cne.thieme.de 4 · 2024 Social Media Nurse Image(pflege) ● Zwei Welten Hilfseinsatz an der serbischen Grenze ● Reform ja, aber wie? Mehr zur Krankenhausreform ● „Die Erde ist geplatzt“ Corona-Nachwirkungen bei Kindern

editorial & inhalt editorial Liebe Leserinnen und Leser, Coronaviren gibt es immer noch, die Pandemie aber ist glück­ licherweise zu Ende. Auch wenn man diese Zeit am liebsten weit hinter sich lassen würde und Augen wie Ohren verschließen möchte, wäre das falsch: Um aus dem Geschehenen zu lernen, wurde folgerichtig längst an verschiedensten Stellen mit der Aufarbeitung begonnen, und es zeigt sich, dass so manche Entscheidung mit dem heutigen Abstand anders bewertet wird als zu Lockdown­Zeiten. Umso wichtiger ist es, jetzt genau hinzuschauen und jenen zuzuhören, deren Stimmen man 2020 in Deutschland viel zu wenig Gehör geschenkt hat: den Kindern und Jugendlichen. Denn heute zeigt sich deutlich, dass sie einen sehr hohen Preis für die angeordnete soziale Isolation und die damit ver­ © New Africa/stock.adobe.com – Stock photo. Posed by a model bundenen Schul­ und Kitaschließungen bezahlt haben. Verschiedenste aktuelle Untersuchungen zeigen seit der Pandemie bei Kindern und Jugendlichen einen starken Anstieg psychischer Auffälligkeiten wie Angststörungen, Kopf­ und Bauchschmerzen, Hintergründen. Passend dazu er fahren Sie in der aktuellen CNE.fortbildung in der Lerneinheit „Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ­ mögliche Erscheinungsformen und Heran­ Schlaf probleme, Essstörungen ... Besonders betroffen sind diejenigen, gehensweisen im klinischen Alltag“, welche Auffälligkeiten bei Kindern die es meist sowieso schon schwerer haben als andere: Kinder in be­ auftreten und wie Sie darauf reagieren und helfen können. engten Wohnverhältnissen, mit Eltern, die nur eine geringe Bildung aufweisen, und jene mit Migrationshintergrund. Der Therapie­ und Förderbedarf ist riesig, die Warte listen sind lang. In unserem Artikel „Die Erde ist geplatzt“ hier im CNE.magazin lesen Sie mehr zu den Herzlich Ihr CNE Team inhalt 02 science kompakt mini-umfrage & neues bei CNE 05 CNE.online aktuell 06 Image(pflege) Arbeiten als Social Media Nurse 10 Zwei Welten Hilfseinsatz an der serbischen Grenze 14 Versorgung chronischer Wunden Infografik 16 Reform ja, aber wie? Mehr zur Krankenhausreform 20 Vision oder Wirklichkeit? Künstliche Intelligenz am Krankenbett 23 „Die Erde ist geplatzt“ Corona-Nachwirkungen bei Kindern 26 TakeCare Unser neuer Podcast 27 impressum 28 ausblick & gesprächsstoff In diesem CNE.magazin verlosen wir dreimal das Buch „Ab heute trag ich Rot“. Machen Sie mit beim Gewinnspiel. Viel Glück! 22 Warum es auf die Dosierung ankommt Richtig loben will gelernt sein Covergestaltung: © Thieme Bildnachweis Cover: © Pixel-Shot/stock.adobe.com – Stock photo. Posed by a model. Edited by Thieme CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 1

Risiko Zuckerersatz Xylit erhöht Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt Immer mehr Menschen versuchen sich zucker­ Blutplättchen erhöht. Dadurch aggregieren sie leichter und bilden Blutgerinnsel. Dies stellt Quelle: Kirsten Oborny (nachgestellte Situation) Risiko Einsamkeit Menschen, die dauerhaft unter Einsamkeit leiden, haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie amerikanischer Forscher aus Boston, Cambridge und Harvard. Die Studienautoren betonen, dass der Umgang mit Einsamkeit eine wichtige Rolle bei der Schlaganfall­ prävention spielt und ein wiederholtes Screening über einen längeren Zeitraum hinweg dabei helfen kann, besonders gefährdete Personen zu identifizieren. kra Quelle: thelancet.com KI verbessert Diagnostik Eine Studie der Universität Kopenhagen zeigt eine deutliche Steigerung der Effi zienz durch Künstliche Intelligenz in der Mammografie. Eingeschlossen wurden die Daten von rund 60 000 Frauen. Die Wissen­ schaftler verglichen die Ergebnisse vor und nach dem Einsatz von KI. Das KI­ System evaluierte die Mammografie-Bilder der Frauen und reduzierte die Fälle, die von den Radiologen untersucht werden mussten, erheblich. Darüber hinaus wurden mehr Brustkrebsfälle entdeckt, während die Rate falsch positiver Befunde von 2,39 auf 1,63 Prozent sank. Ein weiterer Aspekt: Der Ar­ beitsaufwand der Radiologen reduzierte sich um ein Drittel. Quelle: medinside.ch sisa 3 ärmer zu ernähren und greifen zu Alter­ nativen. Während in den letzten Jahren das Image vieler Süßstoffe wie Aspartam oder Acesulfam K gelitten hat, gelten Zucker­ austauschstoffe wie Xylit, Erythrit oder Sorbi­ tol weiter als gute Alternative. Einer neuen Studie zufolge besteht bei Xylit der Verdacht, Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse zu einen Risikofaktor für die Entstehung von Herzinfarkten und Schlaganfällen dar. Die Stu­ die appelliert an die Verbraucher, sich diese Risiken bewusst zu machen und Xylit mit Vor­ sicht zu konsumieren. Bei Un sicherheiten helfen Mediziner*innen und Ernährungs- berater*innen weiter. sisa sein. Kardiologen der Cleveland Clinic in Ohio, EHJ 2024; 45 (27); 2439–2452 USA, untersuchten den Zusammenhang zwi­ schen Xylit-Konsum und dem Auftreten von Herzinfarkt und Schlaganfall. An der Studie nahmen 3 300 Herz-Kreislauf-Patient*innen über 3 Jahre hinweg teil und gaben Blutproben ab. Ergebnis: Menschen mit einer hohen Xylit- Konzentration im Blut erlitten signifikant häu­ figer einen Schlaganfall oder Herzinfarkt oder verstarben im Verlauf der Studie. Das Risiko eines schwerwiegenden kardialen Ereignisses sei um 57 Prozent erhöht. Die Wissenschaftler beobachteten, dass Xylit die Reaktivität von © Maik Dörfert/stock.adobe.com Private Pflegeverantwortung und Beruf Rund 85 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden in Deutschland von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn versorgt. Von diesen sind viele berufstätig. Eine Analyse des Instituts für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation (iqpr GmbH) im Auftrag des Kuratori­ ums Deutsche Altershilfe (KDA) hat die Gruppe der pflegenden Erwerbstätigen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass fast ein Drittel (28 Prozent) der pflegenden Erwerbstätigen in Betrieben mit 20 bis 99 Beschäftigten arbeiten und 31 Prozent im öffentlichen Dienst. Die Wochenarbeitszeit beträgt im Schnitt 36 Stunden. Die Pflege übernehmen Frauen häufiger (62 Prozent) als Männer (38 Prozent). Innerhalb der Gruppe der pflegenden Beschäftigten sind Personen mit einer langen Arbeitszeit in Kombination mit einem hohen Pflegeumfang besonders belastet. sisa Weitere Infos unter: www.kda.de CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

