m o c . a i l o t o f – v a m r i f © 9 7 l p 7 1 . ff u a h . a . r d : n e t s o k d n a s r e v n e d n e l l i a f n a e d n e d r e w ] d l [ b a h r e ß u a n e g n u r e f e i l i e b . g h p , 9 9 4 3 a r h , t r a g t t u t s r e t s i g e r s l e d n a h d n u - z t i s , n e t l a h e b r o v r e m ü t r r i d n u n e g n u r e d n ä s i e r p g k g a l r e v e m e h t g r o e g i . t e n h c e r e b r e t i e w anästhesie auf einen blick anästhesie auf einen blick der taschenatlas anästhesie bietet ihnen die grundlegenden und notwendigen einblicke in das spannende tätigkeitsfeld anästhesie. sie erfahren alles wissenswerte für die präoperative visite, die perioperative begleitung bis zur entlassung des patienten aus dem aufwachraum. • wie wirkt eine narkose? • was ist im vorfeld einer anästhesie zu beachten? • welche narkosestadien gibt es und was muss man in welcher phase besonders beachten • wie muss man bei der narkoseeinleitung- bzw. narkoseausleitung vorgehen? • was muss man bei patienten mit begleiterkrankungen beachten? taschenatlas anästhesie roewer/thiel 2017. 6., akt. u. erw. aufl. ca. 416 s., ca. 492 abb., kart. isbn 978 3 13 240374 1 ca. 49,99 € [d] ca. 51,40 € [a] buch plus online-version in der eref n e u versandkostenfreie lieferung innerhalb deutschlands! telefonbestellung: 0711/8931-900 faxbestellung: 0711/ 89 31-901 kundenservice @thieme.de www.thieme.de/shop

inhalt ains juni 2017 · 52. jahrgang: seite 389 – 472 s. 408 s. 422 s. 436 s. 446 s. 463 390 der patient mit thoraxtrauma: präklinische versorgung etwa jeder 10. traumapatient in den notaufnahmen weist ein stumpfes thoraxtrau- ma auf, aus dem lebensbedrohliche verletzungen wie spannungspneumothorax oder perikardtamponade resultieren können. zeitkritische diagnostik und therapie stehen bei der versorgung im vordergrund. die durchführung lebensrettender the- rapeutischer maßnahmen muss jedem notarzt geläufig sein und das verletzungs- muster entscheidet über die auswahl der zielklinik. bildquelle: peer gunnar knacke. der patient mit thoraxtrauma: anästhesiologisches management in der anästhesiologischen praxis ist das thoraxtrauma eine große herausforderung. verletzungen von atemwegen, lunge, zwerchfell, herz und großen thorakalen gefäßen sind die vorherrschenden probleme. art und ausmaß des chirurgischen eingriffs sowie wirkungen von anästhetika und mechanischer ventilation auf die pulmonale und kardiale funktion sind besonders zu beachten. bildquelle: kh kraus- kopf. der patient mit thoraxtrauma: chirurgische versorgung bei thoraxtraumata reicht das spektrum von verletzungen des herzens und der großen gefäße über parenchymläsionen mit pneumothorax, blutungen aus den interkostalgefäßen, bis hin zu chronischen hämatothoraces und sekundären em- pyemen. die anlage einer thoraxdrainage stellt oft eine suffiziente therapie dar, in bestimmten fällen ist aber eine weitergehende chirurgische therapie in minimal- invasiver technik (vats) oder via thorakotomie erforderlich. bildquelle: kh kraus- kopf. präoperative evaluation erwachsener patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen eingriffen im jahr 2010 publizierten die deutschen wissenschaftlichen fachgesellschaften für anästhesiologie und intensivmedizin, chirurgie und innere medizin erstmals eine gemeinsame empfehlung zur präoperativen evaluation erwachsener patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen eingriffen. diese wurde nun überarbeitet. dabei wurden im vergleich zur alten empfehlung v. a. die operativen risiken neu bewertet. bildquelle: ray/fotolia. kleinhirninfarkt nach co-intoxikation und hyperbarer sauerstofftherapie infolge einer co-intoxikation kann es zu gravierenden, prinzipiell therapierbaren intrazerebralen läsionen kommen. in dem beitrag werden anhand eines fallberichts die zusammenhänge zwischen einer co-intoxikation und den dadurch verursach- ten intrazerebralen pathologien veranschaulicht. die gebotenen diagnostischen und therapeutischen schritte werden in bezug zur vorliegenden literatur diskutiert. bildquelle: christian stroszczynski/institut für radiologie, universitätsklinikum re- gensburg. anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

inhalt magazin fortbildung 395 neues aus der forschung | protektive beatmung während 406 topthema einführung | der patient mit thoraxtrauma der anästhesie: sinn oder unsinn? elke ruchalla michael hansen, thomas hachenberg 396 neues aus der forschung | outcome nach reanimation: fibrin(ogen)-spaltprodukte als prädiktor elke ruchalla 408 396 neues aus der forschung | konvulsiver status epilepticus: therapeutische hypothermie bietet keinen vorteil elke ru- challa cme-fortbildung topthema | der patient mit thorax- trauma: präklinische versorgung michael hansen, thomas hachenberg 397 neues aus der forschung | scheinbare allergie auf lokal- anästhetika bestätigt sich kaum elke ruchalla trauma: anästhesiologisches management alf kozian, astrid bergmann, thomas hachenberg, thomas schilling 422 cme-fortbildung topthema | der patient mit thorax- 398 neues aus der forschung | surviving sepsis campaign 2016 – nichts neues? marc-michael ventzke 436 cme-fortbildung topthema | der patient mit thorax- 402 aktuelles | eritrea sucht kollegen für entwicklungshilfe 402 aktuelles | weaning erhöht lebensqualität und senkt kosten 403 aktuelles | ultraschallgeräte in rettungshubschraubern 403 aktuelles | blick in die lunge kann leben retten 403 aktuelles | erstes netzwerk zur angehörigenbetreuung von organspendern 404 aktuelles | 3-d‑mikroroboter für minimalinvasive chirurgie trauma: chirurgische versorgung patrick zardo, henning busk, stefan piatek, norman zinne, irina kropivnitskaya, ingo kutschka 446 empfehlung | präoperative evaluation erwachsener patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen eingriffen gemeinsame empfehlung der deutschen gesell- schaft für anästhesiologie und intensivmedizin, der deut- schen gesellschaft für chirurgie und der deutschen gesell- schaft für innere medizin 463 kasuistik | kleinhirninfarkt nach co-intoxikation und hyperbarer sauerstofftherapie matthias wick, andré schneiker, sylvia bele, michael pawlik, helmut meyringer, bernhard graf, christina wendl, martin kieninger service 400 buchtipps 472 impressum 392 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

100 spannende fälle, aus denen sie lernen können 1 3 2 t k 6 1 m o c a . i l . o t o f – u e e e h p a r g o t o h p © . ff u a h . a . r d : g h p n e t s o k d n a s r e v n e d n e l l i a f n a e d n e d r e w ] d l [ b a h r e ß u a n e g n u r e f e i l i , 9 9 4 3 a r h , t r a g t t u t s r e t s i g e r s l e d n a h d n u - z t i s , e b . n e t l a h e b r o v r e m ü t r r i d n u n e g n u r e d n ä s i e r p g k g a l r e v e m e h t g r o e g i . t e n h c e r e b r e t i e w mehr sicherheit für ihre patienten es gibt immer wieder überraschungen und besondere situationen, die auf der intensivstation und im op rasche lösungen verlangen. um einen transparenten umgang mit fehlern zu etablieren, schildern die autoren 100 anonymisierte, selbst erlebte anästhesiologische zwischenfälle oder meldungen aus der cirs-ains datenbank – mit ergänzender fehleranalyse und empfehlungen zur fehlervermeidung. mit der umfassenden fehlermatrix erhalten sie zusätzlich eine systematische und gut strukturierte übersicht verschiedener fehlermuster. ideal für die fehlerprophylaxe: take home messages bei jedem fall. fehler und irrtümer in der intensivmedizin meybohm et al. 2016. 256 s., 23 abb., kart. isbn 978 3 13 203391 7 49,99 € [d] 51,40 € [a] online-version in der eref versandkostenfreie lieferung innerhalb deutschlands! telefonbestellung: 0711/8931-900 faxbestellung: 0711/ 89 31-901 kundenservice @thieme.de www.thieme.de/shop

neues aus der forschung fa z i t nach diesen daten finden sich nur wenige belege für den nutzen einer protektiven beatmung während der narkose von lungengesunden patien- ten, fassen die autoren zusammen. das soll keineswegs die bedeutung des konzepts bei der beatmung kri- tisch kranker auf der intensivstation schmälern – hier ist sie weiterhin eines der wichtigsten prinzipien. im operationssaal scheint ihre bedeu- tung aber gering. dr. elke ruchalla, bad dürrheim outcome nach reani- mation: fibrin(ogen)- spaltprodukte als prädiktor ono y et al. fibrin/fibrinogen degradation prod- ucts (fdp) at hospital admission predict neuro- logical outcomes in out-of-hospital cardiac arrest patients. resuscitation 2017; 111: 62–67 die langzeitergebnisse nach herz- kreislauf-stillstand außerhalb der kli- nik sind nach wie vor schlecht. mehre- re studien haben eine überschießende aktivierung von gerinnungsfaktoren und anschließende hyperfibrinolyse, wie sie von einer disseminierten intra- vasalen gerinnung (dic) bekannt sind, mit den überlebensraten nach kardio- pulmonaler reanimation in zusam- menhang gebracht. für die neurologi- schen outcomes haben das nun ono et al. untersucht. die arbeitsgruppe aus japan hat dazu da- ten von 315 patienten in eine retrospekti- ve analyse aufgenommen. bei ihnen war zwischen 2006 und 2012 außerhalb eines krankenhauses ein herz-kreislauf-still- stand aufgetreten, und sie waren erfolg- reich reanimiert und in die universitätskli- nik von hokkaido aufgenommen worden. die wissenschaftler suchten nun in den akten zunächst nach verschiedenen gerin- nungsparametern, die bei klinikaufnahme 396 fibrin(ogen)spaltprodukten gemessen worden waren: thrombozyten- zahl, prothrombinzeit, partielle thrombo- plastinzeit, konzentrationen von fibrino- gen, (fsp) und antithrombin im plasma und berech- neten den dic-score nach den vorgabe der international society on thrombosis and haemostasis. anschließend suchten die forscher nach zusammenhängen zwi- schen gerinnungsparametern und neuro- logischen ergebnissen 1 monat nach dem ereignis; günstige ergebnisse waren hier definiert als cerebral performance cate- gory 1 oder 2. bei 51 patienten fand sich danach ein günstiges neurologisches outcome, bei 264 patienten ein ungünstiges (cerebral performance category 3–5). außer der fi- brinogenkonzentration zeigten alle ge- messenen parameter und der dic-score eine assoziation mit dem neurologischen ergebnis. die größte fläche unter der roc-kurve (roc: receiver-operator characteristic) wies die fsp-konzentration auf, mit einem wert von 0,795. sie schnitt damit besser ab als beispielsweise die laktatkonzentra- tion (grenzwert 6,7 mmol/l) mit einer flä- che von 0,726. bei einem grenzwert der fsp von ≤ 13,7 mg/l errechneten sich für die prognose eines günstigen outcomes insgesamt eine sensitivität von 72,5%, eine spezifität von 80,3%, ein positiver vorhersagewert von 41,6% und ein nega- tiver vorhersagewert von 82,8%. die verhältnisse waren ähnlich, wenn nur die patienten in die auswertung einbezo- gen wurden, bei denen der herz-kreislauf- stillstand von einem zeugen beobachtet worden war (n = 197): hier lag der optima- le grenzwert bei ≤ 9,5 mg/l, und die fläche unter der roc-kurve betrug 0,799. in der logistischen regressionsanalyse überprüften die wissenschaftler abschlie- ßend für verschiedene variablen den zu- sammenhang mit einem positiven ergeb- nis. dabei errechnete sich für eine fsp- konzentration ≤ 13,7 mg/l eine fast 5-mal so hohe wahrscheinlichkeit für eine gutes ergebnis (odds ratio [or] 4,98 vs. höhere konzentrationen). zum vergleich: eine kammertachykardie bzw. ein kammer- flimmern als primär nachgewiesener ekg- rhythmus wies eine or von 9,05 auf. fa z i t bei patienten mit herz-kreislauf-still- stand außerhalb einer klinik könnte die konzentration der fsp bei auf- nahme ins krankenhaus einen sinn- vollen prädiktor für das neurologische outcome darstellen, fassen die auto- ren zusammen. sie schneidet nach diesen daten besser ab als herkömm- liche maße wie der laktatwert im se- rum – möglicherweise repräsentieren die fsp eine frühere phase der or- ganischämie als laktat, das z. b. durch die gabe von adrenalin im rahmen der reanimation beeinflusst wird. dr. elke ruchalla, bad dürrheim konvulsiver status epilepticus: therapeu- tische hypothermie bietet keinen vorteil legriel s et al. hypothermia for neuroprotection in convulsive status epilepticus. n engl j med 2016; 375: 2457–2467 ein konvulsiver status epilepticus ist ein neurologischer notfall und geht mit einer hohen sterblichkeit von 20– 40% einher. darüber hinaus bleiben bei etwa der hälfte der überlebenden dauerhafte funktionelle einschränkun- gen zurück, sodass nach neuroprotek- tiven strategien gesucht wird. ob die therapeutische hypothermie eine sol- che strategie darstellt, haben französi- sche mediziner untersucht. stephane legriel und seine kollegen ha- ben dazu auf 11 französischen intensivsta- tionen (its) zwischen märz 2011 und janu- ar 2015 insgesamt 268 erwachsene pa- tienten in eine randomisierte studie auf- genommen. einschlusskriterien für hy- bernatus (hypothermia for brain en- hancement recovery by neuropotection and anticonvulsant action after convul- sive status epilepticus) umfassten einen anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

neues aus der forschung weils 1 patienten fiel der intrakutantest (auf 0,075%iges ropivacain) bzw. der prick-test (auf bupivacain) positiv aus, aber bei keinem patienten konnte der pro- vokationstest eine echte allergische reak- tion bestätigen. weitere untersuchungen konnten bei knapp ⅓ der patienten (n = 52) ein ande- res verantwortliches allergen sichern, am häufigsten chlorhexidin (n = 12), cefuro- xim (n = 8) und patentblau-v-farbstoff (n = 7). fa z i t nach diesen daten ist eine echte al- lergie auf lokalanästhetika zumindest sehr selten, fassen die autoren zu- sammen. grundsätzlich sollte bei je- dem verdacht auf eine perioperative allergische reaktion eine dermatolo- gische klärung folgen – anderenfalls wird möglicherweise auf eine lokal- bzw. regionalanästhesie mit allen da- mit verbundenen vorteilen verzichtet und stattdessen eine allgemeinanäs- thesie durchgeführt, ohne dass das notwendig wäre. dr. elke ruchalla, bad dürrheim surviving sepsis campaign 2016 – nichts neues? rhodes a et al. surviving sepsis campaign: inter- national guidelines for management of sepsis and septic shock: 2016. intensive care med 2016; 43: 304–377 dem zeitkritischen und korrekten ma- nagement der sepsis und des septi- schen schocks kommt ähnlich dem herzinfarkt oder dem polytrauma eine besondere bedeutung zu: jedes jahr leiden millionen menschen an diesem krankheitsbild. teilweise stirbt jeder vierte daran. durch das frühe erken- nen und die aggressive, korrekte be- handlung kann die mortalität signifi- kant gesenkt werden. leitlinien kön- nen dabei helfen, patienten nach dem aktuellen wissenschaftlichen stand zu behandeln. seit dem jahr 2004 wurden die aktuellen leitlinien alle 4 jahre aktualisiert, zuletzt im jahre 2012. daher setzten sich die au- toren des surviving sepsis campaign ko- mitees 2016 erneut mit der überarbeitung der leitlinie auseinander. das komitee be- stand aus 55 internationalen experten, die sich in 5 gruppen mit unterschiedlichsten fragestellungen an hand der aktuellen li- teratur beschäftigten: ▪ hämodynamik ▪ infektion ▪ unterstützende behandlung ▪ stoffwechsel ▪ beatmung während des leitlinienprozesses trat je- doch die bedeutendste änderung in kraft: die definition der sepsis änderte sich. un- terschied man seit 2001 in systemic in- flammatory response syndrome (sirs), sepsis, schwere sepsis und septischer schock, so sieht die neue definition nur noch die unterscheidung in sepsis und septischen schock vor. die bisherigen sirs-/sepsis-kriterien sind hinfällig. die sepsis bzw. der septische schock defi- nieren sich nun über den quick sofa- score, d. h. über eine lebensbedrohliche organdysfunktion, die durch eine inadä- quate reaktion des organismus auf eine infektion ausgelöst wird. um die sepsis noch früher zu erkennen, früher therapieren und die sterblichkeit senken zu können, sollen krankenhäuser entsprechende programme etablieren. hinsichtlich der diagnostik ergaben sich keine relevanten änderungen. vor beginn der antibiotischen therapie soll die mikro- biologische diagnostik von allen mögli- chen stellen, die als infektquelle infrage kommen, erfolgen und mindestens 2 blut- kulturpaare entnommen werden. die anti- biotische behandlung darf sich dadurch je- doch nicht wesentlich verzögern. sie sollte wie bisher so schnell wie möglich erfolgen, jedoch spätestens innerhalb der 1. stunde nach diagnosestellung. darüber hinaus präzisierten die autoren die emp- ▶ abb. 2 quelle: kh krauskopf. fehlungen bezüglich der antibiotischen therapie. während der initialen stabilisierungsphase des patienten dient weiterhin das laktat als surrogatparameter, um den therapie- erfolg zu kontrollieren. die statischen hä- modynamischen parameter werden je- doch nun zugunsten dynamischer para- meter verlassen, um die reaktion auf die flüssigkeitssubstitution zu erfassen. zum ersten mal finden sich nun konkrete anga- ben zur flüssigkeitsmenge über die zeit: innerhalb der ersten 3 stunden sollen 30 ml kristalloid/kg körpergewicht bei der sepsisbedingten hypoperfusion infundiert werden. die infusionstherapie ist weiter- hin die domäne der kristalloide. albumin ist das kolloid der wahl bei erforderlichem volumenersatz. hinsichtlich der katecholamintherapie er- gaben sich keine relevanten änderungen. noradrenalin ist immer noch der stan- dard-vasopressor, bei katecholaminpflich- tigen patienten soll die therapie frühzeitig mittels invasiver arterieller druckmessung überwacht werden. die empfehlungen zur transfusion blieben unterm strich gleich. verschiedene studien untersuchten thera- pieansätze zur endotoxin- bzw. zytokin-eli- 398 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

