Gefäßmedizin Zeitschrift für Angiologie, Gefäßchirurgie, diagnostische und interventionelle Radiologie 1 März 2022 Seite 1–76 9. Jahrgang Diskussion Aortenaneurysma: Vollautomatisierte Messung des Aortendurchmessers Aktuell Embolisation arteriovenöser Malformationen mit neuem EVOH Fortbildung Endovaskuläre Dialysefistelanlage: Möglichkeiten, Durchführung, Ergebnisse Diagnostik und Therapie von Gefäßmalformationen

Editorial Prof. Dr. med. Michael Uder Gefäßmedizin Scan – alles, was Sie in der Gefäßmedizin wissen müssen Liebe Leserinnen und Leser, wir freuen uns, dass nun das 1. Exemplar des inzwischen 9. Jahrganges der Gefäß- medizin Scan vorliegt. In der Rubrik „Aktuell“ erwarten Sie wieder Studienzusammenfassungen zu vielfäl- tigen Themen. Unter anderem berichten wir über ein Klassifikationssystem für an- gioplastieinduzierte Dissektionen basierend auf einer Delphi-Konsensus-Studie (DISFORM), über die Wirksamkeit und Sicherheit eines neuen embolischen Wirk- stoffs auf Basis eines Ethylen-Vinylalkohol-(EVOH)-Kopolymers und über ein Modell zur Prädiktion der Krankenhausmortalität von Lungenemboliepatient*innen mit Hoch- oder Intermediärrisiko. Im Diskussionsteil kommentieren ausgewiesene Experten Studien zu den Themen: f-TEVAR-Interventionen am distalen Aortenbogen, vollautomatisierten Messung des Aortenaußendurchmessers sowie die renale Denervation mit Ultraschall bei therapieresistenter Hypertonie. Sehr empfehlen möchten wir Ihnen darüber hinaus unsere beiden CME-Beiträge: Der erste CME-Beitrag gibt einen Überblick über die technischen Möglichkeiten, die Durchführung sowie die aktuellen Studienergebnisse der neuen endovaskulären Verfahren zur Dialysefistelanlage. Der zweite CME-Beitrag behandelt die Diagnostik und Therapie von Gefäßmalformationen. Wir wünschen Ihnen eine spannende und unterhaltsame Lektüre der neuen Ausga- be von Gefäßmedizin Scan und bedanken uns ganz herzlich, bei allen, die an diesem Heft mitgewirkt haben. Mit herzlichen Grüßen Ihr Prof. Dr. med. Michael Uder für das Herausgebergremium der Gefäßmedizin Scan Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 1 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 1

Inhalt 32 Extremitätenarterien | Klassifikationssystem für 43 Grundlagen | Ursachen für Morbidität und Mortalität bei angioplastieinduzierte Dissektionen basierend auf einer Delphi-Konsensus-Studie (DISFORM) Typ-2-Diabetespatient*innen gesucht 44 Grundlagen | Lange, nicht kodierende RNAs und 32 Extremitätenvenen | Venovo-Stents: gute Ergebnisse Artherosklerose auch noch drei Jahre nach der Implantation 45 Grundlagen | Genetik und Lipoproteine bei paVK 33 Extremitätenvenen | PICC-Katheteranlage bei Venen- und koronarer Herzkrankheit stenose – drei Methoden im Vergleich 46 Management in der Gefäßmedizin | Management in der 34 Embolisation | COVID-19: Weniger Todesfälle bei mittel- Gefäßmedizin schwer Erkrankten durch Heparin 35 Embolisation | Heparin bei COVID-19: Standard- und Intermediärdosis im Vergleich 47 Management in der Gefäßmedizin | Extremitäten- Amputationen: Komplikationen bei Regionalanästhesie und Vollnarkose 35 Embolisation | Sichere und effektive Antikoagulation mit 48 Management in der Gefäßmedizin | Palliative Optionen Apixaban bei malignen Gliomen bei gebrechlichen CLTI-Patienten sollten bedacht werden 36 Embolisation | Risikofaktoren für rezidivierende thrombembolische Ereignisse CME-Fortbildung 37 Medikamentöse Therapie | Antikoagulation: Sichere Durchführung dringlicher OPs durch Idarucizumab 49 CME-Fortbildung | Endovaskuläre Dialysefistelanlage: 38 Medikamentöse Therapie | Rivaroxaban bei paVK- bezogene akute Extremitätenischämie Möglichkeiten, Durchführung, Ergebnisse Christoph G. Radosa 39 Medikamentöse Therapie | Kosteneffektivität von ABI- 58 CME-Fortbildung| CME-Fortbildung mit der Screening und Rivaroxaban bei KHK Gefäßmedizin Scan 39 Medikamentöse Therapie | Tigagrelor bei CYP2C19-Loss- of-Function-Mutation überlegen 59 CME-Fortbildung | Diagnostik und Therapie von Gefäßmalformationen Michael Doppler, Wibke Uller 40 Gefäßmalformationen | Embolisation arteriovenöser Malformationen mit neuem EVOH 41 Gefäßmalformationen | Aneurysmen bei hereditärer hämorrhagischer Teleangiektasie 41 Gefäßmalformationen | Risikofaktoren für Schmerz bei Patienten mit Gefäßmissbildungen identifiziert 42 Funktionelle Gefäßerkrankungen | Endovaskuläre Behandlung des Thoracic-outlet-Syndroms Covergestaltung: © Thieme Bildnachweis Cover: © Thieme. Titelbildgestaltung unter Verwendung von Abbildungen aus den beiden CME-Beiträgen in diesem Heft © lapencia /stock.adobe.com – edited by Thieme IN EIGENER SACHE Aus Umweltschutzgründen verzichten wir ab sofort auf die Silberfolie auf der Umschlagseite dieser Zeit- schrift. Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 2–3 | © 2022. Thieme. All rights reserved.

Impressum Gefäßmedizin Scan 9. Jahrgang Die Gefäßmedizin Scan erscheint vierteljährlich. ISSN (Print): 2197-5922 eISSN: 2197-5930 Copyright & Ownership Wenn nicht anders angegeben: © 2022. Thieme. All rights reserved. Die Zeitschrift Gefäßmedizin Scan ist Eigentum von Thieme. Georg Thieme Verlag KG, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany Herausgebenden Prof. Dr. med. Rupert Bauersachs CCB Gefäß Centrum Cardioangiologisches Centrum AGAPLESION Bethanien Krankenhaus Im Prüfling 23 60389 Frankfurt PD Dr. med. Ralph-Ingo Rückert Klinik für Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie, Gefäßzentrum Berlin, Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge gGmbH, Herzbergstr. 79, 10365 Berlin Prof. Dr. med. Nikolaos Tsilimparis Abteilung für Gefäßchirurgie – Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Campus Großhadern Marchioninistr. 15 81377 München Prof. Dr. med. Michael Uder Radiologisches Institut Universitätsklinikum Erlangen Maximiliansplatz 1 91054 Erlangen Prof. Dr. med. Frank Wacker Medizinische Hochschule Hannover Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Carl-Neuberg Str. 1 30625 Hannover Prof. Dr. med. Norbert Weiss Universitäts GefäßCentrum Medizinische Klinik und Poliklinik III Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ der Technischen Universität Dresden Fetscherstraße 74 01307 Dresden Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 301120, 70451 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-0, Fax: +49 711 8931-298 www.thieme.de, www.thieme.de/gefaessmedizin-scan www.thieme-connect.de/products Web-App: www.thieme.de/eref-app Redaktion Sie erreichen die Redaktion unter: gms.impressum@thieme.de V.i.S.d.P.: Dr. Volker Hirschel, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Conny Winter, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart oder Postfach 300880, 70448 Stuttgart Tel.: +49 711 8931-503, Fax: +49 711 8931-563 E-Mail: Conny.Winter@thieme-media.de Produktionsmanagement Tel.: +49 711 8931-299, Fax: +49 711 8931-393 E-Mail: Elke.Rettig@thieme.de Abonnentenservice Wir bitten unsere Abonnent*innen, Adressänderungen dem Abonnentenservice mitzuteilen, um eine reibungs- lose Zustellung der Zeitschrift zu gewährleisten. 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Grundsätzlich werden nur solche Ma- nuskripte angenommen, die noch nicht anderweitig veröffentlicht oder zur Veröffentlichung eingereicht worden sind. Bitte beachten Sie: Wir können keine Abbildungen an- nehmen, die bereits in Büchern, Zeitschriften oder elek- tronischen Produkten anderer Anbieter*innen publiziert worden sind oder an denen Dritte Nutzungsrechte ha- ben (z. B. Arbeitgebende). Der Grund: Auch gegen Li- zenzgebühr ist es kaum noch möglich, die Nutzungs- rechte in dem für uns erforderlichen Umfang zu erhal- ten. Bitte zahlen Sie deshalb keine Lizenzgebühren (z.B. bei „RightsLink“/Copyright Clearance Center) – auch die Standard-Lizenzverträge von „Creative Commons“ sind für eine Publikation leider nicht ausreichend. For users in the USA Authorization of photocopy items for internal or perso- nal use, or the internal or personal use of specific clients, is granted by Georg Thieme Verlag Stuttgart. 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Im Ausland verstehen sich die Preise und Versandkosten exkl. der gesetzlichen MwSt. Das Abonnement wird zum Jahreswechsel im Voraus berechnet und zur Zahlung fällig. Das Abonnement kann jederzeit begonnen werden. Die Bezugsdauer verlängert sich automatisch jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September des Vorjahres keine Abbestellung vorliegt. ** Der institutionelle Jahresbezugspreis inkludiert den Online-Zugriff für 1 Standort. Weitere Informationen finden Sie unter https://lp.thieme.de/fachzeitschriften/ijbp/ Gefäßmedizin Scan 2022; 9 | © 2022. Thieme. All rights reserved. Applikation erwähnt wird, dürfen die Lesenden zwar da- rauf vertrauen, dass Autor*innen, Herausgebende und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass die- se Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung der Zeitschrift entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applika- tionsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. 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Das gilt ins- besondere für Vervielfältigung und Verbreitung in ge- druckter Form, Übersetzung, Übertragung und Bearbei- tung in andere Sprachen oder Fassungen sowie die Ein- speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien- formen (z. B. CD-Rom, DVD, USB-Speicher, Datenbank, cloud-basierter Dienst, e-book und sonstige Formen des electronic publishing) und auch öffentlicher Zu- gänglichmachung (z. B. Internet, Intranet oder andere leitungsgebundene oder -ungebundene Datennetze), u. a. durch Wiedergabe auf stationären oder mobilen Empfangsgeräten, Monitoren, Smartphones, Tablets oder sonstigen Empfangsgeräten per Download (z. B. PDF, ePub, App) oder Abruf in sonstiger Form etc. Hinweis zu Studien-Referaten Die Autorinnen und Autoren unserer Referate-Rubriken schreiben frei- oder nebenberuflich für verschiedene Auftraggebende aus Verlagsbranche, Wissenschaft und Industrie. 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Datenschutz Wo datenschutzrechtlich erforderlich, wurden die Na- men und weitere Daten von Personen redaktionell ver- ändert (Tarnnamen). Dies ist grundsätzlich der Fall bei Patient*innen, ihren Angehörigen und ihrem Freundes- kreis, z. T. auch bei weiteren Personen, die z.B. in die Be- handlung von Patient*innen eingebunden sind. Printed in Germany Satz: seitenweise, Tübingen Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten

Gefäßmedizin Scan Gefäßmedizin Scan Zeitschrift für Angiologie, Gefäßchirurgie, diagnostische und interventionelle Radiologie Herausgegeben von Wissenschaftlicher Beirat Prof. Dr. med. Rupert Bauersachs CCB Gefäß Centrum Cardioangiologisches Centrum AGAPLESION Bethanien Krankenhaus Im Prüfling 23 60389 Frankfurt PD Dr. med. Ralph-Ingo Rückert Klinik für Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie, Gefäßzentrum Berlin Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge gGmbH Herzbergstraße 79 10365 Berlin Prof. Dr. med. Nikolaos Tsilimparis Abteilung für Gefäßchirurgie - Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Campus Großhadern Marchioninistr. 15 81377 München Prof. Dr. med. Michael Uder Radiologisches Institut Universitätsklinikum Erlangen Maximiliansplatz 1 91054 Erlangen Prof. Dr. med. Frank Wacker Medizinische Hochschule Hannover Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Carl-Neuberg Str. 1 30625 Hannover Prof. Dr. med. Norbert Weiss Universitäts GefäßCentrum Medizinische Klinik und Poliklinik III Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden Fetscherstraße 74 01307 Dresden PD Dr. med. Farzin Adili Klinik für Gefäßmedizin – Gefäß- und Endovascularchirurgie Klinikum Darmstadt GmbH Grafenstraße 9 64283 Darmstadt PD Dr. med. Michael Czihal Angiologie Medizinische Klinik und Poliklinik IV Klinikum der Universität München Pettenkoferstr. 8a 80336 München Prof. Dr. med. Eike Sebastian Debus Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin Gefäßchirurgie – Endovaskuläre Therapie – Angiologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg Prof. Dr. med. Christine Espinola-Klein Zentrum für Kardiologie Abteilung für Angiologie Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz Prof. Dr. med. Johannes Nikolaus Hoffmann Contilia Herz- und Gefäßzentrum Klinik für Gefäßchirurgie und Phlebologie Klara-Kopp-Weg 1 45138 Essen Prof. Dr. med. Ralf-Thorsten Hoffmann Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik Fetscherstr. 74 01307 Dresden Prof. Dr. med. Peter Huppert Radiologisches Zentrum Max Grundig Klinik GmbH Schwarzwaldhochstraße 1 77815 Bühl/Baden Gefäßmedizin Scan 2022; 9 | © 2022. Thieme. All rights reserved. PD Dr. med. Richard Kellersmann Klinik für Gefäßchirurgie Herz-Thorax-Zentrum Klinikum Fulda gAG Pacelliallee 4 36043 Fulda Prof. Dr. med. Ralph Kickuth Universitätsklinikum Würzburg Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie Oberdürrbacher Str. 6 97080 Würzburg Prof. Dr. med. Tilo Kölbel Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg Prof. Dr. med. Birgit Linnemann Bereich Angiologie – Universitäres Gefäßzentrum Ostbayern Universitätsklinikum Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11 93042 Regensburg Prof. Dr. med. Jens Ricke Klinik und Poliklinik für Radiologie Klinikum der Universität München Marchioninistr. 15 81377 München Prof. Dr. med. Dierk Scheinert Klinik und Poliklinik für Angiologie Universitätsklinikum Leipzig Liebigstraße 20, Haus 4 04103 Leipzig Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart www.thieme.de/gefaessmedizin-scan www.thieme-connect.de/products

besteht. Neue Erkenntnisse bietet die vorliegende Untersuchung hier nicht. Die Autor:innen weisen zurecht darauf hin, dass das retrospektive Studiende- sign hier leider eine Schwäche darstellt. Ein fortbestehendes Problem, das bereits Eingang in die IFUs der Endograft-Her- steller gefunden hat, ist das Auftreten re- trograder Typ-A-Dissektionen bei post- Dissektions-Aneurysmen ohne vorherge- henden chirurgischen Eingriffe an Aszen- dens oder Bogen. Daten für die endovas- kuläre „Standard“ Behandlung der Typ-B- Dissektion zeigen, dass insbesondere das Stent-Design, das Ausmaß der Manipula- tion im Bogen und das Oversizing, aber auch der Zeitpunkt der Behandlung An- sätze für eine Senkung der Rate an retro- graden A-Dissektionen bieten [1]. Für diese spezifische Hoch-Risiko-Gruppe ist bei der Indikationsstellung für f-TEVAR außerhalb prospektiver Studien beson- dere Vorsicht geboten. Die Arbeit weist auch auf eine produkt- spezifische Eigenheit der Zenith f-TEVAR (Cook Medical) mit vorgeladenem Ka- theter hin. Es besteht die Gefahr, sich mit dem vorgelegten Draht, der die Son- dierung der Fenestration erleichtern und die Sondierungszeit verkürzen soll, im proximalen Anteil des Endografts zu ver- fangen. Dann werden teilweise zeitinten- sive Manipulationen am proximalen Stentgraft Bereich notwendig, die die Implantationszeit deutlich verlängern können und natürlich potenziell das Em- bolisationsrisiko erhöhen. Die im Vergleich zu anderen endovasku- lären Prozeduren relativ geringe Fallzahl der überhaupt durchgeführten f-TEVAR Eingriffe erschwert die Erzeugung wis- senschaftlicher Daten mit hohem Evi- denz-Grad. Eine Zentren-übergreifende wissenschaftliche Zusammenarbeit wie in der vorliegenden Arbeit ist beispiel- haft. Für die Zukunft wünsche ich mir eine deutliche intensivere Kooperation insbesondere der deutschen Aortenzen- tren, um im besten Fall prospektive Da- ten mit deutlich höheren Fallzahlen zu erheben. Vor allem die Indikation und die Patientenauswahl von komplexen en- dovaskulären Eingriffen mit potenziell schwerwiegenden Komplikationen soll- ten auf eine qualitativ bessere Datenba- sis gestellt werden. Zusammenfassend kann den Autor:innen nur zu den hervorragenden Ergebnissen gratuliert werden. Diese multizentrische Arbeit sollte ein Beispiel und Anstoß für mehr wissenschaftliche Kooperation in der Gefäßchirurgie sein. Interessenkonflikt I. Töpel ist als Proctor für Cook Medical tätig. Autorinnen/Autoren Prof. Dr. med. Ingolf Töpel Klinik für Gefäßchirurgie, KH Barmherzige Brüder Regensburg Literatur [1] Lixin W et al. Retrograde Type A Aortic Dis- section after Thoracic Endovascular Aortic Repair: Incidence, Time Trends and Risk Factors. Semi Thor Cardiovasc Surg 2021; 33: 639–653. doi: 10.1053/j.semtcvs.2020. 11.010 Viszerale Gefäße Renale Denervation mit Ultraschall bei therapie- resistenter Hypertonie Azizi M et al. Ultrasound renal denervation for hypertension resistant to a triple medication pill (RADIANCE-HTN TRIO): a randomised, multi- centre, single-blind, sham-controlled trial. The Lancet 2021; 397: 2476–2486 Die endovaskuläre katheterbasierte Denervation afferenter und efferen- ter renaler Nerven war ursprünglich als neue Behandlungsmethode für Patienten mit therapieresistenter Hy- pertonie gedacht. Nachdem die Er- gebnisse erster klinischer Studien zu- nächst hinter den Erwartungen zu- rückblieben, wurde das Studiende- sign optimiert. Die nachfolgenden Untersuchungen dann konnten schließlich den blutdrucksenkenden Effekt dieses Eingriffs tatsächlich be- stätigen. Eine dieser Studien war die RADIANCE- HTN-Studie, an der 53 Kliniken in den USA und Europa teilgenommen hatten. Azizi et al. haben nun Wirksamkeit und Sicherheit der renalen ultraschallge- stützten Denervation in der TRIO-Kohor- te der RADIANCE-HTN-Studie unter- sucht, einer Gruppe von Patienten mit schwerer Hypertonie, die sich gegenüber mindestens drei Medikamenten als the- rapieresistent erwiesen hatten. Bei Rekrutierung für die Studie waren alle Patienten auf eine Kombinationstherapie mit Valsartan, Olmesartan bzw. Amlodi- pin und Hydrochlorothiazid eingestellt. Außer Betablockern waren keine ande- ren Blutdruckmedikamente erlaubt. Die 136 Patienten, die auch anatomisch für den Eingriff in Betracht kamen, wurden entweder in die Therapiegruppe (ultra- schallgestützte renale Denervation, 69) oder die Schein-OP-Gruppe (67) rando- misiert. In 97 % der Fälle war die beidsei- tige renale Nervenablation erfolgreich. In den ersten zwei Monaten nach dem (Schein)-Eingriff wurde die Medikation bei 93 % (Therapiegruppe) bzw. 85 % (Schein-OP) der Patienten nicht geän- dert, 4 % bzw. 12 % erhielten zusätzliche antihypertensive Medikamente. Die Re- duktion des tagsüber gemessenen systo- lischen Blutdrucks war bei den tatsäch- lich behandelten Patienten im Vergleich zur Schein-OP-Gruppe deutlicher (im Mittel –8 vs. –3 mmHg). Ähnliches galt auch für alle anderen systolischen Blut- druckmesswerte (24-Stunden-Wert, nächtlicher Wert, systolischer Druck zu Hause und in der Praxis). Die Anzahl der Ultraschallemissionen, zusätzliche nicht abladierte Nierenarterien oder die An- zahl der Eingriffe pro Behandler hatten keinen Einfluss auf die postinterventio- nellen Veränderungen der Blutdruck- messwerte. Innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Eingriff kam es bei drei Patienten zu einem schweren unerwünschten Ereig- nis; nur in einem Fall stand dieses jedoch Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 8–13 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 9