mini-umfrage Sind Sie mit der Legalisierung von Cannabis einverstanden? Von den 1085 Teilnehmern bejahen 468 Pflegende die Frage. 525 Teilnehmer sind nicht einverstanden und 92 enthielten sich eines Urteils. JA ▬ Besser legal und sauber, als illegal und mit Sub­ stanzen besprühtes Zeug kaufen. Es werden, wenn überhaupt, nur kurzzeitig mehr Men­ schen konsumieren, als es ohnehin schon tun. ▬ Die Politik der Repression ist gescheitert. Lieber einen aufgeklärten, entkriminalisierten Um­ gang und bessere Prävention bzw. Aufklärung. ▬ Cannabis bietet viele positive Einsatzgebiete. Natürlich besteht immer eine gewisse Gefahr der Abhängigkeit, dennoch denke ich, dass eine geregelte Abgabe durch den Staat besser ist als durch einen Dealer auf dem Schwarzmarkt. ▬ Alleine für Schmerzpatienten ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn man die Legalisierung von Cannabis verurteilt, müsste man genauso NEIN ▬ Medizinisch sinnvoll, wenn der Konsum fach­ männisch begleitet wird – den privaten Konsum zu legalisieren, ist fahrlässig. Wäre der Konsum unbedenklich, gäbe es keine Restriktionen, und diese sind praktisch nicht kontrollierbar. Die Legalisierung erweckt den Eindruck der Un­ bedenklichkeit (wie bei Alkohol und Tabak). ▬ In der Schmerztherapie ist Cannabis super, aber den privaten Gebrauch finde ich grenz­ wertig wegen dem Suchtpotenzial und den negativen Auswirkungen, v. a. bei jungen Menschen bzw. Jugendlichen. ▬ In meinem Arbeitsbereich habe ich mit drogen­ indizierten Erkrankungen bzw. Psychosen zu tun. Das wünsche ich keinem, und durch die Zigaretten oder Alkohol verbieten. Legalisierung wird es leider verharmlost. neues bei CNE CNE.online aktuell Umfrage in Zahlen 43% Ja 48% Nein 9% Weiß nicht Neuer Kurs: Datenschutz kompakt Neuer Bereich: Microlearnings Unter „Pflichtunterweisung“ ist ab sofort ein neuer E­Learning­Kurs aus unserer Reihe CNE.kompakt verfügbar: „Datenschutz kompakt“. Die Fortbildung bietet einen © smolaw11/stock.adobe.com vereinfachten Zugang zum Thema und eignet sich daher speziell für Einarbeitungskonzepte von inter­ nationalen Fachkräften. Geben Sie uns gerne eine Rückmeldung zu den neuen Kompakt­Kursen unter: pflege@thieme.de. Sie benötigen einen komprimierten Einstieg in ein Thema oder möchten einen bestimmten Aspekt vertiefen? Micro­ learnings helfen Ihnen dabei, sich in etwa 15 Minuten unkompliziert Gewinner Im CNE.magazin 2.24 verlosten wir zum Artikel „Starthilfe in die Pädiatrie“ das Buch „I care Pflege“. Der Gewinner ist Sebastian H. aus Münster. Wir gratulieren herzlich zum Gewinn! Das Lösungs­ wort lautete: Port. Machen Sie mit! Das aktuelle Gewinnspiel finden Sie immer unter: cne.thieme.de/quiz. Quelle: Alexander Fischer/Thieme (Symbolbild) einen Überblick zu verschaffen, Wissen aufzufrischen oder sich in neue Themen auf den Punkt gebracht einzuarbeiten. Den neuen Bereich „Microlearnings“ finden Sie auf cne.thieme.de im Menü unter „Fortbildung“. Bilden Sie sich hier in aller Kürze zu Themen wie der strukturierten Übergabe, dem richtigen Kommunizieren im Notfall oder den häufigsten Nebenwirkungen der Chemotherapie fort. Anschließend können Sie jedes Microlearning mit einem kurzen Wissenstest abschließen und erhalten dafür je 1 CNE Punkt und ein CNE Zertifikat. CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 5

