cne.thieme.de 1 · 2024 Grundlagen und Praxisaspekte Vorbehaltsaufgaben in der Pflege Herausforderungen und Chancen Soziale Medien in der Ausbildung Vertrauen, Sicherheit und Orientierung Basale Stimulation in der Pädiatrie Volumenstatus einschätzen Infusionstherapie in der Notaufnahme H e f t 1 • J a n u a r 2 0 2 4 • 1 7 . J a h r g a n g • L e r n e i n h e i t 1 – 4 I S S N 2 1 9 0 - 3 0 3 4 CNE.fortbildung Welche Lerneinheiten Sie in der aktuellen CNE.fortbildung erwarten, zeigen wir Ihnen in der Übersicht. VORBEHALTSAUFGABEN IN DER PFLEGE Vorbehaltsaufgaben in der Pflege sind im Pflegeberufegesetz festgelegt und dürfen nur von qualifizierten Pflegefachpersonen ausgeführt werden. Sie beziehen sich auf die Erhebung und Fest- stellung des Pflegebedarfs, die Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses und die Evaluation der Qualität der Pflege. Was es bei der Umsetzung zu beachten gilt, lesen Sie in dieser Lerneinheit. SOZIALE MEDIEN IN DER PFLEGEAUSBILDUNG In unserem Alltag nutzen wir selbstverständlich soziale Medien, um uns auszutauschen, zu informieren, interessanten Menschen zu folgen etc. Vor allem für die iGeneration ist das Handy nicht mehr wegzudenken. Doch wie ist die Nutzung im Zusammenhang mit der Ausbildung? Ist sie förderlich oder gar gefährlich? BASALE STIMULATION IN DER PÄDIATRISCHEN PFLEGE Frühgeborene, Kinder und Jugendliche, die in ihrer Entwicklung verzögert sind und pflegerische Unterstützung benötigen, sollen in ihrer Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation gefördert werden. Das Konzept der Basalen Stimulation nach Prof. Fröhlich kann hierbei eine wertvolle Hilfe leisten. INFUSIONSTHERAPIE IN DER NOTAUFNAHME Ein Notfallpatient, der in die Notaufnahme kommt, kann ganz unterschiedliche Ursachen für einen Volumenmangel haben. Hier gilt es zunächst, die klinischen und anamnestischen Anzeichen zu bewerten und mit weiterer Diagnostik die Ursachen für den Volumenmangel zu klären. Die Beherrschung eines routinierten und standardisierten Ablaufs beim Schock ist für Pflegepersonen sowie Ärztinnen und Ärzte in der Notaufnahme zwingend notwendig. Alle Lerneinheiten finden Sie unter: cne.thieme.de/lerneinheiten

science kompakt Gesunde Ernährung: Wunsch und Wirklichkeit Im Alltag oft nicht nachhaltig Die Ernährungsstudie der Techniker- krankenkasse 2023 zeigt: Die Deut- schen möchten sich zwar gesund und nachhaltig ernähren, können dies im Alltag knapp die Hälfte (49 Prozent) täglich zu Obst und Gemüse, bei den 40- bis 59-Jährigen sind es 56 Prozent und bei den über 60-Jährigen immerhin 70 Prozent. Der Studie zufolge essen jedoch oft nicht umsetzen. So reduzierte sich rund 40 Prozent der Befragten nur nebenbei, beispielsweise der Anteil an Menschen, die zum Beispiel beim Fernsehen. Während des regelmäßig Fleisch essen, seit der letzten Befragung 2017 nur moderat von 84 auf 78 Prozent. Fleisch und Wurst stehen bei den Fernsehens oder beim Surfen im Internet naschen darüber hinaus rund 36 Prozent häufig Süßes. Etwa 88 Prozent gaben an, sich einmal meisten mehrmals wöchentlich auf dem täglich Zeit zu nehmen, um in Ruhe zu speisen. Speiseplan (73 Prozent). Der Anteil der Menschen, die sich überwiegend pflanzlich ernähren, stieg in den vergangenen sechs Jahren nur mäßig von 13 auf 17 Prozent. Vege- Als Grund für ungesunde Ernährung attestieren die Befragten vor allem Zeit- mangel (43 Prozent), fehlendes Durch halte- vermögen (37 Prozent) sowie schwierige tarisch ernähren sich insgesamt zwei Prozent Vereinbarkeit von gesunder Ernährung und der Befragten, ein Prozent lebt vegan, verzich- Beruf (27 Prozent) und geringe Kochkennt- tet also komplett auf tierische Produk te. nisse (25 Prozent). Das Thema Nachhaltigkeit durch eine biolo- Weitgehend unbeachtet bleibt der Nutri- gische, saisonale und regionale Erzeugung Score, der bei industriell verarbeiteten Lebens- nimmt bei der Ernährung für 77 Prozent einen mitteln Orientierung geben kann, welches hohen Stellenwert ein. Dennoch essen die Lebensmittel die ge sündere Wahl ist. Ihn meisten nach wie vor zu wenig Obst und nutzen nur 38 Prozent, von rund 60 Prozent Gemüse, allen voran die jüngere Altersgruppe wird er gar nicht beachtet. sisa zwischen 18 und 39 Jahren. Bei ihnen greift nur Quelle: www.tk.de 2 CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

science kompakt kurz & bündig Angst vor OPs reduzieren Durch Augmented Reality kann die Angst vor einer OP verringert werden. Zur Veranschaulichung wird den Patienten gezeigt, was sie bei der OP erwartet, und sie werden durch den OP-Saal geführt. Nicht beeinflusst werden postoperative Ängste, die Menge an Betäubungs- mitteln sowie die Schmerzintensität. sisa JAMA Netw Open 2023; 6: e2329310 Psychisch belastet Mehr als die Hälfte der von Autoimmun- erkrankungen wie Lupus oder rheuma- toider Arthritis Betroffenen leidet unter psychischen Symptomen. Ärzt*innen sind besorgt über die Häufigkeit: 55 % berich- ten von Depressionen, 57 % von Angst- zuständen, 89 % von Erschöpfung und 70 % von kognitiven Dysfunktionen. lk Rheumat. 