Autorinnen/Autoren OA PD Dr Axel Schmid, Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlan- gen, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürn- berg Literatur [1] Ettehad D, Emdin CA, Kiran A et al. Blood pressure lowering for prevention of cardio- vascular disease and death: a systematic re- view and meta-analysis. Lancet 2016; 387 (10022): 957–967 [2] Thomopoulos C, Parati G, Zanchetti A, Effects of blood pressure lowering on outcome inci- dence in hypertension. 1. Overview, meta- analyses, and meta-regression analyses of randomized trials. J Hypertens 2014; 32: 2285–2295 [3] Berra E, Azizi M, Capron A et al., Evaluation of Adherence Should Become an Integral Part of Assessment of Patients With Apparently Treatment-Resistant Hypertension. Hyper- tension 2016; 68: 297–306 [4] Mahfoud F, Böhm M, Schmieder R et al., Effects of renal denervation on kidney func- tion and long-term outcomes: 3-year follow- up from the Global SYMPLICITY Registry. Eur Heart J 2019; 40: 3474–3482 Extremitätenvenen Periphere Venenkatheter: regelmäßiger vs. indika- tionsbasierter Wechsel Buetti N et al. Comparison of Routine Replace- ment With Clinically Indicated Replacement of Peripheral Intravenous Catheters. JAMA Intern Med 2021; 181: 1471–1478 Bis 2018 wurden periphere Venenka- theter (PVK) am Universitätsspital in Genf alle 96 Stunden gewechselt; da- nach folgte eine Interventionsphase, in der die Katheter nur bei entspre- chender klinischer Indikation ausge- tauscht wurden. 2019 kehrte die Kli- nik wieder zu einem regelmäßigen Wechselrhythmus zurück (Reversi- onsphase), da das indikationsbasierte Wechselregime mit einem höheren Risiko für katheterassoziierte Infek- tionen einherging. Buetti und seine Kollegen fassen in ihrer Studie die Erkenntnisse zusammen, die sie in diesen Jahren zum Katheterwech- sel gewinnen konnten. Die Daten, die sie dafür nutzten, wurden im Rahmen des in Genf etablierten Infektionskontrollpro- gramms routinemäßig zusammengetra- gen. Die Maßnahmen zur Infektionskon- trolle (verwendetes Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial) wurden während der drei Studienphasen (Grund-, Inter- ventions- und Reversionsphase) nicht geändert. Von den insgesamt 412 631 peripheren Venenkathetern, die in den Jahren 2016 bis 2020 angelegt wurden, lagen in der Interventionsphase (IP) 20,4 % mehr als vier Tage. In den anderen beiden Phasen traf dies nur auf 10,9 % (Grundphase/GP) bzw. 12,8 % (Reversionsphase/RP) zu. Signifikante Unterschiede zwischen den Phasen bestanden hinsichtlich der Loka- lisation der PVK: Während zu Beginn mehr als die Hälfte der Katheter am Un- terarm gelegt wurden und 28,8 % an der Hand, waren es in den nachfolgenden Phasen nur noch rund 38 % bzw. 23 %. Im Verlauf wurde zunehmend die Ellenbeu- ge (5,1 % vs. 16,4 bzw. 18,6 %) und das Handgelenk (6,5 % vs. 17,6 bzw. 17,4 %) genutzt. Die Inzidenz katheterassoziierter Infek- tionen lag in der Interventionsphase mit 0,9 pro 10 000 Kathetertagen deutlich höher als in der Grundphase (0,13/10 000 Kathetertage). Der Großteil der insge- samt 61 PVK-Infektionen trat nach mehr als vier Tagen auf; Tag 5 bildete dabei mit 18 Infektionen den Höhepunkt. Die Verweildauer der PVK lag in der Interven- tionsphase bei den betroffenen Patien- ten im Mittel bei sieben Tagen. Bei PVK, die länger als sieben Tage am Patienten verblieben, kam es in 0,1 % der Fälle (18/ 17 330) zu einer katheterassoziierten In- fektion. Bei Kathetern mit einer Verweil- dauer von weniger als sieben Tagen lag die Infektionsrate nur bei 0,01 % (7/ 395 240). Als die PVK regelmäßig alle 96 Stunden gewechselt wurden, ließen sich in den entnommenen Blutkulturen 15 verschie- dene Mikroorganismen feststellen; zu- meist handelte es sich um koagulase- negative Staphylokokken. In der Inter- ventionsphase waren es hingegen 46 verschiedene Mikroorganismen, wobei deutlich häufiger Staphylococcus aureus nachgewiesen wurde. FAZIT Ob ein Anstieg der Inzidenz kathete- rassoziierter Infektionen auf einen Fall pro 10.000 Kathetertage einen routi- nemäßige Wechsel alle 96 Stunden rechtfertigt, bleibt zwar fraglich. Ins- besondere da es sich insgesamt um eine sehr seltene Komplikation han- delt und ein häufiger Wechsel zeit- aufwendig ist und für die Patienten aufgrund der wiederholten Venen- punktionen auch von Nachteil sein kann. Andererseits ist bekannt, dass katheterassoziierte Infektionen mit einer erhöhten Mortalität und einem längeren stationären Aufenthalt ver- bunden sind. Der optimale Wechsel- rhythmus muss also noch ermittelt werden. Stephanie Gräwert, Leipzig Kommentar Periphere Verweilkanülen (peripheral in- travenous catheters (PVK bzw. PVCs or PIVs)) sind kurze intravenöse Plastik- schläuche mit 24–14 Gauge, welche ohne Bildgebung in periphere Venen platziert werden und millionenfach für zahlreiche intravenöse Therapien vor al- lem auf Normalstationen genutzt wer- den. Aufgrund der Länge der Katheter (19–50 mm) haben diese 3 Limitationen: erstens keinen langen subkutanen Tun- nel, so dass Keime entlang des Katheters leichter nach intravasal gelangen kön- nen, zweitens liegt die Katheterspitze in einer kleinen Vene und ist mechani- schem Stress ausgesetzt, so dass häufig Thrombosen oder Thrombophlebitiden in den punktierten Venen entstehen und drittens sind über diese Zugänge nur Me- dikationen mit einer Osmolarität und ei- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 8–13 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 11

FAZIT Die von einem französischen Start-up entwickelte Methode ARVA berechnet vollautomatisch die Aortenquer- schnitte von Außenwand zu Außen- wand von der Aorta ascendens bis zur Beckenaufzweigung. Eine Validie- rungsdatenbank erreichte für den kli- nischen Einsatz akzeptable Leistun- gen. Die Präzision wird sich durch die Nutzung bisher unsegmentierter Scans steigern. Die automatische Messung des maximalen Aorten- außendurchmessers und des Volu- mens für jedes Aortensegment wird künftig möglich sein. Dr. Claudia Stöhr, Dipshorn Kommentar geführt, künstlichen (KNN) Die automatisierte Auswertung von Bild- daten beschäftigt die medizinische Diag- nostik seit den 60-iger Jahren des ver- gangenen Jahrhunderts [1]. Die stetige Zunahme der generierten Bilddaten- menge zu diagnostischen und therapeu- tischen Zwecken im klinischen Alltag hat zu einem wachsenden Interesse an viel- neuronalen schichtigen Netzwerken dessen Grundlage die automatische Transforma- tion von Eingabeinformationen in vielfäl- tige Abstraktionsebenen ist, um eine be- darfsgerechte Adaption auf Grundlage einer bewerteten Schlussfolgerung vor- zunehmen [2]. Dies entspricht der Nach- ahmung fundamentaler Prozesse in bio- logischen Netzwerken. Das wachsende Interesse an selbstlernenden Systemen, von künstlicher Intelligenz (KI), für klini- sche Fragestellungen spiegelt sich in einer stetig wachsenden Publikations- leistung auf diesem Themengebiet wie- der [3]. Adam C et al. zeigen in Ihrer Arbeit bei- spielhaft die potenzielle Relevanz von KI für die Planung einer endovaskulären Versorgung von Aortenpathologien so- wie deren Bilddaten-gestützten Nach- sorge anhand einer „Augmented Ra- diology for Vascular Aneurysm“ (ARVA)- basierten Aortendiameterbestimmung („outer to outer wall“). Interessanter- weise scheint ARVA auch bei nicht ge- sunden aneurysmatischen Aorten vor und nach Stentgraft-Implantation valide Aortendiametermessungen zu generie- ren, was das mögliches klinisches Ein- satzspektrum auch auf den Nachsorge- zeitraum nach endovaskulärer Versor- gung erweitert. Der Einsatz KI-basierter Lösungen zur Unterstützung von endo- vaskulär tätigen Ärzten birgt großes Po- tenzial, wenn, wie auch in der Machbar- keitsstudie von Adam C et al. betont, richtig verstanden und angewendet. Einer der wesentlichen Vorteile des Ein- satzes von KI-basierten Lösungen wie ARVA mag in der enormen Zeitersparnis in einem durch Mehrfachaufgabenper- formanz gekennzeichneten Klinikalltag liegen. Vor diesem Hintergrund verspre- chen KI-basierte Unterstützungsmetho- den einen adäquaten Lösungsansatz zur Schaffung zeitlicher Ressourcen. Des Weiteren können KI-basierte Systeme wie ARVA den endovaskulär tätigen Arzt bei der Entschlussfassung unterstützen und in kurzer Zeit einen profunden Über- blick über den Diameterverlauf der ge- samten Aorta, auch außerhalb der ei- gentlichen Pathologie, generieren. Es bleibt jedoch auch zu bedenken, dass die Delegation von Teilbereichen zur Er- arbeitung individueller Planungsansätze nicht zu Kompromissen in Präzession und Reliabilität führen darf. Dies würde sich langfristig auf das Patientenoutco- me auswirken und nachfolgend auch die Akzeptanz KI-basierter Lösungen bei An- wendern und Patienten mindern. Die Ge- samtverantwortung einer endovaskulä- ren Versorgung ist nicht delegierbar und somit bedarf der Einsatz von KI-basierten Lösungen während der Planung der strin- genten Überprüfung durch den Opera- teur in jedem Einzelfall. Auch Adam C et al. unterstreichen diese unabdingbarere Notwendigkeit, da ARAVA in der über- wiegenden Zahl von Fällen kohärente Da- ten im direkten Vergleich mit erfahrenen vaskulären Experten liefert, jedoch in wenigen Einzelfällen auch „Outlier“ be- schrieben wurden. Zusammenfassend erbringen Adam C et al. den Nachweis, dass KI-basierte Aor- tendiametermessungen eine wertvolle Supplementierung zur Planung und Nachsorge von endovaskulären Thera- pien sein können und so zu einer merk- baren Verbesserung und Optimierung der Patientenversorgung beitragen kön- nen. Das Wissen um Limitationen ist es- senziell, eine klinische Implementierung bedarf einer durchgehend kritischen Auseinandersetzung sowie einer breit- flächigen wissenschaftlichen Begleitung. Man darf auf mögliche weitere Anwen- dungsformate und deren Implementa- tion in den klinischen Alltag in den kom- menden Jahren mehr als gespannt sein. Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Autorinnen/Autoren Priv.-Doz. Dr. med. Mar- kus Wagenhäuser, Klinik für Gefäß- und Endovasku- larchirurgie, Medizinische Fakultät und Universitäts- klinikum Düsseldorf, Moo- renstrasse 5, 40225 Düssel- dorf Prof. Dr. med. Hubert Schelzig, Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düs- seldorf, Moorenstrasse 5, 40225 Düsseldorf Literatur [1] Winsberg F, Elkin M, Macy J et al. Detection of radiographic abnormalitiesin mammograms by means of optical scanning andcomputer analysis. Radiology 1967; 89: 211–215 [2] LeCun Y, Bengio Y, Hinton G. Deep learning. Nature. 2015 May 28; 521 (7553): 436–444. [3] Chan HP, Samala RK, Hadjiiski LM et al. Deep Learning in Medical Image Analysis. Adv Exp Med Biol. 2020; 1213: 3–21 Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 8–13 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 13

eines intraoperativen Shunts ist op- tional. Welchen Einfluss diese Techni- ken auf spätere Restenosen hat, ist unklar, weswegen in einer Studie das erhöhte Risiko von Restenosen nach primärem Verschluss, nach Patch- plastikanwendung und Eversion ver- glichen wurde. Für die Studie wurden Patient*innen der International Carotid Stenting Study (ICSS) mit symptomatischen, atheroskle- rotischen Karotisstenosen ausgewählt, bei denen eine CEA erfolgt war. Von ins- gesamt 1713 in die ICSS randomisierten Patient*innen, wurden 858 mit CEA be- handelt und 790 in die Auswertung ein- bezogen. Diese wurden nach den Opera- tionsverfahren in die 3 Gruppen CEA mit Patchplastik (64,7 %), CEA und primärer Verschluss (29,4 %) und Eversionsendar- teriektomie (5,9 %)unterteilt. Wurde intraoperativ ein Shunt angelegt, wurde dies dokumentiert. Bei jeder Nachuntersuchung erfolgte eine Duplex- sonografie der Karotis. Primäre End- punkte waren eine Restenose ≥ 50 % und ≥ 70 % und das Auftreten eines ipsila- teralen Schlaganfalls nach dem Eingriff und bis zum Ende der Nachbeobach- tungsperiode. Die Patient*innen der 3 Gruppen unter- schieden sich nicht hinsichtlich der vas- kulären Risiken, außer einer Angina, die häufiger in der Eversionsgruppe auftrat. Die Nachbeobachtungszeit betrug medi- an 4,0 Jahre und unterschied sich nicht hinsichtlich Operationstechnik oder An- legen oder nicht Anlegen eines Shunts. Der Anteil weiblicher Patienten lag bei 29,2 %. die Die kumulative Inzidenz einer Resteno- sierung ≥ 50 % nach einem Jahr betrug 18,9 % für Patchplastik-Gruppe, 26,1% für die Gruppe mit primärem Ver- schluss und 17,7 % für die Eversions- Gruppe. Nach 5 Jahre lagen diese Werte bei 25,9 % und 37,2 % bzw. 30,0 %. Es gab keinen Unterschied im Risiko zwi- schen der Eversions- und der Patchplas- tik-Gruppe (Hazard Ratio [HR] 0,90 bei einem 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] von 0,45–1,81; p = 0,77). Ein höheres Restenoserisiko bestand beim Vergleich von primärem Verschluss und Patchplas- tik (HR 1,45; 95 %-KI 1,068 –1,98; p = 0,019). Die kumulative Inzidenz einer Resteno- sierung ≥ 70 % unterschied sich nicht zwi- schen Primärverschluss und Patchplastik (12,1 % vs. 7,1 %, HR 1,59, 95 %-KI 0,88– 2,89; p = 0,12) oder zwischen Patch- plastik und Eversionsendarteriektomie (4,7%), HR 0,45, 95 %-KI 0,06–3,35; p = 0,44). Das Legen eines Shunts hatte kei- nen Einfluss auf die kumulative Inzidenz einer Restenose. Ein ipsilateraler Schlag- anfall trat nach der Operation weder bei den chirurgischen Techniken noch bei Anwendung von Shunts häufiger auf. FAZIT Die Daten der Auswertung zeigen, so die Autoren der ICSS-Studie, dass im Kontext einer Endarteriektomie der Karotis, Restenosen nach primärem Verschluss häufiger auftreten als nach Patchanwendung. Das Anlegen eines Shunts hatte keinen Einfluss auf die Restenose. Der Patchplastik-Ver- schluss ist nach Meinung des Auto- renteams demnach die Therapie der Wahl, um eine Restenose zu vermei- den. Richard Kessing, Zeiskam Aorta Infektion eines Aortentransplantats: Ergebnisse nach Teil- resektion Janko M et al. Contemporary Outcomes After Partial Resection Of Infected Aortic Grafts. Ann Vasc Surg 2021; doi:10.1016/j. avsg.2021.07.002 Eine Infektion des Aortentransplan- tats (AGI) bei der Behandlung abdo- mineller Aortenaneurysmen, ist eine bedeutende klinische Herausforde- rung, und es ist unklar, welche Varia- blen bei Patient*innen, bei denen eine Teilresektion erfolgt, mit uner- wünschten Ergebnissen assoziiert sind. Die Studienautor*innen analysierten re- trospektiv, im Rahmen einer multiinsti- tutiellen Evaluation, die Daten von Pa- tient*innen mit AGI der Jahre 2002 bis 2014. Die AGI-Diagnose und Behandlung erfolgte dabei unabhängig durch die Kli- nikärzte der teilnehmenden Zentren. Überprüft wurden Basisvariablen und in- traoperative Merkmale, darunter Lokali- sation der Resektion sowie die Technik und die Conduits der Revaskularisation. Der primäre Endpunkt war die Sterblich- keit. Sekundäre Endpunkte waren erneu- te Infektionen, persistierende Sepsis, Dauer der Antibiotikaeinnahme sowie Amputation. Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 15

Komplikationen (z. B. Herzinfarkt, Herz- rhythmusstörungen), beatmungspflich- tiges respiratorisches Versagen, dialyse- pflichtiges Nierenversagen sowie opera- tionsbedürftige Darmischämien. Da die- se Komplikationen nicht in allen Ländern gleichermaßen registriert wurden, konn- te die FTR-Analyse nur für die Datensätze aus Australien, Neuseeland, Ungarn und der USA durchgeführt werden. Insgesamt wurden 60 273 Aortenrepara- turen ausgewertet (EVAR – 43 668; offe- ne Aortenreparatur/OAR – 16 605). Bei 4,3 % (EVAR) bzw. 18,5 % (OAR) der Pa- tienten gab es im Verlauf mindestens eine Komplikation. Kardiale und respira- torische Komplikationen traten bei bei- den Operationsmethoden am häufigsten auf (EVAR: 3 % und 1 %, OAR: 8,9 % und 5,7 %). Mit der höchsten Sterblichkeit waren allerdings die Darmischämien as- soziiert (43,6 % bzw. 43,3 %). Die FTR-Ra- ten lagen bei 10,3 % (EVAR) bzw. 15,7 % (OAR). Deutliche Unterschiede zwischen den beiden OP-Methoden gab es bei den operationspflichtigen Blutungen: diese waren bei der EVAR assoziiert mit einem FTR-Risiko von 8 %, bei der OAR hingegen mit einem Risiko von 25 %. Mit zunehmendem Operationsvolumen ließ sich eine signifikante Tendenz zu ei- ner geringeren FTR verzeichnen, sowohl bei der EVAR als auch bei der OAR, d. h. Kliniken mit dem höchsten Operations- volumen konnten im Vergleich zu Klini- ken, die diese Eingriffe selten durchfüh- ren, die geringsten FTR-Raten verzeich- nen (EVAR: 12,7 % vs. 7,6 %; OAR: 19,7 % vs. 7,6 %). Die Wahrscheinlichkeit infolge einer Komplikation zu versterben war dort 46 % (EVAR) bzw. 80 % (OAR) gerin- ger. Mit der Anzahl der Komplikationen stieg allerdings auch die FTR: von 6 % nach einer Komplikation auf bis zu 70 % nach drei oder mehr Komplikationen. FAZIT Insgesamt stützen die Ergebnisse der Studie die derzeitigen Bestrebungen der Fachgesellschaften, wonach Aor- tenreparaturen vorrangig in Kliniken mit hohem Operationsvolumen durchgeführt werden sollten. Die FTR-Raten zeigen, dass Kliniken, die diese Eingriffe seltener durchführen, sich nicht nur auf die Prävention un- erwünschter Ereignisse konzentrieren sollten sondern auch auf das recht- zeitige Erkennen und Behandeln. Al- lerdings sollte auch verhindert wer- den, dass mehrere Komplikationen auftreten, da in diesem Fall der pro- tektive Effekt des Operationsvolu- mens nicht mehr zum Tragen kommt. Stephanie Gräwert, Leipzig Aorta Aortenhalsdilatation – Unterschiede zwi- schen den Endografts Deltomme M et al. A Five-Year Computed To- mography Follow-up Study of Proximal Aortic Neck Dilatation After Endovascular Aortic Repair Using Four Contemporary Types of Endograft. Cardiovasc Intervent Radiol 2021; 44: 1384– 1393 Sowohl nach der offen-chirurgischen als auch der endovaskulären Repara- tur eines abdominellen Aortenaneu- rysmas kann es zu einer fortschrei- tenden Dilatation des proximalen Aortenhalses kommen. Am Universi- tätsklinikum im belgischen Leuven wurde untersucht, ob es hinsichtlich dieser Komplikation Unterschiede zwischen den verschiedenen verfüg- baren Endografts gibt. Deltomme und seine Kollegen haben da- für die Daten von 120 Patienten ausge- wertet, denen zwischen 2007 und 2015 im Rahmen einer endovaskulären Aor- tenreparatur (EVAR) ein Endograft vom Typ Zenith, Excluder, Endurant oder Ova- tion (je 30 Patienten) implantiert wurde. Bei ihren CT-angiografischen Messungen stellten sie postoperativ eine signifikante Zunahme des suprarenalen Aorten- durchmessers (bezeichnet als D1), ge- messen auf Höhe der A. mesenterica su- perior fest, beginnend sechs Monate (Ze- nith), ein Jahr (Ovation) bzw. zwei Jahre (Excluder) nach der EVAR. Einzige Aus- nahme war der Endurant-Endograft: eine Dilatation der Aorta war bei Patien- ten, die mit dieser Gefäßprothese ver- sorgt wurden, nicht zu verzeichnen. Anders verhielt es sich mit dem Durch- messer des renalen Segments (D2), ge- messen unterhalb der niedriger gelege- nen Nierenarterie. Eine signifikante Dila- tation dieses Segments trat bei allen En- dografts auf (Zenith/Ovation – 6 Monate postoperativ; Excluder/Endurant – 3 Jah- re postoperativ). Der maximale Durchmesser des exklu- dierten Aortenaneurysmas (D3) nahm beim Zenith-, beim Endurant- und beim Excluder-Endograft nach einem Jahr sig- nifikant ab, wohingegen bei der Ova- tion-Gefäßprothese keine signifikanten Veränderungen beobachtet wurden. Fünf Jahre nach dem Eingriff gab es hin- sichtlich des suprarenalen Aortendurch- messers bzw. des maximalen Aneurys- madurchmessers keine signifikanten Un- terschiede zwischen den verschiedenen Gefäßprothesen mehr. In allen vier Grup- pen kamen Endoleaks vom Typ 2 vor; am häufigsten betroffen waren Patienten mit einem Excluder- bzw. einem Endu- rant-Endograft (50 % bzw. 43 %). In insge- samt elf Fällen war deshalb eine Emboli- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 17