Image braucht Pflege – und Pflege braucht Image Nicht nur der DBfK hat als Berufsverband ein Interesse daran, das öffentliche Bild der Pflege mitzugestalten und dafür zu sorgen, dass der Pflegeberuf adäquat rüberkommt. Man muss sein Image pflegen, und die Pflege braucht positives Image für ihren Beruf. Dafür stehen auch die Social-Media-affinen Pflege-Influen­ cerinnen Jeannine Fasold und Vanessa Schulte, die in diesem schnelllebigen Bereich immer up to date sind, da sie sich ständig fort- und weiterbilden. Fasold war als @einfach.jean eine der Ersten, die mit ihrem eigenen Instagram- Account auf den Pflege beruf, seine Bedeutung sowie die relevanten Themen aufmerksam gemacht hat. Bekannte Pflege-Influencer unterstützen uns bei der Weiterbildung. Sie gab – gerade am Anfang – aber auch private Einblicke in ihr Leben und ist oft mit ihrem Kollegen Marc Bennerscheidt zu sehen. Schulte teilt unter @vanessa.schulte_ aus­ schließlich berufliche Themen und ist das Ge­ sicht ihres Accounts. Das Anliegen der beiden war es von Anfang an, die Pflege und ihre Be­ lange mehr in den Fokus zu rücken – auch außerhalb der „Pflegebubble“. Sie haben im Laufe der Zeit festgestellt, dass auch andere Pflegekräfte ihren Beruf repräsentieren wollen, aber nicht wissen, wie es geht. Ihre Erfahrung zeigt: „Viele Pflegende rutschen irgendwie in die Position der Social-Media-Verantwortlichen für das eigene Unternehmen hinein, ohne dass sie eine Fortbildung zum Thema oder ander- weitige Unterstützung bekommen haben.“ Da heißt es oft: „Du hast doch einen Account, dann kannst du das für uns doch auch machen.“ Fasold ärgert es, wenn die engagierten Kolleg*innen dafür dann weder Arbeitszeit noch irgendeine andere Art von Unter stützung bekommen. Es verwundert sie nicht, dass solche Auf­ tritte oft scheitern. Die Schuld trifft dabei nicht die Protagonisten, die sich dazu haben Zertifikatslehrgang Social Media Nurse Die Fortbildung des DBfK Nordwest setzt sich aus 82 Unterrichtseinheiten in knapp vier Monaten zusammen und kann ausschließlich online absolviert werden. Am Ende der Fortbildung kann eine ausgebildete Social Media Nurse das eigene Unternehmen authentisch bei der unternehmensinternen und externen Kommunikation unterstützen. Sie gibt ihrem Arbeitgeber als Corporate Influencer ein Gesicht. Zudem verschafft sie der Einrichtung oder dem Unter- nehmen einen echten Wettbewerbs- vorteil. Ganz nebenbei wertet sie auch den Pflegeberuf auf, indem sie die positiven Seiten des Berufs in Theorie und Praxis hautnah zeigt. Namhafte Dozent*innen und Influencer*innen wie Jeannine Fasold, Vanessa Schulte oder Marc Raschke begleiten die Absol- vent*innen bei Themen wie Social- Media-Strategie, Ideenfindung, aber auch Recht und Ethik. Ziel des Lehrgangs ist es, die Kommunikation von Pflege auf Social Media professionell und sicher zu machen und Pflege bestmöglich in den sozialen Netzwerken zu präsentieren – damit sich eine Chance für die ganze Berufsgruppe ergibt. Infos unter: https://veranstaltungen.dbfk.mydorg. net/?page=veranst&such=social_ media_nurse 7 Herzens thema Social Media hierzulande in den Bereich Bildung zu implementieren und eine eigene Fortbildung zum Thema im DBfK anzubieten: die Social Media Nurse. Dabei erhält er namhafte Unterstützung von bekannten Pflege-Influencer*innen und anderen Experten. Die Rechnung scheint auf zugehen: „Der Kurs wird sehr gut an- genommen“, erklärt seine Kollegin Katharina von Croy, die mit ihm zusammen dafür sorgt, dass die Professionalisierung des Berufs vorangebracht wird. Die ersten beiden Kohorten haben bereits 30 Social Media Nurses entlassen, die nächsten 20 stehen schon in den Startlöchern für den kommen­ den Kurs im August. „Es freut uns sehr, dass unsere Idee und der Pilot aus dem vergange­ nen Oktober offensichtlich den Nerv der Zeit treffen“, erklärt von Croy den Bedarf des Fort­ bildungsprogramms. CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

Sophie Herzog (links) ist die erste Social Media Nurse in Österreich und gibt Einblicke in ihren Stationsalltag. kein TikTok gab. Sie haben aber auch dieses Medium schnell geentert, als es an Fahrt auf­ nahm. Der Erfolg spricht für seine Strategie. Raschke hat mit seinem Team zahlreiche Aus­ zeichnungen abgeräumt, wie u. a. 2017 den „Goldenen Apfel“ als Pressestelle des Jahres. Mittlerweile ist er wieder in eigener Sache mit seiner Kommunikationsagentur unter­ wegs. Raschke gilt als einer der kreativsten Kommunikatoren Deutschlands und lehrt im Rahmen der Fortbildung des DBfK das Tool Unternehmenskommunikation. Er weiß, wie man kostengünstig hohe Reichweiten erlangt und wie schnelllebig das Business ist. Bei ihm lernen die Teilnehmenden auch, wie man Synergien hebt und es schafft, die Mit- arbeitenden zu motivieren und als Unter- nehmens kommunikation auf seine Seite zu holen. Ein nicht zu unterschätzendes Pfund im täglichen Kampf um Fachkräfte und Patienten. Raschkes Erfolgsfaktoren für Social Media: ▬ Mut und Eier ▬ Vertrauen, Freiheit und Unterstützung bei der Gestaltung der Kommunikationspolitik ▬ mit kleinen Projekten beginnen ▬ sich nicht in Perfektion verlieren ▬ in Storys denken statt in Ressourcen und Kanälen ▬ Beruf und Freizeit nicht voneinander trennen: Social Media passiert, wenn es passiert! ▬ Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler! ▬ nicht bei der Zielgruppe anbiedern ▬ Authentizität einer Daily Soap erlangen durch Alltagsszenen aus dem Krankenhaus ▬ Begleitung der Social Media Soap durch professionelle PR-Aktivitäten wie Pressemitteilungen, Pressegespräche, Auftritte als Speaker etc. Alexandra Heeser 9 Quelle: Sophie Herzog/Barmherzige Schwestern Wien abwechslungsreich bleibt“, erklärt die öster reichische Pflege-Influencerin, die sich ihrer Verantwortung aber durchaus bewusst ist. Aufsehen erregte sie mit einem Post, auf dem ein aufblasbarer Pool im Aufenthalts­ raum zu sehen war – um auf die Hitze hin­ zuweisen. Als offizielle Influencerin der Vinzenz Gruppe hat sie von ihrem Arbeitgeber Unter- stützung bekommen; die Fortbildung beim DBfK Nordwest zur Social Media Nurse wurde ihr finanziert. „Meine Pflegedirektion hat mich auf den Kurs damals aufmerksam gemacht, und so konnte ich am Pilotprojekt des DBfK teilnehmen und bin Österreichs erste Social Media Nurse geworden“, erklärt die sympathi­ sche Pflegekraft nicht ohne Stolz. Für sie waren vor allem die datenschutzrechtlichen Unter­ richtseinheiten interessant. Aber auch der Austausch und das Lernen mit Gleichgesinnten waren für sie enorm wichtig. „Es ist mir auch durch den Austausch erst richtig klar gewor­ den, wie viel man durch einen Beitrag auf den verschiedensten Ebenen auslösen kann“, er­ klärt die Pflege-Influencerin. Das Engagement der jungen Wienerin in diesem Bereich bleibt auch in der Alpen- CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. republik nicht unbemerkt. So hat die Präsi­ dentin des ÖGKV, Elisabeth Potzmann, Her­ zog beglückwünscht und ihr gegenüber geäußert, dass sie es super findet, dass sie den Lehrgang gemacht hat. Potzmann ist selbst auf Social Media aktiv und weiß um die Bedeutung der sozialen Medien für den Pflege beruf. „Man braucht Mut und Eier“ Den Blick über den Tellerrand der Pflege bubble hat ein weiterer Dozent der Fort bildung: Marc Raschke. Er war lange Jahre Leiter der Kom­ munikation am Klinikum Dortmund. Dort hat er mit seinem Team ungewöhnliche Kampag­ nen kreiert und Social Media schon recht früh am Klinikum bewusst eingesetzt – nicht nur für die Profession Pflege, er hat alle einbe- zogen. Sein Ziel war, die Mitarbeitenden da abzu holen, wo sie sich nach Dienstschluss auf- halten: auf Social Media. „Was man braucht, sind Mut, Eier und eine authentische Hands­ on-Kultur der Belegschaft“, erklärte er noch zu seinen Zeiten als Kommunikationschef in der NRW-Metropole. Raschke und sein Kommunikationsteam haben seinerzeit eige­ ne YouTube-Videos produziert, als es noch