2023; DOI: 10.1093/rheumatology/kead369 Leistungsdruck bei Kindern Die Resilienz von 10–13-Jährigen gegen- über schulischem Leistungsdruck lässt sich durch Sport steigern. Kinder, die sich entsprechend der Empfehlungen der WHO täglich mehr als eine Stunde bewegen, haben in Prüfungssituationen einen geringeren Cortisol-Spiegel im Speichel. lk J Sci Med Sport 2023; 26: 487–492 Steuerabgabe für Cola? Cola & Co erhöhen das Risiko für Über- gewicht und andere Krankheiten wie Diabetes. Das ist nicht neu, aber: Eine Studie zeigt, dass man in Deutschland über eine Zuckersteuer für Softdrinks allein in den nächsten 20 Jahren bis zu 16 Milliar- den Euro einsparen könnte. sisa PLoS Med 20(11): e1004311 Quelle: Kirsten Oborny/Thieme 4 tipps & trends Quelle: Kirsten Oborny/Thieme Mundgesundheit: DPR und BZÄK kooperieren Eine eingeschränkte Mundgesundheit steht im Zusammenhang mit Erkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie kann Mangel ernährung verursachen und hat Einfluss auf die soziale Integration. Pflegebedürftige Menschen tragen ein besonderes Risiko. Daher ist die Förderung der Mundgesundheit eine zen- trale Aufgabe professionell Pflegender. Um das Präventionspotenzial am besten auszuschöpfen, haben der Deutsche Pflegerat (DPR) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) am 29.11.2023 in Berlin ihr gemeinsames Schnittstellenpapier „Mundgesundheit bei pflegerischem Unter- stützungsbedarf“ vorgestellt. Beide betonten die Bedeutung des Expertenstandards „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“. Um den me- dizinischen Unterstützungsbedarf sicherzu- stellen, sollen Kooperationen zwischen Zahn- ärzt*innen und Pflegeeinrichtungen gefördert sowie die Wissensvermittlung verbessert wer- den. Adressiert wurde auch die Gesundheits- politik. Christine Vogler erneuerte ihre Forde- rung nach einer Einführung von Community Health Nurses: Prävention und richtige Behand- lung Pflegebedürftiger hänge zu sehr vom Enga- gement Einzelner ab. mrt www.dgn.org/presse/pressemitteilungen Tipp Lesen Sie auch unseren Kurs Experten- standard Förderung der Mundgesundheit unter: cne.thieme.de/cne-webapp/p/ training/expertstandards Neue S3-Leitlinie Demenzen: frühe Diagnose entscheidend Die neue S3-Leitlinie Demenzen umfasst 109 Behandlungsempfehlungen zur Diagnostik und Be- handlung. Die wichtigste Neuerung der Leitlinie ist laut Prof. Dr. Frank Jessen (DGPPN), dass die Diagnose nun in einem früheren Stadium gestellt werden kann. Mit der Diagnose der leichten kognitiven Beeinträchtigung könne man künftig frühzeitig Behandlungsangebote machen. sisa www.dgppn.de Pflegestudium stärken Mit dem Entwurf des Pflegestudiumstärkungsgesetzes will die Bundesregierung die hochschuli- sche Pflegeausbildung stärken und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege er- leichtern. Die Finanzierung des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung soll im Rahmen eines dualen Studiums vergütet werden. Das übergeordnete Ziel ist es, das Pflegestudium attraktiver zu machen und damit dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzutreten. sisa www.bundesgesundheitsministerium.de CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflegepolitik Quelle: Kirsten Oborny/Thieme Kein Nice-to-have Das seit 2020 in Kraft getretene Pflegeberufegesetz hat erstmalig Vorbehalts- aufgaben für die Pflege gesetzlich verankert. Sie sind essenziell für die Selbst bestimmung sowie für die Eigenverantwortung des Berufes. Dennoch scheint es an der Umsetzung teilweise noch zu hapern. V orbehaltsaufgaben sind Aufgaben, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben nur durch Angehörige bestimmter Berufe vorgenommen werden dürfen. Die Profession Pflege hat mit diesen Vorbehaltsaufgaben erstmals ein definiertes Aufgabenfeld zuge- wiesen bekommen, in dem sie volle Verant- wortung tragen und vollständig autonom handeln darf – und muss. Es handelt sich um Muss-Vorschriften, die ohne Ausnahme so einzuhalten sind. Und das für viele Über- raschende: Sie gelten schon seit 2020. Mit dem Pflegeberufegesetz sind die pflege- rischen Vorbehaltsaufgaben sogar absolut ge- setzt, das bedeutet, sie dürfen ausschließlich von 6 Pflegefachpersonen erbracht werden. Sie können daher auch nicht delegiert werden, weder an fachfremde Professionen noch an andere Pflegeberufe, die nicht im Pflegeberufe- gesetz festgeschrieben sind. Das bedeutet, dass sich Vorbehaltsaufgaben auf die generalistisch ausgebildeten Pflegefachfrauen und -männer bezieht bzw. auf hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen. Die der Pflege vorbehaltenen Aufgaben, die Grundlage für pflegeberufliche Autonomie sind, umfassen neben der Erhebung und Fest- stellung des individuellen Pflegebedarfes auch die Organisation, Gestaltung und Steu- erung des Pflegeprozesses sowie die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität in der Pflege. Dem Gesetzgeber geht es bei der Festschreibung dieser Aufgaben vor allem darum, Pflegequalität zu gewähr- leisten und die Bevölkerung vor unsachge- mäßer Pflege zu schützen. Zum anderen überträgt er den Pflegekräften so mehr Ver- antwortung und wertet den Pflegeberuf als solchen auf. Darüber hinaus steht im Gesetz, dass der Arbeitgeber sanktioniert wird, wenn gegen das Vorbehaltsrecht verstoßen wird. Die Verantwortlichen dürfen also keine nicht qualifikations gerechte Ausübung der Vor- behaltsaufgaben mehr dulden, sonst drohen Bußgelder. Jeder Verstoß ist auch jetzt schon CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflegepolitik sammelt und diskutiert. Auf der anderen Seite wurden Regelungsgrundlagen wie etwa zum Entlassmanagement aus den Krankenhäusern ebenfalls für die Analyse herangezogen. Anhand des VAPiK­Projektes zeigt Weidner auf, wie sehr die professionelle Pflegepraxis von Komplexität, Dynamik und Unvorherseh­ barkeit bestimmt ist. „Daher kann es auch keine einfache Auflistung von Vorbehaltsauf­ gaben geben, denn dies würde der Komplexität der täglichen Pflegepraxis nicht gerecht“, er­ läutert Weidner seine These, dass Simplifizie­ rungen die Professionalität gefährden. Erste Erkenntnisse aus den