Die tatsächliche 1-Jahres-Mortalität lag nach der EVAR mit 8,2 % signifikant nied- riger als die mit 11,9 % prädizierte Morta- lität ohne EVAR (berechnet aus der prädi- zierten Mortalität unbehandelter AAA basierend auf dem Gagne-Index plus der aneurysmabedingten Mortalität ohne EVAR). Patienten mit einem Gagne-Index (nu- merischer Komorbiditätsscore) zwischen 0 und 5 verstarben signifikant seltener im ersten Jahr nach dem Eingriff als von den Autoren vorhergesagt (z. B. Gagne- Index 1: 10,5 vs. 6,6 %). Bei einem höhe- ren Gagne-Index ließen sich hingegen keine signifikanten Unterschiede zwi- schen der tatsächlichen und der prädi- zierten Sterblichkeit feststellen. Patienten mit einem großen Aortena- neurysma (ab 5,5 cm) hatten insgesamt signifikant bessere Mortalitätsraten als prädiziert (z. B. ≥ 7 cm 31,2 vs. 15,2 %), während die EVAR bei einem kleineren Aortenaneurysmadurchmesser keinen Überlebensvorteil Patienten mit einem Gagne-Index von 4 bis 5 profi- tierten nur von der Aortenreparatur, wenn das Aneurysma einen Durchmesser von 7 cm oder mehr hatte. Bei einem Gagne-Index von 0 bis 1 hingegen brach- te die EVAR den Patienten einen Überle- bensvorteil ab einem Aneurysmadurch- messer von 5,5 cm. brachte. Das Alter, eine koronare Herzerkran- kung, ein zunehmender Aneurysma- durchmesser und Gagne-Index sowie kardiovaskuläre Ereignisse erwiesen sich als unabhängige Prädiktoren der Mortali- tät älterer Patienten. Ein höherer BMI so- wie die Einnahme von Aspirin und Stati- nen waren assoziiert mit einem längeren Überleben. Aorta Mortalitätsraten nach einer EVAR im hohen Alter et al. Endovascular Aortic Repair in Patients of Advanced Age. Journal of Endovascular Therapy 2021; doi:10.1177/15266028211049342 Operative Eingriffe im hohen Alter stellen immer eine besondere He- rausforderung dar; dies gilt insbeson- dere auch für abdominelle Aorten- aneurysmen. Doch eine abwartende Haltung ist aufgrund des hohen Rup- turrisikos nicht zwangsläufig die bes- sere Alternative zur chirurgischen Be- handlung, denn eine endovaskuläre Aortenreparatur (EVAR) kann bei hochbetagten Patienten die Mortali- tätsraten sogar vermindern. Allerdings profitieren nicht alle Patienten gleichermaßen von der Aortenreparatur; so das Ergebnis einer US-amerikanischen Studie. Die Daten, die für die Studie ver- wendet wurden, stammen aus dem Re- gister der Vascular Quality Initiative (VQI). Khoury et al. konzentrierten sich bei ihrer Recherche auf Patienten im Alter von ≥ 80 Jahren, die sich zwischen 2003 und 2020 wegen eines abdominel- len Aortenaneurysmas (AAA) einer EVAR unterzogen. Auf 11 829 Patienten trafen diese Krite- rien zu. In 4,4 % der Fälle kam es periope- rativ zu schweren kardiovaskulären Er- eignissen (akute Myokardinfarkte, Herz- rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz). FAZIT Die EVAR verbessert das 1-Jahres- Überleben hochbetagter Patienten mit abdominellen Aortenaneurys- men; hauptsächlich profitieren aber Patienten mit einem großen Aortena- neurysma und niedrigen Gagne-In- dex-Werten. Die Ergebnisse der Stu- die deuten sogar darauf hin, dass eine EVAR bei kleineren Aneurysmen nicht nur keinen Benefit für die Patienten bringt sondern ihnen möglicherweise sogar schadet. Das heißt auch, dass die Therapieentscheidung nicht aus- schließlich auf dem Alter der Patien- ten basieren sollte, da nicht alle Hochbetagten ein gleichermaßen hohes OP-Risiko haben. Stephanie Gräwert, Leipzig Aorta Technik einer endo- vaskuläre Behandlung von Aortenbogenpa- thologien beschrieben Prendes CF et al. Technical Aspects of Fenestra- ted Arch TEVAR With Preloaded Fenestration. J Endovasc Ther 2021; 28: 510–518 Die thorakale endovaskuläre Aorten- reparatur mit einem fenestrierten Transplantat (f-TEVAR) hat die Mög- lichkeiten der endovaskulären Aor- tenbogenreparatur erweitert und er- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 19

Würde man, so Queiroz et al, die Aorta in diesem Moment dehnen und begradi- gen, würden die vier Drähte parallel lie- gen („virtual parallelism“-Konzept). Drei Standard-over-the-wire-Ballonka- theter (130 cm) werden nun über die lin- ke AFC entlang der durchgehenden Drähte in die supraaortalen Gefäße vor- geschoben. Der Endograft wird unter Durchleuchtung über den extrasteifen Draht verbracht. Die vorbeladenen Dräh- te (preloaded wires) werden durch die Enden der Ballonkatheter geschoben und der Endograft eingeführt. Der proxi- male Anteil wird eingesetzt und die Bal- lonkatheter über die LAB und RAB über die zugehörigen Fenestrierungen befüllt. Nach hierüber gesicherter Positionie- rung des Grafts wird dieser vollständig implantiert und beschichtete Stents an- stelle der Ballons durch die Fenestrierun- gen in die abgehenden Gefäße einge- bracht. Abschließend erfolgt eine Angio- grafie über die rechte AFC, um die Durchgängigkeit der supraaortalen Ge- fäße zu bestätigen und mögliche Endole- aks zu dokumentieren. FAZIT Die hier beschriebene Technik mit ei- nem BAT-Katheter und einem „virtual parallelism“-Konzept erlaubt sichere und schnelle endovaskuläre Eingriffe am Aortenbogen und eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten be- dingt durch einen Mehrgefäß-Ansatz der endovaskulären Aortenbogen- reparatur mit präkanülierten Zielge- fäßen. Die Vorgehensweise ermög- licht einen passgenauen Einsatz des Endografts und einen zielgerichteten Zugang zu den Fenestrierungen und minimiert notwendige Manipulatio- nen im Aortenbogen. Dr. Birgit Gappa, Penzberg und einen extrasteifen Führungsdraht in die aszendierende Aorta zu platzieren. Der Endograft wird in den Aortenbogen vorgeschoben und beschichtete Stents werden über Fenestrierungen in die ab- gehenden Gefäße implantiert. Als Graft wurde ein modifizierter Valiant Captivia thoracic Graft (Medtronic, Santa Rosa, CA, USA) verwendet. Zugänge er- folgen in die linke und rechte A. femora- lis communis (AFC) und in die linke und rechte A. brachialis (LAB resp. RAB). Ein durchgehender Draht wird als erster Schritt der Prozedur von der linken AFC in die LAB vorgeschoben. An diesem Draht entlang folgt der BAT-Katheter mit den zwei parallelen Lumen, um zu vermeiden, dass sich die folgenden Füh- rungsdrähte beim Vorschieben verwin- den bzw. aufrollen. Die distalen Enden des Katheters sind getrennt voneinander und weisen in verschiedene Richtungen. Nach Erreichen des Aortenbogens wird ein zweiter Führungsdraht durch das zweite Lumen in die Aorta ascendens vorgebracht, so dass zwei Drähte ohne gegenseitige Verschlingung in der Aorta liegen. Der Katheter kann nun entfernt werden, wobei stets darauf zu achten ist, dass sich die Führungsdrahtenden an der AFC nicht überkreuzen. Nun wird die Führungsdrahtspitze in der Aorta ascen- dens mithilfe einer Schlinge (One snare, Merit Medical, Jordan, UT, USA) durch ei- nen Zugang an der linken A. carotis (LAC) gebracht, um einen zweiten durchge- henden Draht zu erhalten. Der BAT-Ka- theter wird erneut eingeführt, dieses Mal jedoch durch die LCA entlang des neu erhaltenen durchgehenden Drahts. Nach Erreichen des Aortenbogens wird daraufhin ein dritter Führungsdraht durch das zweite Lumen vorgebracht und der Katheter wieder zurückgezogen. Mittels einer Schlinge über den Zugang an der rechten Art. brachialis wird der Draht geborgen und der Katheter daran mit Eintritt durch die linke AFC entlang- geführt. Ein extrasteifer Führungsdraht wird über das zweite Lumen in die Aorta ascendens eingeführt. Aorta Aortenstentgraft-Sys- tem: Ausrichtung der Fenestration mit nu- merischer Simulation Kliewer ME et al. Assessment of fenestrated Anaconda stent graft design by numerical simu- lation: Results of a European prospective multi- center study. J Vasc Surg 2021; doi:10.1016/j. jvs.2021.07.225 Wichtig beim Entwerfen von gefens- terten Stentgrafts zur Behandlung komplexer Aortenaneurysmen ist die genaue Positionierung der Fenestrie- rungen. Zur Planung der optimalen Ausrichtung der Fenestrationen kann die numerische Simulation (NS) unter Finite-Elemente- Verwendung der Analyse durchgeführt werden. Im Rahmen einer multizentrischen Stu- die wurde die Genauigkeit der Fenes- trationspositionierung durch NS mit der konventionellen Methode vergli- chen. Für die prospektive Beobachtungsstudie wurden Patient*innen mit juxtarenalen, pararenalen oder suprarenalen Aortena- neurysmen eingeschlossen, die mit dem an die Patientenbedürfnisse angepass- ten Fenestrated Anaconda™-System be- handelt wurden. An der Studie beteilig- ten sich 6 europäische Zentren. Zum Vergleich der Ausrichtung der Fe- nestrationen wurden der Abstand vom Zentrum der Fenestration zum proxima- len Ende des Stenttransplantats (L) und Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 21

Wachstum hin, was sich in den klinischen Befunden jedoch nicht erkennen ließ. FAZIT Die VDK ermöglicht eine umfassen- dere Darstellung des Ausmaßes und der Verteilung des Wachstums ent- lang der Aortenoberfläche als die kli- nischen Messungen. Mit einer Dauer von rund 20–30 Minuten für die Seg- mentation und 20 Minuten für die Er- fassung und den Abgleich der Bilder nimmt die VDK allerdings mehr Zeit in Anspruch. Und auch die VDK ist feh- leranfällig, insbesondere wenn Strei- fen- und Bewegungsartefakte auftre- ten, was beispielsweise in Kliniken mit älteren CT-Geräten problematisch werden könnte. Die prognostische und klinische Relevanz der VDK müsste zudem noch in größeren Pa- tientenkohorten ermittelt werden. Stephanie Gräwert, Leipzig Zentrale Venen Rivaroxaban ähnlich effektiv mit geringe- rem Blutungsrisiko Pan L et al. Efficacy and safety of rivaroxaban in cerebral venous thrombosis: insights from a prospective cohort study. J Thromb Thromboly- sis 2021; doi:10.1007/s11239-021-02595-0 Die cerebrale venöse Thrombose (CVT) ist ein seltener Subtyp des Schlaganfalls, die Inzidenz liegt bei etwa 13 Erwachsenen pro 1 Million pro Jahr. Der thrombotische Ver- schluss der zerebralen venösen Sinus beeinträchtigt die Dränage und Ab- sorption von Liquor. Es kann sich da- raus eine Vielzahl von klinischen Syn- dromen ergeben. Die verzögerte Re- kanalisation kann zu einer schweren intrakraniellen Hypertension oder sogar Herniation führen, die wieder- um in einem schlechten klinischen Outcome oder sogar dem Tod resul- tieren kann. Rivaroxaban als neues orales Antikoagulans (NOAK) inhi- biert direkt Faktor Xa und wird als Al- ternative zu Warfarin beim Manage- ment von Thrombosen eingesetzt. Die vorliegende prospektiven Kohorten- studie von Pan und Kollegen aus Peking verglich die Effektivität und Sicherheit von Rivaroxaban mit Warfarin bei der Be- handlung von CVT in einem Real-World- Setting. Dazu wurden Patienten von Au- gust 2016 bis Januar 2020 eingeschlos- sen und nachbeobachtet. Patienten wur- den in zwei Behandlungsarme aufgeteilt: Rivaroxaban (15 bis 20 mg pro Tag) oder Warfarin (dosisadjustiert nach INR). Die Gruppen wurden 1:2 gematcht nach Pro- pensity-Score. Das Effektivitätsoutcome war die Rekanalisation in der MR-Phlebo- grafie. Zusätzlich wurden Thrombuslast, CVT-Rezidiv und modifizierte Rankin- Skala verglichen. Das Sicherheitsoutco- me war eine Major-Blutung. Ergebnisse Während des sechsmonatigen Follow- ups kam es bei 29 Patienten (87,9 %) in der Rivaroxaban-Gruppe und bei 38 Pa- tienten (77,6 %) in der Warfarin-Gruppe zur Rekanalisation (OR: 1,44; 95 %-KI 0,63–3,30). Die Thrombosereduktion nach sechs Monaten erreichte keinen statistisch signifikanten Unterschied. CVT-Rezidive zeigten sich in beiden Gruppen nicht. In der Rivaroxaban-Grup- pe wurden bei allen Patienten günstige funktionale Outcomes erzielt, in der Warfarin-Gruppe blieb bei einem Patien- ten eine dauerhafte Behinderung zurück. Major-Blutungen traten in beiden Grup- pen nicht auf. In der Warfarin-Gruppe wurde jedoch bei 9 Patienten (18,4 %), in der Rivaroxaban-Gruppe dagegen nur bei zwei Patienten (6,1 %) über Minor- Blutungskomplikationen berichtet. FAZIT Die Autoren schließen, dass Rivaroxa- ban einen ähnlichen oder sogar stär- keren Effekt bei der CVT-Rekanalisa- tion und der Prävention eines Rezidivs haben könnte. Die Inzidenz einer Blu- tung ist möglicherweise in der chine- sischen Population geringer. Die Autoren merken an, dass ihre Stu- dienergebnisse durch die relativ ge- ringe Teilnehmerzahl und unerkann- tes Confounding eingeschränkt sein könnten. Daher sind prospektive ran- domisierte Studien mit großer Teil- nehmerzahl zur Bestätigung der vor- liegenden Studienergebnisse not- wendig, so schließen sie. MOR Dr. med. Benedikt Lampl, Regensburg Zentrale Venen PE-Behandlungsmaß- nahmen eines Lungen- embolie-Reaktions- teams validiert Iskandar JP et al. The safety and efficacy of sys- temic versus catheter-based therapies: applica- tion of a prognostic model by a pulmonary em- bolism response team. J Thromb Thrombolysis 2021; doi:10.1007/s11239-021-02576-3 Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 23

Letztere hatten im Mittel ein geringeres Einkommen als die anderen beiden Gruppen (47 702 US-Dollar ($) vs. 50744$ bzw. 50 609 $). Unter den Patienten mit CLTI fanden sich überproportional viele Schwarze (39,2 % vs. 27,9 % bzw. 25,6 %) und Menschen, die Anspruch auf die bei- den US-amerikanischen Gesundheitsfür- sorgeprogramme Medicaid und Medi- care hätten (Medicaid-Dual-Enrollment/ MDE; 31,7 % vs. 21,5 % bzw. 20,5 %). Die- se Programme sind u. a. für Menschen mit geringem Einkommen gedacht, dementsprechend war das MDE ein Maß für den sozioökonomischen Status der Patienten. Obwohl Patienten mit CLTI häufiger Nichtraucher waren, war ihre Komorbidi- tätsrate höher als bei asymptomatischen und CI-Patienten (Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz, Nierenerkrankungen). Außerdem gab es in ihrer Vorgeschichte vergleichsweise weniger Revaskularisa- tionseingriffe und mehr Extremitäten- amputationen. Ereignisrate In der CLTI-Gruppe ließ sich die höchste vaskuläre (zusammenge- setzt aus Gesamtmortalität, Myokardin- farkten, Schlaganfällen, Revaskularisa- tionen und Amputationen der unteren Extremität) feststellen. Sie lag mit 66 % deutlich höher als in den anderen beiden Gruppen (24,9 % bzw. 32,9 %). Zwar wa- ren Mortalitäts-, Gesamthospitalisie- rungs- sowie die Revaskularisations- und Amputationsrate bei den CLTI-Patienten am höchsten (22,7 %, 65,9 %, 35 %, 28,3%); doch die Myokardinfarkt- und die Schlaganfallraten waren vergleichs- weise gering (6,1 %, 6,3 %). Der Schweregrad der paVK, cerebrovas- kuläre Erkrankungen, Herz- und Niere- ninsuffizienz, ein pathologischer Knö- chel-Arm-Index (ABI) sowie eine hohe Krankheitslast waren assoziiert mit den vaskulären Ereignisraten. CLTI, MDE, Herz- und Niereninsuffizienz, Demenz, vorherige Amputationen und ein patho- logischer ABI gingen zudem mit einem höheren Sterblichkeitsrisiko einher. Wei- terhin bestand eine unabhängige Asso- ziation zwischen CLTI, schwarzer Haut- farbe, Demenz, vorheriger Amputation und einem erhöhten Amputationsrisiko. FAZIT Die Ausprägung der Symptomatik er- wies sich als unabhängiger Prädiktor für vaskuläre Ereignisse: das Risiko für solche Ereignisse war bei Patienten mit Claudicatio intermittens bzw. kri- tischer Extremitätenischämie im Ver- gleich zu den asymptomatischen Pa- tienten 1,45– bzw. 3,5-fach erhöht. Doch auch die Hautfarbe und der sozioökonomische Status haben Ein- fluss auf die Behandlung und das Outcome. Derzeit profitieren also offenbar nicht alle paVK-Patienten gleichermaßen von einer optimalen Therapie und Präventionsmaßnah- men. Stephanie Gräwert, Leipzig Extremitätenarterien Gute Korrelation von Fragebogen und Geh- test Poredos P et al. Walking Impairment Question- naire and Walking Tests are Reliable Indicators of Success of Treatment of Peripheral Artery Disease. Angiology 2021; doi:10.1177/ 00033197211045281 und Die periphere arterielle Verschluss- krankheit (paVK) ist mit signifikanter Morbidität kardiovaskulärer Mortalität assoziiert. Patienten mit paVK leiden auch unter fortschrei- tenden funktionellen Einschränkun- gen und beeinträchtigter Lebensqua- lität. Mit dem Fortschreiten der Er- krankung steigt das Risiko für kardio- vaskuläre Komplikationen und die Li- mitationen bei der Absolvierung un- terschiedlicher Alltagsaktivitäten. Studien zeigen bislang eine fehlende Korrelation zwischen den Ergebnis- sen der Bildgebung bzw. lokaler Per- fusionstests und funktionalen Unter- suchungen. Die funktionelle Kapazi- tät von Patienten mit paVK stellt ei- nen wichtigen Indikator der Patien- tengesundheit und der Lebensquali- tät dar. impairment Autoren um Poredos aus Ljubljana unter- suchten in ihrer prospektiven Single- Center-Studie die Validität von Fragebö- gen zur Einschränkung der Gehfähigkeit (walking questionnaire, WIQ) und Geh-Tests für die Einschätzung des therapeutischen Effekts nach Revas- kularisation an der unteren Extremität. Ihre Studie schloss 36 Patienten mit paVK und erfolgreicher perkutaner Re- vaskularisation der unteren Extremität ein, die Indikation war jeweils eine behin- dernde intermittierende Claudicatio. Vor der Intervention und 4–6 Wochen nach der erfolgreichen Revaskularisation wur- den eine klinische Untersuchung, die Er- hebung des Ankle-Brachial-Index (ABI), ein 6-Minuten-Geh-Test, ein Laufband- test und ein WIQ angewandt. Ergebnisse Nach der Revaskularisation ergab sich eine signifikante Verbesserung der Geh- fähigkeit im 6-Minuten-Geh-Test und auf dem Laufband genauso wie in der Er- hebung mittels des WIQ. Die Summe der WIQ-Punkte war invers korreliert mit al- len Geh-Tests: 6-Minuten-Geh-Test (r = – 0,573; p < 0,015), initiale Claudicatio- Distanz auf dem Laufband (r = 0,427; p = 0,033), maximale Distanz auf dem Lauf- band (r = –0,528; p = 0,07) und die Clau- dicatio-Distanz nach Patientenangaben (r = –0,433; p = 0,01). Die Zunahme des ABI war nur grenzwertig. Der ABI war nur signifikant korreliert mit der maxi- malen Gehstrecke auf dem Laufband. Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 25