S ubotica ist eine kleine Stadt im Norden berühmt für ihre Jugendstilarchitektur Serbiens, an der Grenze zu Ungarn. Sie ist und man kann bereits den europäischen und österreichischen Einfluss spüren. An sonnigen Tagen wie jetzt, Anfang September 2023, wimmelt es auf dem Boulevard von gut geklei­ sich vor uns und keine einzige Fliege scheint sich zu bewegen. Im umliegenden Wald treffen wir auf drei Familien. Die Kinder schauen uns mit großen Augen an, als wir mit unserem Rucksack und den drei Hockern, mit denen wir behandeln, ankommen. Unter ihnen ist ein vier Monate altes Kind, das wir kurz untersuchen, deten Menschen, die einkaufen, Eis essen und und seiner Mutter überlassen wir Babymilch in kleinen Cafés sitzen und sich unterhalten. in Pulverform. Wir verlassen den Wald schwei­ Ein paar Kilometer weiter, im Wald, ist die Situation ganz anders. Wir treffen auf eine Gruppe von Menschen, die unter einer in den gend. Die Vorstellung, wie sie mit dem Baby im Arm vor der Polizei wegläuft, um die Grenze zu passieren, macht uns betroffen und hilflos. Bäumen hängenden Plastikplane schlafen, unter ihnen ein elfjähriges syrisches Mädchen, das fast perfekt Englisch spricht und als Über­ setzerin für die ganze Gruppe fungiert. Können wir Wasser haben? Wir haben keins. Während ich ihre Wunden an beiden Füßen versorge, erzählt sie mir, dass sie letzte Nacht „Game“ versucht haben, aber von der ungarischen Die ungarische Polizei ist oft gewalttätig und beschlagnahmt oder zerstört Handys. Polizei zurückgedrängt wurden. Das Überqueren der „Mauer“ ist immer noch Das Game besteht darin, aus der Stadt keine Garantie, in die Euro päische Union Subotica herauszukommen, in einem Wald in weiter reisen zu können. Wenn die Leute auf der Nähe der Grenze zu warten und dann zu der anderen Seite der Grenze von ungarischen versuchen, die vom ungarischen Minister­ präsidenten Viktor Orbán gewollte „Anti- Migranten­Mauer“ zu überqueren. Es handelt sich dabei um eine mehr als drei Meter hohe Barriere, die aus zwei Zäunen besteht, von denen einer 175 Meter lang und mit Stachel­ draht versehen ist, mit Kameras sowie Be­ wegungssensoren ausgestattet ist und ständig von mehreren ungarischen Polizeipatrouillen überwacht wird. Das System wurde im Spät­ sommer 2015 er richtet, als Tausende auf der Flucht vor dem Krieg in Syrien oder vor Gewalt und Armut in ihren Heimatländern versucht haben, Europa zu erreichen. Improvisierte Hilfe im Wald Wir sehen diese Mauer in der Ferne, als wir zum nächsten Ort weiterfahren. Stacheldraht glänzt im Sonnenlicht, Weizenfelder erstrecken CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. Beamten erwischt werden, werden sie nach Serbien zurückgeschickt. Die ungarische Polizei ist oft gewalttätig und beschlagnahmt oder zerstört Handys. Ein Afghane mit strah­ Zur Person Marie Möller ist Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie arbeitet auf der Intensivstation am Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe, Berlin. Die 30-jährige engagiert sich ehrenamtlich bei Medical Volunteers, unter anderem in Serbien, und auf dem Seenotrettungsschiff Sea-Eye. Quelle: Marie Möller Behandelt wird aus dem Rucksack auf provisorisch aufgebauten Hockern im Wald nahe der Mauer an der Grenze. lend blauen Augen erzählt mir, wie die Polizei ihn stundenlang mit den Armen hinter dem Kopf auf den Knien sitzen ließ und sein Handy vor seinen Augen zerstörte. Jetzt haben sie nichts mehr. Das Handy ist für jeden von ihnen lebenswichtig, sowohl um Nachrichten an ihre Angehörigen in Afghanistan zu übermitteln als auch um buchstäblich ihre nächsten Schritte zu planen. An einem anderen Tag begleiten wir einen jungen Mann in die Privatklinik (denn die öffentlichen Krankenhäuser in Serbien be­ handeln keine Menschen ohne Papiere), um ein Röntgen bild machen zu lassen , weil ein Grenzbeamter ihm aus Spaß den Unterarm über sein Knie gelegt und dann gebrochen hat. Sein Freund zeigt uns Fotos, auf denen zu sehen ist, wie die Polizei allen Männern die Bärte rasiert, um sie zu entwürdigen. Wir brauchen keine Fotos mehr, um das zu glauben. Jeden Tag kommen wir mit der Brutalität der unga­ rischen Polizei in Berührung: infizierte Bisse von Polizei hunden, Hämatome und Prellungen am ganzen Körper, gebrochene Arme und 11

