pflege konkret Fachkrankenpflegerin für Anästhesie und Inten- sivpflege viele Jahre lang in Karlsruhe tätig, bis sie das Coaching für sich entdeckte. Daneben arbeitet sie als Dozentin für Kommunikation und Kommunikationstechniken. Zum Einzel- Coaching kommen Menschen aus allen Berufs- gruppen zu ihr, zum Team-Coaching ist Silke Wüstholz meist in Kliniken unterwegs. Sie sieht, dass der Gruppendruck auf den Stationen oft hoch ist. „Häufig gilt die Devise: Wir müssen immer toll und stark sein“, sagt sie. Missed Nur- sing Care sei ein großes Thema, gleichzeitig gebe aber niemand gerne zu, etwas nicht zu schaffen. „Dass es auch in Ordnung sein kann, Schwächen zuzugeben, wird nicht kommuniziert.“ Studien ergeben zwar: Je mehr Patienten eine Pflegende betreut, umso häufiger tritt „Missed Care“ auf, und zu wenig Personal wird als Hauptgrund für „Missed Care“ genannt. Aber die Untersuchungen zeigen auch: Je besser das Verhältnis der Kolleginnen und Kollegen untereinander ist, desto seltener tritt das Phänomen auf. Eine mangelhafte Kommu- nikation im Team und mit den Patienten scheint entscheidend zu sein.* Sich unterstützen zu lassen, wird in manchen Kliniken allerdings immer noch als Schwäche ausgelegt. „Bei den Leitungen herrscht oft die Ansicht, dass regelmäßige Supervisionen nicht notwendig sind“, sagt Silke Wüstholz. „Dabei sind diese gelebte Selbst fürsorge und wichtige Austauschplattformen.“ Check-in fürs Team Sie empfiehlt zum Beispiel, die Übergabe für ein „Team-Check-in“ und „Team-Check-out“ zu CNE.fortbildung Lesen Sie auch die Lerneinheit „Missed Nursing Care: Ursachen, Folgen und Prävention“. 20 © leszekglasner/stock.adobe.com – Stock photo. Posed by a model nutzen. Kolleginnen können so etwa äußern, wenn sie an einem Tag nicht ganz so belastbar sind. Außerdem können alle noch einmal Revue passieren lassen, worauf sie heute stolz sein können, was sie geschafft haben – und was nicht. Silke Wüstholz kennt einige Stationen mit Team-Check-in/Check-out. „Es ist schwierig zu etablieren“, sagt sie. „Aber wenn es gelingt, wird die Stimmung im Team deutlich besser.“ So lässt sich auch bei schlechter Besetzung klären, wer welche Aufgaben übernimmt, was vordringlich erledigt werden muss, etwa die Körperpflege oder die Krankenbeobachtung, und welche Auf- gaben getrost weitergegeben werden können. Im Einzel-Coaching scheinen es oft Kleinig- keiten zu sein, die Pflegefachkräften helfen. Etwa, dass sie auch mal „Nein“ sagen können, ohne dass etwas Schreckliches passiert. Und dass sie Pausenzeiten einhalten dürfen. „Das gilt manchmal als verrückte Idee.“ Silke Wüst- holz fällt auf, dass manche Pflegefachkräfte dadurch sehr hart werden. Zuletzt betreute sie eine Pflegende mit Eheproblemen, die auf ei- ner Intensivstation arbeitete. „Es kam heraus, dass sie durch den Beruf wie versteinert war“, erzählt sie. „Und wir bestehen nicht aus zwei menschlichen Teilen – die Verhärtung trug sie mit ins Privatleben hinein.“ Zeiten ändern sich Was die oder der Einzelne als Ausgleich für sich tun kann, liest sich bekannt, wird aber dennoch allzu oft unterschätzt und vergessen: Achtsam- keitsübungen, Musik machen, tanzen, spazie- ren gehen, kochen, Sport und Freundschaften pflegen, die nicht aus dem beruflichen Umfeld kommen. Manchmal reicht dies alles leider nicht aus. Silke Wüstholz betreute etwa eine leiden- schaftlich Pflegende von der ITS, die kurz davor stand, den Beruf zu verlassen. Sie litt darunter, dass sie die Pflege, die sie vor Jahren noch ge- wohnt war, jetzt aufgrund der Personalsitua- tion und der wirtschaftlichen Zwänge nicht mehr schaffte. Im Coaching erarbeiteten sie, auf welche Tätigkeiten die ITS-Kraft verzichten konnte, ohne sich schlecht zu fühlen – etwa einmal weniger ein Bett beziehen–, und auf welche nicht. Was sie selbst in der Hand hatte und wo ihr nur die Feststellung half, dass sie es hinnehmen musste. „Dass es in Ordnung war, nicht alles zu schaffen, musste sie lernen“, sagt Silke Wüstholz. Sie bemerkt allerdings, dass sich beim Pflege -Nachwuchs gerade etwas ändert. Die Jungen äußerten klarer, wenn sie an ihre Leis- tungsgrenzen kämen. Oft führe das zu einem Generationenkonflikt, aber ihr gefalle dieser Wandel. „Wenn ich nicht gut drauf bin, kann ich mich auch nicht für Verbesserungen ein- setzen“, erklärt Silke Wüstholz. „Je besser es mir geht, umso eher kann ich auch berufs- politisch Veränderungen einfordern.“ Silja Schwencke CNE.magazin 5.25 | © 2025. Thieme. All rights reserved.