumenstabilisierung kann bei laxem Bandapparat zusätzlich eine Fixierung des Interphalangealgelenkes erforderlich sein. Dies kann mit individuell gewählten Tenodesen (EPL, FPL) oder einer Interphalangealgelenk- arthrodese erreicht werden. 76 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung ▶ Abb. 11 Prinzip der Kopplung der vom N. ulnaris inner- vierten FDP-4/5-Sehnen an die FDP-3-Sehne. ▶ Abb. 12 Beispiel einer Versorgung mit thermoplastischer, individuell angepasster Ulnarisspange. Begleitende Behandlung Merke Physio- und ergotherapeutische Behandlungen sind sowohl präoperativ als auch postoperativ entschei- dend für das Ergebnis. Präoperative Maßnahmen Für den Operationserfolg ist es entscheiden, etwaige Bewegungseinschränkungen und Gelenksteifigkeiten vor dem Eingriff zu behandelt und zu lösen. Zum Erhalt der physiologischen Fingerstreckung und Vermeidung der Ausbildung einer Krallenstellung sollte zeitnah nach dem Nervenschaden eine Ulnarisspange angelegt werden (▶ Abb. 12). Auch ein „Auftrainieren“ der ge- planten Spendermuskeln kann sinnvoll sein. Je nach zu- grunde liegender Verletzung haben diese nach langen Phasen der Ruhigstellung nicht selten an Kraft verlo- ren. Eine edukative Vorbereitung der Patienten auf die Sehnentransposition ist sinnvoll, um nachher die best- mögliche Compliance zu erhalten. Die Evaluation von Patientenzielen bezüglich Aktivitäten und Teilhabe nach ICF-Kriterien (International Classification of Functioning, Disability and Health) gehört besonders in Rehabilitationsphasen dazu [17]. Postoperative Maßnahmen Jede handchirurgische Klinik verfügt über eigene etab- lierte Standards zur Nachbehandlung bei Sehnentrans- positionen. Auch wenn sie sich untereinander in Details unterscheiden, sind doch die Grundsätze dieselben. So geht es darum, in den ersten 3 Wochen nach dem Transfer die Sehnennähte zu schützen und entspre- chende Schienen in MCP-Flexion und Fingerextension anzupassen. Gleichzeitig wird aber zur Vermeidung von Adhäsionen bereits eine frühe passive und je nach Sehnennahttechnik auch eine belastungsfreie aktive Bewegung angebahnt. Nach 6 Wochen kann die Kraft- steigerung beginnen. Ergotherapeutisch wird das Wie- dererlangen einer normalen Handfunktion unter Be- rücksichtigung der alltags- und berufsspezifischen Be- sonderheiten des Patienten angestrebt. Gleichzeitig muss immer noch eine Überdehnung vermieden wer- den. Ein Koordinationstraining hilft dabei. Die Schienen werden entsprechend der Stadien der Behandlungs- phasen angepasst. Eine Vollbelastung darf ab der 12. Woche postoperativ stattfinden. Bestehenden Kon- trakturen können ab der 8. Woche durch den Einsatz dynamisch-korrektiver Schienen und manueller Thera- pie gelöst werden. 78 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

CME-Fortbildung Literatur Bibliografie Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 DOI 10.1055/a-1650-3325 ISSN 2194-8976 © 2022. Thieme. All rights reserved. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany [1] Bergmeister KD, Große-Hartlage L, Daeschler SC et al. Acu- te and long-term costs of 268 peripheral nerve injuries in the upper extremity. PLoS One 2020; 15: e0229530 [2] AWMF. S3-Leitlinie Versorgung peripherer Nervenverlet- zungen. AWMF-Register-Nr. 005/010; 30.06.2013. https:// www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/005-010.html (Stand: 18.01.2022) [3] Kretschmer T, Antoniadis G, Braun V et al. Evaluation of ia- trogenic lesions in 722 surgically treated cases of peripheral nerve trauma. J Neurosurg 2001; 94: 905–912 doi:10.3171/ jns.2001.94.6.0905 [4] Salminger S, Riedl O, Bergmeister K et al. Immediate and secondary reconstruction of iatrogenic nerve lesions. Chi- rurgische Praxis 2014; 78: 625–637 [5] Earle AS, Vlastou C. Crossed fingers and other tests of ulnar nerve motor function. J Hand Surg