[1] [2] Behandlungen finden in den provisorischen Unterkünften statt, etwa in verlassenen Gebäuden oder Fabriken. [3] Auf der sogenannten Balkanroute trifft man nicht nur junge männliche Personen, sondern auch viele Familien mit Kindern. [4] Im dichten „Dschungel“ schlafen Geflüchtete unter einer großen Plastikplane. [5] Oft sind Menschen auf der Flucht tagelang ohne Essen und Trinken. Quelle: Marie Möller 1 3 4 5 Menschen ohne Rechte Die letzte Station des Tages ist das städtische Krankenhaus. Wir besuchen Dhana, ein aufge­ wecktes kleines Mädchen von „zehn drei vier­ tel Jahren“, wie sie sagt. Sie ist beim Rennen im Wald in einen Graben gefallen und hat sich sie zu mieten, wo sie in Ruhe bleiben könnten. Aber das geht nicht, denn das wäre Unter- bringung illegaler Einwanderer. Dann die Über­ legung, sie in unserem Auto mitzunehmen, wo sie liegend transportiert werden könnte. Aber das geht auch nicht, denn das wäre Schleusen hier in Serbien. Und es hat mich erschreckt, zu sehen, dass die EU sie aufrechterhalten und immer weiter verstärken will. In der Tat sieht man oft italienische oder deutsche Polizei autos in der Gegend herumfahren. Die neuen Auf- gaben der Frontex-Agenten sind nicht klar, sie scheinen die Aktionen der serbischen Polizei zu unterstützen, die Zelte und Unterkünfte zerstört, Menschen verhaftet und nach Süden schickt, um sie von der Grenze fernzuhalten. Klar ist, dass die EU eine Menge Geld in das Projekt investiert. Im vergangenen Oktober genehmigte die Europäische Kommission die Stärkung der Rolle von Frontex in Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Albanien und stellte 39,2 Millionen Euro bereit, um die Grenzen dieser Länder durch den Kauf von mobilen Überwachungssystemen, Droh­ nen und biometrischen Geräten zu „sichern“. Ganz zu schweigen von der ungarischen Grenze, deren System rund 800 Millionen Euro kostete. Dieses Geld könnte in ein angemesse­ nes und humanes Aufnahmesystem investiert werden. In psychologische Betreuung und in eine für alle zugängliche Gesundheits ver­ sorgung. Nur dann würden die Werte, derer sich die Europäische Union selbst rühmt, wieder wirklich Bedeutung erlangen. Bei Einbruch der Dunkelheit kehren wir nach Subotica zurück und halten noch im Zen­ trum an, um ein Bier zu trinken. Der Kontrast das Becken gebrochen. Sie muss vier Wochen von illegalen Einwanderern. zwischen den beiden Welten, in denen wir uns lang im Bett bleiben. Dhana ist mit ihrer Mut­ Es ist absurd, dass ein Stück Papier so viel heute bewegt haben, erscheint fast surreal. ter und ihrer Schwester auf der Flucht aus Syrien, und sie haben keine gültigen Papiere. Das Krankenhaus weigert sich, sie länger als ein paar Tage zu behalten, die Polizei hat be­ reits geprüft, ob sie wirklich ins Krankenhaus musste. Sie sollen allein nach Südserbien zurückkehren, wo sich die einzigen offiziellen Familienlager befinden. Aber wie? Sie kann weder laufen noch mehrere Stunden im Bus Macht hat, über alles zu entscheiden, sogar über die Gesundheit eines Kindes. All das geht mir durch den Kopf, während mich diese kleine Person von ihrem Bett aus anlächelt. Wir werden einen Weg finden. Kontraste Diese Trennung der zwei Welten, sowohl Immer wieder zwischen den Gesprächen ge­ hen unsere Gedanken zu den Menschen, die nicht weit von uns entfernt ausharren, und das Gefühl der Hilflosigkeit, der Wut, gemischt mit Traurigkeit, kommt hoch. George sieht mich an, versteht und bringt es mit seiner britischen Art auf den Punkt, indem er sagt: „Tomorrow is another day.“ Morgen ist ein physisch als auch auf dem Papier, habe ich neuer Tag. sitzen. Man überlegt instinktiv, ein Zimmer für noch nie so stark und greifbar empfunden wie CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. Marie Möller 13

CNE.fortbildung Lesen Sie auch die Lerneinheit „Lokale Wundbehandlung von schwerheilenden und/oder chronischen Wunden – Empfehlungen der aktuellen S3-Leitlinie“. Dritter Schritt der Wundversorgung: Wundabdeckung und ergänzende Maßnahmen Die Wunden, die im Einschlussgebiet der Leitlinie liegen, sollen bis zur vollständigen Epithelisierung abgedeckt werden. Darüber hinaus deckt man die Wunde noch weitere 14 Tage zum Schutz ab. Wie oft eine Wundabdeckung gewechselt werden sollte, hängt von der Grunderkrankung, der Wunde und den Bedürfnissen der Patienten ab. Der Wundrand und die Wundumgebung müssen immer mit beobachtet werden, um Schäden durch Druck, Austrocknung oder Mazeration zu vermeiden. Ziel der Wundbehandlung ist es, ein physiologisch feuchtes Milieu in der Wunde zu schaffen. Von diesem Ziel weicht man nur ab, wenn die Aufrechterhaltung einer avitalen trockenen Nekrose ein Vorteil für die Behandlung ist, z. B. bei einer endständigen diabetischen Gangrän. Wenn eine Nekrose vorliegt, sollte diese generell nicht rehydriert werden. muss die Wundbehandlung ärztlich evaluiert werden. soll bei Hinweisen auf eine systemische Infektion (Sepsis) sofort eine stationäre Einweisung erfolgen. sollen Verbände genutzt werden, die ausreichend Luftaus- tausch und eine gute Aufnahme von Exsudat gewährleisten. Wenn es Zeichen einer klinischen Infektion gibt, ... ? ? ? Wenn es keine Zeichen einer klinischen Infektion gibt, ... wählt man wirkstofffreie Wundprodukte und -abdeckun- gen. sollen Cadexomer-Iod, PVP-Iod-Gel, PVP-Iod-Salbe oder PVP-Iod-Gaze nicht eingesetzt werden, weil hier Hinweise auf Toxizität oder Iodbelastung vorliegen. Wenn die Wunde tief und großflächig ist, ... müssen Hohlräume in der Wunde vermieden werden. sollte die Wundauflage immer den Wundgrund berühren. kann nach Ermessen des Arztes auch eine Vakuum- versiegelungstherapie erwogen werden. CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 15