buchtipps effiziente prüfungs- vorbereitung aber gleichwohl angemessen detailliert. dies und der gut lesbare, verständliche stil ermöglichen ein effizientes repetieren und memorieren des umfangreichen prü- fungsstoffes. dass das werk last but not least auch in einer online-version vorliegt, stellt ein weiteres plus dar. fa z i t das bewährte lehrbuch ist auch in seiner 5. auflage uneingeschränkt zur prüfungsvorbereitung zu empfehlen. aber auch der facharzt, der grund- lagenkenntnisse auffrischen will oder sich z. b. auf das europäische fach- arztexamen vorbereitet, wird das werk mit großem gewinn lesen. braun r et al. facharztprüfung anästhesie. 1000 kommentierte prüfungsfragen. 5. aktualisierte aufl. stuttgart: thieme, 2016, 69,99 € (taschen- buch), isbn: 9783131255457 dr. med. hans-joachim wilke, frankfurt am main das lehrbuch „facharztprüfung anästhe- sie 1000 kommentierte prüfungsfragen“ des autorenteams braun, jahn und wit- tenberg liegt nunmehr in seiner 5., aktua- lisierten auflage vor. zentrales anliegen des werkes ist es, angehenden fachärzten die vorbereitung auf die facharztprüfung zu erleichtern. hierzu haben die autoren den kenntnisstand der allgemeinen und speziellen anästhesie, der transfusions- medizin und hämostaseologie, der inten- sivmedizin, und schmerztherapie in 1000 fragen und ant- worten aufbereitet. ein eigenes kapitel vermittelt grundlegende informationen zur facharztprüfung sowie lerntipps und hinweise zu einem angemessenen verhal- ten der kandidaten in der eigentlichen prüfungssituation. der notfallmedizin in der tat ist es den autoren hervorragend gelungen, das aktuelle, gesicherte und so- mit prüfungsrelevante fachwissen in den fragen und antworten adäquat abzubil- den. die fragen sind praxisnah und die korrespondierenden antworten konzis, grundwissen zur lagerung im op schmidt-bräkling t et al., hrsg. patientenlagerung im op. stuttgart: thieme, 2016, 59,99 € (gebun- dene ausgabe), isbn: 9783131659118 eine gute lagerung erlaubt den bestmög- lichen zugang zum op-gebiet und muss gleichzeitig sicherstellen, dass lagerungs- schäden verhindert werden. in der ausbil- dung vieler medizinischer berufe wird die korrekte lagerung jedoch nur unzurei- chend gelehrt. dieses interdisziplinäre buch entstand auf der grundlage 35-jähriger erfahrungen in der op-lagerungspflege im universitäts- klinikum münster. zu beginn geben die autoren eine einführung in die rechtlichen aspekte. es folgt eine darstellung der la- gerungsschäden an der haut und an peri- pheren nerven. hierbei wird jeweils auf die anatomischen grundlagen sowie die symptome und differenzialdiagnosen ein- gegangen. im hauptteil beschreiben pflegemitarbei- ter, ärzte verschiedener operativer fach- disziplinen und/oder anästhesisten alle wichtigen lagerungen. hierzu gehören auch seltenere varianten, wie die extensi- onslagerung, die hws-lagerung, die hno-lagerung und die lagerung bei kin- dern und säuglingen. die darstellung ist sehr detailliert und praxisnah und wird durch umfangreiche und sehr anschauli- che bilder ergänzt. darüber hinaus kann der leser zu allen lagerungen ein video über einen qr-code herunterladen. die videos beginnen mit einer darstellung der erforderlichen lagerungshilfsmittel und zeigen dann schritt für schritt die um- lagerung. diese videos sind didaktisch sehr gut aufgearbeitet und sehr realitäts- nah, weil die autoren die lagerung „ech- ter“ patienten im op gefilmt haben. fa z i t dieses hervorragende standardwerk vermittelt die notwendigen kenntnis- se, um aktiv zur optimierung der la- gerung beizutragen. ich empfehle die lektüre allen ärzten und pflegemit- arbeitern im op. prof. dr. med. stefan grond, detmold 400 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

aktuelles eritrea sucht kollegen für entwicklungshilfe im rahmen unserer unterstützung für die ausbildung zum msc emergency and critical care nursing suchen wir anästhesisten und intensivmediziner für die theoretische und praktische ausbildung unserer 20 studenten am college of health sciences in asmara. es werden 2–3-wöchige lehraufent- halte pro person in asmara angestrebt. im selben kontext suchen wir ca. 20 ad- viser (eine art „betreuer“ auf fachhoch- schulniveau) für die betreuung der master thesis der master-of-science-studenten in anästhesie und intensiv/notfallmedizin bzw. pflege. diese tätigkeit kann von deutschland aus per internet und e-mail ausgeführt werden. es sollen ratschläge zum sinnvollen aufbau einer einfachen re- search gegeben werden und ggf. sprach- fehler korrigiert werden. die thesisspra- che ist englisch. im rahmen der klinikpartnerschaft mit dem orotta national referral hospital as- mara werden kollegen für 2–3-wöchige aufenthalte in asmara im orrota hospital gesucht. die themen der theoretischen und praktischen workshops betreffen pa- tientenspezifisches monitoring, differen- zierte invasive und noninvasive beatmung sowie kurse in notfall-ultraschall-unter- suchen (lunge, herz, abdomen, periphere nerven, eventuell gefäßdoppler). für genauere auskünfte schreiben sie bit- te an: traudlelsholz@web.de und prof. dr. g. geldner: goetz.geldner@kliniken-lb.de wir würden uns über regen zuspruch sehr freuen und bedanken uns für ihr engage- ment schon im voraus. nach angaben vom eritrea hilfswerk in deutschland e. v. ▶ abb. 1 quelle: tyler olson/fotolia.de. weaning erhöht lebensqualität und senkt kosten rund 40 % aller patienten, die künstlich beatmet werden müssen, haben schwierigkeiten, anschließend vom beatmungsgerät entwöhnt zu werden. sie müssen unter hohen kosten wei- terbehandelt werden. um die entwöh- nung – das sog. weaning – und damit die prognose für die patienten zu ver- bessern, hat die deutsche gesellschaft für pneumologie und beatmungsmedi- zin (dgp) das kompetenznetzwerk „weannet“ gegründet. die zahl der patienten, die nur schwer vom beatmungsgerät zu entwöhnen sind und deswegen längerfristig beatmet wer- den müssen, wächst. das betrifft hier- zulande etwa 30 000 patienten und kostet das gesundheitssystem 2–4 milliarden euro pro jahr. je länger der patient an das beatmungsgerät gebunden ist, desto schwerer fällt es ihm, wieder selbstständig zu atmen. 10% der betroffenen sind auch nach entlassung aus der klinik auf das be- atmungsgerät und intensive pflege ange- wiesen – ein zustand, der nach möglich- keit vermieden werden sollte, so prof. dr. med. martin hetzel, tagungspräsident des diesjährigen dgp-kongresses, der ende märz in stuttgart stattfand. „in vielen kliniken wird das weaning zu früh auf- gegeben, weil die strukturen und das per- sonal auf den intensivstationen dafür feh- len“, sagt der chefarzt der klinik für pneu- mologie, internistische intensivmedizin, beatmungsmedizin und allgemeine innere medizin am krankenhaus vom roten kreuz bad cannstatt. um die intensivstation zu entlasten, spe- zialisieren sich sog. weaningzentren da- rauf, beatmungspatienten bei der entwöh- nung zu unterstützen. neben den atem- übungen gehört dazu auch physiotherapie oder logopädie, denn viele patienten müs- sen auch das schlucken wieder lernen. die professionelle entwöhnung lohne sich, weil sie die lebenserwartung und ‑qualität der patienten verbessere, so hetzel. zu- dem sei sie finanziell günstiger als die dau- erhafte außerklinische beatmung. unter- suchungen der dgp haben ergeben, dass über 50% der langzeitbeatmeten patien- ten erfolgreich entwöhnt werden können und ggf. nur noch zum schlafen eine atemmaske brauchen [1, 2]. 402 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

aktuelles das „netzwerk spenderfamilien“ steht für das ja zur organspende, für sachlich kor- rekte information, gegenseitiges ver- ständnis zwischen organempfängern und spenderfamilien sowie hilfen in der situa- tionsverarbeitung. darüber hinaus will die organisation einen flächendeckenden, würdevoll-professionellen umgang mit den angehörigen vor, während und nach einer organspende ermöglichen und die anerkennung der organspender und de- ren familien fördern. allen, die vor der ent- scheidung einer organspende stehen, steht das netzwerk auf anfrage für ge- spräche zur verfügung. „wir wollen den angehörigen helfen, die situation dauer- haft gut zu bewältigen, auch bei einem nein“, betont marita donauer. interessier- te können das netzwerk über die organi- sation „lebertransplantierte deutschland e. v.“ (http://www.leber- transplantation.eu), dort ist die vertre- tung der spenderfamilien als eigenstän- dige gruppe angegliedert. kontaktieren nach angaben der deutschen gesellschaft für chirurgie e. v. 3-d‑mikroroboter für minimalinvasive chirurgie wissenschaftler am max-planck-insti- tut für intelligente systeme in stutt- gart haben einen herstellungsprozess für mikroroboter entwickelt. diese könnten zukünftig miminalinvasiv schwer zugängliche körperteile wie das gehirn, das rückenmark oder das auge erreichen. herkömmliche methoden ermöglichen nur die herstellung von relativ einfachen ▶ abb. 2 a (links), b (rechts) mikroschwimmer cad und mikroskopische darstellung des mi- kroschwimmers. quelle: mpi is. geometrischen strukturen mit begrenzter designflexibilität und funktion. diese sog. „passiven“ systeme sind auf eine be- stimmte form wie zylinder oder kugel be- schränkt, und ihre schlichte struktur er- laubt nur eine eingeschränkte chemische funktionalität. um diese limitierung zu überwinden, entwickelten prof. metin sitti und seine mitarbeiter aus der abteilung „physische intelligenz“ am max-planck-in- stitut für intelligente systeme in stuttgart vor kurzem einen neuen 2-stufigen an- satz, der die mikroroboter mit spezifischen funktionen auszustatten vermag. der erste schritt, die kreation des designs, das zur weiteren ausarbeitung des mikro- schwimmers befähigt ist, – erfolgt mittels vernetzung von lichtempfindlichen poly- meren. dieser schritt basiert auf der sog. 3-d‑laserlithografietechnik und ermög- licht die herstellung von chemisch homo- genen grundstrukturen mit hoher anpas- sungsfähigkeit (▶ abb. 2 a). der zweite schritt stellt die verknüpfung von funktionalitäten mit dem erzeugten 3-d‑sample an den spezifisch ausgewähl- ten stellen dar: die bereits gefertigte struktur wird mit chemisch kompatiblen kleinen molekülen modifiziert, die in der lage sind, neue chemische gruppen auf die gewünschten teile des materials ein- zuführen (▶ abb. 2 b). dies erreichen die wissenschaftler durch selektive, 3-dimen- sionale ausleuchtung: ein nativer polymer- vorläufer wird entfernt und ein neuer vor- läufer, der die gewünschte chemische funktionalität trägt, wird eingeführt. „die größenskala solcher mikroroboter bestimmt stark, welche werkzeuge ver- wendet werden können, damit man in der lage ist, sie mit den bestimmten fähigkei- ten auszustatten. und das stellt die größte herausforderung dar: nicht nur das geeig- nete design zu schaffen, sondern auch ei- nen weg zu finden, dass es auch auf der mikroskala funktioniert. unsere forschung ist die erste studie, die die information von der computergestaltung in die funktionale struktur auf der mikroskala übersetzt“, er- klärt dr. hakan ceylan, postdoktorand am max-planck-institut für intelligente sys- teme. nach angaben des max-planck-instituts für intelligente systeme 404 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52

topthema | einführung der patient mit thoraxtrauma michael hansen, thomas hachenberg das thoraxtrauma ist eine häufige verletzung bei polytraumatisierten patienten und nach dem schädel-hirn-trauma die zweithäufigste ursache für einen letalen aus- gang. hierzu wurden in den vergangenen jahren zahlreiche studien in unterschied- lichen ländern durchgeführt, wodurch regionale unterschiede in den ursachen des thoraxtraumas, vor allem aber die prä- und innerklinischen versorgungsstandards deutlich werden. das american college of surgeons schätzt, dass thorax- verletzungen insgesamt mit einer letalität von 10% asso- ziiert sind. in den usa würde dies jährlich zu ca. 16 000 todesfällen führen und ca. 25% aller trauma-todesfälle repräsentieren. wenn man sich vor augen führt, dass trauma die führende todesursache im alter von 5 bis 44 jahren und die führende ursache verlorener lebenszeit vor dem 75. lebensjahr ist, sind die medizinischen und ökonomischen auswirkungen offensichtlich. die vitalorgane herz und lunge, die intrathorakale aorta, großen venen, trachea und bronchien sind beim erwach- senen durch den knöchernen thorax gut geschützt. eine bedeutsame schädigung dieser strukturen erfordert eine erhebliche kinetische energie, die sehr häufig weitere verletzungen hervorruft. in verschiedenen untersuchun- gen konnte gezeigt werden, dass 70–80% der polytrau- mata mit einem thoraxtrauma assoziiert und per se po- tenziell letal sind. nach unterschiedlichen schätzungen erreichen nur zwei drittel aller patienten mit schweren thoraxverletzungen lebend das krankenhaus. präklinische versorgung bei diesen zwei dritteln der patienten sind die unverzüg- liche identifikation und behandlung der 6 bedeutsamsten verletzungen von überragender wichtigkeit: daher sollte die behandlung des patienten mit thoraxtrauma dem pro- tokoll der phtls (prehospital trauma life support) folgen. dabei gilt es, die 6 unmittelbar letalen verletzungen zeit- nah zu diagnostizieren und zu behandeln. diese umfassen: ▪ die obstruktion der atemwege, ▪ den spannungspneumothorax, ▪ die perikardtamponade, ▪ den offenen pneumothorax, ▪ den massiven hämatothorax und ▪ den instabilen thorax als folge ausgedehnter rippen- serienfrakturen. nach ergebnissen des traumaregisters der deutschen gesellschaft für unfallchirurgie nimmt die präklinische versorgung des patienten mit thoraxtrauma etwa 30 min in anspruch. in dieser zeitspanne müssen alle relevanten diagnostischen und therapeutischen schritte stattfinden. während die diagnose und behandlung einer akuten ver- legung der oberen atemwege jedem notarzt und anäs- thesisten klar sein sollte, erfordern verletzungen der atemwege, insbesondere des intrathorakalen anteils der trachea, spezielle expertise. ein spannungspneumotho- rax darf auf keinen fall übersehen und zu spät behandelt werden. nach einer alten chirurgischen weisheit sollte dieses krankheitsbild niemals erst mit einer röntgentho- raxaufnahme diagnostiziert werden. die klinischen zei- chen sind im regelfall eindeutig und erfordern eine un- mittelbare behandlung mit dekompression über eine punktion. die herzbeuteltamponade ist oft das ergebnis einer penetrierenden thoraxverletzung, kann jedoch auch beim stumpfen thoraxtrauma auftreten. es sei daran er- innert, dass bereits 75–100 ml blut eine herzbeuteltam- ponade verursachen können. die klassische beckʼsche trias (stauung der jugularvenen, hypotension und abge- schwächte herzgeräusche) ist nur bei einem drittel der thoraxverletzten patienten vorhanden. auch das kuss- maulʼsche zeichen (anstieg des zentralvenösen drucks während der inspiration) ist selten in der präklinischen versorgung der thoraxchirurgischen patienten zu erhe- ben, da hier nur ausnahmsweise ein zentralvenöser ka- theterzugang gelegt wird. führende zeichen beim tho- raxtraumatisierten patienten sind ▪ die protrahierte hypotension, ▪ tachykardie und ▪ halvenenstauung ohne offensichtlichen blutverlust. die perikardtamponade ist ein exemplarisches krank- heitsbild, bei dem sonografische verfahren wie focused 406 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 406–407