Extremitätenarterien Nicht-invasive Techni- ken zur Überwachung bei endovaskulärer Revaskularisation Gunnarrson T et al. Intraprocedural Transcuta- neous Oxygen Pressure and Systolic Toe Pressu- re Measurements During and After Endovascular Intervention in Patients with Chronic Limb Threatening Ischaemia. Eur J Vasc Endovasc Surg 2021; doi:10.1016/j.ejvs.2021.06.009 Schwedische Chirurgen wollten mit dieser Studie Veränderungen des transkutanen Sauerstoffdrucks (tcpO2) und des systolischen Zehen- drucks (TP) während einer endovas- kulären Intervention bewerten. Für ihre prospektive, nicht randomisierte Machbarkeitsstudie rekrutierten die Au- toren Patient*innen mit chronischer gliedmaßenbedrohende Ischämie (CLTI) aufgrund infrainguinaler Erkrankungen, die für eine endovaskuläre Behandlung vorgesehen waren. Die Patient*innen wurden zwischen März 2018 und Dezem- ber 2019 in die Studie eingeschlossen und über 200 Tagen nachbeobachtet. Der transkutane Sauerstoffdruck wurde während des gesamten Eingriffs und bei der Nachuntersuchung beidseitig auf Fußhöhe kontinuierlich gemessen. Mes- sungen erfolgten zu definierten Zeit- punkten vor und während der Interventi- on, um einen Vergleich vor der arteriel- len Punktion zu finden. Diese Werte wa- ren der durchschnittliche tcpO2 und zwar 5 Minuten vor der perkutanen transluminalen Angioplastie (PTA), 10 Minuten nach PTA sowie nach Beendi- gung der Intervention. Die bilateralen systolischen Zehendrucke wurden mit- tels Laser-Doppler-Flowmetrie vor der Punktion der Arterie, nach Interventions- abschluss und bei der klinischen Nachun- tersuchung aufgezeichnet. Die erfolgrei- che Revaskularisation wurde mittels Bild- gebung analysiert und vaskuläre Läsio- nen mit dem Gobal-Limb-Aanatomic- Staging-System (GLASS) eingeordnet. Er- fasst wurden die Klassifikationen nach Rutherford und das Ausmaß der Wunde, der Infektion und der Ischämie (Wound, Ischemia, and Foot Infection) mittels WIfl-Klassifikation in Beziehung gesetzt. Darüber hinaus wurde das klinische Er- gebnis dokumentiert. Von insgesamt 29 eingeschlossenen Pa- tient*innen beendeten 21 die Studie. Das mediane Alter dieser Personen lag bei 77 Jahren, 9 waren weiblich. Die WIfl-Klassifikation erreichte das Stadium 3 und der femoropopliteale CLASS-Score betrug 3, der infrapopliteale GLASS-Grad hat den Wert 2. Eine Rutherford-Grad IV hatten 8 und einen Rutherford-Grad V hatten 13 Patient*innen. Die finalen Angiogramme zeigten bei al- len außer zwei Patient*innen einen Inli- ne-Flow zum Fuß. Die mediane Zeit bis zur Nachuntersuchung betrug 10 (8–13 Wochen) und bei allen Patient*innen, bis auf einen, kam es zu klinischen Ver- besserungen. Der mediane tcpO2 zu Stu- dienbeginn vor der Punktion der Arterien betrug 24,4 mm Hg und sank im An- fangsstadiums der Intervention signifi- kant ab, und zwar median um 6 mm Hg vom Zeitpunkt vor der arteriellen Punkti- on bis zu durchschnittlich 5 Minuten vor der PTA (p < 0,001). Bis zum Ende der In- tervention erholte sich dieser Wert nicht auf die Werte der Ausgangsmessungen. Allerdings kam es zu einem signifikanten Anstieg des tcpO2 bei der Nachuntersu- chung um median 14,7 mm Hg (p < 0,001). Der mediane systolische Zehendruck zu Beginn betrug 25,0 mm Hg. Der mediane TP stieg während der Intervention signi- fikant um 13 mm Hg an(p < 0,001). Beim Follow-up war dieser Wert um 30 mm Hg im Vergleich zum Ausgangswert sta- tistisch signifikant angestiegen (p < 0,001). FAZIT Die tcpO2- und TP-Messungen sind si- chere und praktikable, nicht invasive Techniken zur hämodynamischen Überwachung während einer endo- vaskulären Revaskularisation, so das Autorenteam. Der mediane systoli- sche Zehendruck stieg unmittelbar nach der erfolgreichen Intervention signifikant an, während dies für den transkutanen Sauerstoffdruck nicht feststellbar war. Sowohl TP als auch tcpO2 waren aber bei den Nachunter- suchungen nach 10 Wochen signifi- kant angestiegen. Richard Kessing, Zeiskam Extremitätenarterien Langzeitergebnisse nach distalem Bypass bei Extremitäten-be- drohender Ischämie Kobayashi T et al. Does the Global Limb Anato- mic Staging System Inframalleolar Modifier In- fluence Long Term Outcomes of Chronic Limb Threatening Ischaemia after Distal Bypass?. Eur J Vasc Endovasc Surg 2021; doi:10.1016/j. ejvs.2021.07.010 Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 27

die, einer prospektiven Multi-Center-Ob- servationsstudie aus. Outcome-Maße waren die krankheitsspezifische Lebens- qualität mittels des Vascular-Quality-of- Life- (VascuQO-) Fragebogens und die Schort-Form- (SF-) 36 evaluierte generi- sche Lebensqualität, die zum Zeitpunkt t0 sowie 3, 12, 24 und 36 Monate nach Behandlung erhoben wurden. Das Out- come-Maß war die Veränderung der Le- bensqualität bezogen auf den Ersterhe- bungszeitpunkt. Eine halbe Standardab- weichung vom Ausgangswert wurde als Cut-off für verbesserte, verschlechterte oder unveränderte Lebensqualität ver- wendet. Ergebnisse Insgesamt verbesserte sich die Lebens- qualität bei 61 % der Patienten im Vascu- QOL und circa 40 % im SF 36. Allerdings nahm dieser Anteil graduell auf 21–31 % nach 3 Jahren ab. Der Anteil der verstor- benen Patienten nahm auf der anderen Seite graduell über 3 Jahre Nachbeob- achtungszeit zu. Die multivariable Analy- se zeigte, dass ein präoperativer Status mit Geheinschränkungen invers mit ver- besserte Lebensqualität nach 3 Monaten im VascuQOL und im SF 36 für die men- talen Komponenten assoziiert war; die chirurgische Rekonstruktion war positiv mit diesen Maßen assoziiert. Fortge- schrittenes Alter und Nierenversagen waren invers mit verbesserte Lebensqua- lität für die mentalen Komponenten im SF 36 und VascuQOL nach 1 bis 3 Jahren assoziiert. FAZIT Die Studie zeigte Details zur Lebens- qualität über die Zeit bei CLTI-Patien- ten auf, die revaskularisiert worden waren und konnte einige unabhängi- ge Prädiktoren für eine verbesserte Lebensqualität identifizieren. Die Re- vaskularisation verbesserte die Le- bensqualität bei 30–60 % der Patien- ten innerhalb des 3-Jahres-Nachbe- obachtungszeitraums. Allerdings war der Benefit für Patienten in fortge- schrittenem Alter und mit Nierenver- sagen limitiert. Die erhobenen Be- funde liefern zusätzliche empirische Daten für patientenorientierte Out- comes. Limitiert wird die Aussage den Autoren zufolge unter anderem durch das observationelle Design. Daher schließen sie, dass prospektive ran- domisierte Multi-Center Studie not- wendig sind, insbesondere auch um Unterschiede zwischen endovaskulä- rer Therapie und chirurgischem By- pass zu bewerten. MOR Dr. med. Benedikt Lampl, Regensburg Extremitätenarterien System zur Litho- tripsie schwer behan- delbarer kalzifizierte Unterschenkelarterien Adams G et al. Intravascular Lithotripsy for Treatment of Calcified Infrapopliteal Lesions: Results from the Disrupt PAD III Observational Study. J Endovasc Ther 2021; doi:10.1177/ 15266028211032953 US-amerikanische Kardiologen beur- teilten Sicherheit und Wirksamkeit der intravaskulären Lithotripsie (IVL) mit dem Kathetersystem Shockwave S4 in einer All-Comers-Kohorte von Patient*innen mit kalzifizierten infra- poplitealen Läsionen. Im Rahmen der „Disrupt PAD III-Beob- achtungsstudie“ sollte die akute Leis- tungsfähigkeit des Shockwave S4 Litho- plastik-Systems zur Behandlung von de novo verkalkten, stenotischen periphe- ren Arterien bewertet werden. In die Stu- die konnten Patient*innen aufgenom- men werden, wenn sie an einer Claudica- tio oder kritischen Extremitätenischämie (CLI) litten, und mindestens eine mode- rate, durch Angiografie beurteilte, Kalzi- fizierung aufwiesen. Studienziel der pro- spektiven, multizentrischen, einfachblin- den, randomisierten Studie war der Ver- gleich der Lithoplastik-Behandlung in Kombination mit einem medikamenten- beschichteten Ballonkatheter (DCB) im Vergleich Standard-Ballon-Angio- plastie in Kombination mit DCB zur Be- handlung mittelschwerer und stark ver- kalkter femoropoplitealer Arterien. zur In einer Subanalyse wurden Patient*in- nen konsekutiv eingeschlossen, bei de- nen eine Behandlung von infrapoplitea- len Arterien mit dem Shockwave S4 IVL- Katheter erfolgte, und die Bildgebung durch ein unabhängiges angiografisches Labor bewertet wurde. Diese Auswer- tung ist Inhalt der Publikation. Im Studienzeitraum von Juli 2018 bis Au- gust 2020 wurden 101 Patient*innen mit 114 kalzifizierten, infrapoplitealen Arte- rien in 15 Zentren aus den USA, Neusee- land und Deutschland in die Studie ein- geschlossen, die mit dem Shockwave S4 Lithoplastik-System behandelt wurden. Das Durchschnittsalter lag bei 72,5 ± 9,7 Jahren, 76 Personen waren männlich. Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 29

FAZIT Im Gegensatz zu den rein femoropo- plitealen Gefäßverschlüssen ließen sich bei der Behandlung rein tibialer Gefäßläsionen Unterschiede zwischen den drei verschiedenen Atherekto- mietechniken feststellen – für die Au- toren ein Hinweis darauf, dass nicht alle Techniken gleichermaßen für alle Gefäße geeignet sind. Insgesamt sind aber noch weitere Studien notwen- dig; auch um den Stellenwert der Atherektomie bei der Behandlung der peripheren arteriellen Verschluss- krankheit zu ermitteln. Stephanie Gräwert, Leipzig Extremitätenarterien Darstellung der Extremitätengefäße mit Digitaler Varianz- angiografie Thomas RP et al. Digital Variance Angiography in Selective Lower Limb Interventions. J Vasc Interv Radiol 2021; doi:10.1016/j.jvir.2021.09.024 Bildgebung. Minimalinvasive endovaskuläre Ein- griffe erfordern eine qualitativ hoch- wertige Inzwischen steht dafür eine neue Technik zur Verfügung: die Digitale Varianzan- giografie (DVA). Sie bietet gegenüber der standardmäßigen Digitalen Sub- traktionsangiografie einige Vorteile; beispielsweise verstärkt die (DSA) Auch die CO2-DVA waren qualitativ signi- fikant besser als die DSA-Aufnahmen (3,1 vs. 3,63 bzw. 3,38 Punkte). In den femoralen, poplitealen und cruralen Re- gionen lieferte hier allerdings nur die DVA1 eine signifikant bessere Bildquali- tät als die DSA. Die geringste Differenz zwischen den kontrastmittelgestützten und CO2-DSA-Bildern und den DVA-Auf- nahmen bestand bei den femoralen Ge- fäßregionen; am stärksten war der Un- terschied am Unterschenkel. Zwar hat die DVA2 einen verbesserten Rauschfilter, was das CNR erhöht, doch die Studie zeigt auch, dass der CNR- Wert allein nicht ausreichend zu sein scheint, um die Bildqualität zu beurtei- len, denn ein höheres CNR resultierte hier nicht automatisch in einer besseren subjektiven Bewertung der Bildqualität. FAZIT Unabhängig vom verwendeten Kon- trastmittel ist die DVA der DSA über- legen, auch bei der selektiven Angio- grafie. Mit der DVA könnten somit möglicherweise wiederholte Kon- trastmittelgaben vermieden und die Strahlendosis reduziert werden, was sowohl für die Patienten als auch für das medizinische Personal von Vorteil wäre. Da die DVA2 im Vergleich keine bessere Bildqualität liefern konnte als die DVA1, empfehlen die Autoren für die selektive Angiografie der unteren Extremitäten den Standardalgorith- mus. Stephanie Gräwert, Leipzig DVA das Kontrastmittelsignal und un- terdrückt das Bildrauschen, wodurch sich die Bildqualität verbessert. Um auch bei geringer Strahlung und/ oder Kontrastmitteldosierung eine hohe Bildqualität zu erreichen, wurde eine neue DVA-Technik (DVA2) entwickelt, die das Bildrauschen noch weiter redu- ziert und somit eine noch bessere Bildge- bung ermöglichen soll als die Standard- technik (DVA1). Thomas et al. haben die beiden DVA-Algorithmen miteinander und mit der selektiven DSA verglichen, um zu ermitteln, welche Bildgebung am besten geeignet ist, um Gefäße der unte- ren Extremitäten darzustellen. Ausgewertet wurden 112 Jodkontrast- mittelaufnahmen und 40 CO2-Angiogra- fieaufnahmen von insgesamt 28 Patien- ten mit peripherer arterieller Verschluss- krankheit (paVK). Sechs Radiologen sich- teten die Aufnahmen und bewerteten die Bildqualität mit ein (schlechte Quali- tät, für die Diagnose ungeeignet) bis fünf Punkten (ausgezeichnete Qualität, deutlich größerer Detailreichtum als Routineaufnahmen, erleichtert die klini- sche Entscheidungsfindung). Unabhängig vom Algorithmus und dem verwendeten Kontrastmittel war das Kontrast-Rausch-Verhältnis (CNR) der DVA-Aufnahmen signifikant höher als das der DSA-Bilder. Je nach anatomischer Region variierte das CNR bei der Jodkon- trastmittel-DVA zwischen 15,9 (DVA1, talocrural) und 31,4 (DVA2, femoral) und bei der CO2-DVA zwischen 7,7 (DVA2, popliteal) und 14,3 (DVA2, femo- ral). Jodkontrastmittelgruppe wurde In der die Bildqualität der DVA-Aufnahmen in allen anatomischen Regionen und im Ge- samtvergleich signifikant höher bewer- tet als die der DSA. Im Mittel wurden für die DSA 3,61 Punkte vergeben (3 – mitt- lere Bildqualität, Hauptgefäße auswert- bar, Diagnostik fraglich ab einem Gefäß- durchmesser von weniger als 2,5 mm). Bei den DVA-Aufnahmen waren es hinge- gen 4,3 (DVA1) bzw. 4,33 Punkte (DVA2; 4 – gute Bildqualität, auch kleinere Gefä- ße beurteilbar, geeignet für den tägli- chen Gebrauch). Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 31

Zur Behandlung peripherer Venen- obstruktionen wurden früher meist unbeschichtete Metallstents einge- setzt, die eigentlich für Arterien ent- wickelt wurden. Da Arterien und Ve- nen sich in ihrer Wandstruktur deut- lich unterscheiden und unterschied- lichen Drücken standhalten müssen, sind inzwischen auch Stents für das venöse System verfügbar. Dazu ge- hört auch das Venovo-Stentsystem, das in der vorliegenden Studie viel- versprechende liefern konnte. Ergebnisse Eingeschlossen in die Studie wurden 170 Patienten mit symptomatischer, nicht maligner Abflussstörung der iliakalen oder femoralen Venen; 93 Patienten lit- ten unter einem postthrombotischen Syndrom (PTS), 77 unter symptomati- schen nicht thrombotischen iliakalen Ve- nenläsionen (NIVL). Weitere Einschluss- kriterien waren ein CEAP-Score von ≥ 3 oder ein Venous Clinical Severity Score (VCSS) von ≥ 2. Bei den 170 Patienten kamen insgesamt 219 Stents zum Einsatz, denn in einigen Fällen waren mehrere Gefäße betroffen. Technisch erfolgreich war die Stentim- plantation bei allen Patienten, d. h. alle Stents konnten erfolgreich an der inten- dierten Stelle eingesetzt werden und die Läsion adäquat überdecken. Die Restste- nose lag dann noch bei durchschnittlich 14,3 %; vorher waren es im Schnitt 75,7%. Auch die prozedurale Erfolgsrate war mit 98,8 % sehr hoch: nur in zwei Fäl- len traten nach dem Eingriff uner- wünschte Ereignisse in Form einer Stent- thrombose auf. Stentembolien, -migra- tionen oder -frakturen kamen nicht vor. Eine Zielgefäß- bzw. Zielläsions-Revasku- larisation war auch drei Jahre nach dem Eingriff in den meisten Fällen nicht not- wendig (88,1 %). Nach der Stentimplantation besserten sich die Beschwerden der Patienten sig- nifikant (VCSS-Wert: –1,7 Punkte; Chro- nic Venous Quality-Questionnaire/CI- VIQ-20: –15,7 Punkte). Die primären Of- fenheitsraten nach zwölf Monaten lagen bei 88,6 %, wobei die Offenheitsraten der PTS-Patienten geringer waren als die der NIVL-Gruppe (81,7 % vs. 97,1 %). Meist traten in den ersten 30 Tagen keine unerwünschten Ereignisse auf (93,5%), wobei auch hier die PTS-Patien- ten vergleichsweise schlechter abschnit- ten (88,2 % vs. 100 %). In dem dreijähri- gen Beobachtungszeitraum gab es ins- gesamt sechs Todesfälle; Todesursachen waren vor allem Karzinome und Myo- kardinfarkte. FAZIT Auch drei Jahre nach der Implantation waren die Venovo-Stents überwie- gend noch durchgängig und intakt und die Reinterventionsraten gering. Inzwischen sind in den USA vier ver- schiedene Stentsysteme für venöse Gefäße zugelassen. Um die Unter- schiede zwischen diesen Stents und dem Venovo-System zu ermitteln, sind weitere Studien notwendig. Stephanie Gräwert, Leipzig Extremitätenvenen PICC-Katheteranlage bei Venenstenose – drei Methoden im Vergleich Kim SH, Hur S et al. Outcomes of Venoplasty- Assisted, Peripherally Inserted Central Catheter Placement in Patients with Upper-Arm Venous Stenosis: Comparison with Midlines and Contra- lateral Placement. J Vasc Interv Radiol 2021; doi:10.1016/j.jvir.2021.10.014 PICC-Katheter (Peripherally Inserted Central Catheter) sind aus der Inten- sivmedizin nicht mehr wegzudenken. Ein bekanntes Risiko dieser ansons- ten eher komplikationsarmen Kathe- ter sind Venenstenosen, die spätere Venenpunktionen erschweren oder sogar verhindern können. Liegt eine solche Stenose bereits vor, sollte ein PICC-Katheter auf der kontralatera- len Seite angelegt oder mit einer PTA kombiniert werden. So das Ergebnis einer koreanischen Studie. PICC-Katheter die nach einer perkutanen transluminalen Angioplastie (PICC + PTA) im Zielgefäß gelegt werden, können sig- nifikant länger am Patienten verbleiben ohne dass Komplikationen auftreten als Mittellinienkatheter (MK), die nach an- giografischer Sicherung von Kollateral- gefäßen distal der Stenose platziert wer- den. Außerdem ist das Risiko für eine Ka- theterdysfunktion es kommt signifikant seltener zu kathete- rassoziierten Infektionen. geringer und In der vorliegenden Studie konnte der Katheter bei allen 57 Patienten der PICC + PTA-Gruppe erfolgreich platziert wer- den; die durchschnittliche Verweildauer lag bei 49,7 Tagen. In den anderen bei- den Gruppen konnten die Katheter nur 28,7 (kontralaterale Katheter/KK, 10 Pa- tienten) bzw. 15,1 Tage (MK, 20 Patien- ten) am Patienten verbleiben. Lag die Ka- theterspitze des MK in der Subclavia war die Verweildauer des PICC-Katheters zwar etwas länger als bei Lage in der axil- lären Vene; statistisch signifikant war dieser Unterschied allerdings nicht. Die klinischen Erfolgsraten (d. h. Verwen- dung des Katheters während der gesam- ten Hospitalisierung möglich, Entfer- nung erst kurz vor der Entlassung bzw. nach Beendigung der Therapie) lagen zwischen 50 % (MK) und 86 % (PICC + PTA), wobei auch die kontralaterale PICC-Anlage überwiegend erfolgreich war (80 %). Die Stenosen der hier untersuchten Patienten lagen meist in der V. subcla- via (46 %) und der V. brachiocephalica (33,3 %); die Axillarvene war nur bei einem Fünftel der Patienten stenosiert. Venenrupturen wurden während der Ka- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 33