Das Bundeskabinett stimmt den Plänen zur Krankenhausreform zu. Das Gesetz soll im selben Jahr verabschiedet werden. Die ersten Budgets sollen ausgezahlt werden. 2018 2022 2024 2025 2026 2029 Zahl der Kranken- häuser sinkt seit der DRG-Einführung von 2 197 auf 1 893. Die Bundesländer treffen die landesrechtlichen Anpassungen für die Leistungsgruppen. Die erste Evaluation ist geplant. zierung. Dies entpuppe sich insbesondere für kleinere Häuser als Problem. ▬ Vernachlässigung der Grund- und Notfall­ versorgung: Auch die Länder verfolgten das Ziel der Spezialisierungen. Das primäre Ziel sei es dennoch, eine flächendeckende Ver­ sorgung sicherzustellen. Die vom Bund an­ gestrebte Reform berücksichtige die Grund- und Notfallversorgung zu wenig. ▬ Eingriff in die Autonomie der Länder: Von Berlin geschehe zu viel Einflussnahme auf strukturelle Vorgaben. Das lasse den Län­ dern zu wenig Spielraum. Beispielsweise sei die Einteilung von spezialisierten Leistungen weiterhin die Aufgabe der Landesregierun­ gen. Der Betrieb beispielsweise einer Stroke- Unit unterliege nach der Reform mehr Kriterien als bisher. So würde in den Hand­ lungsspielraum eingegriffen werden. ▬ Zustimmungspflicht oder nicht? Lange wurde davon ausgegangen, dass die geplante Reform nach einer gemeinsamen Entwick­ lung auch einer Ab- und Zustimmung unter­ liege. Aber Karl Lauterbach strebe nun doch einen nicht abstimmungspflichtigen Ent­ wurf an. Ein Gutachten, das daraufhin von CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. vier Bundesländern in Auftrag gegeben wor­ den ist, kam aber zu dem Beschluss, dass es einer Abstimmung bedarf. Insbesondere durch den Eingriff in die Krankenhaus- planungsfreiheit und die dadurch entstehen­ den finanziellen Auswirkungen. Keine generelle Verbesserung Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat bereits zu Beginn des Jahres darauf hin­ gewiesen, dass die Vorhaltepauschalen nach einer Berechnung von Vebeto „nachweislich ihre Wirkung verfehlen und nicht das halten, was der Minister verspricht“. DKG-Vorstands­ chef Dr. Gerald Gaß betonte jüngst auf Anfrage von kma: „Keineswegs werden die Vorhalte- pauschalen dabei helfen, kleine Kliniken aus dem Hamsterrad von immer mehr Behand­ lungen zu befreien und so die stationäre Ver­ sorgung in Regionen mit geringen Fallzahlen zu sichern. Die Ausgestaltung der Vorhalte- finanzierung ist so komplex, dass sie am Ende doch wieder wesentlich von Fall zahlen und Fallpauschalen abhängig ist.“ Er merkte an, dass die versprochene Entökonomisierung eine „Luftnummer“ sei. Schon seit vielen Jahren © aohodesign/stock.adobe.com – Edited by Thieme fordere die DKG, die Finanzierung bestimmter Strukturkosten unabhängig von den Fallzahlen abzusichern. „Mit dem Lauterbach‘schen Kon­ zept wird dieses Ziel nicht erreicht. Die DKG hat dazu Instrumente vorgeschlagen, die allerdings bisher vom Bundesgesundheitsministerium nicht aufgegriffen wurden“, monierte Gaß. Wie die Kritik die geplante Reform be- einflussen wird, wird sich zeigen. Es scheint Justierungsbedarf zu geben. Die Hoffnung aller beteiligten Akteure ist es aber, ein stabiles Ver­ sorgungssystem aufrechtzuerhalten. Maria hat also Grund zu hoffen, dass ihr Arbeitsplatz der patientenorientierten Versorgung dient und sie guten Gewissens ihren Beitrag leisten kann. Dazu gehören nur Eingriffe, die wirklich nötig sind. Tim Wiedemann Mini-Umfrage Was glauben Sie? Wird die Krankenhausreform helfen, die Arbeits- bedingungen in der Pflege zu verbessern? Teilnahme unter: cne.thieme.de/umfrage 17

2 Nach innen und außen loben Eine aktuelle Studie der American Psycho- logical Association belegt, dass Eigenlob deutlich positiver interpretiert wird, wenn der Lobende gleichzeitig auch die Erfolge anderer anerkennen und wertschätzen kann. Die knapp 1 500 Studienteilnehmer empfanden in den Experimenten Eigen- und Fremdlob zu gleichen Teilen liebenswürdig. Wurde jedoch kollektiv in beide Richtungen gelobt, ließ dies die Lobenden außerdem deutlich kompetenter erscheinen. Lob richtig nutzen 1 3 Auf Augenhöhe loben Wenn Lob auf einer angemesse- nen, konstruktiven und inter- aktiven Ebene ausgesprochen wird, so kann es sehr viele positive Effekte mit sich bringen. Funktioniert Lob nur in eine Richtung, kann sich dies statt- dessen kontraproduktiv auf das Gegenüber auswirken. Auch ein aufrichtiges Dankeschön oder die Bitte nach Feedback oder einer Zweit meinung stellt eine sehr wertschätzende Form des Lobes dar. Lob richtig dosieren Übertriebenes Lob wird, wenn es unnatürlich häufig geäußert wird, vom Empfangenden nicht mehr ernst genommen und lässt dadurch wenig Raum für die individuelle Weiterentwicklung und wertschätzende Beziehungen auf Augenhöhe. Es fehlt an Authentizität, Echtheit und Glaubwürdigkeit was Misstrauen und Distanz herbeiführen kann. Deshalb lieber dosierter, aber dafür von Herzen loben. Verlosung „Ab heute trag ich Rot“ Machen Sie mit und gewinnen Sie eins von drei Büchern zum Thema. Teilnahme unter: cne.thieme.de/quiz Einsendeschluss: 8.10.2024 CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 19