cme-fortbildung | topthema der patient mit thoraxtrauma: präklinische versorgung michael hansen, thomas hachenberg ▶ abb. 1 quelle: peer gunnar knacke. etwa jeder 10. traumapatient in den notaufnahmen weist ein stumpfes thoraxtrau- ma auf, aus dem lebensbedrohliche verletzungen wie spannungspneumothorax oder perikardtamponade resultieren können. zeitkritische diagnostik und therapie stehen bei der versorgung im vordergrund. die durchführung lebensrettender therapeutischer maßnahmen muss jedem notarzt geläufig sein, und das verlet- zungsmuster entscheidet über die auswahl der zielklinik. epidemiologie das statistische bundesamt weist in der todesursachen- statistik der bundesrepublik deutschland für das jahr 2014 für 871 männliche und 460 weibliche unfallopfer ein thoraxtrauma (icd s 20–29) als todesursache aus. zusätzlich sind 3310 an einem polytrauma verstorbene registriert, 2294 männer und 1016 frauen [1]. etwa 80% der polytraumata sind mit einem thoraxtrauma assoziiert [2]. in industrienationen ist in der altersgruppe der 5- bis 44-jährigen ein unfall die haupttodesursache mit stei- gender inzidenz [3]. in europa dominieren stumpfe mechanismen als ursache schwerer verletzungen. das penetrierende trauma stellt die ausnahme dar. während in den usa im jahr 2010 knapp 65 000 traumata und todesfälle durch schussver- letzungen gezählt wurden, sind im jahr 2013 in deutsch- land 142 tödliche und 823 überlebte schussverletzungen dokumentiert worden [4]. die notfallmedizinische ver- sorgung der penetrierenden verletzung stellt aufgrund der geringen häufigkeit eine herausforderung dar. esmer et al. werteten mehr als 30 000 datensätze aus dem traumaregister der deutschen gesellschaft für un- fallchirurgie (dgu®) aus den jahren 1993–2009 zur prä- klinischen versorgung von schwerverletzten und poly- traumata aus. von den notärzten wurde fast jedes 3. tho- 408 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 408–421

cme-fortbildung | topthema ▶ tab. 2 untersuchungsalgorithmus phtls®. schlagwort einzelne maßnahmen a – airway-management inspektion der atemwege, entfernen von fremdkörpern und erbrochenem, ggf. guedel-tubus b – breathing/ventilation erfassung der atemfrequenz, qualität der atemzüge, inspektion der atemexkursionen, auskulta- tion, palpation der thoraxwand c – circulation d – disability suche nach blutungsquellen und kontrolle (verband), kontrolle der peripheren perfusion anhand von puls und rekapillarisierungszeit, monitoring spo2, rr und ekg neurologische untersuchung, detektion möglicher wirbelsäulen und rückenmarkverletzungen e – exposure/environment entkleiden des patienten, orientierende untersuchung, wärmeerhalt suchung und behandlung nach dem phtls®-konzept, das in deutschland zunehmend verbreitung und in der s3-leitlinie polytrauma/schwerverletzter patient erwäh- nung findet [6, 8]. nach einem ersten eindruck (general impression) wird das abcde-schema im primary survey abgearbeitet mit der fokussierung auf eine schnelle be- handlung und einen zeitnahen transport (▶ tab. 2). verletzungen im bereich der thorakolumbalen wirbel- säule sind häufig mit einem thoraxtrauma vergesell- schaftet [16]. deshalb kann auch die neurologische un- tersuchung (d-disability) noch hinweise auf ein bis dahin übersehenes thoraxtrauma geben. übersicht lebensbedrohliche verletzungen lebensbedrohliche verletzungen müssen im primary survey erkannt und therapiert werden. unmittelbar zu behandelnde verletzungen sind: ▪ atemwegsverlegung ▪ spannungspneumothorax ▪ offener pneumothorax ▪ instabiler thorax ▪ massiver hämatothorax ▪ herzbeuteltamponade dyspnoe und zyanose sind leitsymptome einer thorax- verletzung. die beurteilung des hautkolorits, die mes- sung der peripheren sauerstoffsättigung (spo2) sowie die ermittlung von anzahl und qualität der atemzüge be- stätigen den klinischen eindruck. ein spo2 < 90% erfor- dert umgehend die applikation von sauerstoff über eine maske mit einem mindestfluss von 6 l/min, um eine co2- rückatmung zu verhindern. ein niedriger spo2 ist ein wichtiges merkmal des thoraxtraumas, das zu einer gründlicheren untersuchung des thorax durch die not- ärzte führt. in einer retrospektiven studie an 479 unfall- opfern wiesen helm et al. nach, dass bei patienten mit einem spo2 von < 97% nur 18% der thoraxverletzungen übersehen wurden, während bei den patienten mit einem spo2 > 96% mehr als jede 3. thoraxverletzung nicht diag- nostiziert wurde [11]. die inspektion des thorax beinhaltet die suche nach prell- und gurtmarken oder penetrierenden verletzun- gen. sind die atemexkursionen seitengleich, gibt es inspi- ratorische einziehungen (paradoxe atmung) als hinweis auf komplexe knöcherne verletzungen? hat der patient gestaute obere halsvenen? bei der auf die inspektion fol- genden palpation wird die integrität des knöchernen tho- rax untersucht oder ein mögliches hautemphysem iden- tifiziert. sind instabilitäten feststellbar, die auf eine rip- pen- oder sternumfraktur schließen lassen? rippenfrak- turen im bereich der 1.–8. rechten rippe sind häufig mit einer leberverletzung vergesellschaftet und alle rippen- frakturen rechts mit einer verletzung der rechten niere. auf der linken seite betrifft dies vorrangig frakturen der 5.–12. rippe mit einer hohen verletzungswahrscheinlich- keit der milz und der linken niere [17]. in diesem zusam- menhang müssen auch die klavikulae mit untersucht werden. klavikulafrakturen sind ein indikator für intra- thorakale und zervikospinale verletzungen [18]. bei der auskultation wird untersucht, ob die lungenflügel seitengleich belüftet sind oder ob es eine atemgeräusch- abschwächung gibt. die perkussion der lunge zur identi- fizierung von intrapleuralen flüssigkeitsansammlungen ist im primary survey schwierig und hat keinen eingang in den phtls®-algorithmus gefunden. in der aktuellen s3-leitlinie „polytrauma/schwerverletzter patient“ ist die wertigkeit von palpation, perkussion und pulsoxyme- trie auf gor 0 (grade of recommendation) zurückgestuft worden [8]. die zunehmend im rettungsdienst verbreitete sonogra- fie nach dem efast-konzept (erweitertes fokussiertes assessment mit sonografie bei trauma) erlaubt eine gute diagnostik bei vorliegen eines pneumo- oder hämato- thorax [19–21]. 410 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 408–421

cme-fortbildung | topthema gewebes mit einströmen von luft aus den atemwegen in den pleuraspalt oder durch eine offene verletzung der thoraxwand mit einströmen von luft von außen. die diagnose wird bei einseitig abgeschwächtem oder feh- lendem atemgeräusch gestellt [8]. bei seitengleichem auskultationsbefund ist ein großer pneumothorax weitestgehend ausgeschlossen. es ist aber daran zu denken, dass sich ein kleiner, klinisch asymptomatischer pneumothorax durch die überdruck- beatmung vergrößern oder zu einem spannungspneu- mothorax entwickeln kann [29]. der spannungspneumothorax entsteht durch einen ven- tilmechanismus, der das entweichen der luft aus dem pleuraspalt verhindert und unbehandelt zum tode führt. die intrapleurale luftansammlung führt zu einer verla- gerung des mediastinums zur gegenseite. der dadurch kompromittierte venöse rückfluss zum rechten vorhof führt zur hämodynamischen instabilität [30]. die kli- nische progredienz wird durch den positiven druck in den atemwegen bei einer mechanischen beatmung ver- stärkt [12]. übersicht klinische anzeichen eines spannungs- pneumothorax ▪ einseitig fehlendes atemgeräusch auch nach tu- buslagekontrolle ▪ bestehende oder sich verstärkende respiratori- sche insuffizienz ▪ halsveneneinflussstauung ▪ arterielle hypotonie, schock der spannungspneumothorax muss sofort entlastet wer- den [8, 12, 31, 32]. am schnellsten ist die nadeldekom- pression in monaldi-position durchführbar. für dieses verfahren ist eine erfolgsquote von 66–81% bei nutzung der 5-cm-punktionsnadel angegeben. diese länge ent- spricht der einer 14-g-venenverweilkanüle [31–33] (▶ abb. 2). bei großen luftleckagen ist die entlastung durch den ge- ringen durchmesser der nadel limitiert, sodass der span- nungspneumothorax auch nach entlastung bei mecha- nischer beatmung wieder zunehmen kann. die s3-leit- linie empfiehlt nach entlastung des spannungspneumo- thorax die anlage einer drainage. die drainage sollte mit- tels minithorakotomie erfolgen [8]. der anhand der auskultation diagnostizierte pneumotho- rax mit nur geringer klinik bei einem nicht beatmeten pa- tienten sollte engmaschig überwacht werden. bei einem beatmeten patienten wird die drainage empfohlen [8]. ▶ abb. 2 b. braun pneumothorax-punktionsbesteck mit tigel-ventil. die anlage einer thoraxdrainage ist sowohl in monaldi- als auch in bülau-position durchführbar. in einer retro- spektiven untersuchung konnten maybauer et al. keine unterschiede in den verfahren bezüglich fehllagen oder komplikationen feststellen. eine korrekte lage wiesen 78% der drainagen auf (▶ abb. 3 und 4). merke das erkennen und unverzügliche therapieren eines spannungspneumothorax sind lebensrettend. durch eine invasive beatmung kann ein anfänglich unbe- deutender, nicht diagnostizierter pneumothorax eine spannungskomponente ausbilden. jedes thoraxtrau- ma muss diesbezüglich überwacht werden. hämatothorax bei begleitverletzungen der interkostalarterien, von ge- fäßen des lungenparenchyms oder verletzungen der großen gefäße oder des herzens mit korrespondierender verletzung von perikard und pleura kann es zur einblu- tung in die pleurahöhle kommen [34]. klinisch handelt es sich meistens um einen hämatopneumothorax. wenn die ausprägung des hämatothorax so groß ist, dass durch den anstieg des intrathorakalen druckes eine 412 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 408–421

cme-fortbildung | topthema verletzungen der intrathorakalen atemwege verletzungen der atemwege im rahmen eines traumas sind selten und treten etwa bei 1–2% aller traumata auf [42]. kummer et al. untersuchten retrospektiv die daten von etwa 12 000 traumapatienten aus der trauma data- base of sonnybrook health sciences centre, toronto. 0,4% (36 fälle) der patienten wiesen eine atemwegs- verletzung im rahmen eines stumpfen traumas, 4,5% (68 fälle) bei einer penetrierenden verletzung auf [43]. die klinischen symptome waren am häufigsten hautem- physem, pneumothorax, stridor und heiserkeit beim stumpfen trauma – sowie äußere blutungen, pneumo- thorax, luftaustritt und hautemphysem beim penetrie- renden trauma. die meisten verletzungen treten im bereich der carina auf, gefolgt von verletzungen des rechten hautbronchus. verletzungen des linken hauptbronchus sind selten, da er durch die aorta geschützt verläuft [42]. die therapie kann nur symptomatisch erfolgen. mit intu- bation und mechanischer beatmung wird versucht, die respiratorische situation zu verbessern. es müssen tho- raxdrainagen gelegt werden, um die luftleckage in die pleurahöhle zu entlasten. merke verletzungen intrathorakaler atemwege sind präkli- nisch schwer zu diagnostizieren und nur symptoma- tisch behandelbar. das penetrierende thoraxtrauma der jahresbericht des traumaregisters der deutschen ge- sellschaft für unfallchirurgie 2014 weist für 95% aller traumata einen stumpfen mechanismus aus. demgegen- über ist in großstädten der anteil penetrierender verlet- zungen etwas höher. etwa die hälfte der fälle sind durch körperliche gewaltanwendung verursacht oder durch suizidversuche [3]. die höchsten raten an penetrieren- den verletzungen sind in den usa und südafrika zu ver- zeichnen. die versorgung entspricht der des stumpfen traumas. fremdkörper sind in situ zu belassen. aufgrund der richtung der gewalteinwirkung ist auf das verletzungsmuster zu schließen. je nach länge des ge- genstands ist die verletzung mehrerer organe möglich (▶ abb. 6 und 7). eine seltene komplikation unter invasiver beatmung kön- nen bei gleichzeitiger verletzung der unteren atemwege und der pulmonalarterien luftembolien in den lungen- arterien oder bei verletzung der pulmonalvenen luftem- bolien in die koronargefäße, hier meist die rechte herz- kranzarterie, oder zerebrale insulte sein [2]. ▶ abb. 5 subxiphoidaler perikardzugang, vorzugsweise unter ultraschallkontrolle. eine ekg-gestützte ableitung ist grundsätzlich möglich, aber im setting des rettungs- dienstes nicht vorgesehen. bei ableitung des ekgs über die punktionsnadel zeigt sich mit myokardkontakt ein myokardverletzungsmuster (st-streckenhebung) [40]. verletzung der großen gefäße aortenrupturen treten vorrangig bei seitlicher gewaltein- wirkung und seltener beim akzelerations- oder dezelera- tionstrauma auf. am häufigsten ist der aortenisthmus betroffen. jeder 3. an einem stumpfen thoraxtrauma ver- storbene wies eine verletzung der aorta thoracica auf. 80% dieser patienten versterben noch am unfallort und nur 10% erreichen lebend die klinik [7, 41]. diagnostische hinweise können seitendifferente blut- druckwerte zwischen der linken und rechten oberen ext- remität oder unterschiedliche pulsqualitäten zwischen der oberen und der unteren extremität liefern. die initiale behandlung betrifft vorrangig die blutdruckkontrolle. deckungsgleich mit der s3-leitlinie zur behandlung schwerverletzter und polytraumatisierter [8] sollte eine volumentherapie mit vorrangig kristalloiden lösungen eingeleitet werden, um den blutdruck auf einem niedrig- stabilen niveau zu halten. eine normotension ist zu ver- meiden aufgrund der rupturgefahr. die therapie mit hy- perosmolaren lösungen kann versucht werden. merke verletzungen der großen gefäße verlaufen meist tödlich. bei verdacht auf eine solche verletzung ist eine permissive hypotonie anzustreben. 414 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 408–421

cme-fortbildung | topthema ▶ abb. 7 gleicher patient wie in ▶ abb. 6, stichkanal durch die pleura und perforation des rechten ventrikels. überblick indikationen für eine prähospitale notfallnarkose ▪ akute respiratorische insuffizienz mit hypoxie und/oder atemfrequenzen < 6 oder > 29/min und kontraindikationen für bzw. insuffiziente nicht- invasive beatmung ▪ bewusstlosigkeit oder neurologisches defizit mit aspirationsgefahr ▪ schweres trauma in verbindung mit: – hämodynamischer instabilität (systolischer blutdruck < 90 mmhg) oder – hypoxie mit einem spo2 < 90% trotz o2-in- sufflation oder – schädel-hirn-trauma mit einem glasgow- coma-scale-wert < 9 häufig wird der blutverlust insbesondere bei stumpfen thoraxverletzungen unterschätzt. bei manifester hypo- volämie kann die narkoseeinleitung mit einem dramati- schen blutdruckabfall verbunden sein, der schwer zu kor- rigieren ist. das problem wird durch den hämorrhagie- bedingten erythrozytenmangel und die damit vermin- derte sauerstofftransportkapazität verstärkt. ohne aus- reichende präoxygenierung kann eine hypoxiezunahme die folge sein [45]. 100 mg esketamin und 7,5 mg midazolam intravenös (i. v.) empfohlen. die muskelrelaxation erfolgt mit 70–100 mg rocuronium (1–1,2 mg/kgkg) oder 100 mg succinycholin i. v. alle 20 minuten sind repetitive gaben von 20 mg esketamin, 3–5 mg midazolam und 20 mg rocuronium i. v. erforder- lich. wurde die muskelrelaxation mit succinylcholin be- gonnen, muss nach intubation eine initialdosis von etwa 0,5–0,6 mg/kgkg rocuronium verabreicht werden. wichtig ist eine sorgfältige tubuslagekontrolle, da trau- mabedingt seitendifferente atemgeräusche erwartbar sind. bei der beatmung der bereits geschädigten lunge sollten hohe beatmungsdrücke und inspiratorische sau- erstoffkonzentrationen > 80% vermieden werden zur pro- phylaxe eines zusätzlichen barotraumas oder atelekta- senbildung. ein peep von 6–8 cmh2o ist sinnvoll [2]. merke die kreislaufadaptierte infusionstherapie soll vorran- gig mit kristalloiden vollelektrolytlösungen erfolgen. hyperosmolare lösungen können bei ausgeprägter hypovolämie angewendet werden. prähospitalzeit und auswahl der zielklinik seit etwa 40 jahren ist die „golden hour“ thema vieler veröffentlichungen [46]. die negative beeinflussung der traumamortalität durch eine lange behandlungszeit vor ort und transportzeit ist nicht sicher belegt, wohl aber der negative einfluss einer langen prähospitalzeit, die auch das zeitfenster für alarmierung und eintreffen des rettungsdienstes beinhaltet. die durchführung lebens- rettender maßnahmen vor ort darf nicht zugunsten einer kürzeren prähospitalzeit unterlassen werden, sondern der fokus sollte auf der schnellen und sicheren durchführung dieser maßnahmen liegen [9]. die intubation ist der faktor mit dem größten einfluss auf die behandlungszeit vor ort, die in deutschland bei durchschnittlich 16 minuten für die durchführung der basismaßnahmen liegt. eine intubation verlängert diese zeit um etwa 9 minuten, die anlage einer thoraxdrainage nimmt ca. 3 minuten in anspruch. durchschnittlich liegt die vor-ort-behandlungszeit eines traumapatienten bei etwa 30 minuten [47]. nach präoxygenierung soll eine rapid sequence induc- tion erfolgen. anästhetika wie thiopental-natrium oder propofol, vor allem in kombination mit opiaten, können zu erheblichen blutdruckabfällen führen. die narkoseein- leitung mit esketamin und midazolam beugt dem vor. beim erwachsenen (ca. 70 kgkg) werden zur induktion die auswahl der zielklinik muss sich nach dem verlet- zungsmuster richten unter berücksichtigung der begleit- verletzungen. ein schweres thoraxtrauma mit verletzung von lungenparenchym, herz oder atemwegen bedarf des einsatzes einer extrakorporalen zirkulation, die meist nur in level-1-trauma-zentren zu finden ist. gegebenen- 416 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 408–421