FAZIT Mittelschwer erkrankte, stationär be- handelte COVID-19-Patienten können von einer therapeutischen Heparin- gabe profitieren. Denn durch die me- dikamentöse Gerinnungshemmung kann die Sterbewahrscheinlichkeit signifikant um 78 % reduziert werden. Prospektive Studien sollten nun die Wirksamkeit verschiedener Arten und Dosierungen von Gerinnungshem- mern in unterschiedlichen Patienten- gruppen ermitteln. Stephanie Gräwert, Leipzig Embolisation Heparin bei COVID-19: Standard- und Inter- mediärdosis im Ver- gleich Smadja DM et al. Intermediate- vs. Standard- Dose Prophylactic Anticoagulation in Patients With COVID-19 Admitted in Medical Ward: A Propensity Score-Matched Cohort Study. Front Med 2021; 8: 747527 Seit durch Obduktionsstudien be- kannt wurde, dass sich bei einer CO- VID-19-Pneumonie kleine Thromben in den Lungengefäßen bilden, gehört die medikamentöse Gerinnungshem- mung mit Heparin zu den wichtigsten therapeutischen Maßnahmen bei CO- VID-19. Ob die prophylaktische Gabe von Heparin dabei in der Intermediär- oder der Standarddosierung erfolgt, macht für stationär behandelte Pa- tienten keinen Unterschied. So das Ergebnis einer französischen Studie. Smadja und seine Kollegen haben dafür die Daten der multizentrischen Critical- COVID-19-France-Studie (CCF) genutzt, an der 24 Kliniken teilgenommen hatten und daraus zwei Patientenkohorten ge- bildet. Die meisten (783) erhielten Hepa- rin in der Standarddosierung (SD, einmal täglich niedermolekulares Heparin sub- kutan oder als Infusion). Bei den übrigen 261 Patienten erfolgte die Heparingabe zweimal täglich in der höheren interme- diären Dosierung (ID). Die Dosierungen basierten auf den Empfehlungen der In- ternationalen Gesellschaft für Thrombo- se und Hämostase und den französi- schen Leitlinien. Unter den Patienten waren überwiegend Männer (62,5 vs. 37,5 %); der BMI lag im Mittel bei 28,6 kg/m

Patientengruppe erwies sich die Throm- bophilie als unabhängiger Risikofaktor. Größere Blutungen (d. h. Hämoglobinab- fall um mindestens 2 g/dl, Transfusion von mindestens zwei Einheiten oder symptomatische Blutung in einer kriti- schen Körperregion) traten bei 108 Pa- tienten während der Antikoagulation auf. Ein Alter von 75 oder höher, männli- ches Geschlecht, eine größere Blutung in der Vorgeschichte und eine Thrombozy- topenie waren dabei unabhängig assozi- iert mit einem erhöhten Blutungsrisiko. FAZIT Die Beendigung der Antikoagulation erwies sich bei Thrombosepatienten mit mittlerem Rezidivrisiko als sehr starker unabhängiger Risikofaktor für rezidivierende Thrombembolien. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstützen damit die derzeitigen Empfehlungen der Fachgesellschaf- ten für diese Patienten hinsichtlich einer erweiterten Antikoagulation von unbestimmter Dauer. Dabei soll- ten allerdings auch die Risiken der medikamentösen Gerinnungshem- mung beachtet werden. Um prädik- tive Scores zu entwickeln, die sowohl das Blutungs- als auch das Rezidiv- risiko berücksichtigen, wären aller- dings noch weitere Studien notwen- dig, so die Autoren. Stephanie Gräwert, Leipzig Medikamentöse Therapie Antikoagulation: Sichere Durchführung dringlicher OPs durch Idarucizumab Levy JH, van Ryn J et al. Dabigatran Reversal With Idarucizumab in Patients Requiring Urgent Surgery. A Subanalysis of the RE-VERSE AD Stu- dy. Annals of Surgery 2021; 274: e204–e211 Gerinnungshemmer Um das Blutungsrisiko antikoagulier- ter Patienten bei dringlichen oder notfallmäßigen operativen Eingriffen zu senken, können Antidots gegen die gegeben werden. Ein solches Antidot ist bei- spielsweise Idarucizumab, das die Wirkung von Dabigatran aufhebt. Idarucizumab wurde in der interna- tionalen, multizentrischen RE-VERSE AD-Study (Reversal Effects of Idaruci- zumab in Patients on Active Dabiga- tran) an über 500 Patienten getestet. Levy und seine Kollegen nutzten die Da- ten dieser Studie, um das klinische Out- come von 202 Patienten zu untersuchen, die mit Dabigatran behandelt wurden und sich dringlichen Eingriffen unterzie- hen mussten. Zu diesen Eingriffen zähl- ten hauptsächlich Operationen (69 %), vor allem abdominelle, orthopädische und vaskuläre Interventionen aber auch andere dringliche, invasive Maßnahmen (28 %) wie Drainageanlagen oder Kathe- tereingriffe. In 2,5 % der Fälle konnten die Eingriffe wegen Kreislaufinstabilität nicht durchgeführt werden. Häufigste Indikation für die Gabe von Da- bigatran war die Schlaganfallprävention bei vorbestehendem Vorhofflimmern (≥ 94 %). Um die gerinnungshemmende Wirkung aufzuheben, erhielten die Pa- tienten vor dem Eingriff 5 g Idarucizu- mab intravenös in Form zweier Bolusga- ben im Abstand von maximal 15 Minu- ten. Zwischen der letzten Einnahme des Gerinnungshemmers und und der Gabe des Antidots waren zwischen elf und 25 Stunden vergangen; zwischen erster Ida- rucizumabgabe und Beginn des Eingriffs waren es im Mittel 1,2 bis 1,9 Stunden (einzige Ausnahme: Neurochirurgie: 3,3 Stunden). Wegen eines Wiederanstiegs der Dabigatrankonzentration nach 24 Stunden musste vier Patienten eine zu- sätzliche Idarucizumabdosis verabreicht werden. Bei nahezu allen Patienten konnte Idaru- cizumab innerhalb von Minuten die ge- rinnungshemmende Wirkung von Dabi- gatran vollständig aufheben. Eine Durch- führung der Eingriffe unter normaler Hä- mostase war in über 90 % der Fälle mög- lich. Nur wenige Patienten hatten eine leicht abnorme Gerinnung (d. h. es ka- men kontrollierbare Blutungen vor); schwere, nicht stillbare Blutungen traten nicht auf. Meist konnte Dabigatran inner- halb von wenigen Tagen nach dem Ein- griff wieder angesetzt werden. In den ersten 30 Tagen nach den Opera- tionen bzw. sonstigen Eingriffen verstar- ben 7,9 % bzw. 21 % der 202 Patienten (insgesamt 12,6 %; 90-Tages-Mortalität 18,3 %). In der Kathetergruppe lag die 30-Tages-Mortalität bei 34,5 %; Todesur- sachen waren in diesen Fällen u. a. septi- scher Schock, Multiorganversagen, Peri- tonitis und/oder ein Kreislaufschock. Nur sieben Patienten erlitten in den ers- ten 24 Stunden nach OP bzw. sonstiger Intervention eine Blutung, die jedoch in keinem der Fälle tödlich endete. Throm- bosen traten in dieser Zeit bei zehn Pa- tienten auf; in der Hälfte der Fälle war die medikamentöse Gerinnungshem- mung zu diesem Zeitpunkt bereits wie- der angesetzt. Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 37

Medikamentöse Therapie Kosteneffektivität von ABI-Screening und Rivaroxaban bei KHK Minami HR et al. Cost-effectiveness analysis of ankle-brachial index screening in patients with coronary artery disease to optimize medical management. J Vasc Surg 2021; 1–10 Mit dem Knöchel-Arm-Index (ABI) lässt sich eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK) mit ho- her Sensitivität und Spezifität diag- nostizieren. Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) leiden häufig zusätzlich an einer paVK. Dennoch ist nach den Ergebnissen der vorlie- genden ein ABI-basiertes paVK-Screening bei diesen Risikopa- tienten als Grundlage einer Erweite- rung der bestehenden Gerinnungs- hemmung auf Rivaroxaban nicht kos- teneffektiv. Studie Die Berechnungen beruhten auf der An- nahme, dass Versicherer in den USA bei Patienten bei denen zwar eine KHK, nicht aber eine paVK bekannt ist, die Kosten für eine doppelte Gerinnungshemmung mit ASS (als typische Medikation bei KHK) und Rivaroxaban nicht überneh- men würden. Mit dem ABI-Screening könnte man hingegen die Patienten he- rausfiltern, die unter beiden Gefäßer- krankungen leiden und somit von einer Erweiterung der Antikoagulation profi- tieren könnten. FAZIT Eine doppelte Gerinnungshemmung mit ASS und Rivaroxaban kann die Mortalität und Morbidität nicht ge- nügend reduzieren, um ein ABI- Screening bei KHK-Patienten zu rechtfertigen, zumindest nicht im US- amerikanischen Gesundheitssystem. Das könnte sich allerdings in den nächsten Jahren ändern, wenn kos- tengünstigere Rivaroxaban-Generika auf den Markt kommen. Stephanie Gräwert, Leipzig Medikamentöse Therapie Tigagrelor bei CYP2C19-Loss-of- Function-Mutation überlegen In ihrer Kosteneffektivitätsanalyse gin- gen Minami et al., basierend auf der US- amerikanischen Gebührenordnung (Me- dicare and Medicaid Services Physician Fee Schedule), pro Patient von 100 US- Dollar ($) für die Bestimmung des ABI aus. Hinzu kommen 100 $ Arztgebühren und – im Falle eines positiven Befundes – 470 $ monatlich für Rivaroxaban. Bei KHK-Patienten, die sich den ABI-Scree- ninguntersuchungen unterzogen, lagen die Kosten 12 400,09 $ höher als bei nicht gescreenten KHK-Patienten, führte aber nur zu 0,06 zusätzlichen qualitäts- korrigierten Lebensjahren (QALY) bzw. 21,9 qualitätskorrigierten Lebenstagen. inkrementelle Kosteneffektivitäts- Das verhältnis lag demnach bei 207 491,09 $ pro QALY und damit deut- lich über dem Schwellenwert der Zah- lungsbereitschaft von 50 000 $ pro QALY. (ICER) Die fehlende kardiovaskuläre Risikore- duktion durch Rivaroxaban erhöhte das ICER bei den KHK-Patienten um 6,7 % auf 221 373,79 pro QALY. Litten die Pa- tienten unter einer KHK und einer paVK führte die Eliminierung der Vorteile einer Rivaroxabanbehandlung das Schlaganfall-, das Myokardinfarkt- und das Amputationsrisiko zu einer Erhöhung des 216 407,32 $ (4,3 %), 213 022,97 $ (0,6 %) bzw. 253 295,56 $ pro QALY (19,7 %). ICER auf auf Der Grad der Reduktion der Gesamt- sterblichkeit durch Rivaroxaban sowie die monatlichen Kosten für dieses Medi- kament erwiesen sich als die Faktoren mit dem größten Einfluss auf das ICER. Das ABI-Screening wäre erst kosteneffek- tiv, wenn die Ausgaben für Rivaroxaban weniger als 98,58 $ pro Monat betragen würden. Allerdings kostet das Medika- ment in den USA deutlich mehr als in an- deren Ländern. Bei monatlichen Kosten von 90 $, wie z. B. in den Niederlanden, läge das ICER beispielsweise bei 46 362 $ pro QALY und damit unterhalb der Zah- lungswilligkeitsschwelle. Wang Y et al. Ticagrelor versus Clopidogrel in CYP2C19 Loss-of-Function Carriers with Stroke or TIA. N Engl J Med 2021; doi:10.1056/ NEJMoa2111749 ischämischer Unter Patienten mit akutem ischämi- schem Minor-Schlaganfall oder tran- sitorischer Attacke (TIA) liegt das Risiko für einen weite- ren Schlaganfall innerhalb von drei Monaten bei etwa 5–10 %. Die duale Plättchenaggregationshemmung mit Clopidogrel und Aspirin ist effektiver als Aspirin allein, was die Verhinde- rung weiterer Ereignisse bei Patien- ten mit Minor-Schlaganfall oder TIA Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 39

giografie eine persistierenden Devasku- larisation bestand. Bei 90,0 % der Pa- tient*innen wurde eine Besserung oder vollständige Beseitigung der Schmerzen erreicht. Bei keinem der Studienteilneh- mer*innen kam es zur Verschlimmerung von Schmerzen. Insgesamt kam es zu einem schwerwiegenden, unerwünsch- ten Ereignis. Bei 2 Patient*innen traten geringfügige unerwünschte Ereignisse auf. FAZIT Nach den Ergebnissen dieser Unter- suchung scheint EVOH ein sicheres und wirksames embolisches Mittel zur Behandlung peripherer AVMs zu sein, schreiben die an der Studie be- teiligten Ärzt*innen. Nur eine be- grenzte Anzahl von Patient*innen hatten wenige Nebenwirkungen. Richard Kessing, Zeiskam Gefäßmalformationen Aneurysmen bei here- ditärer hämorrhagi- scher Teleangiektasie Ring NY et al. Prevalence of and Factors Asso- ciated with Arterial Aneurysms in Patients with Hereditary Hemorrhagic Telangiectasia: 17-Year Retrospective Series of 418 Patients. J Vasc In- terv Radiol 2021; doi:10.1016/j. jvir.2021.08.018 auch darunter Die hereditäre hämorrhagische Tele- angiektasie (HHT) geht mit verschie- densten vaskulären Malformationen einher, arterielle Aneurysmen. Ring und ihre Kollegen haben in ihrer Studie untersucht, wie häufig Aneurysmen bei der HHT vor- kommen und welche Patienten vor allem davon betroffen sind. Die Stu- dienkohorte bestand aus 418 Patien- ten mit genetisch bestätigter HHT bzw. einem Curaçao-Wert von min- destens 3. Bei 10,3 % der Patienten fanden sich in der Bildgebung (MRT, Bubble-Echokar- diografie, ggf. CT-Angiografie) Aneurys- men; 16 der 43 Patienten wiesen mehr als eine dieser Gefäßwandaussackungen auf. Am häufigsten waren viszerale (20 Patienten) und intrakranielle Arterien betroffen (18 Patienten), während Aneu- rysmen der Lunge (0,7 %), der Aorta (thorakal 1,2 %, abdominell 0,24 %) und der Koronararterien (0,24 %) nur bei we- nigen Patienten zu finden waren. Mit 4,3 % bzw. 4,8 % lag die Prävalenz intra- kranieller und viszeraler Aneurysmen bei den HHT-Patienten damit höher als in der Allgemeinbevölkerung. Das ver- gleichsweise geringe Vorkommen von Aortenaneurysmen erklären sich die Autoren u. a. durch die geringe Anzahl an Patienten mit einer Mutation des SMAD4-Gens, die nach derzeitiger Studi- enlage assoziiert sein könnte mit thora- kalen Aortenaneurysmen. Am häufigsten kamen Aneurysmen bei Patienten mit ACVRL1-Mutation vor (11/ 55, 20 %). Diese Mutation war zusammen den arteriovenösen Malformationen und einem höheren Lebensalter signifikant assoziiert mit dem Vorkommen arteriel- ler Aneurysmen. So wurden bei Patien- ten ohne Aneurysma beispielsweise in 6,9 % der Fälle gastrointestinale bzw. he- patische AVM gefunden; bei Patienten mit einem oder mehr Aneurysmen aber in 22 % bzw. 25 % und je 19 % der Fälle. Mit Ausnahme der arteriovenösen Mal- formationen (AVM) bestanden zwischen Patienten mit und ohne Aneurysmen kei- ne signifikanten Unterschiede in den Cu- raçao-Kriterien (Familienanamnese, Epis- taxis, Teleangiektasien). Der Zusammen- hang zwischen den Gefäßwandaus- sackungen und den arteriovenösen Mal- formationen ist allerdings noch unklar. FAZIT Um die klinische Relevanz und das Rupturrisiko der Aneurysmen bei HHT-Patienten zu ermitteln, sind weitere Studien notwendig. Dabei sollten auch Nutzen und Risiken eines Aneurysma-Screenings bei HHT bzw. eventueller therapeutischer Maßnah- men im Falle positiver Befunde abge- wogen werden. Die hier gefundenen Unterschiede zwischen Patienten mit verschiedenen Mutationen könnten dafür sprechen, ein solches Screening nach den HHT-Subtypen auszurich- ten. Stephanie Gräwert, Leipzig Gefäßmalformationen Risikofaktoren für Schmerz bei Patienten mit Gefäßmissbildun- gen identifiziert Stor MLE et al. Clinical characteristics associated with pain in patients with peripheral vascular malformations. J Vasc Surg 2021; doi:10.1016/j. jvs.2021.08.101 Bei peripheren vaskulären Malforma- tionen (VM) handelt es sich um selten auftretende Anomalien. Betroffene leiden unter einer höheren Schmerz- belastung als die Normalbevölke- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 41