Fallauswertungen liegen vor, die kompletten Ergebnisse und Em­ pfehlungen werden Anfang 2024 veröffent­ licht. Insgesamt wurden rund 25 Fälle im Lichte der Vorbehaltsthematik ausgewertet. Dabei wurde zudem analysiert, ob es sich um einen intra disziplinären Konflikt handelt. „Den Bereich haben wir anfangs unterschätzt“, gibt Weidner zu. Hier kam es in einigen Einrichtun­ gen zu Irritationen: Zum Beispiel durfte nun ein Pflegehelfer eine Leistung nicht mehr allein er bringen, obwohl er schon 12 Jahre im Haus ist und das vorher stets gemacht hatte. Aber auch das Entlassmanagement wurde genauer betrachtet und es wurde analysiert, wo sich die Aufgabenverteilung sektorenübergreifend schwierig gestaltet. „Gerade das Entlass­ management läuft überhaupt nicht gut in Bezug auf die Vorbehaltsaufgaben“, erklärt Weidner bei der Vorstellung der ersten Aus­ wertungen. „Das Entlassmanagement ist im SGB V geregelt, genauso wie im GKV­Rahmen­ CNE.fortbildung Lesen Sie auch die passende Lerneinheit zum Thema „Vorbehalts­ aufgaben in der Pflege – Grundlagen und zentrale Praxisaspekte“. 8 vertrag und im Expertenstandard. Aber auch in assoziierten Regeln, wie zum Beispiel der Häuslichen Krankenpflegerichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, findet man Aussagen dazu, dass der entlassende Arzt häusliche Krankenpflege verordnen kann“, führt der Experte aus. Dazu kommen dann auch noch teilweise institutions eigene Vor­ schriften zum Entlassmanagement, die Ähnliches festlegen und berücksichtigt werden müssen. Weidner stellt fest, dass in kaum einer der Regelungen ausdrücklich Bezug auf die Vorbehaltsaufgaben genommen wird. Gerade bei hauseigenen Regeln muss hier vielerorts nachgebessert werden, denn für die Ein­ schätzung des poststationären Pflege­ und Unterstützungsbedarfes sind jetzt eben nicht mehr Ärzte zuständig. Das ist eine der Pflege vorbehaltene Aufgabe! Weidner beklagt, dass das Thema Vorbehaltsaufgaben in der Praxis noch zu zögerlich diskutiert wird. Die Vorbehaltsaufgaben sind kein Nice-to-have, sie sind unser Recht. Prof. Sandra Bensch Pflegerische Autonomie Die Vorbehaltsaufgaben betreffen nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch die stationäre Langzeitpflege und ambulante Pflege einrichtungen. Es steht außer Frage, dass pflegerische Vorbehaltsaufgaben Ressourcen benötigen, die von der Profession auch selbst­ bewusst eingefordert werden müssen. Auf der anderen Seite müssen die Pflegekräfte in der Lage sein oder in die Lage gebracht werden, den Pflegeprozess selbstständig zu steuern. Dies bedeutet, dass die Thematik bereits in der Ausbildung beginnt und sich ent sprechend in den Curricula wiederfinden muss. Aber auch in der Fort­ und Weiterbildung brauchen Vor behaltsaufgaben einen Platz. Momentan bezeichnet Bensch sie als „Zufalls produkt“, das abhängig von Personen sei, die Inhalte an Lernende transportieren. Hier sieht sie noch Luft nach oben. Das sehen auch andere so. Daher fordern der Deutsche Pflege rat, die Pflegekammer Rheinland­Pfalz und die Pflege kammer Nordrhein­Westfalen, Vorbe­ haltsaufgaben bundeseinheitlich zu regeln. Denn bisher spezifiziert der Gesetzgeber nicht Vorbehaltsaufgaben für verschiedene Versor­ gungsbereiche, sondern es sind landesrecht­ liche Anpassungen nötig. „Vorbehaltsaufgaben sind das Grundgerüst der pflegerischen Praxis und sollten für sämtliche Versorgungs­ bereiche einheitlich gelten, unabhängig von individuellen Spezialisierungen und Qualifi­ kationen“, findet Dr. Markus Mai, Präsident der Pflegekammer RLP. Er sieht vor allem die Notwendigkeit, in den Weiterbildungs­ ordnungen die Vorbehaltsaufgaben thema­ tisch umfassend zu berücksichtigen. Prof. Bensch möchte Vorbehaltsaufgaben auch nicht nur als Pflicht sehen, die es jetzt zu erfüllen gilt. Auf dem Deutschen Pflegetag hat sie klargestellt: „Vorbehaltsaufgaben sind un­ ser Recht, als Pflegefachpersonen Pflege­ anamnese zu machen und den Pflegeprozess koordinierend zu steuern. Sie geben uns aber auch das Recht, in einfachen stabilen Situatio­ nen die Aufgaben zu delegieren. Komplexe instabile Pflegesituationen sind Aufgabe der Pflegefachpersonen respektive der Fachpflege­ personen. Evaluation und Qualitäts sicherung sind unsere Aufgaben, die aufzeigen, dass wir wirken und wie wir wirken.“ Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind geschaffen, jetzt bedarf es eines Kulturwandels. Denn Theorie und Praxis klaffen heute noch allzu oft auseinander. Alexandra Heeser CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

ausland Foundation mit FGM zu tun gehabt, und es ist ein Ziel der Hilfsorganisation, darüber welt- weit aufzu klären: Bei der weiblichen Genital- verstümmelung werden Klitoris und Scham- lippen ohne medizinischen Grund ganz oder teilweise entfernt. Sie hat nichts mit der ritu- ellen Beschneidung, Zirkumzision, von Jungen zu tun, sondern ist klar eine Menschenrechts- verletzung und durch Gesetze fast überall verboten. Normalerweise trifft es minder- jährige Mädchen, die mit FGM als „keusch“ und „rein“ gelten und so verheiratet werden können. Man unterscheidet drei Stufen von FGM: Beim Typ I ist die Verstümmelung am wenigsten ausgeprägt, entfernt werden die Vorhaut der Klitoris oder die gesamte äußere Klitoris. Beim Typ II wird die äußere Klitoris weggeschnitten und außerdem ein Teil der oder die gesamten inneren und äußeren Schamlippen. Beim Typ III werden den Mäd- chen große Anteile von Klitoris, inneren und/ oder äußeren Schamlippen he rausgeschnitten und die Wundränder danach zusammenge- näht. Die Oberschenkel werden über einen längeren Zeitraum zusammen gebunden, da- mit die Haut über der Vaginal öffnung zu- sammenwächst. Eine kleine Öffnung bleibt, durch die Urin und Menstruationsblut aus- treten können. Für den Geschlechtsverkehr muss die Naht wieder teilweise geöffnet wer- den, bei der Geburt eines Kindes noch mehr. Häufig wird das Gewebe danach wieder zu- sammengenäht. Trotz aller internationaler Ächtung wird FGM noch in etwa 30 Ländern praktiziert, vor allem in afrikanischen, asiatischen und ara- bischen. Schätzungen gehen weltweit von 200 bis zu mehr als 250 Millionen Mädchen und Frauen aus, die mit den Folgen von FGM leben müssen. In manchen Ländern, zum Bei- spiel in Somalia und Guinea, trifft es immer noch fast alle Mädchen und Frauen, die dort leben, in Ägypten sind es über 85 Prozent. 