cme-fortbildung | topthema über die autoren michael hansen dr. med., von 06/2008 bis 01/2017 oberarzt an der klinik für anästhesiologie und intensivthe- rapie, otto-von-guericke-universität magde- burg, von 01/2015 bis 01/2017 bereichsleiter kardioanästhesie, seit 02/2017 oberarzt an der klinik für kardiologie und angiologie, otto-von- guericke-universität magdeburg. thomas hachenberg prof. dr. dr. med., seit 2001 direktor der klinik für anästhesiologie und intensivtherapie, otto- von-guericke-universität magdeburg. im bda vertritt er die universitätsanästhesisten. lan- desvorsitzender der dgai in sachsen-anhalt und 1. sprecher des wissenschaftlichen arbeits- kreises „anästhesie in der thoraxchirurgie“. korrespondenzadresse dr. med. michael hansen klinik für anästhesiologie und intensivtherapie otto-von-guericke-universität magdeburg universitätsklinikum magdeburg a. ö. r. leipziger straße 44 39120 magdeburg michael.hansen@med.ovgu.de literatur [1] statistisches bundesamt, stand 2014. sterbefälle nach unfallkategorien. im internet: https://www.destatis.de/de/ zahlenfakten/gesellschaftstaat/gesundheit/todesursachen/ tabellen/sterbefaelle_unfaelle.html; stand: 24.05.2017 [2] klein u, laubinger r, malich a et al. 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cme-fortbildung | topthema punkte sammeln auf cme.thieme.de diese fortbildungseinheit ist 12 monate online für die teilnahme verfügbar. sollten sie fragen zur online-teilnahme haben, finden sie unter cme.thieme.de/hilfe eine ausführliche anleitung. wir wünschen viel erfolg beim beantworten der fragen! unter eref/thieme.de/zzwhkac oder über den qr-code kommen sie direkt zum artikel zur eingabe der antworten. vnr 2760512017152371599 frage 1 frage 4 welche aussage zur einschätzung der schwere eines thorax- traumas ist nicht richtig? a verletzungen des schultergürtels wie klavikulafrakturen als unfallfolge sind unabhängig von möglichen thoraxtraumata zu betrachten. welche aussage zum pneumothorax ist richtig? a nach der diagnosestellung sollte der pneumothorax umge- hend drainiert werden. b der pneumothorax sollte unbedingt in bülau-position drai- niert werden. b die anzahl der frakturierten rippen gibt hinweise auf das c besteht die indikation zur mechanischen beatmung, kann auf ausmaß der intrathorakalen verletzungen. die drainage verzichtet werden. c der unfallmechanismus ist bei der klinischen beurteilung zu d ein offener pneumothorax muss auch bei mechanischer beat- berücksichtigen. d die tatsache, dass ein patient kurz nach einem unfall unbe- einträchtigt erscheint, kann über ein schweres thoraxtrauma hinwegtäuschen. e die richtung der einwirkenden kinetischen energie kann hin- weise auf mögliche verletzungen liefern. frage 2 welche aussage zum instabilen thorax ist richtig? a ein instabiler thorax ist eine indikation zur mechanischen be- atmung. b die instabilität entsteht, wenn mehr als 2 benachbarte rip- pen an mindestens 2 stellen frakturiert sind. c der instabile thorax ist immer mit einem pneumothorax ver- bunden. d die lungenkontusion ist eine obligate begleiterscheinung mung nicht drainiert werden. e ein pneumothorax ist engmaschig im verlauf zu kontrollie- ren, ob eine spannungskomponente entsteht, insbesondere bei mechanischer beatmung. frage 5 welches symptom gehört nicht zum spannungspneumothorax? a einseitig abgeschwächtes atemgeräusch b hypotonie c paradoxe atmung d tachykardie e halsveneneinflussstauung frage 6 welche aussage zum spannungspneumothorax ist richtig? a die entlastungspunktion erfolgt direkt nach der kompletten des instabilen thorax. klinischen untersuchung. e der instabile thorax ist eine typische folge eines penetrieren- b nach entlastungspunktion sollte eine drainage gelegt wer- den thoraxtraumas. frage 3 welche folgen eines thoraxtraumas müssen nicht sofort thera- piert werden? a spannungspneumothorax b massiver hämatothorax c perikardtamponade d atemwegsverlegung e instabiler thorax den. c die entlastungspunktion erfolgt in bülau-position. d wird ein spannungspneumothorax übersehen, kann sich als folge der intrathorakalen druckerhöhung der linke ventrikel nicht mehr füllen. e auch bei großen luftleckagen ist eine einmalige entlastungs- punktion ausreichend. ▶ weitere fragen auf der folgenden seite … 420 hansen m, hachenberg t. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 408–421

cme-fortbildung | topthema der patient mit thoraxtrauma: anästhesiologisches management alf kozian, astrid bergmann, thomas hachenberg, thomas schilling ▶ abb. 1 quelle: kh krauskopf. in der anästhesiologischen praxis ist das thoraxtrauma eine große herausforderung. verletzungen von atemwegen, lunge, zwerchfell, herz und großen thorakalen ge- fäßen sind die vorherrschenden probleme. art und ausmaß des chirurgischen ein- griffs sowie wirkungen von anästhetika und mechanischer ventilation auf die pul- monale und kardiale funktion sind besonders zu beachten. einführung epidemiologie das thorakale trauma ist die ursache für etwa 25% aller tödlichen verletzungen überhaupt und damit eine der führenden todesursachen in den ersten 3 lebensjahr- zehnten [1–3]. darüber hinaus sind verletzungen des thorax für mehr als 50% der todesfälle bei kindern ver- antwortlich und bilden die dritthäufigste todesursache nach tumoren und atherosklerose in allen altersgruppen [4]. die mortalität von thoraxverletzungen liegt bei etwa 10% [2]. das stumpfe thoraxtrauma hat einen anteil von 96,3%, während penetrierende verletzungen lediglich 3,7% der fälle ausmachen. die ursachen nach häufigkeit sind verkehrsunfälle (70%), suizide (10%), stürze (8%), tötungsdelikte (7%) und weitere (5%). morbidität und mortalität das peri- und intraoperative management von patienten mit thoraxverletzungen stellt eine schwierige aufgabe für jeden anästhesisten dar. die häufigsten ursachen der perioperativen morbidität und mortalität umfassen atemwegsobstruktionen, atemstillstand und oft nur schwer beherrschbare blutungen. meist sind die betroffe- nen kardiopulmonal le- bensbedrohliche verletzungen. aus diesem grund erfol- gen die evaluation, therapie und ggf. reanimation unter erheblichem zeitdruck. in enger kooperation der fach- gebiete müssen zudem abdominale oder neurologische verletzungen mit gleicher dringlichkeit oder sogar höhe- rer priorität versorgt werden. instabil und haben komplexe, 422 kozian a et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 422–435

cme-fortbildung | topthema atemwegs- und insbesondere kehlkopfverletzungen müssen bereits bei der initialen präsentation (z. b. im schockraum) der patienten ausgeschlossen werden. selbst bei deren abwesenheit sind die inspektion und un- tersuchung der oberen atemwege durch endoskopie und/oder computertomografie indiziert, um das ausmaß des traumas zu bestimmen und eine prognose dahin- gehend zu stellen, mit welcher wahrscheinlichkeit eine atemwegsverlegung im weiteren verlauf eintreten kann [9]. patienten mit kehlkopfverletzungen und scheinbar nor- malen atemwegsbefunden können innerhalb kürzester zeit eine lebensbedrohende obstruktion der oberen atemwege entwickeln. eine frühzeitige tracheale intuba- tion sollte daher beim geringsten zweifel und in abhän- gigkeit vom laryngoskopiebefund erwogen werden. wei- terhin ist eine frühzeitige tracheotomie bei allen patien- ten mit einem künstlichen atemweg und bei atemwegs- verletzung in erwägung zu ziehen [10]. merke atemwegsverletzungen müssen bei der initialen un- tersuchung der patienten diagnostiziert werden. selbst bei abwesenheit von atemwegsverletzungen ist die detaillierte inspektion der oberen atemwege pflicht! rippenfraktur die häufigste stumpfe thoraxverletzung, sowohl bei er- wachsenen als auch bei kindern, ist die rippenfraktur [5, 11] mit einer häufigkeit von 67,3% [7]. oft sind rippen- frakturen mit weiteren symptomen bzw. verletzungen wie thoraxinstabilität, lungenkontusion und pneumo- thorax assoziiert. ausgeprägte schmerzen können dabei zu einer schonatmung führen und resultieren sekundär in atelektasenbildung und sekretretention [12]. somit ist das schmerzmanagement von herausragender peri- operativer bedeutung [13]. beim wachen patienten kann eine rippenfraktur klinisch leicht erkannt werden. die präoperative thoraxröntgen- aufnahme dient jedoch nicht nur zum nachweis der frak- tur, sondern vor allem zur detektion assoziierter verlet- zungen wie pneumothorax, hämothorax oder lungen- kontusion, da diese wahrscheinlich bevorzugt therapiert werden müssen. die größte intraoperative gefahr (neben dem blutungs- risiko) liegt in der verletzung der pleura durch knochen- fragmente, die beim übergang von spontanatmung zur maschinellen überdruckbeatmung zur ausbildung eines spannungspneumothorax führen können. daher ist die anlage einer thoraxdrainage vor der einleitung einer all- gemeinanästhesie indiziert. merke das größte intraoperative risiko liegt in der ausbil- dung eines spannungspneumothorax bei übergang zur maschinellen ventilation. die anlage einer tho- raxdrainage ist bereits vor einleitung einer allge- meinanästhesie indiziert. thoraxinstabilität ein instabiler thorax tritt dann auf, wenn mehrere be- nachbarte rippen (im sinne einer rippenserienfraktur) betroffen sind und dadurch ein frei bewegliches segment der thoraxwand entsteht. unter spontanatmung bewegt sich das segment während der inspiration paradoxerwei- se in die entgegengesetzte richtung (zur unverletzten thoraxwand). ein instabiler thorax ist somit eine rein kli- nische diagnose, die nur während der spontanatmung gestellt werden kann und 23,1% der patienten mit stumpfen thoraxtraumata betrifft [7]. aufgrund der gro- ßen elastizität der rippen im kindesalter ist die inzidenz bei pädiatrischen patienten deutlich geringer [11]. ein instabiler thorax ist nahezu immer mit einer kontu- sion der angrenzenden lungenstrukturen assoziiert. schonatmung und angrenzende lungenkontusion führen zu einer erhöhten atemanstrengung und ‑arbeit, zum ansteigen des intrapulmonalen shuntvolumens und einer konsekutiven hypoxie. das anästhesiologische ma- nagement umfasst in erster linie die schmerzkontrolle und die intermittierende überdruckbeatmung [14]. die kriterien zur endotrachealen intubation und mecha- nischen ventilation sind [15]: ▪ pao2 < 70 mmhg unter sauerstoffapplikation über eine gesichtsmaske (reservoir) ▪ paco2 > 50 mmhg ▪ atemfrequenz > 35/min ▪ vitalkapazität < 15 ml/kg ▪ negative inspirationskraft < 20 cmh2o merke thoraxinstabilität und angrenzende lungenkontu- sion bilden eine pathophysiologische entität. schon- atmung und erhöhte atemanstrengung können direkt in eine schwere hypoxie münden. schmerz- kontrolle und überdruckbeatmung sind die therapie der wahl. pulmonale kontusion die folgen einer lungenkontusion manifestieren sich häufig als hypoxämie. die häufigkeit bei erwachsenen patienten in der notfallchirurgie liegt bei 65% [7]. die therapie besteht daher in der sauerstoffinsufflation, in der applikation eines positiven atemwegsdrucks, entwe- der mithilfe einer cpap-maske oder durch intubation und mechanischer ventilation mit peep (positiver endexspira- torischer druck). 424 kozian a et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 422–435

cme-fortbildung | topthema die tunica adventitia der aorta intakt bleibt [22]. ein ini- tialer verdacht muss daher immer computertomogra- fisch (arteriografie) ausgeschlossen bzw. bestätigt wer- den. morbidität und mortalität der verletzung sind mit der zeitnahen diagnosestellung direkt assoziiert. die ruptur erfolgt gewöhnlich am aortenisthmus, distal des abgangs der linken a. subclavia. notfalleingriffe bei unzureichender hämodynamischer stabilisierung haben eine hohe mortalität [22]. intraoperativ ist ein erweitertes hämodynamisches moni- toring zu empfehlen. dazu gehören: ▪ invasive arterielle blutdruckmessung in der rechten a. radialis oder a. brachialis ▪ zusätzliche invasive arterielle blutdruckmessung in der a. femoralis ▪ großlumiger zentralvenöser zugang ▪ pulmonalarterieller katheter ▪ tee ▪ mehrere großlumige peripher-venöse zugänge ▪ „rapid-infusion“-system ▪ infusionswärmegerät wird eine aortenverletzung auch nur vermutet, muss der blutdruck kontinuierlich überwacht werden. hyperten- sive episoden müssen unbedingt vermieden werden, der mittlere arterielle druck sollte, bei bedarf unter verwen- dung von betablockern und vasodilatatoren, zwischen 70 und 80 mmhg [22] gehalten werden. zum zweck der lungenisolation ist die primäre intuba- tion mit einem doppellumentubus ratsam. besondere aufmerksamkeit ist der hämodynamischen stabilisierung zu widmen. beim (partiellen) ausklemmen der aorta kön- nen hypertensive phasen mit vasodilatatoren und/oder betablockern kontrolliert werden. hypotone phasen nach freigabe der klemmung werden mit flüssigkeitssubstitu- tion und reduktion der vasodilatatoren therapiert. strategien für die vermeidung neurologischer und/oder renaler komplikationen durch eine prolongierte ischämie sind [22–24]: ▪ kurze abklemmzeiten der aorta ▪ passagere shuntanlage ▪ anlage eines atriofemoralen bypasses ▪ anlage eines femoralen arteriovenösen bypasses ▪ intravenöse applikation von mannitol merke morbidität und mortalität der thorakalen aortenver- letzung sind direkt mit der zeitgerechten diagnose- stellung assoziiert. ein initialer verdacht muss sofort diagnostiziert und adäquat therapiert werden. stumpfes herztrauma strukturelle verletzungen des herzens durch ein stump- fes trauma sind selten [19]. bei patienten mit einem tho- raxtrauma beträgt die häufigkeit nur etwa 2,6% [25]. die führende intraoperative todesursache bei erwachsenen mit einer herzkontusion ist die hypovolämie und nicht die herzverletzung selbst [19]. kinder scheinen eine iso- lierte herzkontusion ohne größere komplikationen zu to- lerieren [26]. ein stumpfes herztrauma beinhaltet das klinische spek- trum von störungen der erregungsleitung/-bildung bis hin zu herzruptur und tod. der rechte vorhof und der rechte ventrikel sind aufgrund der anterioren lage im thorax die am häufigsten verletzten strukturen. der linke vorhof und der linke ventrikel sind dagegen besser ge- schützt. eine kammerruptur wird von etwa 40% der pa- tienten überlebt. die mortalität steigt jedoch rapide, wenn mehrere herzhöhlen betroffen sind. die diagnose- stellung erfolgt mit hilfe der echokardiografie [27]. herzkontusion patienten mit verdacht auf eine myokardiale kontusion müssen nicht routinemäßig auf einer intensivtherapie- station überwacht werden. sind elektro- und echokardio- gramm normal und liegen keine weiteren verletzungen vor, kann der patient nach 12 stunden entlassen werden. junge patienten haben selbst nach einer herzkontusion kaum kardiale komplikationen. der stellenwert der diag- nostischen verfahren bleibt dabei umstritten. das ekg ist unzuverlässig, es sei denn, eine hebung der st-strecke ist sichtbar. das auftreten der ck‑mb-isoenzyme kann nicht diagnostisch verwertet werden. das kardiale troponin i (spezifisch für einen myokardialen schaden) wurde bisher nicht adäquat untersucht. die echokardiografie ist bei der erkennung von wandbe- wegungsstörungen und perikardergüssen wertvoll und kann in kombination mit veränderungen der ck‑mb-iso- enzyme komplikationen anzeigen (feel-konzept „fo- cused echocardiographic evaluation in life support“, s3‑leitlinie polytrauma/schwerverletzten-behandlung). die radionuklidangiografie kann ebenfalls für weitere komplikationen prädiktiv sein. die thalliumszintigrafie kann bereiche mit verminderter perfusion detektieren, jedoch eine akute von einer bereits vorhandenen läsion nicht unterscheiden [28, 29]. perikardtamponade eine perikardtamponade muss dann vermutet werden, wenn eine bestehende hypotension durch andere befun- de (pneumothorax, hämothorax, abdominelle oder wei- tere blutverluste) nicht plausibel erklärbar ist. die ursachen hierfür können eine herz- oder aortenrup- tur sowie eine myokardiale kontusion ohne ruptur sein [17, 19, 27]. die diagnose wird primär mittels echokar- 426 kozian a et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 422–435