machten. Daher erfolgte bei 48 Pa- tient*innen eine Behandlung des TOS über einen transaxillären Zugang. Insge- samt fanden sich 51 Fälle von ATOS (3 Patient*innen hatten eine beidseitige Er- krankung). 27 Fälle wurden im Zeitraum P1 und 24 im Zeitraum P2 vorgestellt. Im Durchschnitt wurden die Patient*in- nen 4,3 ± 1,1 Jahre nachbeobachtet. Das mittlere Alter lag bei 39,1 ± 13,6 Jahre, 62,7 % waren weiblich. In 92 % der Fälle (48) fanden sich ischämische Symptome. In der gesamten Patientenkohorte er- folgten insgesamt 57 endovaskuläre Ein- griffen, davon 34 diagnostische Angio- gramme, 15 kathetergesteuerte Throm- bolysen und 8 arterielle Stentgraft-Repa- raturen. Die Anzahl der diagnostischen Angiogramme nahm im Zeitraum von P1 auf P2 ab (19 vs. 15; p = 0,55), während die Zahl der Thrombolysen anstieg (5 vs. 10; p = 0,10). Die Unterschiede waren nicht signifikant. Alle Stents wurden in der P2-Periode gesetzt. Die Pathologie der A. subclavia umfasste 16 Aneurysmen (31 %), 15 Stenosen (29%) und 19 Verschlüsse (37 %). Im Ver- gleich zur offenen aneurysmatischen Operation war die endovaskuläre Be- handlung mit Stents kürzer (241 vs. 330 Minuten; p = 0, 09), führte zu einem ge- ringeren Blutverlust (103 vs. 150 ml; p = 0,36) und zu einem kürzeren Kranken- hausaufenthalt (2,4 vs. 5,0 Tage; p = 0,010). Dabei hatte die endovaskuläre Gruppe geringere Raten primärer (63 % vs. 77 %; p = 0,481), primär assistierter (75 % vs. 85 %; p = 0,590) und sekundäre Offenheit (88 % vs. 92 %; p = 0,719) bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 3,0 Jahren für die endovaskuläre Gruppe und 6,9 Jahre für die offen ope- rierte Gruppe (P = 0,324). Alle Unter- schiede erreichten keine statistische Sig- nifikanz. Die Wiedereingliederungsquoten (74 % vs. 96 %) und ein gutes bis ausgezeichne- tes funktionelles Ergebnis nach dem Der- kash-Score (81 % vs. 96 %) waren ver- gleichbar. Die somatischen Schmerz- scores und die Werte des QuickDASH sanken postoperativ jeweils signifikant (2,9 vs. 0,8; p = 0,015 bzw. 42,6 vs. 12,6; p = 0,004). FAZIT Nach den Ergebnissen dieser Unter- suchung, hat die Bedeutung einer en- dovaskulären Behandlung zur Thera- pie des arteriellen Thoracic-outlet- Syndroms in den letzten zwei Jahr- zehnten deutlich zugenommen und zu akzeptablen funktionellen Ergeb- nisse nach transaxillärer Dekompres- sion geführt, schreibt das Autoren- team. Richard Kessing, Zeiskam Grundlagen Ursachen für Morbi- dität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes- patient*innen gesucht Arnold SV et al. Incidence rates and predictors of microvascular and macrovascular complications in patients with type 2 diabetes: Results from the longitudinal global discover study. Am Heart J 2022; 243: 232–239 Mikro- und makrovaskuläre Kompli- kationen sind eine der Hauptursa- chen für Morbidität und Mortalität bei Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2 D). Im Rahmen der DISCOVER-Stu- die wurde versucht die globalen Inzi- denzraten und Prädiktoren dieser Komplikationen zu überprüfen und zu verstehen. Die Forschergruppe überprüfte die Da- ten zur Inzidenz vaskulärer Komplikatio- nen über einen 3-jährigen Nachbeobach- tungszeitraum in der DISCOVER-Studie. Eingeschlossen wurden zunächst knapp 16000 Patient*innen mit Typ-2-Diabetes aus 38 Ländern, bei denen eine blutzu- ckersenkende Zweitlinientherapie initi- iert wurde. Mit Hilfe hierarchischer Cox- Hazards-Regressionsmodellen wurden Faktoren untersucht, die mit der Ent- wicklung von mikro- und makrovaskulä- ren Komplikationen, die in der Nachbe- obachtungsperiode assoziiert waren. Nach Ausschluss von etwa 3500 Pa- tient*innen auf Grund administrativer Probleme und fehlender klinischer Da- ten, gelangten 11 357 Teilnehmer*innen aus 33 Ländern in die Auswertung. Das mittlere Alter der Studienkohorte lag bei 56,9 ± 11,7 Jahren, 52,7 % waren männ- lich und 11,2 % waren aktuelle Raucher. Die Teilnehmer*innen waren durch- schnittlich 5,7 ± 5,1 Jahre am Typ-2-Dia- betes erkrankt, der mittlere HbA1C -Wert lag bei 8,4 ± 1,7 % und 67,1 % wurden durch Endokrinologen in die Studie ein- geschlossen. Zu Beginn der Studie hatten 27,7 % der Patient*innen (n = 3136) ≥ 1 vaskuläre Komplikationen und 19,0 % (n = 2151) eine mikrovaskuläre Komplikation, mit der häufigsten Diagnose Neuropathie. Eine makrovaskuläre Komplikation hat- ten 13,2 % der Studienteilnehmer*innen und die häufigste Diagnose war die einer koronaren Erkrankung. Über den 3-jährigen Nachbeobachtungs- zeitraum entwickelten 16,0 % eine inzi- dente mikrovaskuläre Komplikation und 6,6 % eine inzidente makrovaskuläre Komplikation. Am Ende der 3-jährigen Nachbeobachtung hatten 31,5 % der Pa- tienten mindestens eine mikrovaskuläre Komplikation und 16,6 % hatten mindes- tens eine makrovaskuläre Komplikation. Zwischen den einzelnen Ländern bestan- den beträchtliche Unterschiede hinsicht- lich der Prävalenz zu Studienbeginn und der Entwicklung von Komplikationen über den Nachbeobachtungszeitraum. So hatten Patient*innen aus Afrika, Euro- pa und dem mittleren Osten höhere Komplikationsraten, vergleichsweise ge- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 43

nicht kodierende Lange, RNAs (ncRNAs) sind wichtige Regulatoren biologischer Prozesse, die als RNA- Transkripte an Funktionen in der Ho- möostase von Gefäßgeweben und bei Prozessen in der Krankheitsent- wicklung beteiligt sind. In einer Stu- die erforschte eine Arbeitsgruppe den funktionellen Beitrag des ncRNA Myokardinfarkt-assoziierten Tran- (MIAT) zur Arteriosklerose skripts und zur Karotiserkrankung. Patienten mit Die Autor*innen untersuchten Unter- schiede in der RNA-Transkriptexpression bei fortgeschrittenen atherosklerotischen Läsionen in der Ka- rotis und verglichen sie mit nicht sklero- tisierten Kontrollen der A. iliaca. Die Pro- ben entstammten der „Biobank of Karo- linska Endarterectomy“ (BiKE). Ein weite- rer Karotis- Plaques stammte aus der Münchner Ge- fäß-Biobank (MTBIO). Aus dieser Biobank wurden Plaques mit entweder rupturier- tem oder stabilem Plaque-Phänotyp ana- lysiert und für Laser-Capture-Mikrodis- sektionsexperimente verwendet. Satz atherosklerotischer Das ncRNA-MIAT wurde als das am stärksten hochregulierte nicht kodieren- de RNA-Transkript im Microarray-Profi- ling identifiziert, und zwar im Vergleich zu den Karotis-Plaques der nicht athero- sklerotischen Kontrollarterien aus der BiKE. Das Ergebnis wurde durch quanti- tative Echtzeit-Polymerase-Kettenreak- tion und in situ-Hybridisierung validiert. Die Bewertung der MIAT-Expression mit- tels Laser-Capture-Mikrodissektions- experimente, ergab 2-fach höher expri- mierte MIAT in rupturierten Läsionen im Vergleich zu stabilen Läsionen. Ein experimenteller Knockdown von MIAT unter Verwendung von ortsspezifi- schen Antisense-Oligonukleotiden (LNA- GapmeRs) verringerte nicht nur deutlich die Proliferations- und Migrationsraten von kultivierten menschlichen glatten Muskelzellen der Halsschlagader (SMCs), sondern erhöhte auch deren Apoptose. MIAT regulierte mechanistisch die SMC- Proliferation über den EGR1 (Early Growth Response 1)-ELK1 (ETS Tran- scription Factor ELK1)-ERK (Extrazelluläre Signal-regulierte Kinase)-Weg. MIAT ist außerdem am phänotypischen Übergang von SMC zu proinflammatorischen Ma- krophagen-ähnlichen Zellen beteiligt, in- dem es an die Promotorregion von Krüp- pel-like-Faktor 4 (KLF4) bindet und deren Transkription verbessert. Untersuchungen an Miat-/-- und Miat-/- ApoE-/-- Mäusen, genauso wie an sowie Yucatan LDLR-/-- Minischweinen, bestä- tigten die regulatorische Rolle dieser ncRNA bei der De- und Transdifferenzie- rung glatter Muskelzellen und der fort- geschrittenen atherosklerotischen Läsi- onsbildung. FAZIT Das ncRNA Myokardinfarkt-assoziier- ten Transkript ist ein neuartiger Re- gulator zellulärer Prozesse bei fortge- schrittener Atherosklerose, der die Proliferation, Apoptose und den phä- notypischen Übergang von glatten Muskelzellen sowie die proinflamma- torischen Eigenschaften von Makro- phagen kontrolliert, so das Autoren- team. Richard Kessing, Zeiskam Grundlagen Genetik und Lipo- proteine bei paVK und koronarer Herzkrankheit Levin MG et al. Prioritizing the Role of Major Lipoproteins and Subfractions as Risk Factors for Peripheral Artery Disease. Circulation 2021; 144: 353–364 Dyslipidämien sind seit langem als Ri- sikofaktor für die koronare Herzer- krankung (KHK) bekannt. Um heraus- zufinden, welchen Einfluss Lipopro- teine auf die periphere arterielle Ver- schlusskrankheit (paVK) haben, ha- ben Levin und seine Kollegen genom- weite Assoziationsstudien (GWAS) ausgewertet und konnten dadurch ApoB als wichtigstes Lipoprotein identifizieren. Die GWAS umfassten Daten von 31 307 paVK-Patienten und 211 753 Kontroll- probanden der US-amerikanischen Vete- rans Affairs Medical Centers sowie Daten der CARDIoGRAMplusC4 D 1000 Geno- mes-GWAS KHK-Patienten, 123504 Kontrollprobanden). (60 801 Das Apolipoprotein B (ApoB) erwies sich von allen untersuchten Lipoproteinen (ApoA1, HDL-C, LDL-C, Triglyceride) als stärkster Risikofaktor für die paVK und die KHK. Als primärer ApoB-tragender Ri- sikofaktor wurde bei der paVK die Lipo- protein-Subfraktion XS.VLDL.P und bei der KHK die LDL-Partikelkonzentration (L.LDL.P) identifiziert. In diesem Zusammenhang untersuchten die Autoren, ob bzw. welche Gene die Konzentration dieser Subfraktionen im Blut beeinflussen. Sie fanden 31 Gene, die assoziiert waren mit XS.VLDL.P und 23 Gene mit einer Assoziation zu L.LDL. P. Zwar identifizierten sie seltene Funk- tionsverlustvarianten in 29 von 31 XS. VLDL.P-assoziierten Genen, doch nur Schädigungen im Gen SP4 waren assozi- iert mit einer prävalenten paVK. Geneti- sche Proxies, d. h. ApoB-assoziierte ge- netische Varianten, die innerhalb oder in der Nähe von Zielgenen für lipidsenken- de Medikamente liegen, waren assoziiert mit einem verminderten Risiko für paVK und KHK, wobei die Wirkung bei der KHK stärker war. Lipoprotein a war unab- hängig vom ApoB assoziiert mit einem erhöhten paVK-Risiko; allerdings war auch hier der Zusammenhang mit der KHK stärker ausgeprägt. Ob die hier identifizierten Gene als pharmakologi- Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 14–48 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 45

Management in der Gefäßmedizin Extremitäten- Amputationen: Komplikationen bei Regionalanästhesie und Vollnarkose Mufarrih SH et al. Regional Anaesthesia for Lo- wer Extremity Amputation is Associated with Reduced Post-operative Complications Compa- red with General Anaesthesia. Eur J Vasc Endo- vasc Surg 2021; 62: 476–484 bei Primäre und sekundäre Extremitä- ten-Amputationen arteriellen Verschlusskrankheiten der unteren Extremitäten sind mit einer erhöhten postoperativen Morbidität assoziiert, die in den meisten Fällen auf pulmo- Die Schlagzeilen l l e w a r / a i l o t o F © nale Komplikationen zurückzuführen ist. Ziel einer retrospektiven Analyse war es, die Auswirkungen von Regio- nalanästhesie im Vergleich zur Voll- narkose auf postoperative Lungen- komplikationen zu beurteilen. Improvement-Programms Für ihre Auswertung griffen die Au- tor*innen auf die Daten des American College of Surgeons National Safety Qua- lity (ACS- NSQIP) zu, und werteten die Krankenak- ten von 45 492 Patient*innen aus, bei denen zwischen 2005 und 2018 eine Amputation der unteren Extremitäten erfolgt war. An der ACS-NSQIP Datener- fassung beteiligen sich weltweit 708 In- stitutionen, die im Jahr 2018 fast eine Million Fälle sammelten. Mit Hilfe der multivariablen logistischen Regression wurden Unterschiede im pri- mären Ergebnis von postoperativen Lun- genkomplikationen (Pneumonie oder reintubationspflichtige Ateminsuffi- zienz) innerhalb von 48 Stunden und 30 Tagen nach der Operation von Pa- tient*innen beurteilt, die eine Regional- anästhesie (RA) oder eine Vollnarkose (GA) erhielten. Sekundäre Endpunkte waren postoperative Bluttransfusion, septischer Schock, erneute Operation und postoperativer Tod innerhalb von 30 Tagen. Die Studienkohorte bestand aus 29 279 Männern und 16 182 (35,6 %) Frauen, das mittlere Alter dieser Personen lag bei 65,7 ± 13,8 Jahren. Die häufigste Be- gleiterkrankung war mit knapp 80 % Blut- hochdruck gefolgt von Diabetes mellitus (62,4 %) und chronischer, dialysepflichti- ger Niereninsuffizienz (19,4 %). Von den 45 492 Amputationen handelte es sich in 39,6 % der Fälle um eine Ober- schenkelamputation und in 60,3 % der Fälle um eine Unterschenkelamputation. Insgesamt erhielten 12 % der Patient*in- nen eine Regionalanästhesie und 88 % eine Vollnarkose. Patient*innen, die eine Regionalanästhesie (RA) erhielten, waren im Vergleich zu denjenigen mit Vollnar- kose (GA), signifikant älter und litten an mehr Begleiterkrankungen. Patient*in- nen, die GA erhielten, hatten eine signifi- kant höhere Wahrscheinlichkeit nach 48 Stunden und innerhalb von 30 Tagen eine pulmonale Komplikation zu entwi- ckeln (2,1 % vs. 1,4 %, p = 0,007 und 6,3 % vs. 5,9 %, p = 0,039). Auch die Wahrscheinlichkeiten von Blut- transfusionen, septischem Schock und erneuten Operationen waren bei den Pa- tient*innen mit Vollnarkose im Vergleich zu Patient*innen, die RA erhielten, signi- fikant höher. Der Krankenhausaufenthalt derjenigen, die RA erhielten, dauerte sig- nifikant länger als der, die GA erhielten (14,3 vs. 12,2 Tage p < 0,001). Hinsicht- lich der Sterblichkeitsrate fand sich kein Sie möchten Studienergebnisse, neue Erkenntnisse tragen? Hatten schon einmal eine unangenehme Begegnung mit den Medien? Kennen die Situation, Journalisten gegenüber Rede und Antwort zu stehen? ankommen. Dazu bieten wir Ihnen ein modular aufgebautes Medientraining für Einzelpersonen und Kleingruppen. Interessiert? www.thieme.de/medientraining

CME-Fortbildung Endovaskuläre Dialysefistelanlage: Möglichkeiten, Durchführung, Ergebnisse Christoph G. Radosa Aufgrund von suboptimalen Ergebnissen hinsichtlich Offenheit und notwendiger Reinterventionen besteht trotz verschiedener Optionen zur chirurgischen Anlage von Dialysefisteln weiterhin der Bedarf für neue innovative Techniken in der Dialysefistelanlage. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die technischen Möglichkeiten, die Durchführung sowie die aktuellen Studienergebnisse der neuen endovaskulären Verfahren zur Dialysefistelanlage. Einleitung Für die erfolgreiche Hämodialyse wird ein geeigneter vaskulärer Zugangsweg benötigt. Aktuell ist der Gold- standard dafür die chirurgische Anlage eines Dialyse- Shunts. Dabei steht für die chirurgische Anlage mittler- weile mit der Cimino-Brecia-Fistel, den verschiedenen Formen der Ellenbogenfisteln sowie den Prothesen- Shunts eine Vielzahl von Optionen zur Verfügung [1]. All diese Optionen zur chirurgischen Fistelanlage haben allerdings in Bezug auf die Ausreifung und Haltbarkeit ähnliche Probleme: ▪ Die Wartezeit bis zur Nutzung einer chirurgisch an- gelegten Dialysefistel beträgt aufgrund der nötigen Reifung der Fistel in der Regel 4–9 Monate. ▪ Zusätzlich kommt es in 20–60 % der Fälle zu einer unzureichenden Fistelreifung, was einen erneuten Anlageversuch erforderlich macht. ▪ Selbst bei initial problemloser Fistelreifung kommt es in ca. 20 % der Fälle zu Frühverschlüssen und die durchschnittliche Anzahl an Reinterventionen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit einer Fistel beträgt 2–3 Interventionen pro Jahr [1–4]. Aufgrund dieser Vielzahl an Problemen kommt es dazu, dass 25–35 % aller chirurgisch angelegten Dialysefisteln nicht genutzt werden können. Zudem sind insgesamt 40 % der angelegten Fisteln innerhalb eines Jahres ver- schlossen oder es muss bei ihnen mindestens eine Reintervention durchgeführt werden [5]. Wie in dem beschriebenen Fallbeispiel (s. Box „Fallbeispiel“) führen diese häufigen Komplikationen dazu, dass bei einem dialysepflichtigen Patienten immer wieder Neuanlagen durchgeführt werden müssen und somit die Anzahl der zur Verfügung stehenden Gefäße mit der Zeit ab- nimmt. Dieser Mangel an potenziellen Fistelgefäßen erfordert zunehmend komplexere und weniger haltba- re Fistelanlagen wie Oberarmfisteln mit ggf. notwendi- gen Transpositionen oder Prothesen-Shunts. Eine wei- tere Problematik der mehrfachen Reinterventionen und Neuanlagen ist die schwindende Akzeptanz chirur- gischer Eingriffe vonseiten des Patienten. Dies hat zur Folge, dass bis zu 30 % der Patienten eine erneute chi- rurgische Fistelanlage ablehnen [6]. Des Weiteren müs- sen bei akut aufgetretenen Fistelverschlüssen, bei de- nen eine Rekanalisierung nicht mehr möglich ist, zur Aufrechterhaltung der Hämodialyse großlumige zen- tralvenöse Katheter wie der Shaldon- oder Demers-Ka- theter angelegt werden. Bei fehlenden Optionen zur Fistelanlage bleibt außerdem noch die Option der Peri- tonealdialyse über einen entsprechenden Katheter. Die Abhängigkeit von einem Dialysekatheter führt aller- dings aufgrund von Katheterinfektionen sowie ver- mehrten kardiogenen Problemen zu einer erhöhten Mortalität [7]. FALLBEISPIEL In der angiologischen Ambulanz stellt sich ein 68 Jahre alter männlicher Patient zur Verlaufskontrolle einer Cimino-Fistel vor. Die Fistel ist 3 Wochen vorher am linken Arm angelegt worden. Während der Ultraschallkontrolle wird ein Frühver- schluss der Fistel festgestellt. Der Patient leidet seit 4 Jahren an einer terminalen Niereninsuffizienz, die am ehesten aufgrund einer diabetischen Nephropathie besteht. Die Diagnose Dia- betes mellitus Typ 2 wurde bei ihm vor 25 Jahren gestellt. Als Nebendiagnosen sind bei ihm aktuell eine arterielle Hyperto- nie sowie ein neuropathisches diabetisches Fußsyndrom be- kannt. Die initiale Hämodialyse wurde über eine Cimino-Fistel am rechten Arm durchgeführt, die nach mehrfachen Reinter- ventionen aufgrund eines V.- (Vena-)subclavia-Verschlusses aufgegeben werden musste. Die Hämodialyse erfolgt aktuell über einen Demers-Katheter links, der seit einem Monat ein- liegt. Radosa Christoph G. Endovaskuläre Dialysefistelanlage: Möglichkeiten … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 49–57 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 49