10 Verschwiegenes Trauma Für Kenia gehen Schätzungen davon aus, dass etwa jede fünfte Frau zwischen 15 und 49 Jahren betroffen ist, obwohl FGM auch hier offiziell verboten ist. Die Praxis ist weniger in den Großstädten verbreitet, schon gar nicht in der Hauptstadt Nairobi, aber je ländlicher es wird, umso mehr Mädchen trifft sie. Zwar wer- den im Land normalerweise „nur“ Typ-I- oder Typ-II-Beschneidungen praktiziert, „aber auch Frauen, denen nur die Klitoris entfernt wurde, haben Probleme durch die Narbenplatte, die dort entsteht“, sagt Christine Bauer. Durch sie ist häufig die Harnröhre verengt, oder es bilden sich Fisteln. Dies führt zu Blaseninfekten, Dys- menorrhoe und Schmerzen beim Geschlechts- verkehr. „Die Frauen haben ein Leben lang Probleme.“ Das heißt: Wenn sie die Beschnei- dung überleben. „Sie findet meist irgendwo im Busch statt, mit einem Messer für alle Kinder“, sagt Christine Bauer. Es kommt vor, dass Kinder verbluten, und auch schlimme Infektionen sind nicht selten. Von FGM betroffene Frauen haben ein Leben lang Probleme – wenn sie überleben. Den Beschneiderinnen fehlt in der Regel das Wissen über Hygiene. „Es herrscht die Ansicht vor: Ein starkes Mädchen überlebt das. Ich habe es auch überlebt.“ Es gibt keine religiösen Grün- de für FGM. Dahinter steckt eine Absicht: Das Mädchen soll nicht fremdgehen, soll keine Lust an Sexualität empfinden. Nur eine beschnittene Frau darf verheiratet werden, nur sie gilt als treu, rein und fleißig. Und eine andere Lebens- perspektive, als zu heiraten, bietet sich für die Mädchen und Frauen oft nicht. Nach Antonia und Christine Bauers Erfahrungen reden die kenianischen Frauen nicht über ihre Sexualität und auch nicht über die Folgen der Beschnei- dung. „Sie stellen den Zusammenhang mit ih- ren Beschwerden manchmal gar nicht her oder denken, das Leben ist einfach so“, sagt Christine Bauer. „Es ist wichtiger, dass die Kinder genug zu essen haben.“ „Die Schmerzen gehören ein- fach dazu“, sagt Antonia Bauer. „Und genau wie die Rückenschmerzen, die die Frauen vom Kinder tragen und vom Wasserschleppen ha- ben, ist es eben normal, harninkontinent zu sein.“ Sie ergänzt: „FGM ist ein Trauma, das in der ganzen Gesellschaft nie zur Sprache kam.“ Rescue – Rettung Gegen dieses Schweigen setzt die Divinity Foundation Aufklärung. Christine Bauer sagt: „Es hilft nur Bildung, noch und nöcher.“ Im Rescue Center der Hilfsorganisation, die sich allein aus Spenden finanziert, sind 27 Kinder seit 2014 erwachsen geworden, darunter et- liche, mit denen Antonia Bauer damals Volley- ball spielte. Das jüngste Mädchen war damals CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflege und mehr Happy New Year – bewusst das neue Jahr begrüßen Im neuen Jahr wird alles anders: Plätzchen ade – stattdessen Obst, Gemüse und Muckibude. Warum die guten Vorsätze leider oft in der Umsetzung binnen kürzester Zeit scheitern und warum Sie gnädig mit sich sein sollten, lesen Sie hier. Mit dem Rauchen aufhören, sich gesünder unsere guten Vorsätze so schnell über Bord ernähren, mehr Sport treiben, öfter auch werfen? dem negativen inneren Monolog unseres katastrophischen Gehirns. mal „Nein“ sagen – nur ein kurzer Auszug aus dem Repertoire gefasster Vorsätze, die Millionen von Menschen weltweit zum Neujahrsanfang auf der To-do-Liste stehen haben. Broken Resolution Days Den Januar als Startpunkt nutzen, um ab sofort alles besser zu machen? Ein Ziel, das viele vereint. Meist werden jedoch die guten Vorsätze bereits in den ersten Tagen vereinzelt über Bord geworfen. Die Amerikaner feiern dies sogar jährlich mit dem offiziellen „Ditch New Year‘s Resolutions Day“ am 17. Januar, gerne auch Broken Resolution Day genannt. Aber wie kommt es eigentlich dazu, dass wir Die inneren Antreiber Alltagsstressverursacher Nummer eins ist der hohe Anspruch an uns selbst, der sich häufig auf erlernte und verinnerlichte Glaubenssätze zurückführen lässt. Wenn sich zu der ohnehin schon steigenden Arbeits- belastung im Stationsalltag noch die boh- rende innere Stimme meldet und uns mit negativen und drängenden Gedanken quält, treibt das unser Stresslevel auf den Höhe- punkt. Frustriert stellen wir gefasste Pläne hinten an und erliegen dabei unserem eige- nen Perfektionismus. Bereits erreichte Er- folge blenden wir in Belastungssituationen gerne völlig aus und lauschen stattdessen Mit dem Außen im Innen einen guten Umgang finden Dabei sind Kompromisse grundsätzlich nichts Schlechtes, sondern können echte Chancen bergen. Das Zauberwort lautet „Akzeptanz“. Akzeptanz ist eine wichtige Säule der Resilienz, die uns dabei unterstützt, das anzunehmen, was nicht verändert werden kann und uns da- durch mit den täglichen Herausforderungen einen guten Umgang finden lässt. Es geht also nicht darum, zu resignieren und gesetzte Ziele zu verdrängen, sondern die eigenen Grenzen zu achten, Prioritäten zu setzen und die Dinge im eigenen Tempo anzupacken. Julia Romaniello Impulse für den Jahresanfang 1 Ziele SMART erreichen Häufig liegt es nicht an deiner Motivation, wenn du gesetzte Ziele nicht erreichen kannst, sondern eher daran, dass du deine Ziele nicht passend formuliert hast. Orientiere dich bei der Zielformulierung an der SMART- Formel, die in den 50er Jahren von Ökonom und Manage- mentforscher Peter Drucker definiert wurde: Spezifisch: Formuliere dein Ziel so präzise wie möglich. Messbar: Setze auf eine überprüfbare Zielformulierung. Attraktiv: Das Ziel sollte erstrebenswert für dich sein. Realisierbar: Dein definiertes Ziel muss erfüllbar sein. Terminiert: Lege dein Ziel zeitlich fest. 12 CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved. Quelle: Kirsten Oborny/Thieme