cme-fortbildung | topthema labordiagnostik initiale (z. b. in der notaufnahme) laboruntersuchungen sollten mindestens das vollständige blutbild, den elektro- lytstatus, glukose, harnstoff, kreatinin und ggf. eine urinanalyse umfassen. die sofortige bestimmung der blutgruppe sowie die bereitstellung von erythrozyten- konzentraten und gerinnungspräparaten sind unbedingt zu empfehlen. radiologische diagnostik der kontrolle und sicherung der vitalfunktionen sollte unmittelbar eine radiologische diagnostik angeschlossen werden. die methode der wahl ist, da nahezu ubiquitär verfügbar, eine spiral-computertomografie (ct), ggf. un- ter einsatz von kontrastmitteln, bei verdacht auf eine ge- fäßbeteiligung. dabei lassen sich sämtliche verletzungen sowohl des knöchernen thorax, der umgebenden weich- teile als auch der thoraxorgane sicher detektieren und diskriminieren. eine lungenkontusion schließen lassen. röntgenologi- sche anomalien des mediastinums, insbesondere pneu- momediastinum, verbreiterung oder verschiebung des- selben, lassen auf eine atemwegsruptur, aortenverlet- zung oder einen (spannungs-)pneumothorax schließen. radiologische hinweise auf eine verletzung der thoraka- len aorta können eine erweiterung des oberen mediasti- nums > 8 cm, die verlagerung der trachea (tubus) und des ösophagus (ggf. der magensonde) nach rechts, die verlagerung des linken hauptbronchus nach kaudal, die obliteration der aortenkontur und die verdichtung des aortopulmonalen fensters beinhalten. letztendlich kann die beurteilung der herzsilhouette bei der diagnose einer stumpfen myokardverletzung ein- schließlich des nachweises einer perikardtamponade hilf- reich sein. merke die ct des thorax kann zusätzlich aortenverletzungen und pneumothoraxbefunde nachweisen, die im ein- fachen röntgenbild nicht sicher zu diagnostizieren sind. die arteriografie wird zur präzisen lokalisation vaskulärer verletzungen eingesetzt [20, 22]. die präoperative evaluation ist trotz des erheblichen zeitdrucks notwendig, um umfang und ausmaß der verletzung, risiken und komplikationen abschätzen und entsprechende therapeutische interventionen einleiten zu können. die sonografie ist in der diagnostik der thoraxorgane ein standardverfahren. die beurteilung des herzens (pump- funktion, verletzung, perikardtamponade) ist hiermit si- cher möglich. das echokardiogramm, entweder trans- thorakal oder transösophageal, ist bei der beurteilung des perikards (flüssigkeitssaum), der klappen- und wandbewegungen des herzens sowie der anwesenheit und des ausmaßes einer möglichen aortalen verletzung nützlich. mithilfe der ultraschalldiagnostik kann zusätzlich das vor- handensein eines pneumo- und/oder hämothorax nach- gewiesen bzw. ausgeschlossen werden. thoraxradiografie das thoraxröntgenbild in 2 ebenen ist nach wie vor von großer bedeutung bei der diagnostik des thoraxtraumas (falls keine ct-untersuchung möglich oder verfügbar ist). nur lebensbedrohliche situationen sollten diese ver- zögern [20]. die systematische überprüfung der röntgenaufnahme kann sowohl vermutete als auch unerwartete pathologi- sche veränderungen nachweisen. der knöcherne thorax, einschließlich der rippen, der schlüsselbeine, der schul- terblätter und der wirbelsäule, muss in bezug auf fraktu- ren untersucht werden. die umgebenden weichteile wer- den in hinsicht auf das vorliegen eines emphysems, eines pneumothorax oder einer verschattung (hämothorax ausgewertet. die lungenfelder können dystelektasen, atelektasen und eine konsolidierung aufweisen, die auf anästhesiologisches management das anästhesiologische management umfasst alle maß- nahmen zur sicherung der atemwege und der mecha- nischen ventilation sowie die substitution von erhebli- chen blutverlusten unter gewährleistung einer maxima- len kardiopulmonalen stabilität bei kontinuierlicher über- wachung der vitalfunktionen des patienten. die verwen- dung von spezifischen anästhetika für die induktion und aufrechterhaltung der anästhesie ist dabei jedoch weit weniger bedeutsam als die kenntnis der entsprechenden physiologischen und pharmakologischen prinzipien bei polytraumatisierten patienten im schock. monitoring monitoringverfahren wie das elektrokardiogramm (ekg), die nicht invasive blutdruckmessung, die erfassung von temperatur, atemwegsdrücken, pulsoxymetrie sowie die endtidale co2-messung entsprechen dem minimalen standard. darüber hinaus ist das erweiterte hämodyna- mische monitoring mit invasiver arterieller blutdruckmes- sung, zentralem venenkatheter und blasenkatheterisie- rung bei kritisch kranken patienten von entscheidender bedeutung. ein permanenter arterienkatheter ermög- licht, neben der kontinuierlichen blutdruckmessung, die intermittierende blutgasanalyse sowie die unkomplizier- te abnahme von blutproben zur labordiagnostik. weitere verfahren, wie die echokardiografie oder die an- lage eines pulmonalarterienkatheters, dürfen keine ver- 428 kozian a et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 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cme-fortbildung | topthema die folgenden mechanismen tragen zum wärmeverlust in unterschiedlicher ausprägung bei: ▪ radiation (energieverlust durch wärmestrahlung, 40– 50%) ▪ konvektion (energieverlust über körperoberfläche durch luftbewegung, 25–35%) ▪ evaporation (wärmeverlust durch wasserverduns- tung, 10–20%) ▪ konduktion (direkter kontakt mit kalten objekten, 5– 15%) die akute körpereigene reaktion auf einen kältestimulus ist limitiert. dazu gehören verhaltensänderungen zur wärmekonservierung, oberflächliche vasokonstriktion, zitternde und nicht zitternde thermogenese. die appli- kation von anästhetika forciert den wärmeverlust durch die verhinderung der physiologischen vasokonstriktion, des kältezitterns und der verringerung der thermogene- se durch die unterdrückung von geeigneten verhaltens- reaktionen. den hauptfaktor jedoch bilden strahlungs- und konvektive wärmeverluste, daher ist die kontrolle der raum- und umgebungstemperatur die effizienteste art der erwärmung des patienten. die atemgaskonditionierung verringert zudem den wär- meverlust um etwa 10–15%. die erwärmung von blut und intravenösen volumenersatzmitteln ist bei hohem volumenumsatz essenziell. die konduktive erwärmung durch bedecken der oberfläche und wärmeunterlagen ist weniger effizient, im kontext des wärmemanage- ments jedoch ein wichtiger faktor [33]. hypokalzämie das auftreten einer hypokalzämie ist selten, kann jedoch bei einer massivtransfusion, anhaltendem hypovolä- mischen schock mit unzureichender perfusion der leber, hypothermie und abklemmen der pfortader zur kontrol- le der leberblutung auftreten. der verdacht besteht bei auftreten einer unklaren arteriellen hypotonie mit ver- längertem qt-intervall im elektrokardiogramm [7], die- ser wird laborchemisch bestätigt. ein-lungen-ventilation (elv) die folgenden situationen können die isolation einer lun- ge, eines lappens oder segments erforderlich machen [34]: ▪ vermeidung der kontamination der kontralateralen lunge mit blut oder sekret ▪ große bronchopleurale, bronchoalveoläre fistel ▪ chirurgische notwendigkeit (diagnose oder behand- lung bestimmter verletzungen) ▪ chirurgie der thorakalen aorta, des ösophagus sowie der thorakalen wirbelsäule mehrere alternative verfahren stehen hierfür zur ver- fügung: ▪ passageres vorschieben eines single-lumen-tubus in einen hauptbronchus ▪ doppel-lumen-endotrachealtubus (dlt) ▪ bronchusblocker in verschiedenen modifikationen der dlt ist in der klinischen praxis das standardverfahren. ein linksgeführter dlt ist deutlich einfacher zu platzieren und weist eine geringere dislokationsrate als ein rechts- geführter auf. die korrekte position muss, da nur 20– 48% der dlt primär korrekt liegen, fiberoptisch broncho- skopisch kontrolliert werden. mithilfe der fiberoptischen bronchoskopie kann die kor- rekte position des tubus bei sicht auf die hauptkarina im trachealen lumen verifiziert werden. der bronchiale cuff wird unter bronchoskopischer sicht geblockt, und somit werden eine herniation und verlegung des kontralatera- len bronchus ausgeschlossen. im bronchialen lumen wird kontrolliert, ob die lappenbronchien frei belüftet sind. die funktionelle isolation der lungen erfolgt durch selek- tives abklemmen und entlüften eines schenkels am pro- ximalen ende des dlt. bronchoskopie, inspektion und auskultation bestätigen den erfolg der atemwegssepara- tion. seltene, wenn auch gravierende komplikationen bei der insertion eines dlt sind traumatische schädigungen des tracheobronchialbaums und des kehlkopfs. eine fehllage kann zur insuffizienten lungenseparation oder zur her- niation der bronchialen manschette mit obstruktion des kontralateralen hauptbronchus führen. die schwerste komplikation stellt die ruptur der trachea oder eines bronchus dar. folgende ursachen dafür wurden identifi- ziert [35]: ▪ lage im membranösen teil der trachea (98%) ▪ weibliches geschlecht (86%) ▪ beteiligung der karina (79%) ▪ alter > 50 jahre (66%) weitere methoden der seitentrennung der lunge umfas- sen die verwendung von endobronchialen blockern (uni- vent-blocker, arndt-blocker, cohen-blocker) oder von fo- garty-embolektomiekathetern bei kindern unter 10 jah- ren. bei allen blockern ist nach insertion und nach jeder änderung der patientenposition eine unverzügliche lage- kontrolle mittels bronchoskopie durchzuführen. über das innenlumen des bronchusblockers kann die nicht ventilierte lunge abgesaugt werden, zudem kann ein end-exspirationsdruck (peep) appliziert werden. kontinuierlicher positiver als alternative kann entweder ein bronchus intraoperativ offen chirurgisch abgeklemmt werden, um die belüftung zu unterbinden, oder die ventilation intermittierend un- terbrochen werden. das vorliegen einer trachealruptur 430 kozian a et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 422–435

cme-fortbildung | topthema thomas hachenberg prof. dr. med. dr., direktor der klinik für anäs- thesiologie und intensivtherapie, otto-von- guericke-universität magdeburg. im bda ver- tritt er die universitätsanästhesisten. er ist lan- desvorsitzender der dgai in sachsen-anhalt. thomas schilling pd dr. med. dr., deaa, als oberarzt verant- wortlich für die bereiche gefäß-, herz- und thoraxanästhesie in der klinik für anästhesio- logie und intensivtherapie der otto-von-gueri- cke-universität magdeburg. sein besonderes interesse gilt der betreuung gefäß- und thorax- chirurgischer patienten sowie den pathophysiologischen ver- änderungen, die in der lunge während der anästhesie auftre- ten. korrespondenzadresse pd dr. med. habil. dr. sc. med. alf kozian klinik für anästhesiologie und intensivtherapie otto-von-guericke-universität magdeburg universitätsklinikum magdeburg leipziger str. 44 39120 magdeburg alf.kozian@med.ovgu.de literatur [1] jones kw. thoracic trauma. surg clin north am 1980; 60: 957–981 [2] moloney jt, fowler sj, chang w. anesthetic management of thoracic trauma. curr opin anaesthesiol 2008; 21: 41–46 [3] corbacioglu sk, er e, aslan s et al. the significance of routine thoracic computed tomography in patients with blunt chest trauma. injury 2015; 46: 849–853 [4] [5] [6] sheffy n, chemsian rv, grabinsky a. anaesthesia considera- tions in penetrating trauma. br j anaesth 2014; 113: 276–285 shorr rm, crittenden m, indeck m et al. blunt thoracic trauma. analysis of 515 patients. ann surg 1987; 206: 200–205 baumgartner f, sheppard b, de virgilio c et al. tracheal and main bronchial disruptions after blunt chest trauma: presenta- tion and management. ann thorac surg 1990; 50: 569–574 [13] mackersie rc, shackford sr, hoyt db et al. continuous epi- dural fentanyl analgesia: ventilatory function improvement with routine use in treatment of blunt chest injury. j trauma 1987; 27: 1207–1212 [14] bastos r, baisden ce, harker l et al. penetrating thoracic trau- ma. semin thorac cardiovasc surg 2008; 20: 19–25 [15] clark gc, schecter wp, trunkey dd. variables affecting out- come in blunt chest trauma: flail chest vs. pulmonary contu- sion. j trauma 1988; 28: 298–304 [16] oppenheimer l, craven kd, forkert l et al. pathophysiology of pulmonary contusion in dogs. j appl physiol respir environ ex- erc physiol 1979; 47: 718–728 [17] calhoon jh, grover fl, trinkle jk. chest trauma. approach and management. clin chest med 1992; 13: 55–67 [18] calodney l, aldrette ja. pneumothorax: a complication of modern life. south med j 1972; 65: 948–953 [19] devitt jh, mclean rf, mclellan ba. perioperative cardiovascu- lar complications associated with blunt thoracic trauma. can j anaesth 1993; 40: 197–200 [20] shulman hs, samuels th. the radiology of blunt chest trau- ma. j can assoc radiol 1983; 34: 204–217 [21] devitt jh, boulanger br. lower airway injuries and anaesthe- sia. can j anaesth 1996; 43: 148–159 [22] maggisano r, nathens a, alexandrova na et al. traumatic rup- ture of the thoracic aorta: should one always operate immedi- ately? 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cme-fortbildung | topthema punkte sammeln auf cme.thieme.de diese fortbildungseinheit ist 12 monate online für die teilnahme verfügbar. sollten sie fragen zur online-teilnahme haben, finden sie unter cme.thieme.de/hilfe eine ausführliche anleitung. wir wünschen viel erfolg beim beantworten der fragen! unter eref/thieme.de/zzwhkab oder über den qr-code kommen sie direkt zum artikel zur eingabe der antworten. vnr 2760512017152371607 frage 1 frage 5 welches ist das induktionshypnotikum der wahl für eine all- gemeinanästhesie bei patienten mit thoraxtrauma? a thiopental b s-ketamin c etomidat d alle hypnotika sind unter beachtung der pharmakologischen prinzipien bei polytraumatisierten patienten möglich. e propofol frage 2 welche maßnahme muss bei nachweis einer perikardtampo- nade sofort durchgeführt werden? a mediane sternotomie mit inzision des perikards b sonografisch gestützte perkutane drainage über das peri- kardfenster c linksseitenlage und sauerstoffapplikation d volumensubstitution und katecholaminapplikation e intubation und mechanische ventilation frage 6 welche aussage über die präoperative evaluation ist richtig? a sie ist im notfall verzichtbar. b anamnese, inspektion, auskultation und perkussion sind auch im notfall unverzichtbare basismaßnahmen. c sie muss immer eine röntgenaufnahme des thorax in 2 ebe- nen einschließen. d die beschreibung des unfallmechanismus ist überflüssig. e sie sollte unbedingt eine labordiagnostik beinhalten. welche aussage ist richtig? ein patient kann 12 stunden nach einer herzkontusion nach hause entlassen werden, wenn er be- schwerdefrei ist und … a das troponin i negativ ist. b ck und ck‑mb negativ sind. c ekg und echokardiografie normal sind. d die radionuklidangiografie nicht pathologisch ist. e die thoraxradiografie keinen pathologischen befund zeigt. frage 3 frage 7 auf welches diagnostische verfahren kann beim stumpfen thoraxtrauma am ehesten verzichtet werden? a spiral-computertomografie b sonografie (thorax, abdomen) c transthorakale echokardiografie d thoraxradiografie e duplexsonografie der halsgefäße welche anästhesiologischen maßnahmen sind bei nachweis einer zwerchfellruptur einzuleiten? a intubation und überdruckbeatmung b applikation von katecholaminen c sauerstoffinsufflation über eine gesichtsmaske d beidseitige thoraxdrainage e beginn der schmerztherapie über eine thorakale epiduralan- frage 4 ab welchem blutverlust wird ein hämothorax als „massiv“ defi- niert? a sobald der blutverlust klinische auswirkungen hat b ab 3000 ml c bei 25% verlust des gesamten blutvolumens d mehr als 1500 ml in einem hemithorax e ab 2000 ml ästhesie frage 8 welche situation erfordert nicht zwingend die anwendung einer ein-lungen-beatmung? a bronchopleurale fistelbildung b bronchoalveoläre fistelbildung c bronchoalveoläre einblutung d chirurgie der thorakalen aorta e pneumothorax ▶ weitere fragen auf der folgenden seite … 434 kozian a et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 422–435

cme-fortbildung | topthema der patient mit thoraxtrauma: chirurgische versorgung patrick zardo, henning busk, stefan piatek, norman zinne, irina kropivnitskaya, ingo kutschka ▶ abb. 1 quelle: kh krauskopf. bei thoraxtraumata reicht das spektrum von verletzungen des herzens und der großen gefäße über parenchymläsionen mit pneumothorax, blutungen aus den interkostalgefäßen, bis hin zu chronischen hämatothoraces und sekundären em- pyemen. die anlage einer thoraxdrainage stellt oft eine suffiziente therapie dar, in bestimmten fällen ist aber eine weitergehende chirurgische therapie in minimal- invasiver technik (vats) oder via thorakotomie erforderlich. einleitung und historisches grundsätzlich versteht man unter einem thoraxtrauma die verletzung des brustkorbs, seiner organe und/oder angrenzender strukturen durch stumpfe oder penetrie- rende gewalteinwirkung von außen. erste verbriefte ver- suche einer stratifizierung thorakaler verletzungen nach schweregrad und prognose datieren von der zweiten zwischenzeit (um 1550 v. chr.) und finden sich im papy- rus edwin smith, dem „wundbuch“ [1]. bereits in diesem altägyptischen text wird zwischen pathologien unter- schieden, „die zu behandeln, die zu bekämpfen oder die nicht zu behandeln“ sind, und es folgen unter anderem detaillierte anweisungen zur anlage eines verbands bei rippenverletzungen [1]. während penetrierende thora- kale verletzungen hierzulande eher selten sind [2], kommt es gerade im rahmen von polytraumata häufig zu stumpfen verletzungen des brustkorbs [3]. penetrierende traumata thorakale messerstich- und schussverletzungen sind in deutschland insgesamt selten. in der jährlich erscheinen- den polizeilichen kriminalstatistik wurden im jahr 2015 lediglich 4711 fälle mit abfeuern einer schusswaffe regis- triert [4], und die daten des traumaregisters der deut- 436 zardo p et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 436–445