Am 1980; 5: 560–565 [6] Harhaus L, Neubrech F, Bergmeister K et al. Nerventransfers als Therapieoption bei hohen Stammnervenverletzungen der oberen Extremität. Plast Chir 2017; 2: 79–87 [7] Harhaus L, Hirche C, Giunta RE et al. Strategies on the treatment of nerve injuries accompanied by severe soft tis- sue damage – Consensus statement of the German-Spea- king Society for Microsurgery of Peripheral Nerves and Ves- sels. Handchir Mikrochir Plast Chir 2017; 49: 257–266 [8] Harhaus L, Böcker A, Bickert B. Rekonstruktive Verfahren bei Schädigung des N. radialis. . Handchirurgie Scan 2021; 10: 301–310 [9] Zancolli EA. Claw-hand caused by paralysis of the intrinsic muscles: a simple surgical procedure for its correction. J Bone Joint Surg 1957; 39-A: 1076–1080 [10] Brown PW. Zancolli capsulorrhaphy for ulnar claw hand. Appraisal of forty-four cases. J Bone Joint Surg 1970; 52: 868–877 [11] Bunnell S. Surgery of the intrinsic muscles of the hand other than those producing opposition of the thumb. J Bone Joint Surg 1942; 24: 1–31 [12] Brand P. Tendon grafting. Illustrated by a new operation for intrinsic paralysis of the fingers. J Bone Joint Surg Br 1961; 43: 444–453 [13] Riordan DC. Tendon transplantations in median-nerve and ulnar-nerve paralysis. J Bone Joint Surg 1953; 35-A: 312– 320 [14] McCarthy CK, House JH, Van Heest A et al. Intrinsic balan- cing in reconstruction of the tetraplegic hand. J Hand Surg Am 1997; 22: 596–604 [15] Smith RJ. Extensor carpi radialis brevis tendon transfer for thumb adduction – a study of power pinch. J Hand Surg Am 1983; 8: 4–15 [16] Goldner J. Tendon transfers for irreparable peripheral nerve injuries of the upper extremity. Orthop Clin North Am 1974; 5: 343 [17] WHO. International classification of functioning, disability and health (ICF). Endorsed by all 191 WHO Member States in the Fifty-fourth World Health Assembly; May 22, 2001. 80 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Fragen und Antworten | CME Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 7 Für die Rekonstruktion der „einfachen“ Krallenstellung … A werden dynamische Verfahren nach Bunnell u. Brand ge- B C nutzt. stellt die MCP-Arthrodese immer eine Rettungsoperation dar. stellt insbesondere bei kombinierten Nervenverletzungen eine FDS-Transposition eine gute Möglichkeit dar. D kann die Refixation der proximalisierten palmaren Platte E mit Knochenankern erfolgen. sollten alle MCP-Gelenke adressiert werden, um die Beugekaskade gut einstellen zu können. Frage 8 Welche Aussage trifft nicht zu? Für die Rekonstruktion der „komplexen“ Krallenstellung … A wird die House-Operation gerne als erstes Verfahren ge- wählt. B muss der Verlauf der Sehnen immer beugeseitig der Ligg. metacarpalia transversa profunda geleitet werden, um eine MCP-Beugung zu erreichen. C Frage 9 Welche Aussage zur Nachbehandlung bei Sehnentranspositio- nen ist nicht richtig? A Der frühzeitige Beginn von Tenodeseübungen ist zur Adhä- sionsprophylaxe wichtig. B Die Sehnennähte müssen immer durch eine 6-wöchige Ru- C higstellung geschützt werden. Individuell angefertigte Schienen lassen auch Beübungen in der Schiene zu. D Vor der Operation müssen steife Gelenke physiotherapeu- E tisch gelöst werden. Spendermuskeln können vor der Operation auftrainiert werden. Frage 10 Die Behandlung der Ulnarisparese … A sollte durch erfahrene Handchirurgen erfolgen. B erfordert routinemäßig keine elektrophysiologische Unter- suchung. sollte bei frakturbedingten Schäden weiter durch den erst- behandelnden Unfallchirurgen erfolgen. C werden die Sehnentransplantate entlang der Lumbrikalis- kanäle zur Fingerstreckseite geleitet. D darf erst nach Ablauf von 6 Monaten erfolgen. E kompressiver Genese schließt einen Sehnentransfer aus. D dienen die FDS-Sehnen als gute Spender, sofern die Media- E nusfunktion nicht gestört ist. kann