pflege und mehr © Wolfgang Hauke/stock.adobe.com Lebensabend mit Huhn und Alpaka And the winner is … der „Pflegebauernhof“ von Landwirt Guido Pusch. Der Deutsche Pflegepreis 2023 in der Kategorie Innovation ging an den Westerwälder Kleinbauern, der die Jury mit seiner Idee überzeugt hat. Das Konzept funktioniert wirtschaftlich und ist für Pflegende, Bewohner und die Familie Pusch eine Win-win-Situation. E ine Wohnung wird aufgelöst, ein Mann und eine Frau packen Geschirr und Bilder ein, der Sohn sitzt auf dem Fuß boden und fragt unvermittelt: „Mama, wo ist Oma?“ Die Mutter unterbricht das Packen, kniet sich zu ihrem Sohn und erklärt: „Oma ist jetzt an einem besseren Ort.“ Während der Zuschauer vermutlich denkt, sie sei auf dem Friedhof, folgt die Auflösung dieser Szene im Bewerbungsfilm des Projekts „Zukunft Pflegebauernhof“ auf dem Fuße. Denn: Oma ist quicklebendig und gießt die Blumen, die auf dem Bauernhof blühen. Sie winkt ihren Mitbewohnern zu und sieht glücklich aus. Mit diesem Film hat sich Guido Pusch mit seinem Konzept des Pflegebauernhofes, der bereits 2022 mit dem Deutschen Demografie-Preis 16 ausgezeichnet wurde, auch für den Deut- schen Pflegepreis beworben – und gewonnen. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, warum seine Idee vom Pflegebauernhof so boomt: Viele kleinere Bauernhöfe, die nur noch im Oma und dem Ort. Auch wenn er selbst Metall baumeister gelernt hat und den Hof nur noch nebenbei betreibt, wollte er nicht mit der Familientradition brechen und derjenige sein, der den Hof verkauft. Es herrschte jedoch landwirtschaft lichen Nebenerwerb geführt werden, haben es finanziell sehr schwer. Pusch gibt ihnen eine Perspektive, wie sie großer Renovierungsstau. Als dann die Oma vor über 12 Jahren pflegebedürftig wurde und Unterstützung benötigte, aber keinesfalls auch in Zukunft Haus und Hof halten können. ihren Hof verlassen wollte, kam Pusch die in Marienrachdorf Wie alles begann in Der Bauernhof Rheinland -Pfalz ist seit 250 Jahren im Besitz der Familie Pusch. Es gibt eine starke Ver- wurzelung im Ort, Guido Pusch ist bei seinen Großeltern auf dem Dreiseitenhof mit aufge- wachsen und hat eine enge Bindung zu seiner zündende Idee: eine ambulant betreute Wohngemeinschaft in den oberen zwei Etagen des Bauernhauses. Die pflegebedürftige Groß- mutter könnte dann in ihrer Wohnung im Erdgeschoss bleiben und von dem ambulan- ten Pflegedienst der Senioren-WG ebenfalls mitbetreut werden. Mit dieser Idee und deren Umsetzung konnte der Hof erhalten bleiben CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflege und mehr erwiesen. Ein Facebook-Post hatte genügt, und das Pflegeteam war komplett. Bis heute flattern regelmäßig Initiativbewerbungen auf den Hof, denn „hier haben die Pflegekräfte noch Zeit, sich um die Menschen zu kümmern“, erklärt der Pflegefachmann stolz. Er ist sich sicher: „Diese Art von Wohnform auf einem aktiven Bauernhof mit Tierversorgung bietet für die Kolleginnen und Kollegen einen ganz tollen Rahmen zum Arbeiten.“ Pionier des Pflege- bauernhofs Guido Pusch hat zwar seinen eigenen Metallbaubetrieb, hat sich aber auch mit Haut und Haar dem Thema Pflegebauern- hof verschrieben und sieht sich als Pionier dieses Konzepts. Er will „nicht nur die Asche verwalten, sondern die Fackel weiter- geben“, betont er selbst. Bedeutet: Er will den Landwirten helfen und sie dabei unterstützen, ihre kleinen Betriebe halten zu können – auch ohne Massentierhaltung. Und er möchte eine Alternative bieten zu herkömmlicher Pflege im Minutentakt. Denn: „Ich wünsche mir Pflegeeinrichtun- gen, in denen ich mich selbst gern pflegen lassen würde, wenn ich es brauche.“ Guido Pusch hat auch schon seine Familie infiziert. Seine Tochter Samira ist die erste Auszubildende im ambulanten Pflegedienst und beendet 2024 ihre generalistische Pflegeausbildung. Puschs Mutter kocht mit den Senioren, und seine Ehefrau Alexandra hat ihren Job an den Nagel gehängt und arbeitet seit einem Jahr als Betreuerin auf dem Hof. So wie für Guido Pusch könnte die Verbindung von Pflege angeboten mit der Landwirtschaft auch für andere kleinbäuerliche Betriebe ein Ausweg aus der Krise sein – und eine Bereicherung für die Region. 