cme-fortbildung | topthema fal l b e i s p i e l 2 schussverletzung ein 73-jähriger patient wird von seinem sohn alkoholisiert und schmerzgeplagt in der eigenen garage vorgefunden. es findet sich eine thorakale schussverletzung linksseitig, die er sich mutmaßlich in suizidaler intention selbst beigebracht hat. auf dem weg vom einsatzort kommt es zu einer hämo- dynamischen verschlechterung, sodass der patient intubiert, beatmet und mit mäßiger katecholaminunterstützung unser haus erreicht. management in anbetracht der klinischen situation wird auf einen trauma- scan verzichtet und der patient unmittelbar in den op-saal verbracht. bei der klinischen untersuchung im op findet sich eine isolierte einschussstelle links thorakal (▶ abb. 3). wir führen eine links anterolaterale thorakotomie durch und ver- sorgten eine ausgedehnte lazeration der lunge. das projektil hat zudem das perikard knapp ventral des n. phrenicus durchschlagen, wobei auch nach großzügiger eröffnung des perikards keine kardiale verletzung festgestellt werden kann. um kratzspuren auf dem projektil zu vermeiden, wird dieses mit einer kunststoffpinzette geborgen (▶ abb. 4). nach ver- sorgung der noch blutenden interkostalgefäße kann der pa- tient hämodynamisch stabil auf die intensivstation verlegt werden. ▶ abb. 3 thorakale schussverletzung links. ▶ abb. 4 mit kunststoffpinzette geborgenes pro- jektil. p r a x i s management von thoraxtraumapatienten grundsätzlich können patienten mit thorakaler ver- letzung in 4 kategorien eingeteilt werden [7]: ▪ patienten, die entweder unmittelbar vor ort oder im schockraum/op versterben. in der regel han- delt es sich ursächlich um verletzungen des her- zens oder der großen gefäße mit anschließender tamponade oder exsanguination. ▪ patienten mit potenziell lebensbedrohlichen ver- letzungen, die nach initialer stabilisierung dring- lich diagnostiziert und operativ versorgt werden müssen. die auftretenden blutungen entspringen meist nicht der aorta, sondern häufiger interkos- talarterien oder dem lungenparenchym. ▪ patienten, die durch anlage einer thoraxdrainage suffizient versorgt sind. sie machen etwa 80–85% aller fälle mit thoraxtrauma aus [12]. ▪ patienten, die nach initialer drainagetherapie noch residuen (anhaltende blutung, chronischer hämato-/pneumothorax, empyem, instabiler thorax etc.) aufweisen und sekundär operativ versorgt werden müssen. sie machen einen anteil von etwa 15–20% der patienten aus gruppe 3 aus [7]. verletzungen des herzens kardiale verletzungen galten bis ende des 19. jahrhun- derts als zwangsläufig fatal, wie schriften von hippokra- tes von kos (460–370 v. chr.), galen (130–200 n. chr.), ambroise paré (1510–1590) oder auch herman boer- haave (1668–1738) und theodor billroth (1829–1894) einhellig über die epochen hinweg eindrucksvoll belegen [13]. axel cappelen (1858–1919) gelang es 1895 in oslo erstmalig, eine messerstichverletzung des linken ventri- kels über eine laterale thorakotomie erfolgreich zu ver- sorgen, wobei der patient am 3. postoperativen tag an einer sepsis verstarb [14]. ein jahr später operierte lud- wig rehn (1849–1930) den 22-jährigen gärtnergesellen wilhelm justus erfolgreich nach einer messerstecherei mit verletzung des rechten ventrikels [15] und legte so den grundstein für die heutige herzchirurgie. als standard-zugangsweg zur operativen versorgung des herzens etablierte sich seit dem 20. jahrhundert die me- diane sternotomie nach duval [16], und seit einer arbeit aus den 1960er-jahren von denton cooley (1920–2016) [17] sind die vorzüge einer herz-lungen-maschine zur versorgung kardialer verletzungen bekannt. allerdings versterben noch immer 60–80% aller patien- ten mit penetrierender herzverletzung an ort und stelle, 438 zardo p et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 436–445

cme-fortbildung | topthema fal l b e i s p i e l 3 fußgänger von lkw erfasst aufnahme eines 63-jährigen patienten, der als fußgänger vom lkw an der linken körperseite erfasst wurde und über linksthorakale schmerzen sowie ipsilaterale krepitationen klagt. im trauma-scan finden sich keine traumafol- gen am schädel, der verdacht auf ein subkapsuläres milzhämatom im unteren milzpol, rippenserienfrakturen der 3.–9. rippe sowie der 11. rippe dorsal links mit basal betontem pneumothorax links und ein thoraxwandemphysem dorsolateral links sowie eine leichte lungenkontusion im linken lungenunter- lappen. gleichzeitig sind multiple, teils dislozierte frakturen im lendenwirbel- bereich erkennbar. management der linksseitige pneumothorax wird durch die anlage einer thoraxdrainage behandelt, und die lwk-frakturen werden operativ versorgt. allerdings kommt es in der folge zu einer respiratorischen verschlechterung mit para- doxer atmung und nachziehen des linken hemithorax mit ausgeprägtem weichteilhämatom und entsprechend abgeschwächtem ipsilateralem atem- geräusch. zur verbesserung der pulmonalen situation wird die durchführung einer thoraxwandstabilisation mit entsprechenden osteosyntheseplatten ge- plant. zunächst erfolgt eine videoassistierte exploration des linken hemi- thorax zum ausschluss pulmonaler verletzungen. über eine laterale thorako- tomie kann die thoraxwand dargestellt und die rippenfrakturen können ver- sorgt werden (▶ abb. 7). der patient wird noch im op-saal extubiert und kann in den nächsten tagen in die hausärztliche versorgung entlassen werden. ▶ abb. 7 patient nach stabilisierung des linken hemithorax mit- tels spezieller osteosyntheseplatten. merke rund 80–85 % aller patienten mit thorakaler ver- letzung können durch anlage einer thoraxdrainage suffizient versorgt werden. thorakotomie noch stellt die konventionelle thorakotomie den am wei- testen verbreiteten zugangsweg bei intrathorakalen ver- letzungen dar. hierbei kann die schnittführung entweder etwa 1–2 cm unterhalb des schulterblatts (posterolate- ral) oder weiter ventral unterhalb der brust (anterolate- ral) erfolgen [20], wobei der zugangsweg in abhängig- keit vom vorliegenden verletzungsmuster gewählt wird. vorteile der thorakotomie sind im wesentlichen eine hö- here durchführungsgeschwindigkeit sowie die möglich- keit, potenziell auf eine einzellungenbeatmung verzich- ten zu können. zusätzlich ist der technisch-apparative aufwand geringer, da auf kameraoptik und videoeinheit verzichtet werden kann. persönlich wählen wir die thorakotomie nur noch bei hämodynamisch instabilen patienten als zugangsweg aus, um schnellstmöglich auch massive blutungen bei- spielsweise bei thorakalen schussverletzungen beherr- schen zu können. so können in der regel größere blutun- gen aus dem parenchym, den zentralen lungengefäßen, den interkostalgefäßen oder auch der deszendierenden aorta erkannt und versorgt werden. merke die thorakotomie ist bei hämodynamisch instabilen patienten zu empfehlen, um schnellstmöglich auch massive blutungen versorgen zu können. vats (video-assisted thoracic surgery) insgesamt haben sich minimalinvasive techniken in den vergangenen 10 jahren in der onkologischen thoraxchi- rurgie als standard durchgesetzt [21], und die dort ge- sammelte erfahrung wird vermehrt auch in der erstver- sorgung bei thorakalen verletzungen eingebracht. bei hämodynamisch stabilen patienten führt der einsatz mi- nimalinvasiver techniken bereits heute zu weniger kom- plikationen im sinne des perioperativen blutverlusts, der drainagefördermenge oder dauer des krankenhausauf- enthalts [22]. selbst bei intrathorakal verbliebenen fremdkörpern und erforderlicher anatomischer lungen- resektion bietet sich inzwischen ein minimalinvasives vorgehen an [23]. allerdings gibt es einen primär erhöhten technisch-appara- tiven aufwand zu bedenken, der nicht ubiquitär sicher- gestellt werden kann: er reicht von der zwingend erforder- lichen einlungenventilation via doppellumentubus oder bronchusblocker über kameraoptiken (30° oder flexibel 0°) und spezielle minimalinvasive instrumente bis hin zum videoturm. zusätzlich verfügen nicht alle kliniken über die erforderliche thoraxchirurgische expertise, um auch kom- plexe resektionen minimalinvasiv durchzuführen, sodass sich die vats zur primären versorgung bei thorakalen ver- letzungen noch nicht auf breiter front durchsetzen konnte. 440 zardo p et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 436–445

cme-fortbildung | topthema häufiger kommt es zu intra- oder extrathorakaler fehl- lage des drains. prädilektionsstelle hierfür ist gerade bei drainageanlage über einen lateralen zugang der lappen- spalt, was eine effektive drainage des brustkorbs verhin- dert [33]. dies ist unter anderem an fehlenden atemex- kursionen im drainageschlauch erkennbar und sollte eine neuplatzierung des drains zur folge haben. verletzungen der lunge erkennt man an ausgedehnten parenchymfistelungen, und im ct kann eine intrapulmo- nale lage von drains gesichert werden. in diesen fällen muss die drainage vorsichtig entfernt und ein neuer drain platziert werden. großlumige drains und eine gründliche digitale inspektion des situs zum ausschluss intrathorakaler verwachsungen vor anlage helfen dabei, lungenverletzungen zu vermeiden. anekdotische berichte über verletzungen der v. cava, der pulmonalarterie oder des herzens [26, 34] zeigen noch- mals spezielle risiken des verfahrens auf. durch den ver- zicht auf trokare, eine möglichst laterale einstichstelle und ein vorsichtiges vorschieben des drains in kraniodor- saler richtung sind derartige verletzungen jedoch nahe- zu immer zu vermeiden. schlussfolgerungen lassen sich patienten mit thoraxtrauma einer generell von 4 gruppen zuordnen: ▪ diejenigen, die entweder unmittelbar vor ort oder im schockraum oder op an einer verletzung des herzens oder der großen gefäße versterben ▪ diejenigen mit potenziell lebensbedrohlichen verlet- zungen, die nach initialer stabilisierung dringlich diag- nostiziert und operativ versorgt werden müssen ▪ diejenigen, die durch anlage einer thoraxdrainage suffizient versorgt sind ▪ diejenigen, die nach initialer drainagetherapie noch residuen aufweisen und sekundär operativ versorgt werden müssen glücklicherweise ist eine suffiziente therapie bei der überwiegenden mehrzahl der patienten durch die anlage einer thoraxdrainage möglich. solange hierbei die emp- fehlungen der fachgesellschaften beachtet werden, kann dies mit geringen komplikationsraten und hoher patien- tensicherheit erfolgen. sollte ein operatives vorgehen er- forderlich sein, kann dies gerade in spezialisierten zen- tren in minimalinvasiver technik erfolgen. ker nau ssag en ▪ penetrierende thoraxverletzungen in deutschland sind ausgesprochen selten. ▪ stumpfe thoraxtraumata werden häufig im rah- men von polytraumata beobachtet und können prognosebestimmend sein. ▪ das spektrum reicht von unmittelbar fatalen ver- letzungen des herzens und der großen gefäße über parenchymläsionen mit pneumothorax, blu- tungen aus den interkostalgefäßen, bis hin zu chronischen hämatothoraces und sekundären empyemen. ▪ die drainageanlage stellt noch immer die wich- tigste therapeutische maßnahme für die mehrzahl der patienten dar. ▪ bei korrekter durchführung ist die drainageanlage ein sicheres verfahren. ▪ weitergehende chirurgische maßnahmen können inzwischen häufig in minimalinvasiver technik durchgeführt werden. ▪ thorakale verletzungen können auch im weiteren verlauf zu komplikationen wie hämatomverhalt und empyem führen, die sekundär chirurgisch be- handelt werden müssen. interessenkonflikt die autoren erklären, dass kein interessenkonflikt vorliegt. über die autoren patrick zardo dr. med., bereichsleiter thoraxchirurgie, klinik für herz-, thorax-, transplantations- und ge- fäßchirurgie, medizinische hochschule hanno- ver. besondere schwerpunkte sind die minimal- invasive onkologische chirurgie, erweiterte re- sektionen sowie eingriffe an den atemwegen. henning busk dr. med., 1982–1989 studium der humanme- dizin an der justus-liebig-universität, gießen, 1997 facharzt für herzchirurgie, 2008 facharzt für thoraxchirurgie, seit 1997 oberarzt an der klinik für herz- und thoraxchirurgie, universität magdeburg. 442 zardo p et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 436–445

cme-fortbildung | topthema [24] manlulu av, lee tw, thung kh et al. current indications and results of vats in the evaluation and management of hemo- dynamically stable thoracic injuries. eur j cardiothorac surg 2004; 25: 1048–1053 [25] pons f, lang-lazdunski l, de kerangal x et al. the role of video- thoracoscopy in management of precordial thoracic penetrat- ing injuries. eur j cardiothorac surg 2002; 22: 7–12 [26] fitzgerald m, mackenzie cf, marasco s et al. pleural decom- pression and drainage during trauma reception and resuscita- tion. injury 2008; 39: 9–20 [27] heng k, bystrzycki a, fitzgerald m et al. complications of in- tercostal catheter insertion using emst techniques for chest trauma. anz j surg 2004; 74: 420–423 [28] atls subcommittee; american college of surgeonsʼ commit- tee on trauma; international atls working group. advanced trauma life support (atls®): 9th ed. j trauma acute care surg 2013; 74: 1363–1366 [29] cooke dt, david ea. large-bore and small-bore chest tubes: types, function, and placement. thorac surg clin 2013; 23: 17–24 [30] zardo p, busk h, kutschka i. chest tube management: state of the art. curr opin anaesthesiol 2015; 28: 45–49 [31] deneuville m. morbidity of percutaneous tube thoracostomy in trauma patients. eur j cardiothorac surg 2002; 22: 673–678 [32] eren s, esme h, sehitogullari a et al. the risk factors and man- agement of posttraumatic empyema in trauma patients. in- jury 2008; 39: 44–49 [33] huber-wagner s, körner m, ehrt a et al. emergency chest tube placement in trauma care – which approach is preferable? re- suscitation 2007; 72: 226–233 [34] de la fuente a, sanchez r, suarez j et al. left ventricular perfo- ration by a pleural drainage tube. report of a case with surviv- al. tex heart inst j 1994; 21: 175–176 bibliografie doi https://doi.org/10.1055/s-0042-118058 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 436–445 © georg thieme verlag kg stuttgart · new york issn 0939-2661 444 zardo p et al. der patient mit … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 436–445

empfehlung präoperative evaluation erwachsener patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen eingriffen1* gemeinsame empfehlung der deutschen gesellschaft für anästhesiologie und intensivmedizin, der deutschen gesellschaft für chirurgie und der deutschen gesellschaft für innere medizin präambel perioperative umgang mit der dauermedikation dis- kutiert (teil c). die erhebung der anamnese und die körperliche unter- suchung sind anerkannte standards in der präoperativen evaluation. ob und unter welchen umständen technische voruntersuchungen dazu beitragen können, das periope- rative risiko zu reduzieren, ist bislang nur unzureichend untersucht. die nachfolgenden empfehlungen zur präope- rativen evaluation beruhen daher neben der verfügbaren literatur sowie den leitlinien nationaler und internationa- ler fachgesellschaften auch auf expertenmeinungen. die vorliegenden empfehlungen gelten für erwachsene pa- tienten vor elektiven, nicht kardiochirurgischen und nicht lungenresezierenden eingriffen. es handelt sich um eine überarbeitung und aktualisierung der erstmals im jahre 2010 publizierten empfehlungen der deutschen fachge- sellschaften der inneren medizin, chirurgie und anästhe- siologie [1], die seither im deutschsprachigen raum eine gute durchdringung und akzeptanz erfahren haben [2, 3]. zunächst werden die allgemeinen prinzipien der präope- rativen evaluation dargestellt (teil a). das vorgehen bei patienten mit bekannten oder vermuteten kardiovaskulä- ren vorerkrankungen wird gesondert betrachtet (teil b: erweiterte kardiale diagnostik). abschließend wird der h i nw e i s 1 unter maßgeblicher mitarbeit von: deutsche gesellschaft für anästhesiologie und intensiv- medizin (dgai) götz geldner, ludwigsburg jörg karst, berlin frank wappler, köln bernhard zwissler, münchen deutsche gesellschaft für chirurgie (dgch) peter kalbe, rinteln udo obertacke, mannheim wolfgang schwenk, hamburg deutsche gesellschaft für innere medizin (dgim) matthias pauschinger, nürnberg beschluss des engeren präsidiums der dgai vom 27.03.2017 * gleichzeitige publikation in: anästh intensivmed, aktiv druck & verlag gmbh, ebelsbach und der anaesthesist, springer medizin verlag berlin a. allgemeine prinzipien die präoperative evaluation sollte in ausreichendem ab- stand zum operativen eingriff erfolgen, da hierdurch die dauer des stationären aufenthalts, die anzahl abgesetz- ter operationen sowie kosten reduziert werden können [4, 5]. wünschenswert wäre die terminierung erforderli- cher voruntersuchungen bereits zum zeitpunkt der indi- kationsstellung zur operation. ein intervall von 6 wochen zwischen evaluation und operation sollte hierbei jedoch in der regel nicht überschritten werden. a.1 anamnese und körperliche untersuchung aufgabe der risikoevaluierung ist es, patienten mit einer bisher nicht erkannten oder nicht ausreichend behandel- ten und für die operation oder anästhesie relevanten er- krankung präoperativ zu erkennen und die therapie zu optimieren. grundlage jeder präoperativen technischen untersuchung ist dabei eine sorgfältige anamnese ein- schließlich einer blutungsanamnese (vgl. a.2.1), eine ori- entierende körperliche untersuchung sowie die ermitt- lung der körperlichen belastbarkeit des patienten. anam- nese und untersuchung sollten nach einem standardi- sierten schema erfolgen. bei größeren operationen besteht zudem ein zusam- menhang zwischen mangelernährung und postoperativer morbidität und letalität. die erfassung des ernährungs- status bzw. einer möglicherweise gestörten nahrungs- aufnahme mithilfe geeigneter screening-instrumente (z. b. nrs 2002) sollte daher bei v. a. mangelernährung (häufiger indikator: bmi < 18,5 kg/m2) teil der präopera- tiven untersuchung sein [6]. ergeben sich keine anhaltspunkte für eine relevante, das perioperative vorgehen potenziell beeinflussende vor- erkrankung, sind – unabhängig von art und dauer des eingriffs oder dem alter des patienten – weiterführende untersuchungen nicht erforderlich. a.2 einschätzung des perioperativen risikos perioperative, nicht primär chirurgische komplikationen betreffen vor allem das herz-kreislauf-system sowie das respiratorische system. es ist daher sinnvoll, das individu- 446 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462