schlossen. Neben der Erhebung der Gesamtdaten wur- den die Systeme auch einzeln ausgewertet und vergli- chen. Dabei zeigte sich kein signifikanter Unterschied. Das WavelinQ-System lag bei der Erfolgsrate hinsicht- lich der Fistelanlage bei 99,5 %, das Ellipsys-System bei 95,2 %. Die Komplikationsrate des WavelinQ-Systems lag bei 8,6 % und bei 2,5 % für das Ellipsys-System. Die Rate für das Ausreifen der Fistel nach 90 Tagen betrug bei dem WavelinQ-System 88,2 % und bei dem Ellipsys- System 89,4 %. Diese Raten übertreffen die in der Lite- ratur angegebenen Raten von 64–78 % für die chirurgi- schen Fistelanlagen [5, 16]. Die kumulative Offenheit nach 6 Monaten betrug 92,6 % für das WavelinQ-Sys- tem und 89,4 % für das Ellipsys-System. Die kumulative Offenheit nach 12 Monaten wurde lediglich von jeweils einer Studie zum WavelinQ- sowie zum Ellipsys-System ausgewertet. Dabei zeigten das WavelinQ-System mit 84 % und das Ellipsys-System mit 87 % eine höhere ku- mulative Offenheit nach 12 Monaten als die in der Lite- ratur beschriebenen 60–71 % nach chirurgischer Fistel- anlage [5, 17]. Merke Trotz der aktuell noch geringen Evidenz zeigen endo- vaskuläre Dialysefisteln vielversprechende Ergebnis- se hinsichtlich Komplikationsraten, Ausreifung und Offenheitsraten. Anatomische Grundlagen Die endovaskulären Dialysefisteln erzeugen eine Seit- zu-Seit-Anastomose am proximalen Unterarm zwi- schen den tiefen Arterien und Venen. In der Regel ver- laufen dort neben der A. radialis sowie der A. ulnaris je- weils 2 parallele Venen, die zur Anlage einer Fistel ge- nutzt werden können. Über diese endovaskulär ange- legte Fistel zwischen A. und V. ulnaris bzw. A. und V. ra- dialis wird der Blutfluss aus der A. brachialis in das ve- nöse System geleitet. Im Anschluss wird es aus dem tie- fen venösen System über Perforansvenen in das ober- flächliche venöse System (V. cephalica oder V. basilica) weitergeleitet. Aufgrund von variabel verlaufenden Perforansvenen können nach Ausreifung der Fistel ent- weder ▪ die V. basilica (Perforansvene mündet direkt in die V. basilica), ▪ die V. cephalica (Perforansvene mündet direkt in die V. cephalica) oder ▪ beide Venen (Perforansvene speist beide Venen) zur Hämodialyse genutzt werden. In manchen Fällen kann der Fluss über die Perforansvene in das oberfläch- liche System aufgrund eines zu starken Abflusses des arteriellen Blutes über die Vv. (Venae) brachiales (in der Regel paarig angelegt) nicht ausreichend für die Ausreifung einer Fistelvene sein. In diesen Fällen kann eine der beiden Vv. brachiales verschlossen werden, um den Fluss in das oberflächliche System zu verstär- ken. WavelinQ-EndoAVF-System Bei dem WavelinQ-EndoAVF-System werden jeweils ein arterieller sowie ein venöser 4-F-Katheter benutzt, auf denen kleine Magnete angebracht sind, um die Kathe- ter innerhalb der Gefäße korrekt zueinander auszurich- ten. Der venöse Katheter beinhaltet zusätzlich eine Ra- diofrequenzelektrode. Diese Radiofrequenzelektrode wird nach korrekter Ausrichtung mittels Radiofre- quenzgenerator verbunden und ermöglicht es mittels Radiofrequenzstrom, eine Seit-zu-Seit-Anastomose zu erschaffen. Das WavelinQ-EndoAVF-System erlaubt es, die Fistel zwischen der A. und der V. ulnaris am proxi- malen Unterarm sowie zwischen der A. und der V. ra- dialis unmittelbar proximal des Abgangs der A. interos- sea communis anzulegen. Die Sondierung der Gefäße und die Überprüfung der korrekten Platzierung der Ka- theter erfolgen unter Durchleuchtung mittels Angio- grafie. Als Zugangsweg stehen mehrere Optionen zur Verfügung: ▪ die A. bzw. V. brachialis am Oberarm, ▪ die A. bzw. V. ulnaris (T.-Abb und T.-Abb) sowie ▪ die A. bzw. V. radialis am Handgelenk. Zusätzlich können auch gegenläufige Gefäße benutzt werden wie beispielsweise die V. brachialis und die A. ulnaris ( ▶ Tab. 1). Die Punktion sollte in der Regel ul- traschallgestützt erfolgen. Nach Anlage einer 4-F-Schleuse und Sondierung der Zielgefäße (A. und V. radialis bzw. ulnaris) mittels 0,014"-Draht erfolgt die Positionierung der beiden Ka- theter, die über die Drähte eingeführt werden. Die auf den Kathetern angebrachten Magnete rotieren in dem Zielgefäß automatisch zueinander, um dann die ent- sprechenden Gefäße aneinanderzuziehen. Danach ▶ Tab. 1 Unterschiede zwischen den endovaskulären Systemen. Parameter Katheter Energie Bildgebung Positionierung der Katheter Arten der Anastomose Fistelanlage A. = Arteria V. = Vena Ellipsys-System WavelinQ-System einzeln venös (6 F) doppelt arteriell/ venös (4 F) Wärmewiderstand Radiofrequenz Ultraschall Ultraschall Gewebe- verschmelzung Perforansvene/ A. radialis Fluoroskopie Magnete präziser Schnitt A./V. radialis A./V. ulnaris Radosa Christoph G. Endovaskuläre Dialysefistelanlage: Möglichkeiten … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 49–57 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 51

stützt eine Perforansvene in der Fossa cubitalis punk- tiert. Nach Punktion wird die Nadel bis in den Bereich vorgeschoben, in dem die Perforansvene Kontakt zur A. radialis hat. Dort wird die A. radialis punktiert. Über die Punktionsnadel wird in Seldinger-Technik ein Füh- rungsdraht eingeführt und darüber eine 6-F-Schleuse. Über die liegende Schleuse wird der Katheter in die A. radialis eingeführt und zwischen Perforansvene und A. radialis positioniert. Die Schleuse wird nun zurückgezo- gen und der Katheter zusammengezogen. Dies führt dazu, dass die Wände der Arterie und der Vene zusam- mengepresst werden. In dieser Position werden nach Aktivierung der Hitze die Wände miteinander ver- schmolzen und der Katheter wird entfernt. Im An- schluss wird die erfolgreiche Fistelanlage mittels Dopp- ler-Sonografie nachgewiesen. Sollten Gefäßspasmen in den zuführenden Gefäßen bestehen oder das Flussvo- lumen in der A. brachialis geringer als 500 ml/min sein, sollte eine ultraschallgestützte Ballondilatation (stan- dardmäßig mit einem Durchmesser von 5 mm) der neu angelegten Fistel durchgeführt werden. Nach Be- stätigung der erfolgreichen Fistelanlage wird die Schleuse gezogen und der Zugangsweg durch manuel- le Kompression verschlossen. Merke Endovaskuläre Fisteln werden über einen perkutanen Zugangsweg am Unterarm angelegt und benötigen bei der Anlage keine chirurgischen Maßnahmen. Indikationen Prinzipiell kommen für die endovaskuläre Fistelanlage alle Patienten infrage, die die unten aufgeführten ana- tomischen Voraussetzungen erfüllen. Aufgrund der ak- tuell noch nicht ausreichenden Evidenz (s. aktuelle Stu- dienlage) sollten die endovaskulären Verfahren bei Pa- tienten angewandt werden, bei denen die Anlage einer Cimino-Brecia-Fistel nicht möglich bzw. bei denen die- se schon verschlossen ist. Außerdem kommen endo- vaskuläre Verfahren für Patienten infrage, die eine chi- rurgische Anlage ablehnen. Voraussetzungen Generell gelten für die endovaskuläre Fistelanlage ähn- liche Voraussetzungen wie für die chirurgische Fistel- anlage. Der arterielle Einstrom sowie der venöse Ab- fluss sollten qualitativ gemessen werden und keine Flusslimitationen aufweisen. Zur Beurteilung eines ge- schlossenen Hohlhandbogens sollte der modifizierte Allen-Test durchgeführt werden. Cave Eine endovaskuläre Fistel sollte nicht an der Arterie angelegt werden, die den Hohlhandbogen versorgt. FALLBEISPIEL Fortsetzung Nach interdisziplinärer Diskussion des Falles wird von einer er- neuten chirurgischen Revision der Fistel abgesehen (insbeson- dere aufgrund einer schwindenden Akzeptanz eines operati- ven Eingriffs vonseiten des Patienten). Es wird die Anlage einer endovaskulären Dialysefistel beschlossen. Nach komplikati- onsloser Anlage einer endovaskulären, ulnoulnaren arterio- venösen Fistel kann der Patient am Folgetag mit einem Fluss- volumen von 800 ml/min in der Ultraschalluntersuchung ent- lassen werden. In der Verlaufskontrolle 3 Wochen nach Anlage der endovas- kulären Fistel können in der Ultraschalluntersuchung ein sym- metrischer Abstrom des arteriellen Blutes über die V. cephalica und die V. basilica sowie ein ausreichendes Flussvolumen von 1100 ml/min nachgewiesen werden. Daraufhin wird die Hä- modialyse erfolgreich über die endovaskuläre Fistel gestartet und der Demers-Katheter kann wieder entfernt werden. In den weiteren Verlaufskontrollen nach 3 und 6 Monaten zeigt sich ein konstantes Flussvolumen von 1100 ml/min. Die Hämodia- lyse lässt sich bis zum aktuellen Zeitpunkt problemlos über die endovaskuläre Fistel durchführen. Allerdings bedeutet der pathologische Allen-Test nicht unbedingt eine Kontraindikation für die Anlage einer Fistel an dem entsprechenden Arm. Je nach Höhe des Verschlusses der entsprechenden Arterie (A. radialis bzw. A. ulnaris) kann im Falle eines distalen Verschlus- ses die Fistel im proximalen Anteil der verschlossenen Arterie angelegt werden. Mittels Ultraschalls gründlich untersucht werden ( ▶ Tab. 2) [18, 19]: ▪ A. bzw. V. ulnaris und radialis am proximalen Unter- sollten folgende Durchmesser arm mit Durchmesser von mindestens 2 mm (nur WavelinQ), ▪ Vorhandensein einer Perforansvene mit Durch- messer von mindestens 2 mm, ▪ Zugangsgefäße mit Durchmessern von mindestens 2 mm (A. und V. brachialis, A. und V. radialis bzw. ulnaris), ▪ Abstand zwischen den Zielgefäßen für die Fistel- anlage von weniger als 2 mm. Kontraindikationen Als Kontraindikationen gelten wie bei der chirurgischen Fistelanlage das Vorliegen einer zentralvenösen Steno- se bzw. eine deutliche Angiosklerose der Zielgefäße auf Höhe der geplanten arteriovenösen Fistel. Eine bereits bestehende, allerdings verschlossene Cimino-Brecia- Fistel stellt keine Kontraindikation zur Anlage einer en- dovaskulären Dialysefistel dar. Radosa Christoph G. Endovaskuläre Dialysefistelanlage: Möglichkeiten … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 49–57 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 53

Autorinnen/Autoren Christoph G. Radosa Dr. med.; 2006–2012 Studium der Human- medizin an der Philipps-Universität-Marburg sowie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. 2013–2019 Facharztausbildung für Radiologie. Seit Juni 2021 Funktionsober- arzt an Institut und Poliklinik für Diagnosti- sche und Interventionelle Radiologie am Universitätsklini- kum Carl Gustav Carus Dresden. Korrespondenzadresse Dr. med. Christoph G. Radosa Institut und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus, TU Dresden Fetscherstraße 74, Haus 27 01307 Dresden Deutschland E-Mail: christoph.radosa@uniklinikum-dresden.de Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbe- stimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Christoph Ra- dosa, Dresden. Literatur [1] Biuckians A, Scott EC, Meier GH et al. The natural history of autologous fistulas as first-time dialysis access in the KDOQI era. 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Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung ... Frage 7 Frage 9 Welche Aussage zu den anatomischen Grundlagen für die endovaskuläre Fistelanlage trifft zu? A Endovaskuläre Dialysefisteln werden als End-zu-Seit- B Anastomosen angelegt. Iatrogen bedingte arteriovenöse Fisteln heilen meist spontan aus und benötigen keine weitere Therapie. Es gibt nur sehr wenige Verbindungen zwischen dem tiefen venösen System und dem oberflächlichen venösen System. D Nach Anlage einer endovaskulären Dialysefistel muss in der C E Regel die V. brachialis zur Punktion genutzt werden. Endovaskuläre Dialysefisteln werden als Seit-zu-Seit- Anastomosen angelegt. Frage 10 Für wie viele Patienten kommt eine endovaskuläre Fistelanlage infrage? A ca. 70 % ca. 50 % B C ca. 100 % D ca. 30 % E ca. 90 % Welche Aussage zur chirurgischen Fistelanlage ist korrekt? A Die durchschnittliche Anzahl an Reinterventionen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit einer Fistel beträgt 2–3 Interventionen pro Jahr. B Die kumulative Offenheit nach 12 Monaten liegt mit 95 % deutlich über der kumulativen Offenheit von endovasku- lären Dialysefisteln. Chirurgische Dialysefisteln brauchen deutlich weniger Reinterventionen als endovaskuläre Fisteln. C D Die Komplikationsraten bei der chirurgischen Fistelanlage sind mit 50–60 % äußerst hoch. E Die Ausreifung einer chirurgisch angelegten Fistel beträgt im Schnitt 3 Wochen. Frage 8 Welcher Unterschied besteht zwischen den Systemen zur en- dovaskulären Fistelanlage? A Bei dem WavelinQ-System wird im Gegensatz zu dem Ellip- sys-System eine Oberarmfistel angelegt. B Das Ellipsys-System zeigt ein signifikant besseres Outcome C hinsichtlich der Offenheitsraten nach 12 Monaten. Im Gegensatz zu dem WavelinQ-System benötigt das Ellip- sys-System nur einen venösen Katheter zur Anlage der Dialysefistel. D Das Ellipsys-System zeigt eine signifikant höhere Kompli- E kationsrate nach Fistelanlage als das WavelinQ-System. Im Gegensatz zu dem Ellipsys-System benötigt das Wave- linQ-System nur einen venösen Katheter zur Anlage der Dialysefistel. Radosa Christoph G. Endovaskuläre Dialysefistelanlage: Möglichkeiten … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 49–57 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 57

CME-Fortbildung Diagnostik und Therapie von Gefäßmalformationen Michael Doppler, Wibke Uller Die Gefäßmalformationen zählen zur Erkrankungsgruppe der vaskulären Anoma- lien. Aufgrund ihres z. T. sehr heterogenen klinischen Erscheinungsbildes werden die vaskulären Malformationen bzw. Anomalien nicht immer korrekt klassifiziert und bezeichnet. Weil sich die Therapien je nach Erkrankung jedoch erheblich un- terscheiden, sind eine korrekte Klassifikation und Diagnose essenziell für den Be- handlungserfolg. Allgemeines Klassifikation In der Vergangenheit gab es viele verschiedene Klassifi- kationen zur Einteilung der vaskulären Anomalien, die allerdings zur exakten Beschreibung und Einteilung vaskulärer Malformationen aktuell nicht mehr geeignet sind. Die aktuelle international anerkannte Klassifikation wurde 1996 von der International Society for the Study of Vascular Anomalies (ISSVA) veröffentlicht und stetig aktualisiert. Diese Klassifikation – als Erweiterung der Arbeit von Mulliken und Glowacki (1982) – ist der aktu- elle Goldstandard für die Einteilung vaskulärer Anoma- lien [1, 2]. Die ISSVA unterscheidet bei den vaskulären Anomalien Läsionen mit einer proliferativen Komponente, die sog. „vaskulären Tumore“, und die nicht proliferativen Ver- änderungen (statisch oder nur im Verhältnis zum Wachstum des Patienten wachsend), die „vaskulären Malformationen“ (▶ Tab. 1) [2]. Die vaskulären Tumoren werden in benigne, maligne oder lokal aggressive (Borderline-)Tumoren eingeteilt. Beispiele für benigne Gefäßtumoren sind das infantile Hämangiom oder das kongenitale Hämangiom. Zu den Borderline-Tumoren zählt beispielweise das retiforme Hämangioendotheliom und zu den malignen Tumoren das Angiosarkom (▶ Tab. 1). Die vaskulären Malformationen sind angeboren und werden in 4 Untergruppen aufgeteilt [2]: ▪ einfache Malformationen ▪ kombinierte Malformationen ▪ „malformations of major named vessels“ ▪ mit anderen Anomalien vergesellschafte Malforma- tionen Die meisten einfachen Malformationen gehen von einem Gefäßtyp – Kapillaren, Venen oder Lymphgefäße – aus (sog. Slow-Flow-Malformationen) [3]. Daneben zählen aber auch die arteriovenösen Malformationen und die arteriovenösen Fisteln sowie die sehr seltenen arteriellen Malformationen (sog. Fast-Flow-Malforma- tionen) zu den einfachen Gefäßmalformationen [3]. Bei kombinierten Malformationen handelt es sich um eine Kombination aus mindestens 2 Malformationen, wobei einfache Malformationen oder auch „malforma- tions of major named vessels“ miteinander kombiniert sein können. „Malformations of major named vessels“ sind Malfor- mationen von Gefäßen größeren Kalibers, die im Hin- blick auf Ursprung, Verlauf, Anzahl, Länge, Durchmes- ser oder im Bereich der Gefäßklappen Auffälligkeiten zeigen. Zu Malformationen, die mit anderen Anomalien verge- sellschaftet sind, zählt man die „syndromalen Malfor- mationen“ wie beispielsweise das Klippel-Trenaunay- Syndrom. Hierbei handelt es sich um ein Mischbild aus kapillären Malformationen (CM), venösen Malformatio- nen (VM) und einer Hypertrophie der Extremitäten. Zu- sätzlich können auch lymphatische Malformationen (LM) begleitend sein. Auch das Parkes-Weber-Syn- drom, bestehend aus kapillären Malformationen (CM), arteriovenösen Fisteln (AVF) und Hypertrophie der Ex- tremitäten gehört zu den „syndromalen Malformatio- nen“ (▶ Tab. 1). Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 59

▶ Tab. 1 (Fortsetzung) Gruppe Untergruppen unklassifizierbare Malformationen ▪ verruköses Hämangiom und Angiokeratom ▪ kaposiforme Lymphangiomatose ▪ multifokale Lymphangioendotheliomatose mit Thrombozytopenie und kutaneoviszerale Angiomatose mit Thrombozytopenie ▪ Phosphatase-und-Tensin-homolog-Typ-Hamartom (PTEN-Hamartom) der Weichteile ▪ „Angiomatose“ der Weichteile ▪ andere Merke Vaskuläre Anomalien werden nach der aktuellen ISS- VA-Klassifikation in Gefäßtumoren, Gefäßmalforma- tionen und in aktuell nicht klassifizierbare Verände- rungen eingeteilt. Allgemeine Aspekte zur Diagnostik Die Diagnostik vaskulärer Anomalien kann sehr kom- plex sein. Zur Basisdiagnostik zählen zunächst die Erhe- bung der – meist sehr ausführlichen – Krankheitsge- schichte und die körperliche Untersuchung. Die Labor- diagnostik spielt nur bei der Diagnostik ganz bestimm- ter vaskulärer Anomalien eine Rolle, z. B. beim infanti- len Hämangiom, wenn die Diagnose unklar ist (Bestim- mung des GLUT 1) [4]. Bei der Bildgebung ist die Sonografie die Basisdiagnos- tik [5]. Die MRT hat den höchsten Stellenwert bei vas- kulären Malformationen [6]. Die CT eignet sich vor al- lem zur Beurteilung einer knöchernen Beteiligung. Bei manchen Malformationen kann eine invasive Diagnos- tik, wie Phlebografie, Lymphografie und digitale Sub- traktionsangiografie (DSA) notwendig sein, insbeson- dere im Hinblick auf die Therapieplanung [5, 7]. Merke Basisdiagnostik der vaskulären Malformationen ist die Sonografie. Die MRT hat den höchsten Stellen- wert bei vaskulären Malformationen und bei der Be- urteilung der Ausdehnung vaskulärer Anomalien. Allgemeine Aspekte zur Therapie Das Spektrum der Indikationen für eine Therapie der Gefäßmalformationen umfasst sowohl kosmetische als auch lebenswichtige Aspekte [5]. Ein interdisziplinäres Therapiekonzept ist unabdingbar für eine erfolgreiche Behandlung [5]. Mögliche Therapieansätze sind hierbei: ▪ konservativ (z. B. Kompressionsware) ▪ interventionell-radiologisch (z. B. Embolisation, Sklerosierung, Radiofrequenzablation) ▪ dermatologisch (Lasertherapie) ▪ Kombinationen (z. B. interventionell-radiologische und chirurgische Ansätze) ▪ medikamentös (in Einzelfällen [5]) Merke Eine Therapie an einem interdisziplinären Zentrum ist essenziell, wobei interventionell-radiologische Ver- fahren (vor allem Embolisation und Sklerosierung) eine zentrale Rolle bei der Therapie von Gefäßmal- formationen spielen. Einfache vaskuläre Malformationen Kapilläre Malformationen Definition Kapilläre Malformationen (CM) imponieren als pinke bis rote Maculae (Naevus flammeus, Port-Wine-Stain) und bestehen aus dilatierten Kapillaren sowie postkapillä- ren Venolen [2, 7]. Es handelt sich um angeborene Mal- formationen, die hauptsächlich Haut und Mukosa be- treffen (▶ Abb. 1) [2]. Kapilläre Malformationen können zunächst ein Nach- dunkeln oder eine Verdickung mit assoziierter Kno- chen- oder Weichteilhyperplasie zeigen [2]. Darüber hi- naus können CM auch mit weiteren vaskulären oder nicht vaskulären Anomalien, wie z. B. mit Anomalien des ZNS und der Augen (Sturge-Weber-Syndrom: CM im Gesicht und leptomeningeal + okuläre Anomalien ± knöcherne und/oder Weichteilhyperplasie), vergesell- schaftet sein [2]. Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 61