18 © padnob/stock.adobe.com Guido Pusch hat aber nicht nur genug Pflege- kräfte und an die 300 Anfragen pro Monat für einen Platz in seiner Senioren-WG. Auch viele kleine landwirtschaftliche Betriebe fragen seine Expertise an. Er berät seit 2021 fach- kundig landauf, landab in Deutschland mitt- lerweile schon über 20 Projekte zum Thema „soziale Landwirtschaft“ und unterstützt diese bei der Entwicklung ihrer Konzepte. Sechs Betriebe davon befinden sich schon auf dem Weg zum Pflegebauernhof, der Rest steckt in der Projektentwicklung. Wenn nächstes Jahr das KfW-Förderprogramm wegfällt, haben die Kleinbauern wieder eine Hürde mehr, sieht Pusch die aktuellen politischen Entscheidun- gen mit Sorge. „Denn in so ein Projekt fließen ohne Probleme 2 bis 3 Millionen Euro, auch wenn es refinanzierbar ist“, erklärt er. Aber die normalen Banken seien derzeit sehr vorsichtig, was Kredit vergaben angehe. Es bleibt also abzuwarten, wie es 2024 mit den Projekten weitergeht und ob noch mehr Pflegebauern- höfe entstehen. Der Bedarf wäre zweifelsfrei da. Der Wegfall des KfW-Kredits wird aber auch die Familie selbst tangieren. Denn die Puschs planen im Ort einen Neubau, der konzeptio- nell noch breiter aufgestellt werden soll. Neben Seniorinnen und Senioren sollen am neuen Standort auch jüngere Menschen mit geistiger Behinderung ein Inklusionsangebot bekommen, sodass sie beispielsweise ihren eigenen kleinen Hofladen betreuen können. „Hier sind wir gerade in der Planungsphase und Standortfindung“, erklärt Diehl die lang- sam mahlenden Mühlen, die es auch in Marienrachdorf gibt. Aber gut Ding will Weile haben. CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflege konkret © Monkey Business/stock.adobe.com – Stock photo. Posed by models Generationenmix in der Pflege Studien zeigen, dass die Ansprüche verschiedener Generationen an die Arbeitswelt nicht so unterschiedlich sind wie gedacht. Lesen Sie hier, warum Generation Z gerne mit Chat-Bots kommuniziert und warum ein fester Arbeitsplatz mit guter Entlohnung alleine sie nicht anlockt. N och vor 20 Jahren konnte sich ein Arbeit- geber seine Mitarbeiter in der Pflege aussuchen. Auf eine Arbeitsstelle kamen unzählige Bewerber, und die waren froh und dankbar, wenn man ihnen einen unbe fristeten Vertrag anbieten oder gar die Wunschstation ermöglichen konnte. Gerade die Älteren wundern sich daher manchmal, wie die Generation Z ans Berufsleben herangeht. Möchte man die nämlich für sich gewinnen, muss man ein wenig mehr als einen festen Arbeitsplatz und ein gutes Gehalt früher sei alles besser gewesen: Haben die jungen Leute nicht auch ein bisschen recht? Durch die völlig andere Situation auf dem Arbeitmarkt treffen heute in der Arbeitswelt Menschen mit verschiedenen Werten, Vor- denn die Gen Z verlangt nach persönlichem Feedback und bevorzugt flache Hierarchien. „Sie wollen auch während der Arbeit ein biss- chen mehr Life, sind aber im Gegenzug bereit, länger zu arbeiten oder Arbeit mit nach Hause stellungen und auch Erwartungen aufeinander. Das birgt unbestreitbar ein gewisses Konflikt- potenzial, was zu Spannungen im Betriebs- zu nehmen“, weiß Jeannine Fasold, die als Pflege-Influencerin oft an Schulen ist und dort die Gen Z unterrichtet. Die Jungen seien in eine klima führen kann und gegebenenfalls die Qualität der Arbeit beeinflusst. digitale Welt geboren, haben andere Werte und seien genervt, „immer mit der älteren Genera- bieten. Was der Generation X und Y noch gereicht hat, lockt heutzutage niemand mehr hinter dem Wie ticken die Generationen? Trotz aller Unterschiede der Generationen: Hat Ofen hervor. Auch wenn der eine oder andere die Generation Z wirklich voll kommen andere tion verglichen zu werden, denn sie wissen nicht, wie es früher war“. Dass der oft beklagte Generationenkonflikt eher gefühlt als belegt ist, zeigen neuere Unter- denkt, diese Ansprüche seien überzogen und Ansprüche an die Arbeitswelt? Ja und nein. Ja, suchungen, wie zum Beispiel eine Studie der 20 CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflege konkret © stokkete/stock.adobe.com – Stock Photo. Posed by a model gewünschte Fähigkeiten, wie Sozialkompetenz, so genau wie möglich zu beschreiben. Hier tun sich Chancen im Re cruiting der Generation Z gehört zur Basisgrundlage. Flache Hierarchien, flexibles Arbeiten, Homeoffice – das sind Fak- toren, die einen Arbeit geber attraktiv machen. wenigsten wollen heutzutage noch 30 Jahre in genau dem einen Job arbeiten. Gibt es diese Karriereplanungen nicht, dann schaut der Mit- auf. Innovative Arbeitszeitmodelle und Karrierepfade Die Zusammenarbeit mehrerer Generationen Jenseits der Basis faktoren“, erklärt Weinert. arbeiter woanders und zieht weiter“, führt der Dabei ist nicht die Gewinnung von Pflege- personal die Königsdisziplin, sondern das Bin- Bamberger Recruiting-Experte aus. Das gebe es in allen Branchen. Und selbst wenn ein Mit- den, weiß der Experte aus Franken. Es fängt arbeiter am Ende das Angebot nicht annimmt, schon mit einem ordent lichen Onboarding an. sei es wichtig, es ihm zu unter breiten. in Einrichtungen und Kliniken ist eine bereichs- Alte und junge Hasen, die neu an Bord kommen, und berufsgruppenübergreifende Führungs- sollten von erfahrenen Mitarbeitenden an die aufgabe, die alle Generationen im Blick haben Hand genommen werden und unternehmens- Miteinander statt Gegeneinander Die Erwartungen an einen Job nivellieren sich sollte – nicht nur die Gen Z. Auch wenn die spezifische Prozesse gezeigt bekommen. zwischen den Generationen. Die Babyboomer junge Generation innovativere Arbeitszeit- Mentee -Programme sind dafür geeignet, die es lernen von der Gen Z, dass eine ausgeglichene modelle einfordert, die vom herkömmlichen mancher orts bereits gibt. Life-Work-Balance wichtig ist. Die Jungen Drei-Schicht-System abweichen, müssen diese auch den anderen Generationen von Pflege- kräften angeboten werden. Alle möchten am Ende, dass sich die Arbeit an die jeweils eigene Lebenssituation optimal anpasst. „Ein angemessenes Gehalt ist kein Mechanis- mus, mit dem man Begeisterung weckt, das Ein angemessenes Gehalt gehört zu den Basisgrund- lagen, das weckt keine Begeisterung. Für die