empfehlung ▶ tab. 4 kardiale risikofaktoren nach dem mica-score (myocardial infarction and cardiac arrest). ▶ tab. 5 körperliche belastbarkeit. ▪ asa-klasse ▪ risiko der operation ▪ alter ▪ nierenfunktion (kreatinin > 1,5 mg/dl) ▪ funktioneller status des patienten – selbstversorgend – teilweise pflegebedürftig – vollständig pflegebedürftig die wahrscheinlichkeit für das auftreten eines perioperati- ven myokardinfarkts oder herztods innerhalb von 30 tagen kann auf dem boden der o. g. faktoren über einen internet- basierten rechner ermittelt werden (www.qxmd.com/calcu- late-online/cardiology/gupta-perioperative-cardiac-risk). eine reihe weiterer, großer intraabdomineller operatio- nen (▶ tab. 2). umgekehrt weisen endoarterielle verfah- ren (z. b. evar; früher hochrisikogruppe) in hinblick auf das unmittelbar perioperative risiko vorteile auf und wurden nun der risikogruppe 2 (mittleres risiko) zuge- ordnet. zudem wird in hinblick auf das perioperative kar- diale risiko nicht (mehr) unterschieden zwischen offenen und laparoskopischen eingriffen. kardiale risikofaktoren des patienten/risikoindizes neben dem risiko der operation und der körperlichen leistungsfähigkeit wird das perioperative risiko wesent- lich durch die vorerkrankungen der patienten determi- niert. wegen der großen bedeutung kardialer komplika- tionen, seiner guten validierung und leichten erhebbar- keit wird zur abschätzung des kardialen risikos weiterhin der revised cardiac risk index (rcri) nach lee empfoh- len. in seiner aktuellen version weist der rcri 5 klinische risikofaktoren auf; der diabetes mellitus muss insulin- pflichtig sein und die niereninsuffizienz wird mit einem kreatinin > 2 mg/dl näher charakterisiert (▶ tab. 3) [8]. der rcri ist bestandteil des algorithmus zur indizierung eines präoperativen ekg. neben dem rcri liefert auch der auf der basis der daten des acs-nsqip ermittelte risikoindex, der sog. mica- score (myocardial infarction and cardiac arrest), eine ex- zellente prädiktion kardialer komplikationen (periopera- tiver myokardinfarkt oder herztod innerhalb von 30 ta- gen). wichtige in den score eingehende faktoren sind neben dem risiko der operation (s. o.) und der nieren- funktion (kreatinin > 1,5 mg/dl) der funktionelle status des patienten (selbstversorgend, teilweise pflegebedürf- tig, vollständig pflegebedürftig), die asa-klasse sowie das alter (▶ tab. 4). das individuelle risiko eines periope- rativen myokardinfarkts kann so mittels eines interakti- ven rechners (www.qxmd.com/calculate-online/cardio- logy/gupta-perioperative-cardiac-risk) ermittelt werden. ausreichende belastbarkeit ≥ 4 met (> 100 w) schlechte belastbarkeit < 4 met (< 100 w) das metabolische äquivalent (engl. metabolic equivalent; met) wird verwendet, um den energieverbrauch verschiede- ner aktivitäten zu vergleichen. referenzpunkt ist dabei der ruheumsatz des menschen (1 met). eine körperliche belast- barkeit von 4 met bedeutet beispielsweise, dass der mensch einer körperlichen aktivität nachgehen kann, die seinen ruheumsatz um das 4-fache steigert, z. b. 2 stockwerke stei- gen oder leichte hausarbeit verrichten. die datenbasis des nsqip erlaubt zudem die berechnung einer vielzahl weiterer perioperativer risiken (z. b. wund- infektion). körperliche belastbarkeit eine ausreichende körperliche belastbarkeit ist ein exzel- lenter prädiktor für ein gutes perioperatives outcome. bei patienten mit guter körperlicher belastbarkeit sind präoperative zusatzuntersuchungen daher nur selten in- diziert. umgekehrt korreliert jedoch eine schlechte kör- perliche belastbarkeit (< 4 metabolische äquivalente [met]; ▶ tab. 5) außerhalb der kardiochirurgie nur relativ schwach mit einer erhöhten perioperativen letalität [9]. zusätzliche begleiterkrankungen, der funktionelle status (selbstversorgend vs. pflegebedürftig), das ausmaß von „frailty“ (gebrechlichkeit) und das risiko der operation treten hier prognostisch stärker in den vordergrund. a.2.2 pulmonales risiko ziel der präoperativen evaluierung von lungen und atemwegen ist die reduktion perioperativer pulmonaler komplikationen. neben der anamnese und der körper- lichen untersuchung stehen hierfür technische verfahren (thoraxröntgen, spirometrie, blutgasanalyse) sowie spe- zifische scoring-systeme zur verfügung [10, 11]. anhand anamnestischer informationen sowie der pulsoxyme- trisch bestimmten arteriellen sauerstoffsättigung kann das risiko einer postoperativen pulmonalen insuffizienz eingeschätzt werden (▶ tab. 6) [11]. darüber hinaus kann mit einem einfachen score das risiko für postopera- tive respiratorische komplikationen ermittelt werden (▶ tab. 7) [12]. a.3 weiterführende untersuchungen zu den weiterführenden untersuchungen zählen u. a. blutuntersuchungen, das 12-kanal-ekg, die thoraxrönt- genaufnahme, untersuchungen der lungenfunktion, die doppler-sonografie der hals- und/oder beingefäße sowie die echokardiografie. bei verdacht auf eine ischämische herzerkrankung können belastungstests und weiterge- hende bildgebende verfahren (z. b. koronarangiografie) indiziert sein. 448 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 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empfehlung ▶ tab. 8 indikationen für präoperative blutuntersuchungen (minimalstandard). (verdacht auf) organerkrankung parameter hämoglobin leukozyten thrombozyten natrium, kalium kreatinin asat, bilirubin, aptt und inr herz/lunge leber niere blut + + + + + + + + + + + + + + + + vorliegen einer positiven blutungsanamnese auf der basis eines standardisierten fragebogens [14, 15]. bei patienten mit bekannten oder vermuteten organ- erkrankungen wird die bestimmung der in ▶ tab. 8 dar- gestellten laborparameter im blut als sinnvoller minimal- standard angesehen (s. a. [16]). die bestimmung der hämoglobinkonzentration ist unab- hängig von vorbestehenden organerkrankungen zu empfehlen, wenn der geplante eingriff ein relevantes blu- tungsrisiko aufweist (z. b. > 10%) und verschiebbar ist. in diesem fall senkt die kausale therapie einer neu diagnos- tizierten anämie (z. b. die infusion von eisen bei eisen- mangelanämie) zusammen mit weiteren maßnahmen des „patient blood managements“ das transfusionsrisiko der patienten. laboruntersuchungen können zudem indiziert sein, wenn in der präoperativen phase diagnostische oder therapeuti- sche maßnahmen erfolgen, die eine klinisch relevante be- einträchtigung der homöostase zur folge haben können.1 differenzierte präoperative laboruntersuchungen aus chirurgischer indikation, zur kontrolle potenzieller neben- wirkungen von medikamenten oder bei vorliegen schwe- rer organdysfunktionen bleiben hiervon unberührt. ein diabetes mellitus ist ein relevanter perioperativer risi- kofaktor und kann trotz sorgfältiger anamnese und kör- perlicher untersuchung präoperativ unentdeckt bleiben. ob die routinemäßige präoperative kontrolle des blut- zuckers bei klinisch unauffälligen patienten das periope- rative risiko reduzieren kann, ist jedoch unklar. eine prä- operative bestimmung des nüchtern-blutzuckers wird daher nur vor hochrisikoeingriffen (▶ tab. 2), bei vorlie- gen weiterer kardialer risikofaktoren (▶ tab. 3 und 4) so- wie bei patienten mit übergewicht (body mass index [bmi] > 30 kg/m2) empfohlen [16]. bei bekanntem oder 1 z. b. die bestimmung von kalium nach präoperativer darm- spülung, die bestimmung von kreatinin nach verwendung größerer mengen an kontrastmittel etc. neu diagnostiziertem diabetes mellitus sollte der blut- zucker perioperativ engmaschig kontrolliert und einge- stellt werden. für die routinemäßige präoperative bestimmung „leber- spezifischer“ laborwerte (z. b. γ‑gt, gldh, asat, alat, bilirubin) besteht ohne begründeten klinischen verdacht keine indikation. bei patienten mit einer hepatitis in der anamnese und/oder bei gesichertem bzw. vermutetem alkoholmissbrauch kann eine bestimmung der „trans- aminasen“ erwogen werden. ergibt die anamnese einen hinweis auf mögliche über- tragbare krankheiten (z. b. hiv, hepatitis b/c), wird die durchführung einer entsprechenden infektionsdiagnos- tik empfohlen. weitergehende laboranalysen sollten individualisiert auf dem boden von anamnese und körperlichem unter- suchungsbefund nur dann erfolgen, wenn sie absehbar das perioperative vorgehen beeinflussen. so wird bei- spielsweise bei medikamentöser thromboseprophylaxe mit unfraktioniertem heparin (ufh) eine präoperative messung der thrombozytenzahl (zur rechtzeitigen erken- nung einer hit ii) empfohlen. bei der verwendung von niedermolekularem heparin (nmh) kann darauf verzich- tet werden. bei der gabe von nmh wird jedoch die prä- operative bestimmung des kreatinins (wegen der gefahr einer überdosierung bei niereninsuffizienz) empfohlen [17]. patienten mit präoperativ erhöhten kardialen integritäts- markern (z. b. troponin, nt-probnp) weisen perioperativ vermehrt kardiovaskuläre komplikationen auf [18–20]. ob die routinemäßige präoperative bestimmung kardi- aler integritätsmarker bei kardiovaskulären risikopatien- ten einen beitrag zur senkung der perioperativen morbi- dität oder letalität leisten kann, ist bislang unklar; sie wird daher nicht empfohlen. eine präoperative bestim- mung mit verlaufskontrolle 48–72 h postoperativ kann jedoch bei kardialen hochrisikopatienten (met < 4, rcri > 1 für gefäßchirurgische eingriffe bzw. > 2 für nicht ge- fäßchirurgische eingriffe) erwogen werden [8]. 450 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462

empfehlung thoraxröntgen/lungenfunktion* anamnestisch auffällig oder pulmonal symptomatisch ja nein v.a. op-/anästhesierelevanten befund z.b. ausgeprägte struma z.b. thoraxdeformität etc. bekannte/stabile erkrankung z.b. copd, asthma ja nein großer ober- baucheingriff neu aufgetretene pulmonale symptomatik z.b. dyspnoe z.b. husten, giemen, sputum z.b. hypoxämie (pulsoxymetrie) thoraxröntgen p.–a. keine weitere diagnostik erwägen thoraxröntgen p.–a. ggf. pulmonale funktionsdiagnostik * z.b. pulsoxymetrie, spirometrie, blutgasanalyse ▶ abb. 2 empfehlungen zur präoperativen durchführung einer thoraxröntgenaufnahme p.–a. bzw. einer lungenfunktionsdiagnostik. copd = chronisch obstruktive pulmonale erkrankung („disease“). a.3.4 untersuchungen der lungenfunktion an technischen verfahren zur evaluation der lungen- funktion stehen die messung der arteriellen sauerstoff- sättigung mithilfe der pulsoxymetrie (in ruhe bzw. unter belastung), die spirometrie bzw. spiroergometrie, die body‑plethysmografie sowie die arterielle blutgasanalytik zur verfügung. es besteht ein moderater zusammenhang zwischen der inzidenz pathologischer befunde in der lun- genfunktionsdiagnostik und dem perioperativen auftre- ten pulmonaler komplikationen [10]. so kann die kennt- nis pulmonaler untersuchungsbefunde nicht nur in der thoraxchirurgie [24], sondern auch bei pulmonalen risi- kopatienten mit großen oberbaucheingriffen [25, 26] zur senkung der perioperativen morbidität und letalität beitragen. eine präoperative lungenfunktionsdiagnostik ist somit einerseits bei patienten mit neu aufgetretenen bzw. verdacht auf akut symptomatische pulmonale er- krankungen zur schweregradeinschätzung und therapie- kontrolle indiziert (▶ abb. 2). andererseits sollte eine lungenfunktionsdiagnostik auch bei patienten mit gro- ßen oberbaucheingriffen erwogen werden. a.3.5 (doppler-)echokardiografie die (doppler-)echokardiografie in ruhe erlaubt die di- rekte beurteilung von größe, geometrie und funktion der herzkammern sowie der intrakardialen strömungs- verhältnisse. häufigste indikationen präoperativ sind: 1. die beurteilung der rechts- und linksventrikulären pumpfunktion sowie 2. der ausschluss von herzvitien und herzklappendefek- ten bei patienten mit zeichen einer herzinsuffizienz oder mit pathologischen herzgeräuschen. eine präoperative echokardiografie wird vor nicht kardio- chirurgischen operationen jedoch nur bei patienten mit neu aufgetretener dyspnoe unklarer genese sowie bei patienten mit bekannter herzinsuffizienz und symptom- verschlechterung innerhalb der letzten 12 monate emp- fohlen. dagegen leistet die echokardiografie bei bereits bekannter, stabiler herzinsuffizienz keinen entscheiden- den beitrag zur perioperativen risikoreduktion [27]. eine stabile herzinsuffizienz oder eine vermutete bzw. nach- gewiesene ischämische herzerkrankung (khk) allein stel- len daher keine indikation für eine präoperative echokar- diografie dar. der nutzen einer routinemäßigen präope- rativen ruhe-echokardiografie bei unauffälligen patien- ten vor hochrisikoeingriffen ist unklar [8]. die häufigsten perioperativ bedeutsamen klappen- erkrankungen sind die aortenstenose und die mitralinsuf- fizienz. ob eine senkung perioperativer komplikationen resultiert, wenn man patienten mit einem bislang unbe- kannten bzw. nicht abgeklärten herzgeräusch präopera- tiv echokardiografisch untersucht, ist unklar. derzeit er- scheint es aber sinnvoll, vor eingriffen mit einem mitt- leren oder hohen risiko für kardiovaskuläre komplikatio- nen (▶ tab. 2) bei patienten mit nicht (vor-)bekannten oder bislang nicht abgeklärten herzgeräuschen auch bei normaler belastbarkeit eine echokardiografie zu erwägen und rücksprache mit einem kardiologen zu halten. 452 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462