die ECRB-Sehne verwendet werden, wenn sie nicht für die Rekonstruktion der Daumenadduktion benötigt wird. 82 Harhaus Leila et al. Rekonstruktive Verfahren bei … Handchirurgie Scan 2022; 11: 67–82 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Impressum Handchirurgie Scan 11. Jahrgang Die Handchirurgie Scan erscheint vierteljährlich. ISSN (Print): 2194-8976 eISSN: 2194-8984 Herausgebende Prof. Dr. med. Michael Schädel-Höpfner Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie Lukaskrankenhaus Neuss Preußenstraße 84 41464 Neuss Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Michael Sauerbier PROFESSOR SAUERBIER Privatärztliche Praxis für Hand- und Plastische Chirurgie Louisenstraße 92 61348 Bad Homburg v. d. Höhe Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 301120, 70451 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-0, Fax: +49 711 8931-298 www.thieme.de www.thieme.de/handchirurgie-scan www.thieme-connect.de/products Web-App: www.thieme.de/eref-app Redaktion Sie erreichen die Redaktion unter: hcs.impressum@thieme.de V.i.S.d.P.: Dr. Volker Hirschel, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Christine Volpp, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 300880, 70448 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-603, Fax: +49 711 8931-470 E-Mail: christine.volpp@thieme-media.de Produktionsmanagement handchirurgie-scan_herstellung@thieme.de Abonnentenservice Wir bitten unsere Abonnent*innen, Adressänderun- gen dem Abonnentenservice mitzuteilen, um eine reibungslose Zustellung der Zeitschrift zu gewähr- leisten. 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Grundsätzlich werden nur solche Manuskripte angenommen, die noch nicht anderweitig veröffentlicht oder zur Veröffent- lichung eingereicht worden sind. Bitte beachten Sie: Wir können keine Abbildungen annehmen, die bereits in Büchern, Zeitschriften oder elektronischen Produkten anderer Anbie- ter*innen publiziert worden sind oder an denen Dritte Nutzungsrechte haben (z. B. Arbeitgebende). Der Grund: Auch gegen Lizenzgebühr ist es kaum noch möglich, die Nutzungsrechte in dem für uns erforderlichen Umfang zu erhalten. Bitte zahlen Sie deshalb keine Lizenzgebühren (z. B. bei „Rights- Link“/Copyright Clearance Center) – auch die Stan- dard-Lizenzverträge von „Creative Commons“ sind für eine Publikation leider nicht ausreichend. For users in the USA Authorization of photocopy items for internal or personal use, or the internal or personal use of spe- cific clients, is granted by Georg Thieme Verlag Stuttgart. New York for libraries and other users re- gistered with the Copyright Clearance Center (CCC) Transactional Reporting Service; www.copyright. com. For reprint information in the USA, please con- tact: journals@thieme.com Wichtiger Hinweis Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klini- sche Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, ins- besondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Heft eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, dür- fen die Lesenden zwar darauf vertrauen, dass Au- tor*innen, Herausgebende und Verlag große Sorg- falt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung der Zeitschrift entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Ap- plikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Ge- währ übernommen werden. Jede*r Benutzende ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipack- zettel der verwendeten Präparate und ggf. nach Konsultation eines Spezialisten oder einer Spezialis- tin festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontra- indikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeit- Bezugspreise 2022* Persönliches Abonnement Institutionelles Abonnement** Vorzugspreis für Studenten Weiterbildungspreis Versandkosten Gesamtkosten Abo 239,00 1666,00 178,00 178,00 Inland Ausland 25,00 25,00 25,00 25,00 34,50 34,50 34,50 34,50 Inland 264,00 1691,00 203,00 203,00 Ausland 273,50 1700,50 212,50 212,50 schrift abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder sol- chen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr der Benutzenden. Autor*innen und Verlag appellieren an alle Benutzenden, ihnen etwa auffal- lende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Copyright & Ownership Wenn nicht anders angegeben: © 2022. Thieme. All rights reserved. Die Zeitschrift Handchirurgie Scan ist Eigentum von Thieme. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind für die Dauer des Ur- heberrechts geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung und Verbreitung in gedruckter Form, Übersetzung, Übertragung und Bearbeitung in andere Sprachen oder Fassungen sowie die Einspeicherung und Ver- breitung in elektronischen Medienformen (z. B. CD- Rom, DVD, USB-Speicher, Datenbank, cloud-basier- ter Dienst, e-book und sonstige Formen des electro- nic publishing) und auch öffentlicher Zugänglich- machung (z. B. Internet, Intranet oder andere lei- tungsgebundene oder -ungebundene Datennetze), u. a. durch Wiedergabe auf stationären oder mobi- len Empfangsgeräten, Monitoren, Smartphones, Tablets oder sonstigen Empfangsgeräten per Download (z. B. PDF, ePub, App) oder Abruf in sons- tiger Form etc. Hinweis zu Studienreferaten Die Autorinnen und Autoren unserer Referate- Rubriken schreiben frei- oder nebenberuflich für verschiedene Auftraggebende aus Verlagsbranche, Wissenschaft und Industrie. Bei Fragen zu Interes- senkonflikten einzelner Autor*innen wenden Sie sich bitte mit der im Impressum unter „Redaktion“ genannten E-Mail-Adresse an den Verlag. Datenschutz Wo datenschutzrechtlich erforderlich, wurden die Namen und weitere Daten von Personen redaktio- nell verändert (Tarnnamen). Dies ist grundsätzlich der Fall bei Patient*innen, ihren Angehörigen und ihrem Freundeskreis, z. T. auch bei weiteren Perso- nen, die z. B. in die Behandlung von Patient*innen eingebunden sind. Wertschätzende Sprache und geschlechter- gerechter Sprachgebrauch Thieme Publikationen streben nach einer fachlich korrekten und unmissverständlichen Sprache. Da- bei lehnt Thieme jeden Sprachgebrauch ab, der Menschen beleidigt oder diskriminiert, beispiels- weise aufgrund einer Herkunft, Behinderung oder eines Geschlechts. Thieme wendet sich zudem gleichermaßen an Men- schen jeder Geschlechtsidentität. Die Thieme Rechtschreibkonvention nennt Autor*innen mitt- lerweile konkrete Beispiele, wie sie alle Lesenden gleichberechtigt ansprechen können. Die Anspra- che aller Menschen ist ausdrücklich auch dort inten- diert, wo im Text (etwa aus Gründen der Leseleich- tigkeit, des Text-Umfangs oder des situativen Stil- Empfindens) z. B. nur ein generisches Maskulinum verwendet wird. Einzelheft 73,00 C= (D) zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort, unverbindlich empfohlener Preis; inklusive der gesetzl. MwSt (D). * Jährliche Bezugspreise in € (D), unverbindlich empfohlene Preise inkl. der gesetzl. MwSt (D). Im Ausland verstehen sich die Preise und Versandkosten exkl. der gesetzlichen MwSt. Preisänderungen vorbehalten. Das Abonnement wird zum Jahreswechsel im Voraus be- rechnet und zur Zahlung fällig. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht bis zum 30. September eine Abbestel- lung vorliegt. ** Der institutionelle Jahresbezugspreis inkludiert den Online-Zugriff für 1 Standort. Weitere Informationen finden Sie unter https://lp.thieme.de/fachzeitschriften/ijbp/ Printed in Germany Satz: seitenweise, Tübingen Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno GmbH und Co. KG, Gewerbering West 27, 39240 Calbe 84 Handchirurgie Scan 2022; 11 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

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