Generation Z sind darüber hinaus neben einem modernen Arbeitsumfeld aber vor wissen nicht, wie es früher war, und wollen abgeholt werden, aber sie profitieren von der Fachexpertise der Älteren – jede Generation lernt von der anderen. Dabei kommt Führungs- kräften die Rolle zu, zu wissen, welche Bedürf- nisse die jeweilige Generation hat, und diese ins Haus zu tragen und langsam Change- Prozesse anzustoßen. Dabei täte es ihnen gut, so technik- affin wie die Gen Z zu sein, um an ihrer Seite zu sein, wenn sie mal einen Shitstorm ernten. Ge- Recruiting-Trends Infos zu den Recruiting-Trends 2020 der Uni Bamberg finden Interessierte unter: www.uni-bamberg.de/isdl/chris/recruiting- trends/recruiting-trends-2020/ 22 allem Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten nauso wichtig ist es jedoch, den Bedürfnissen relevant. Daher ist es umso wichtiger, sich mit den jungen Pflegekräften hinzusetzen und explizite Karrierepfade zu planen – ob am Bett, der älteren Generationen gerecht zu werden. Wenn das gelingt, sind die Häuser bestens für die vor ihnen liegenden Herausforderungen in der Verwaltung oder im Management. „Die gerüstet. Alexandra Heeser CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

pflege konkret Führen im Doppelpack Die Pflegesituationen im Krankenhaus werden immer komplexer, und die originären Pflegetätigkeiten weiten sich, im Sinne der Professionalisierung, aus. Lesen Sie, wie die Pflegewissenschaft das Pflegemanagement auf Station optimal ergänzt. U m die Rahmenbedingungen für eine gelungene und handlungssichere Pflege sicherzustellen, hat sich das Herz- Gefäß-Zentrum (HGZ) des Klinikums Nürnberg Süd, unter pflegerischer Leitung von Frau Jutta Ballwieser, 2016 entschieden, die Führung auf allen Ebenen zu einem „Two (Wo-)Man Job“ zu machen. Auf der Ebene der Pflegedienstleitung wurde das Konzept Ma- nagement und Pflege wissenschaft erstmals umgesetzt und anschließend auf alle Klini- ken ausgerollt. So wurden die Kardiologie, die Herz- und Gefäßchirurgie und auch die Funktionsabteilungen in eine gleichberech- tigte Führungsstruktur des Managements und der Fachverantwortung gegliedert. „Ich hatte immer Interesse an der Pflegewissenschaft, aber mir war klar, ich bin im Bereich Ma- nagement nicht der Experte für pflegewissen- schaftliche Tätigkeiten. Die Implementierung evidenzbasierter, qualitativer Pflege war in meiner Vorstellung, was gute Führung angeht, immer fest verankert“, fasst Jutta Ballwieser zusammen. Die Nutzung und Stärkung der Potenziale ihrer Führungskräfte stand lange oben auf der Prioritätenliste. Dies war mit ein Grund, weshalb man sich auch gegen die Anstellung ausschließlich akademisierter Pflegekräfte und für das Konzept „Skill- und Grademix“ entschieden hatte. Aufgaben teilen Neben ökonomischen Überlegungen war vor allem der Versorgungsauftrag den Patienten gegenüber das Hauptargument für die Ent- scheidung, den Skill – und Grademix umzu- setzen und so die Kompetenzen und Qualifi- kationen Pflegender bestmöglich zu nutzen. So bestehen die fachverantwortlichen Leitungen zum Teil aus Pflegenden mit einem Bache- lorabschluss und Berufserfahrung sowie aus nicht studierten, aber zusatzqualifizierten und erfahrenen Mit arbeitern. Die Fähigkeiten und Kompetenzen der Leitungspersonen ergänzen sich so. Die Aufgaben und Stellenbeschreibungen für die originären Stationsleitenden waren zwar festgelegt, es galt jedoch diese neu zu definieren. Dies war eine Herausforderung, wird jedoch heute als stetiger und notwendi- ger Prozess in der Berufspraxis gelebt. Alle Schnittstellen einbeziehen Um diese Stellung der Fachverantwortung im Leitungsteam zu implementieren, bedarf es nicht nur einer Festlegung der Aufgaben- bereiche, sondern ebenfalls der gezielten Son- dierung von Erwartungen. Mitarbeitende , die Management­Aufgaben Gemeinsame Aufgaben Fachverantwortliche/pflegewissenschaftliche Aufgaben • Personalverantwortung/Mitarbeitereinsatz • Controlling • Ausfallmanagement • Fehlzeiten und Rückkehrer • • • Mitarbeitergespräche • Dienst- und Urlaubsplanung stationsorganisatorische Aufgaben Inventarverantwortung strategische Ausrichtung • Pflege- und Praxisentwicklung • • Personalentwicklung • Projektmanagement Aufgabenverteilung in der Doppelführung; Quelle: KHZG Nürnberg • Erarbeitung evidenzbasierter Pflegestandards • Mitarbeit in Aus-, Fort- und Weiterbildung • Umsetzung und Weitergabe (pflege-)wissenschaftlicher während der Einarbeitung • Bearbeitung fachspezifischer Projekte Erkenntnisse • Beantwortung fachlicher Fragen aus der Pflegepraxis • Mitarbeiterbegleitungen im Praxisalltag nach und 24 CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

medien medien-tipps Einstieg, sondern auch zur fachlichen Weiter- bildung: ein absolutes Muss für alle Menschen, die im Palliativbereich ihre wertvolle Arbeit verrichten oder dies in Zukunft vorhaben! Kathrin Hilkens, Aachen Baumann, Fromm, Hrsg. Ethik-Cafés im Sozial- und Gesundheitswesen, J.B. Metzler, 29,99 € Ethik­Cafés im Sozial­ & Gesundheitswesen Sich über aktuelle Lebensfragen ethisch ver ständigen und austauschen – über Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt und die doch zuhauf im Alltag jedes Menschen auftauchen, der im Sozial- oder Gesundheits- wesen arbeitet: etwa über die Selbst- bestimmung des Patienten, zur Inklusion und Exklusion von Demenzkranken, zur Robotik oder zum Ende des Lebens. Seit über zehn Jahren veranstalten die Autoren dieses Buches mit großem Zuspruch Ethik-Cafés in Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder Hospizen und geben Interessierten so einen Raum, angeleitet