▶ Abb. 2 Gemischt makro- und mikrozystische lymphatische Malformation. a Koronare T2-STIR-Aufnahme mit hyperintenser und gekammerter Raumforderung der Leiste und des Oberschenkels links, die aus multiplen Zysten (größer und kleiner als 5 mm) besteht. b TWIST-Angiografie ohne Nachweis eines arteriellen oder venösen Gefäßanschlusses. c Koronare T1-VIBE-3-D- Aufnahme mit geringer randständiger Kontrastmittelanreicherung der zystischen Läsionen. pisch und spricht eher für eine kombinierte venolym- phatische Malformation [7]. waige Deformitäten möglichst rückgängig gemacht werden. Neben der o. g. nicht invasiven Diagnostik besteht da- rüber hinaus die Möglichkeit einer Direktpunktion der LM. Aus einer LM lässt sich gelblich-seröse bzw. mil- chig-weiße Lymphe gewinnen, während diese Lymph- flüssigkeit im Fall einer venolymphatischen Malforma- tion blutig tingiert ist [7]. Merke LM sind sehr hyperintens in den (fettgesättigten) T2w Sequenzen, teilweise auch mit Flüssigkeits-Flüssig- keits-Spiegeln. In den T1w Sequenzen sind sie hy- pointens bzw. seltener intermediär. Bei makrozysti- schen LM ist ein Enhancement der Zystenwände, bei mikrozystischen LM ein schwaches flächiges Enhan- cement typisch. Eine zentrale Kontrastmittelaufnah- me ist für isolierte LM untypisch und spricht eher für eine venolymphatische Malformation. Therapie Das Ziel der Therapie einer LM ist es, das Volumen der Malformation zu verkleinern und dadurch sowohl die Schmerzen als auch die Häufigkeit eines Erysipels oder einer Entzündung zu verringern. Auch sollen die umge- benden Strukturen weniger stark komprimiert und et- Sowohl die mikro- als auch die makrozystischen LM sind prinzipiell einer chirurgischen und einer interven- tionellen Therapie zugänglich. Die interventionelle Therapie der makrozystischen LM ist effektiver und komplikationsärmer als die Resektion, während sie bei sehr komplizierten und rezidivierenden mikrozysti- schen LM als Ergänzung angedacht werden sollte [15, 16]. Das interventionell-radiologische Vorgehen bei LM sieht zunächst eine ultraschallgestützte Punktion und Einbringung eines Pigtail-Katheters in Seldinger-Tech- nik in die zystische Läsion vor [16]. Über den einliegen- den Katheter wird nach der Aspiration des Malformati- onsinhaltes eine Lymphografie durch Kontrastmittelin- jektion durchgeführt, um die Katheterlage und die Kompartimentgröße – und damit das Volumen des In- jektats – zu beurteilen und eine Kommunikation mit tiefen Drainagevenen ausschließen zu können [15]. Im Anschluss wird – nach Aspiration des Kontrastmittels – das Sklerosierungsmittel unter Bildkontrolle appliziert. Die o. g. Aspirationen sind unabdingbar, um eine Ver- dünnung des Sklerosierungsmittels und damit einher- gehende insuffiziente Sklerosierungen zu vermeiden [16]. Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 63

häufigsten betroffen sind [2, 14, 21]. Im Hinblick auf ihre Ausdehnung können VM sehr unterschiedlich sein: Meist sind sie auf eine Körperhälfte oder einen Qua- dranten beschränkt [22]. Bei manchen Patienten ist nur ein kleines Areal, z. B. eine Zehe, betroffen, bei an- deren die ganze Extremität. Auch die Tiefenausdeh- nung ist sehr variabel [22]. Bei einigen Patienten blei- ben die VM auf kutane und subkutane Gewebeschich- ten beschränkt, bei anderen infiltrieren die VM Musku- latur, Fettgewebe, knöcherne Strukturen und Sehnen und respektieren dabei die verschiedenen Gewebe- schichten nicht [2]. Wie alle vaskulären Malformatio- nen sind die VM angeboren und deshalb (wenn sie oberflächlich lokalisiert sind) oft schon bei der Geburt zu erkennen [2]. Sie bestehen aus dilatierten und de- formierten Venen [6]. Die Fehlbildung der betroffenen Venen wird durch ein irreguläres Fehlen der glatten Muskulatur innerhalb der Venenwände verursacht [14]. Typischerweise imponieren die VM als kleine, bläuliche Hautverfärbungen oder als retikuläres, dilatiertes und dysplastisches Venengeflecht, das durch die Haut zu sehen ist (▶ Abb. 4) [2]. Diese Veränderungen sind we- der pulsatil noch überwärmt [14]. Venöse Malformatio- nen sind weiche und komprimierbare Gebilde, die bei Erhöhung des intravenösen Drucks temporär an Größe gewinnen [2]. Ein erhöhter hydrostatischer Druck innerhalb der Mal- formation und das Fehlen der Venenklappen kann zu ei- ner langsamen Progredienz der Läsionen im Lauf des Lebens führen [7]. VM können mit einer sog. Marginal- vene vergesellschaftet sein [23]. Dabei handelt es sich um eine klappenlose embryologische Vene, die sich während der Embryonalentwicklung nicht zurückgebil- det hat. Sie verläuft typischerweise an der lateralen Seite der unteren Extremität und kann über Kommuni- kationsvenen mit dem tiefen Leitvenensystem verbun- den sein, woraus sich das Risiko thrombembolischer Komplikationen ableitet [23, 24]. Die Symptomatik hängt von Größe und Lage der Mal- formation ab [7]. VM können als schmerzhafte Schwel- lungen imponieren und mit Thrombophlebitiden und Thrombosen bis hin zu Lungenarterienembolien verge- sellschaftet sein [7]. Weitere Komplikationen sind rezi- divierende Blutungen, auch in Gelenke, sowie eine Kompression der umliegenden Strukturen (insbeson- dere der Atemwege und Orbitae) [16]. Eine weitere mögliche Komplikation ausgeprägter VM ist die disse- minierte Koagulopathie (DIC) [16]. Die DIC kann durch die Stase des Blutes innerhalb des Malformationslu- mens und der damit verbundenen Gerinnungsaktivie- rung des Blutes verursacht werden. Aus dem gesteiger- ten Verbrauch von Gerinnungsfaktoren resultiert ein Mangel dieser Faktoren. Als Folge kommt es dann zum ▶ Abb. 4 Venöse Malformation an typischer Lokalisation mit schmerzhafter Schwellung und bläulicher Verfärbung des entsprechenden Areals. gleichzeitigen Auftreten von Thrombosen, Thrombem- bolien und Blutungen. Diagnostik Im Ultraschall sind VM als zystische bis tubuläre echof- reie Veränderungen zu erkennen, die sich leicht kom- primieren lassen. Die dysplastischen Venen sind in eine Umgebung von vermehrtem Fettgewebe einge- bettet. Durch den hohen Kontrast zu diesem echorei- chen Fettgewebe weisen VM einen hohen Kontrast auf. Phleboliten innerhalb der Malformation können durch Verkalkungen als Schallauslöschungen nachge- wiesen werden. In der FKDS kann kein relevanter Blut- fluss dargestellt werden. Die Schnittbilddiagnostik ist neben der Diagnosestel- lung indiziert, um die Ausdehnung der VM zu doku- mentieren, eine Infiltration wichtiger Strukturen aus- zuschließen und tiefe Leitvenen darzustellen. Aufgrund der geringeren Weichteilauflösung ist die CT der MRT bei der Diagnostik venöser Malformationen unterlegen und spielt häufig nur bei der Beurteilung ossärer Verän- derungen eine Rolle [7]. In den T2w Sequenzen erscheinen die dysplastischen Venen der VM stark hyperintens [6]. Durch proteinrei- chen Inhalt sowie Gerinnungs- und Sedimentations- phänomene können VM – wie die lymphatischen Mal- formationen – Flüssigkeits-Flüssigkeits-Spiegel aufwei- sen [6]. Noduläre T2w hypointense Veränderungen in- nerhalb der Gefäße werden durch Verkalkungen verur- sacht, die im Rahmen von Phleboliten oder Thrombo- Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 65

FALLBEISPIEL Eine 11-jährige Patientin klagte seit ca. 2 Jahren über rezidivierende Schmerzepisoden des rechten Beins, insbesondere des rechten Oberschenkels. Die teilweise immobilisierenden Schmerzepisoden traten ein- bis zweimal im Monat auf und gingen mit einer begleitenden Schwellung des rechten Knies einher (▶ Abb. 5). ▶ Abb. 5 Diffuse venöse Malformation im rechten Oberschenkel bei einem 11-jährigen Mädchen. a Axiale T2w STIR-Aufnahme mit aus- gedehnter epi- und subfaszialer Raumforderung der unteren Extremität mit glutealer Beteiligung. b Koronare T2 STIR-Aufnahme mit Nachweis der entsprechenden kraniokaudalen diffusen Ausbreitung der venösen Malformation. c TWIST-Angiografie mit Darstellung der venösen Malformation. drome sind ebenfalls mögliche Komplikationen bei der interventionellen Therapie venöser Malformationen [16]. Bei großen oder komplizierten VM sind Folgeeingriffe – im Abstand von 6 bis 8 Wochen – notwendig [16]. Arteriovenöse Malformationen Definition Auch die seltenen arteriovenösen Malformationen (AVM) werden den einfachen vaskulären Malformatio- nen zugerechnet [2]. Typischerweise bestehen AVM aus versorgenden arteriellen Feedern und einem venö- sen Drainagesystem [2]. Den arteriellen und venösen Malformationsanteilen ist ein sog. Nidus – ein retikulä- res Geflecht aus Mikro- und Makrofisteln – als Verbin- dungsstück zwischengeschaltet [7]. Ein verbindendes Kapillarnetz fehlt [7]. Durch den arteriellen Zufluss und aufgrund des fehlenden Kapillarnetzes herrschen innerhalb der AVM hohe Drücke und Flüsse, die zu einer Erweiterung der venösen und arteriellen Malformati- onsanteile führen [7]. Auch die AVM sind angeboren und können an den un- terschiedlichsten Lokalisationen auftreten [25]. Kli- nisch treten sie oft erst im Lauf des Lebens in Erschei- nung, z. B. während der Pubertät oder anderen hormo- nellen Veränderungen (z. B. Schwangerschaft) oder im Rahmen eines Traumas [21, 33]. Durch die kontinuierlich hohen und langsam progre- dienten Flüsse innerhalb der Malformation gehen AVM mit Schwellungen einher, deren Umfang im Vergleich zur Gegenseite (z. B. bei Rumpfbefall) bzw. zur nicht betroffenen Extremität zunimmt [25]. Die angrenzen- den Hautbereiche sind rötlich verfärbt und weisen Tele- angiektasien und in späteren Verläufen auch dilatierte (sub-)kutane Drainagevenen auf [7]. Ohne Therapie ist ein schubweiser progredienter Verlauf für AVM typisch. Im Gegensatz zu VM sind AVM überwärmt [25]. Bei der Palpation beobachtet man darüber hinaus manchmal eine Pulsation oder ein Schwirren [7]. Zu den weiteren Symptomen einer AVM zählen auch Schmerzen und Schwellungen, bedingt durch eine Kompression des umliegenden Gewebes. Durch diese Kompression, aber auch durch verdrängendes und infiltrierendes Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 67

FALLBEISPIEL Eine 23-jährige Patientin stellte sich mit überwärmter, pulsatiler Schwellung des rechten Knies und Unterschenkels sowie beginnender chronisch venöser Insuffizienz vor. Die Vorstellung erfolgte zur interdisziplinären Besprechung und Therapie- einleitung (▶ Abb. 6). ▶ Abb. 6 Arteriovenöse Malformation der rechten unteren Extremität bei einer 23-jährigen Patientin. a Im Seitenvergleich sind vor allem die Umfangsvermehrung und Schwellung des gesamten rechten Beins offensichtlich. b Von der Seite betrachtet fallen Umfangsvermeh- rung, Schwellung und Rötung vor allem des rechten Unterschenkels auf. c Detailansicht des rechten Fußes der Patientin. d Koronare T2w STIR-Aufnahme des rechten Beins mit deutlichen Flow Voids arteriell und venös als Hinweis auf eine frühe venöse Drainage mit schnellem Blutfluss. Zudem deutliche dilatierte A. femoralis superficialis (AFS) und V. femoralis superficialis (VFS). e Axiale T2w STIR-Aufnahme beider Beine der Patientin mit ausgedehnter High-Flow-AVM des rechten Beins. Ossäre Beteiligung der proximalen Tibia (oranger Pfeil). Anschließend platziert man einen Mikrokatheter mit dem EVOH-Plug unmittelbar vor dem Gefäßnidus. Bei der Applikation von EVOH wird durch diesen EVOH- Mantel ein Reflux von EVOH verhindert (Plug) und das EVOH kann vollständig in den Nidus gelangen und ihn bis auf das venöse Niveau ausgießen [41]. Die Mikroka- theterspitze ist ablösbar und verbleibt innerhalb des polymerisierten EVOH intraläsional. Hierbei ist EVOH nicht nur dem transarteriellen Einsatz vorbehalten, sondern kann – durch einen erfahrenen Untersucher – auch perkutan appliziert werden. Die Embolisation einer AVM sollte, insbesondere bei der Verwendung von EVOH, in Allgemeinanästhesie durchgeführt werden – zum einen aufgrund der Dauer der Intervention, zum anderen aufgrund der Schmer- zen, die durch das DSMO verursacht werden [16]. Weil DSMO auch nach der Embolisation starke Schmerzen verursacht, ist meist auch postinterventionell eine adä- quate Schmerztherapie notwendig [16]. Zur Thrombo- seprophylaxe ist auch bei der Embolisation von AVM eine subkutane Applikation von niedermolekularem Heparin notwendig [16]. Zur vollständigen Nidusem- bolisation sind i. d. R. weitere Interventionen notwen- dig, die 6–10 Wochen nach der Erstintervention statt- finden sollten [16]. Risiken einer EVOH-Embolisation sind periphere Ner- venschäden und Nekrosen durch eine Minderperfusion, insbesondere an den Extremitäten. Eine streng nidale bis venöse Embolisation verringert dieses Risiko [16]. Patienten sollten vor dem Eingriff auch über den sog. Tattoo-Effekt (Durchscheinen des EVOH durch die Haut bei oberflächlichen Malformationen) und über den vom Patienten passager ausgehenden Schwefel- oder Knoblauchgeruch aufgeklärt werden [16]. Bei der Therapie der AVM kommt auch Alkohol als ef- fektives Embolisat zur Anwendung [39]. Die intraarte- rielle Anwendung ist jedoch noch risikoreicher (Ner- venschäden, Nekrosen, Herz-Kreislauf-Stillstand) als die perkutane Anwendung bei lymphatischen oder ve- nösen Malformationen. Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 69

FALLBEISPIEL Eine 64-jährige Patientin mit bekanntem Morbus Osler (hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie) gibt in der Anamnese eine zerebrale Ischämie und eine Lungenarterienembolie an. Aufgrund dieser Klinik und der Größe der AVF wird die Indikation zur interventionell-radiologischen Therapie gestellt (▶ Abb. 8). ▶ Abb. 8 Pulmonale arteriovenöse Fistel der Lingula bei einer 64-jährigen Patientin. a Koronare CT des Thorax. b VRT- (Volume Rendering Technique)-Darstellung der Lingula. c DSA der pulmonalen arteriovenösen Fistel. d DSA während des Coilings. e DAS-Abschlusskontrolle nach erfolgreichem Coiling mit komplettem Verschluss der Fistel. Amplatzer vascular Plugs; in seltenen Fällen ist zusätzli- ches Flüssigembolisat notwendig [16]. Zur Verhinde- rung von Luft- oder Thrombembolien sollte der Kathe- ter dauerhaft gespült werden (Spülinfusion mit Hepa- rin) [16]. Ein Rezidiv sollte nach 6–12 Monaten mit einer kon- trastmittelgestützten CT ausgeschlossen werden [16]. Im Übrigen ist eine weitere Nachsorge nicht notwendig [16]. Weitere Gefäßmalformationen Kombinierte vaskuläre Malformationen Die kombinierten vaskulären Malformationen sind defi- niert als mindestens 2 vaskuläre Anomalien innerhalb einer Läsion [2]. Hierbei können einfache Malformatio- nen, „malformations of major named vessels“ oder bei- de Typen kombiniert sein (▶ Tab. 1). „Malformations of major named vessels“ Die sog. „malformations of major named vessels“ be- treffen im Allgemeinen Gefäße (Arterien, Venen und Lymphgefäße) größeren Kalibers, die Anomalien in Ur- sprung, Verlauf, Anzahl, Länge, Durchmesser oder im Bereich der Gefäßklappen aufweisen. Die angeborenen Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 71

Wibke Uller Univ.-Prof. Dr. med. 2005-2007 Assistenzärz- tin Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Nürnberg Nord. 2007-2018 Weiterbildung zur Fachärztin Radiologie und ab 2011 Ober- ärztin am Institut für Röntgendiagnostik Uni- klinik Regensburg. 2013-2015 Research Fel- low Boston Childrens Hospital/Harvard Medical School, Boston, MA. 2016 Habilitation. 2017-2020 Leiterin des in- terdisziplinären Zentrums für Gefäßanomalien und des Zentrums für pädiatrisch-interventionelle Radiologie an der Uniklinik Regensburg. 2019–2020 Leitende Oberärztin In- stitut für Röntgendiagnostik Uniklinik Regensburg. Seit 2021 W3 Professur für Interventionelle Radiologie an der Uniklinik Freiburg. Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Wibke Uller Universitätsklinikum Freiburg Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Leiterin Sektion Interventionelle Radiologie Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Deutschland E-Mail: wibke.uller@uniklinik-freiburg.de Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbe- stimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Wibke Uller, Freiburg. Erstveröffentlichung Dieser Beitrag ist eine aktualisierte Version des Artikels: Doppler M, Uller W. Diagnostik und Therapie von Gefäßmal- formationen. Radiologie up2date 2021; 21 (04): 309-328 DOI: 10.1055/a-1493-0542 Literatur [1] Mulliken JB, Glowacki J. Hemangiomas and vascular malfor- mations in infants and children: a classification based on endothelial characteristics. Plast Reconstr Surg 1982; 69: 412–422 [2] Wassef M, Blei F, Adams D et al. 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Punkte sammeln auf CME.thieme.de Diese Fortbildungseinheit ist in der Regel 12 Monate online für die Teilnahme verfügbar. Unter https://eref.thieme.de/CXHFWQP oder über den QR-Code kommen Sie direkt zur Startseite des Wissenstests und zum Artikel Sie finden dort auch den genauen Einsendeschluss. Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, finden Sie unter https://cme.thieme.de/hilfe eine ausführ- liche Anleitung. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Beantworten der Fragen! VNR 2760512022161722303 Frage 1 Frage 4 Welche der Aussagen zum Management von Gefäßmalforma- tionen ist richtig? Wodurch sind arteriovenöse Malformationen (AVM) gekennzeichnet? A Bei der Bildgebung ist die Magnetresonanztomografie die Basisdiagnostik. B Die interventionell-radiologische Therapie besteht z. B. in Embolisation, Sklerosierung oder Radiofrequenzablation. C Die Klassifikation der International Society for the Study of Vascular Anomalies (ISSVA) ist die seit 1996 unverändert gültige, international anerkannte und praktizierte Eintei- lung. D Die Labordiagnostik spielt eine zentrale Rolle in der Diag- E nostik von Gefäßmalformationen. Eine äußerliche Kompression ist bei allen Formen kontra- indiziert. Frage 2 Nur einer der genannten vaskulären Tomoren ist gem. der Klassifikation der Society for the Study of Vascular Anomalies als maligne einzustufen. Welcher? epitheloides Hämangiom kaposiformes Hämangioendotheliom A epitheloides Hämangioendotheliom B C D pyogenes Granulom E Spindelzellhämangiom Frage 3 Eins der genannten Syndrome gehört nicht zu den Gefäß- malformationen, die mit anderen Anomalien assoziiert sind. Welches A Angiografisch werden 5 Typen unterschieden. B Der natürliche Verlauf ist schleichend progredient. C Es kann zu Schwellungen, jedoch nicht zu infiltrierendem Wachstum kommen. D Zur Planung des interventionellen Vorgehens sollte eine (super-)selektive angiografische Darstellung durchgeführt werden. Sonografisch imponiert im Vergleich zur gesunden Seite ein deutlich verlangsamter venöser Abstrom. E Frage 5 Nur eine der folgenden Aussagen zu arteriovenösen Fisteln (AVF) ist korrekt. Welche? A AVF sind i. d. R. angeboren. B Der typische Nidus findet sich regelhaft in der Bildgebung. C Die AVF wird gem. der Klassifikation der Society for the Study of Vascular Anomalies als „kombinierte Malforma- tion“ geführt. D Nach dem Coiling der AVF sind Rezidive nicht mehr mög- E lich. Pulmonale Blutungen, Schlaganfälle oder Abszesse sind die Risiken arteriovenöser Fisteln. Ehlers-Danlos-Syndrom Typ 3 Klippel-Trenaunay-Syndrom A CLOVES-Syndrom B C D Proteus-Syndrom E Sturge-Weber-Syndrom Doppler Michael et al. Diagnostik und Therapie … Gefäßmedizin Scan 2022; 9: 59–76 | © 2022. Thieme. All rights reserved. 75

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