Helfer in der Pflege Nicht nur in der Medizin, auch im Bereich der Pflege ist KI mittlerweile im Alltag ange- kommen. Dabei geht KI in der Pflege weit über die Nutzung von ChatGPT oder aktiver Exo- skelette hinaus. Monofunktionale Roboter haben in der Praxis bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt. Die Pflegerobbe Paro bei­ spielsweise hat sich gerade für Patient*innen mit demenziellen Einschränkungen als hervor­ ragende Unterstützung für pflegerische Fach­ kräfte erwiesen. Je mehr man mit der Robbe Die Sorge, dass Fachkräfte durch KI ersetzt werden, ist unbegründet. Wunsch aus früheren Jahren noch einmal auf“, erklärt die passionierte Gesundheits­ und Kinder krankenschwester die Anfänge des CNE.fortbildung Lesen Sie auch die Lerneinheit LLM­basierten Patientenbriefes. „Einführung in das kritische Denken – Mithilfe einer KI werden vor allem die ärzt­ lichen Anordnungen aus dem Arztbrief – und später eventuell auch aus der gesamten Patienten akte – in einem Patientenbrief in leicht verständliche Sprache übersetzt, bei Wunsch auch in verschiedene Muttersprachen. Die Patienten erfahren darin, welche Unter­ suchungen gemacht und welche Diagnosen Sicherheit gewinnen und fundierte Entscheidungen treffen“. HoLLiE weiterentwickelt und getestet, wie er in der Pflege Anwendung finden könnte“, erklärt Matthias Brünett, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für ange­ wandte Pflegeforschung e.V. (DIP), der dort für das HoLLiE­Projekt verantwortlich war. Dabei arbeitet, desto stärker entwickelt sie eine gestellt wurden. Ihnen wird auch erklärt, wel­ eigene Persönlichkeit. Sie erkennt ihren Namen che Medikamente mit welcher Wirkung in und reagiert darauf. Zudem nimmt sie über die Tastsensoren Berührungsreize auf. Aber auch akustische Reize erkennt sie und reagiert auf welcher Weise genommen werden müssen. wurden sechs Szenarien entwickelt und am Eventuelle Folgetherapien, die dringend ange­ Ende auch in den zwei beteiligten Kliniken raten sind, werden ebenso im Patientenbrief getestet: Nachschieben eines Rollstuhls bei diese – mit Bewegungen und verschiedenen Lauten. Die Praxis zeigt: Mit der Robbe gelingt es gut, eine Emotionsbrücke zu demenziell angesprochen. „Wenn der Patientenbrief später einmal großflächig zum Einsatz kommt, hilft er zudem, das Gesundheitsverständnis in der Gehübungen (geriatrische Station im Klini­ kum), Handling von biegeschlaffen Objekten (bspw. Greifen von amorphen, durchsichtigen erkrankten Patient*innen aufzubauen, mit Bevölkerung zu schulen und zu vergrößern und Infusionsbeuteln), Patienten zu Untersuchun­ ihnen in den Kontakt zu treten und Emotionen damit das gesamte Gesundheitssystem zu ent­ gen führen, Anleitung zu Bewegungsübungen, zu heben. lasten“, ist sich Ramm sicher. Assistenz bei der Wunddokumentation und KI kommt aber nicht nur bei Robotern zum Einsatz. Große Sprachmodelle (engl. Machine Learning Models), sogenannte LLMs, können Texte in menschlicher Sprache erzeugen, ver­ stehen und auch anpassen. Sie sind beispiels­ weise Grundlage für eine KI, die von Lena Ramm, Gesundheits­ und Kinderkranken­ pflegerin am Universitätsklinikum Schleswig- Holstein (UKSH), auf dem diesjährigen Health­ care Hackathon gepitcht wurde. Die Idee: Künstliche Intelligenz funktioniert als eine Art Dolmetscher, um Arztbriefe, die für Eltern oft unverständlich formuliert sind, einfach und ohne komplizierte Fachbegriffe zu erklären. „Ich kann mich daran erinnern, wenn ich mit meiner Mama früher beim Kinderarzt war, Zukunftsmusik Neben Paro, Pepper und Co., die bereits im Einsatz sind, gibt es zahlreiche Projekte im Rahmen von Unterstützungssystemen, die der Profession Pflege den Alltag in Einrichtungen und Kliniken erleichtern sollen. Eines davon ist der Pflegeroboter HoLLiE (House of Living Labs intelligent Escort) des Forschungszentrums Information in Karlsruhe (FZI), der mittels KI per Touch-, Sprache-, Gestik­ oder Brain­Computer­Interfaces ange­ Einräumen von Medikamentenschachteln. Alle Szenarien wurden anhand konkreter Bedarfe ermittelt, die Pflegekräfte im Vorfeld zurück­ gemeldet hatten. Darüber hinaus waren Pflegekräfte auch am gesamten Design- und Entwicklungsprozess beteiligt. Potenzial für den Einsatz von HoLLiE wurde bei den beteiligten Pflegekräften vor allem hinsichtlich der Assistenz gesehen. „Es ist noch ein langer Weg, bis multifunktionale Roboter in der Praxis autonom regelhaft eingesetzt werden können – unabhängig davon, wie steuert werden kann. Im Forschungsprojekt realistisch selbiger angesichts des Standes der HoLLiECares, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziell unterstützt wurde, untersuchte man in einem Proof of dass ich immer gerne auch gewusst hätte, was Concept den Einsatz eines multifunktionalen da gemacht wurde und was noch ansteht. Als Serviceroboters, den es so bereits auf dem das UKSH dieses Jahr KI bei der Ideen kampagne zum Thema gemacht hat, kam in mir dieser Markt gab. „Die Wissenschaftler haben die bereits bestehende Serviceroboter­Plattform CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. technischen Entwicklung ist“, resümiert Brünett. Dennoch blickt er zufrieden auf das Projekt zurück und hofft, dass die einzelnen Module, die im HoLLiE­Projekt getestet wurden, auch bei nachfolgenden Studien auf­ gegriffen und ggf. weiterentwickelt werden. Auch das digitale System „Versorgungs- 21

pflege und mehr © freshidea/stock.adobe.com „Die Erde ist geplatzt“ Die Corona-Pandemie ist vorbei. Lesen Sie hier, zu welchem Preis wir Schulen und Kitas geschlossen hielten – viele Kinder und Jungendliche leiden bis heute unter den Nachwirkungen. D er elfjährige Maximilian* erhebt Ein­ unterhalten, wie schlimm die Corona­ spruch, wenn Erwachsene sich darüber Pandemie für Kinder gewesen ist. Er hat andere des Hauses, und waren da, wenn er sie brauch­ te. Seiner Cousine Alina*, die damals elf wurde, ging es anders. Am Gymnasium war sie gerade sprach häufiger mit ihr, und erst allmählich, ganz langsam besserte sich alles. Alina schaffte die Versetzung und scheint wieder so fröhlich erst angekommen, da war es schon wieder zu, wie früher zu werden. Erinnerungen an die Zeit des Lockdowns, als er und sie vermisste ihre Freundinnen und Freun­ sieben Jahre alt war: „Ich musste nicht zur de aus der Grundschule. Nachts schreckte sie Schule und bin ganz viel mit meinen Freunden oft verängstigt aus dem Schlaf: „Ich habe ge­ Roller gefahren.“ Seine Eltern ließen seine Zwillingsschwester und ihn mit ein, zwei Nach­ barskindern in den Gärten zwischen den Häu­ träumt, die Erde ist geplatzt.“ Als die Schulen wieder offen waren, ging Alina nur widerwillig hin. Jeder Tag begann mit Dis kussionen: „Wozu Krise, vor allem für die Schwächeren Alina und Max sind privilegierte Kinder aus stabilen Familien ohne finanzielle Sorgen. Für sie war die Corona­Pandemie ein Einschnitt in ihrem Leben, der jetzt vorbei ist. Aber gilt sern spielen. Mama und Papa arbeiteten nicht brauche ich das alles?“ und endete im Streit das für die Mehrheit der Kinder in Deutsch­ mehr an verschiedenen Enden der Stadt, son­ über ihre Smartphone­Zeiten. Etliche Wochen land? Zwar sind Infektionen mit SARS­CoV­2 dern nur noch in zwei unterschiedlichen Ecken verpasste sie den Unterricht wegen hartnäcki­ bei ihnen meist harmlos und ohne Folgen ver­ * Name von der Redaktion geändert träume blieben. Die Schul sozialarbeiterin wenn Kitas, Schulen, Sportvereine und alle ger Erkältungen mit hohem Fieber. Die Alb­ laufen. Aber was hat es für Auswirkungen, CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 23