ethische Fragen miteinander zu diskutieren und von der Perspektivenvielfalt der anderen Teilnehmer zu profitieren. Die entspannte Atmosphäre mit Kaffee und Kuchen hilft dabei, sich anderen zu öffnen und über schwierige Themen zu sprechen, was in den Ethik-Cafés in einem von den Autoren entwickelten und sich bewährten Vier-Phasen-Modell des ethischen Prozesses verläuft. Dieses Buch versteht sich nun als Grundlagenwerk, das anschaulich die Konzeption von Ethik-Cafés, deren Evaluation, die Voraussetzungen sowie viele praktische und interessante Beispiele beschreibt. Ein tolles Konzept, das dank dieses Buchs hoffentlich viele Nachahmer findet. Alena Kunter, München Kern, Gaspar, Hach, Hrsg. Palliative Care: Kernkompe- tenzen für die Pflegepraxis, Thieme, 44,00 € Palliative Care Dieses Buch bietet genau den Rundumblick, den Pflegende in der Palliativpflege brauchen: Die zehn Kapitel des Buches widmen sich den zehn interdisziplinären Kernkompetenzen der Palliativversorgung, die mit sprachlicher Einfachheit, realitätsnahen Fallbeispielen und schönen Abbildungen im modernen Design aufbereitet werden. Die Themenvielfalt, die dabei entsteht, ist beeindruckend: von bedürfnisorientierter Betreuung über Kom- muni kationsmuster bis hin zu fundamentalen Identitätsfragen – nichts wird ausgespart. Deshalb eignet sich die Lektüre nicht nur zum impressum Eigentümer und Copyright © Georg Thieme Verlag KG 2024 Verlag: Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstr. 14 70469 Stuttgart Telefon: 0711/8931-420 Telefax: 0711/8931-871 Kontakt: https://kundenservice.thieme.de cne.thieme.de Persönlich haftender Gesell schafter: Dr. Albrecht Hauff Registergericht: Stutt gart Registernummer: HRA 3499, Verkehrsnummer 16427 Umsatzsteuer-ID gemäß § 27 a UStG: DE 147638607 ISSN: 1864-1865 Programmplanung Pflege: Thomas Moser V.i.S.d.P.: Simone Schwarz Fachredaktion: Kathrin Hilkens, Christine Köhler, Alena Kunter, Jael Ramsden, Stefanie Reuter Marketing: Stephanie Strobel Satz: Christine Köhler, Jael Ramsden Herstellung: Selina Römer Druck und Bindung: Vogel Druck und Medienservice GmbH, Höchberg Jahresbezugspreis für Privat perso nen: 330 € inkl. 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Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzet- tel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht in jedem Fall besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Datenschutz: Wo datenschutzrechtlich erforderlich, wurden die Namen und weitere Daten von Personen redaktionell verändert (Tarnnamen). Dies ist grundsätzlich der Fall bei Patienten, ihren Angehörigen und Freunden, z. T. auch bei weiteren Personen, die z. B. in die Behandlung von Patienten eingebunden sind. Sprache: Thieme Publikationen streben nach einer fachlich korrekten und unmissverständlichen Sprache. Dabei lehnt Thieme jeden Sprachgebrauch ab, der Menschen beleidigt oder diskriminiert, beispielsweise aufgrund einer Herkunft, Behinderung oder eines Geschlechts. Thieme wendet sich zudem gleichermaßen an Menschen jeder Geschlechtsiden- tität. Die Thieme Rechtschreibkonvention nennt Autor*innen mittlerweile konkrete Beispiele, wie sie alle Lesenden gleichberechtigt ansprechen können. Die Ansprache aller Menschen ist ausdrücklich auch dort intendiert, wo im Text (etwa aus Gründen der Leseleichtigkeit, des Textumfangs oder des situativen Stilempfindens) z.B. nur ein generisches Maskulinum verwendet wird. CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

ausblick & gesprächsstoff CNE.magazin 2.24 erscheint am 13. März 2024 Legal kiffen? Die Legalisierung von Cannabis für Volljährige ab dem kommenden Jahr erhitzt die Gemüter und polarisiert. Lesen Sie in unserem Pro & Contra mehr über die Argumente von Gegnern und Befürwortern. © yellowj/stock.adobe.com 35 Stunden Im Kampf um Fachkräfte lieb- äugeln viele Arbeitgeber mit der 4-Tage- oder 35-Stunden-Woche. Aber kann das auch in der Pflege funktionieren? Willkommen im Ethik-Café Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt, einen Raum geben: wie Ethik-Cafés zum Perspektivwechsel verhelfen. Generalisten on Board Lesen Sie, wie das Onboarding der neuen Generation für alle Seiten effizient und wert schätzend gelingen kann. Zahlen und Szenarien: Was Sie nicht wirklich wissen müssen, aber nie wieder vergessen Wussten Sie eigentlich, dass ... … man bei 68 Kilo Gewicht eine Stunde Tennis spielen muss, um die Kalorien eines Liters Cola zu verbrennen? … das Fell von Maulwürfen keine vorgegebene Richtung besitzt, damit alle Bewegungsrichtungen gleich schnell ausgeführt werden können? … die Nierenbelastung bei einem Marathon und bei einer Herz-OP vergleichbar ist? … neben Hunden auch Nashörner über den Kot Informationen über Artgenossen erhalten? … im Mittelalter für Verschlüsse von Löchern im Kopf Silbermünzen genutzt wurden, die in die Lücke einwuchsen? … an Ampeln für Fußgänger von einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 4 km/h ausgegangen wird? … Elefanten durch Verschränken der Rüssel guten Tag sagen? … Orchideen den Namen aufgrund der hodenförmigen Wurzelknollen tragen? … die Bezeichnung „Pfirsich Melba“ von einem verliebten Koch stammt, der damit eine Sängerin mit diesem Namen ehren wollte? … der Level 256 von Pacman einen Softwarefehler enthält und deshalb nicht lösbar ist? … Neuseeland zwei Hymnen hat? … ein Marathon nur deshalb 42,195 km lang ist, weil die Ziellinie 1908 bei den Olympischen Spielen vor der königlichen Loge sein musste? 28 CNE.magazin 1.24 | © 2024. Thieme. All rights reserved.

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