Einig sind sich dabei alle, dass, was immer auch kommen mag, Schul­ und Kita­Schließun­ gen vermieden werden müssen. Hilfsangebote, wie die „Nummer gegen Kummer“, sollen aus­ gebaut und stärker bekannt gemacht werden. Unter 116 111 finden Kinder- und Jugendliche dort anonym und kostenlos schnell Rat. 2023 ist ein bundesweites Modellprojekt „Mental Health Coaches“ gestartet, das als Präventions­ programm „das Wissen der Schülerinnen und Schüler über mentale Gesundheit erweitern und ihre Resilienz stärken“ soll – an mehr als 100 weiterführenden Schulen, von denen es in Deutschland allerdings über 30 000 gibt. Manche Schulen haben, in der Regel als Projekt, bei sich das Schulfach „Glück“ eingeführt, in dem es nicht um die Vermittlung von Wissen geht, sondern die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder­ und Jugendlichen im Vordergrund steht. Gemeinschaftsräumen und in der Kinder­ ein großes Problem werden können.“ Je mehr Lisa­Maria Wassermann ist sich nicht sicher, betreuung sind Smartphones nicht erlaubt. Lisa­ sich Kinder und Jugendliche isolieren, umso ob die Schulen der richtige Ort sind, um all die Maria Wassermann sieht bei vielen Kindern und größer wird deren Rolle. Probleme der Kinder­ und Jugendlichen zu lösen. Sie weist auch auf die Widersprüche hin: Jugendlichen nach der Ankunft erst einmal ei­ nen Handyentzug: „Mir ist langweilig“, ist dann ein häufiger Vorwurf. „Die Handynutzung er­ setzt bei vielen das soziale Umfeld“, sagt die Gedanken von vielen, für uns alle Die Beobachtungen der Erzieherin passen zu Kinder sollen möglichst viel handyfreie Zeit erleben, gleichzeitig regeln Schulen im Zuge den Ergebnissen von deutschlandweiten der Digitalisierung mittlerweile sehr viel über Erzieherin. „Durch andere Menschen lernt man Untersuchungen und zu den Stellungnahmen Apps; teilweise laufe auch die Kommunikation aber unglaublich viel – zum Beispiel seine Emo­ und Berichten, etwa der Deutschen Gesellschaft zwischen Lehrerin und Schüler über diesen tionen zu regulieren, seine Aggressionen zu für Kinder­ und Jugendpsychiatrie, Psycho­ Weg. Und wenn die Eltern von 9­Jährigen zügeln oder sich auf andere zu konzentrieren.“ somatik und Psychotherapie, die eine steigen­ selbst ihr Handy nicht weglegen, wie sollen die Kinder, die während der Pandemie in der Vor­ de In anspruchnahme und chronische Über­ Kinder es dann lernen? „Ich sehe mehr gesamt­ pubertät waren, haben sich zum Teil so daran lastung der Versorgungsstrukturen im Bereich gesellschaftliche Probleme, nicht nur der gewöhnt, mit ihrem Handy allein zu sein, dass der Kinder­ und Jugendpsychiatrie schildern. Kinder, auch der Eltern.“ Silja Schwencke sie den Sprung zurück in die Realität, zu richti­ Zum Teil hätten sich Wartezeiten auf einen gen Menschen und gleichaltrigen Kindern, nicht schaffen, sondern vor allem in der Welt der Influencer und Influencerinnen leben. Von denen werden sie auch jeden Tag mit „Guten Therapieplatz verdoppelt. Der Deutsche Ethik­ rat empfiehlt dringend, präventive, therapeu­ tische und teilhabefördernde Angebote für Kinder­ und Jugendliche zu verbessern. Auch Morgen“ und „Wie geht es euch?“ begrüßt. „Es eine Inter ministerielle Arbeitsgruppe der Bun­ sind dann ihre Vorbilder“, sagt Lisa­Maria desregierung hat sich mit dem Thema „Gesund­ Wassermann. „Und da kommen natürlich auch heitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugend­ unerreichbare Schönheitsideale ins Spiel, die liche durch Corona“ beschäftigt. CNE.fortbildung Lesen Sie auch die Lerneinheit „Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen – Mögliche Erscheinungsformen und Herangehens- weisen im klinischen Alltag“. CNE.magazin 4.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. 25

impressum und Arbeit im Team mit verschiedenen Fachexpert*innen. Und ich glaube, dass dies auch den Mehrwert für unsere Zuhören­ den repräsentiert. Wir besprechen pflege- relevante und leicht greifbare Themen. Und zwar nicht nur über die Pflege, sondern mit der Pflege. Die Folgen sind so kurz, dass man sie sich nach dem Dienst auf der Heimfahrt entspannt anhören kann. TakeCARE nimmt Pflegende an die Hand und ermutigt zur Selbstpflege. Oft bleibt im Dienst wenig Zeit zur Reflexion, dazu in sich selbst hineinzuhorchen und zu fühlen, wie es uns selbst geht. Der Titel ist dabei Mahnung und Mantra zugleich. Was erwartet die Zuhörenden denn dieses Jahr noch? Wir werden noch viele wirklich tiefgründige Themen in diesem Jahr aufgreifen. Unter anderen werden wir darüber sprechen, was genau Empathie eigentlich ist und wofür wir sie brauchen, oder auch darüber, warum es manchmal zu Konflikten zwischen Pflegenden unterschiedlicher Generationen kommt. Aber auch die moralischen Konflikte in der Pflege sollen Thema sein. Ihr seht, wir greifen Aspekte des Pflegeberufs auf, die keiner Pflegefachperson fremd sind und über die sicherlich eine jede schon einmal gegrübelt hat. Und wir hoffen, dass wir allen Zuhörenden dadurch ein buntes Pot pourri an Gedanken futter liefern können, um den Pflegeberuf wieder stärker zu sehen, sich verstanden zu fühlen und gewappnet dem beruflichen Alltag entgegentreten zu können. Vielen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Kathrin Hilkens. impressum Eigentümer und Copyright © Georg Thieme Verlag KG 2024 Verlag: Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstr. 14 70469 Stuttgart Telefon: 0711/8931-420 Telefax: 0711/8931-871 Kontakt: https://kundenservice.thieme.de cne.thieme.de Persönlich haftender Gesell schafter: Dr. Albrecht Hauff Registergericht: Stutt gart Registernummer: HRA 3499, Verkehrsnummer 16427 Umsatzsteuer-ID gemäß § 27 a UStG: DE 147638607 ISSN: 1864-1865 Programmplanung Pflege: Thomas Moser V.i.S.d.P.: Simone Schwarz Fachredaktion: Kathrin Hilkens, Christine Köhler, Alena Kunter, Jael Ramsden, Stefanie Reuter Marketing: Stephanie Strobel Satz: Christine Köhler, Jael Ramsden Herstellung: Selina Römer Druck und Bindung: Vogel Druck und Medienservice GmbH, Höchberg Jahresbezugspreis für Privat perso nen: 330 € inkl. 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Die Ansprache aller Menschen ist ausdrücklich auch dort intendiert, wo im Text (etwa aus Gründen der Leseleichtigkeit, des Text-Umfangs oder des situativen Stil-Empfindens) z.B. nur ein generisches Maskulinum verwendet wird.

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