empfehlung rative diagnostik basiert dabei auf den in abschnitt a.2.1 genannten faktoren. barkeit vor einer operation mit mittlerem oder hohem kardialen risiko4 [8]. bei patienten mit akut symptomatischer herzerkrankung (z. b. stemi) muss der eingriff – mit ausnahme von not- fällen – verschoben und die kardiale situation präoperativ abgeklärt und therapiert werden [32]. grundsätzlich gilt dies auch bei patienten mit nstemi, wobei hier noch eine risikoabwägung zwischen der dringlichkeit der opera- tion und der dringlichkeit der koronaren diagnostik und therapie erfolgen muss. bei nachweis einer relevanten myokardialen ischämie und deutlicher klinischer be- schwerdesymptomatik (ccs iii–iv) sollte eine invasive koronarangiografische diagnostik erfolgen, wenn eine medikamentöse therapie der myokardialen ischämie nicht erfolgreich ist. patienten mit bekannter khk oder hohem ischämierisiko sollten vor einem geplanten hochrisikoeingriff durch ein multidisziplinäres behandlungsteam aus chirurg, anäs- thesist und kardiologe evaluiert werden [8]. das ausmaß des kardialen risikos kann die art des eingriffs mit deter- minieren [8]. die durchführung nichtinvasiver kardialer belastungs- tests3 erscheint nach derzeitiger kenntnis lediglich sinn- voll (▶ abb. 4): ▪ bei patienten mit ≥ 3 klinischen risikofaktoren und eingeschränkter (< 4 met) bzw. unbekannter belast- barkeit vor einer hochrisikooperation [8] und kann erwogen werden ▪ bei patienten mit 1–2 klinischen risikofaktoren und eingeschränkter (< 4 met) bzw. unbekannter belast- 3 art und umfang der diagnostik wird durch den hinzugezoge- nen kardiologen indiziert. die derzeit am häufigsten verwand- te methode zur ischämiediagnostik ist die ergometrie (belas- tungs-ekg). sie erlaubt eine beurteilung der körperlichen be- lastbarkeit, des blutdruck- und frequenzverhaltens sowie die detektion ischämietypischer st-segmentveränderungen. eine belastbarkeit von 100 watt entspricht hierbei etwa 4 metabo- lischen äquivalenten (met; s. a. ▶ tab. 5). die diagnostische wertigkeit der ergometrie ist limitiert, wenn wegen mangel- hafter körperlicher fitness oder komorbiditäten (z. b. arthro- sen, pavk, copd) keine frequenzausbelastung erreicht wird. insbesondere bei älteren patienten mit eingeschränkter kör- perlicher belastbarkeit werden daher alternativ die dobuta- min-stress-echokardiografie (dse) bzw. die myokardszintigra- fie empfohlen. das myokardszintigramm eignet sich gut zur präoperativen prädiktion kardialer komplikationen bei aller- dings geringerer spezifität. insgesamt wird derzeit die dse als die beste diagnostische methode zur vorhersage periope- rativer kardialer ereignisse angesehen. letztlich muss die aus- wahl der methode auf dem boden der verfügbarkeit sowie der untersucherabhängigen erfahrungen jeweils vor ort getroffen werden. bei positivem befund eines belastungstests schließt sich in aller regel eine koronarangiografie an. keine indikation zur durchführung einer erweiterten kar- dialen diagnostik wird derzeit gesehen ▪ bei patienten vor operationen mit niedrigem kardi- alem risiko (▶ tab. 2) unabhängig vom vorliegen kar- dialer risikofaktoren [8]. eine invasive koronardiagnostik („herzkatheter“) ist bei patienten vor nicht kardialen operationen nur sehr selten zur abschätzung des perioperativen risikos indiziert. grundsätzlich entspricht dabei die indikation derjenigen für die durchführung einer koronarangiografie bzw. einer pci unabhängig von einer bevorstehenden operation. eine präoperative koronarangiografie wird derzeit nur bei patienten mit nachgewiesener myokardialer ischämie und bei patienten mit medikamentös therapierefraktä- rem thoraxschmerz empfohlen, sofern der eingriff ver- schiebbar ist [8]. allerdings verbesserte die routinemäßige koronarangio- grafie und ggf. nachfolgende revaskularisierung bei pa- tienten vor großen arteriellen gefäßeingriffen mit 2 oder mehr kardialen risikofaktoren in einer – bislang unbestä- tigten – studie das perioperative outcome [33]. in einer weiteren untersuchung wiesen klinisch stabile patienten (normales ekg, normales echo, kein hinweis auf khk), die vor karotis-thrombendarteriektomie (tea) routine- mäßig koronarangiografiert wurden, in 31% eine signifi- kante koronarstenose auf [34]. die anschließende revas- kularisierung reduzierte die inzidenz schwerer kardialer komplikationen signifikant von 4,2% auf 0%. möglicher- weise profitieren somit patienten mit hohem kardialem risiko vor großer gefäßchirurgie bzw. patienten vor karo- tis-thrombendarterektomie von einem primär invasiven diagnostischen und therapeutischen vorgehen [8]. zu in- dikation und stellenwert von kardio-mrt und kardio-ct im rahmen der präoperativen evaluation liegen bislang keine untersuchungen vor. c. präoperativer umgang mit der dauermedikation die erfassung der patienteneigenen dauermedikation ist wesentlicher bestandteil der präoperativen evaluation. ob es medizinisch sinnvoll ist, eine präoperativ bestehen- de medikation perioperativ weiterzuführen oder be- stimmte medikamente vor einer operation neu anzuset- zen, ist vielfach nur unzureichend untersucht. die folgen- 4 sofern erwartet wird, dass die jeweiligen untersuchungser- gebnisse auch das weitere perioperative management beein- flussen. 454 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 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empfehlung medikamente weiter erhalten, da hier das absetzen peri- operativ tachyarrhythmien auslösen kann. c.2 antidiabetika zur behandlung eines typ-ii-diabetes mellitus werden primär orale antidiabetika eingesetzt. hierzu zählen sul- fonylharnstoffe (z. b. glibenclamid), biganuide (metfor- min) und glinide (z. b. repaglinid) ebenso wie glukosida- sehemmer (z. b. acarbose), glitazone (z. b. pioglitazon) und gliptine (z. b. sitagliptin). sulfonylharnstoffe verhin- dern im tierexperiment die durch ischämie bzw. volatile anästhetika induzierte, insbesondere myokardiale prä- konditionierung und vergrößern so das nekroseareal des myokards nach ischämie. ob ähnliche effekte auch beim menschen auftreten und sulfonylharnstoffe daher prä- operativ abgesetzt werden sollten, ist bislang jedoch un- klar. glitazone erhöhen die sensitivität verschiedener ge- webe gegenüber insulin und werden zunehmend bei pa- tienten mit diabetes mellitus typ ii zur glukosekontrolle eingesetzt. kasuistisch wurde über eine akute herzinsuf- fizienz im zusammenhang mit glitazonen berichtet. die relevanz dieser befunde für das perioperative manage- ment ist unklar. die wirkung von gliptin entspricht der wirkung des körpereigenen hormons inkretin und senkt über eine vermehrte insulinfreisetzung aus den β-zellen und eine erhöhte glukagonsynthese in den α-zellen des pankreas den blutzucker. hypoglykämien treten bei einer monotherapie mit gliptinen in der regel nicht auf. met- formin kann bei kumulation (z. b. niereninsuffizienz) in seltenen fällen zu einer lebensbedrohlichen laktazidose führen, sodass in der fachinformation ein absetzen 48 h vor dem eingriff empfohlen wird. im direkt perioperati- ven bereich scheint das risiko der laktazidose jedoch äu- ßerst gering zu sein [36]. nach individueller nutzen-risi- ko-abwägung ist daher auch eine weiterführung der medikation bis zum vorabend der operation zu rechtfer- tigen. die britischen „national health services“ (nhs) so- wie die „society of ambulatory anaesthesia“ (samba) empfehlen sogar die fortführung der metformintherapie bei nierengesunden, u. a. wegen hinweisen auf ein ver- bessertes outcome bei diesem vorgehen [37]. bei ge- planter intravenöser gabe von kontrastmittel sollte aller- dings die metformingabe 24–48 h vor dem eingriff pau- siert werden [38]. insgesamt sollte die entscheidung über das fortführen oder absetzen oraler antidiabetika von der kontrolle des blutzuckers und weniger von deren potenziellen nebenwirkungen abhängig gemacht wer- den. operative nüchternheit und des je nach art und größe des eingriffs bestehenden postaggressionsstoffwechsels ergibt sich bei fortdauernder insulintherapie das risiko einer hypoglykämie. bei kurzdauernden eingriffen und präoperativ bestehender, intensivierter insulintherapie sollte am morgen des op-tages lediglich die basisinsulin- therapie ohne zusätzliche bolusgabe erfolgen. bei kon- ventioneller insulintherapie sollte dagegen im rahmen einer kurzdauernden op nur 50% der üblichen insulindo- sis im rahmen eines verzögerungsinsulins gegeben wer- den. postoperativ kann dabei die übliche insulintherapie fortgesetzt werden. engmaschige kontrollen und ggf. korrekturen des blutzuckers sind während des gesamten perioperativen verlaufs unerlässlich. c.3 hmg‑coa-reduktase-inhibitoren (statine) die als lipidsenker eingesetzten hmg‑co-a-reduktase- inhibitoren (statine) stabilisieren vulnerable plaques, wir- ken antiinflammatorisch, hemmen die thrombusbildung und können die inzidenz perioperativer ischämien, von (re-)infarkten und todesfällen bei patienten mit korona- rem risiko senken [39, 40]. eine dauertherapie mit stati- nen sollte daher perioperativ nicht unterbrochen werden. bei gefäßchirurgischen patienten ohne bisherige medika- tion mit statinen wird empfohlen, mindestens 2 wochen präoperativ aktiv mit einer prophylaxe zu beginnen [8]. c.4 vitamin-k-antagonisten patienten mit mechanischen herzklappen sind obligat, patienten mit biologischen herzklappen meist noch in den ersten 3 monaten nach implantation mit vitamin-k- antagonisten (meist phenprocoumon) antikoaguliert. je nach klappentyp und ‑lokalisation wird eine inr von 2,0–3,5 angestrebt. weitere wichtige klinische indikatio- nen für die gabe von vitamin-k-antagonisten sind die postthrombotische therapie sowie das vorhofflimmern. das risiko für thrombembolien bei perioperativer unter- brechung der antikoagulation muss in jedem einzelfall gegen das perioperative blutungsrisiko abgewogen wer- den. im falle eines absetzens erfolgt der therapiestopp 3–5 tage (bei phenprocoumon besser 5–8 tage) präope- rativ unter täglicher kontrolle des inr (ziel für operation: < 1,5). das – lange zeit empfohlene – perioperative „bridging“ mittels nmh reduzierte bei patienten mit vor- hofflimmern nicht die inzidenz arterieller thrombembo- lien, erhöhte aber das risiko für schwere blutungen (von 1,3 auf 3,2%) [41]. insuline stellen die standardtherapie bei diabetes typ i sowie bei fortgeschrittenem diabetes typ ii mit wir- kungslosigkeit oraler antidiabetika dar. bei der insulinthe- rapie wird eine konventionelle insulintherapie von einer intensivierten insulintherapie (mit einer kombination aus einem langwirkenden „basalinsulin“ und einem kurz- wirksamen normalinsulin zu den mahlzeiten) und einer insulinpumpentherapie unterschieden. durch die prä- in übereinstimmung hiermit fand sich in einer prospek- tiven registerstudie ebenfalls eine erhöhte blutungsrate, ein schlechteres kardiales outcome sowie eine erhöhte letalität bei patienten mit „bridging“ [42]. die indikation für ein „bridging“ mit nmh nach absetzen eines vitamin- k-antagonisten ist daher zunehmend kritisch zu stellen. da patienten mit mechanischen herzklappen in der un- tersuchung von douketis et al. ausgeschlossen waren 456 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462

empfehlung perkutane koronare intervention pci ohne stent bms des > 2–4 wochen > 4 wochen > 3–12 monate abhängig vom stenttyp nein ja ja nein nein ja op verschieben (außer notfall) op und ass op verschieben (außer notfall) op und ass ▶ abb. 5 empfehlung zum zeitlichen management von elektiven eingriffen bei patienten mit koronarstents in abhängigkeit von stenttyp und zeitpunkt der implantation (nach [8, 47, 48]). bms = bare metal stent, des = drug eluting stent. ass 100 mg/d) nur bei vorliegen absoluter kontraindika- tionen (z. b. neurochirurgische op) perioperativ unter- brochen werden (übersicht bei [46]). patienten haben sowohl nach isolierter pci als auch nach stentimplantation infolge des eingriffs ein vulnerables, hoch thrombogenes gefäßsystem. derzeit gilt daher, dass patienten mit koronarer herzerkrankung lebenslang mit ass (75–162 mg) behandelt werden. nach implanta- tion eines bms bei stabiler khk muss zusätzlich für min- destens 4 wochen eine p2y12-inhibition mit clopidogrel (75 mg/d) erfolgen. bei implantation eines des verlän- gert sich der zeitraum für die obligate duale plättchen- aggregationshemmung auf 6 monate (des der neueren generation) bzw. 12 monate (des der älteren genera- tion) [8]. bei alleiniger ballonangioplastie ohne stentim- plantation wird eine duale plättchenhemmung mit clopi- dogrel für 2–4 wochen empfohlen (▶ abb. 5) [47, 48]. unabhängig vom implantierten stenttyp muss bei allen patienten nach akutem koronarsyndrom (acs) eine dua- le thrombozytenaggregationshemmung mit ass plus ticagrelor bzw. prasugrel (bei patienten mit hohem blu- tungsrisiko im einzelfall ggf. auch clopidogrel) erfolgen. eine pausierung der p2y12-inhibition innerhalb der ers- ten 12 monate muss bei patienten mit akutem koronar- syndrom individuell diskutiert werden. operative eingriffe sind in den ersten wochen nach koro- narer intervention besonders komplikationsreich und mit einer hohen letalität behaftet. wie lange jedoch das in- tervall zwischen anlage eines stents und einer operation unter dem aspekt der optimalen sicherheit für den pa- tienten sein sollte, ist derzeit unklar. die esc/esa-leitlini- en 2014 schlagen vor, elektive eingriffe nach pci ohne stent frühestens 14 tage, nach einlage eines metallstents (bms) frühestens 4 wochen (besser 3 monate) und nach einlage eines „drug eluting stent“ (des) – in abhängigkeit von der art des des (erst-, zweit-, drittgeneration) – frü- hestens 3–12 monate nach der koronaren intervention durchzuführen [8] (▶ abb. 5). c.7 psychopharmaka die dauermedikation von patienten mit psychosen oder neurologischen erkrankungen wird im regelfall nicht un- terbrochen. allerdings bestehen bei einigen psychophar- maka arzneimittelwechselwirkungen, die perioperativ beachtet werden müssen. trizyklische antidepressiva hemmen die wiederaufnah- me von dopamin, noradrenalin und serotonin im zns und in den peripheren geweben. die chronische applika- tion unterhält die entleerung der zentralen katechol- aminspeicher und erhöht den adrenergen tonus. die wir- kung direkter sympathomimetika ist unter einer dauer- therapie mit trizyklischen antidepressiva erhöht, die von indirekten abgeschwächt. dies muss besonders bei der verwendung von lokalanästhetika mit adrenalinzusatz bedacht werden. trizyklische antidepressiva potenzieren zudem die wirkung von hypnotika, opioiden sowie inha- lationsanästhetika. (ssri) hemmen serotonin-wiederaufnahmehemmer die präsynaptische wiederaufnahme von serotonin im synaptischen spalt. das präoperative absetzen von ssri kann zu entzugserscheinungen führen. andererseits kann es bei gleichzeitiger gabe von medikamenten, die die wiederaufnahme von serotonin hemmen oder seroto- mimetisch wirken (z. b. pethidin, pentazocin, tramadol, mao-hemmer), zum serotonin-syndrom mit hyperther- mie, vegetativer instabilität und bewusstseinsstörungen bis hin zum koma kommen. 458 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462

empfehlung c.9 kortikosteroide patienten unter steroiddauermedikation (> 5 tage) un- terliegen unabhängig von der dosis (über oder unter der cushing-schwelle) und unabhängig von der applikations- art (systemisch oder topisch) dem risiko einer inadäqua- ten cortisolproduktion [49]. kasuistische berichte postu- lieren einen – letztlich nicht sicher belegten – zusam- menhang zwischen einem cortisolmangel und einer int- raoperativen hypotension bzw. einem schockgeschehen [49, 50]. daher sollten patienten grundsätzlich die ste- roiddauermedikation in der perioperativen phase nicht unterbrechen, sondern am morgen der operation die üb- liche steroidmedikation zu sich nehmen. unklar ist, ob patienten mit einer steroiddauermedika- tion unterhalb der cushing-schwelle von einer zusätz- lichen perioperativen steroidgabe profitieren [51]. we- gen der individuell sehr unterschiedlichen reaktion auf das operative trauma und die unterschiedliche suppres- sion der endogenen cortisolsynthese durch exogene ste- roide kann auf der basis von expertenmeinung folgendes vorgehen erwogen werden: ▪ kleine operative eingriffe (z. b. endoskopische opera- tionen, herniotomie, schilddrüsenresektionen) → gabe von 25 mg hydrocortison zu beginn der opera- tion ▪ mittlere eingriffe (z. b. abdominalchirurgie) → gabe von 100 mg hydrocortison über 24 stunden, am nächsten tag weiterführung der üblichen steroid- medikation ▪ große operative eingriffe mit gefahr eines postope- rativen sirs → gabe von 100 mg hydrocortison über 24 stunden (z. b. 4 mg/h) am op‑tag, am folgetag 50 mg über 24 stunden und am 3. postoperativen tag 25 mg hydrocortison (auch peroral möglich). d. schlussbemerkung die hier vorgelegten konzepte zur präoperativen evaluie- rung von erwachsenen patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen operationen stellen fachüber- greifende empfehlungen dar, die ein strukturiertes und gemeinsames vorgehen ermöglichen und die qualität der patientenbehandlung verbessern sollen. ihr ziel ist es, durch transparente und verbindliche absprachen eine hohe patientenorientierung unter vermeidung unnötiger voruntersuchungen zu gewährleisten, präoperative un- tersuchungsabläufe zu verkürzen sowie letztlich kosten zu reduzieren. dies bedeutet jedoch auch, dass für einzel- ne patienten individuelle konzepte erstellt werden müs- sen. die vorliegenden gemeinsamen empfehlungen von dgai, dgch sowie dgim spiegeln den gegenwärtigen kenntnisstand, aber auch die meinungen von experten wider, da nicht für jede fragestellung wissenschaftliche evidenz besteht. daher wird eine regelmäßige überprü- fung und aktualisierung der empfehlungen erfolgen, so- bald sich gesicherte neue erkenntnisse ergeben. interessenkonflikt g. geldner, j. karst, f. wappler, b. zwissler, p. kalbe, u. ober- tacke und m. pauschinger geben an, dass keine interessen- konflikte bestehen. w. schenk erhielt beratungshonorare der fa. bayer zu einem entscheidungstool zum perioperativen einsatz von noak, enthielt sich aber bei der abstimmung zu den entsprechenden passagen der stimme. korrespondenzadresse prof. dr. med. bernhard zwissler klinik für anaesthesiologie klinikum der ludwig-maximilians-universität münchen marchioninistraße 15 81377 münchen bernhard.zwissler@med.uni-muenchen.de literatur [1] dgai, dgch und dgim. präoperative evaluation erwachsener patienten vor elektiven, nicht kardiochirurgischen eingriffen. gemeinsame empfehlung der deutschen gesellschaft für anästhesiologie und intensivmedizin, der deutschen gesell- schaft für innere medizin und der deutschen gesellschaft für chirurgie. anästh intensivmed 2010; 51: s788–s797 [2] [3] böhmer ab et al. 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empfehlung [46] jambor c, spannagl m, zwissler b. [perioperative management of patients with coronary stents in non-cardiac surgery]. an- aesthesist 2009; 58: 971–985 [50] fraser cg, preuss fs, bigford wd. adrenal atrophy and irrever- sible shock associated with cortisone therapy. j am med assoc 1952; 149: 1542–1543 [47] gawaz m, geisler t. update orale plättchenhemmer. positions- papier der deutschen gesellschaft für kardiologie; kardiologe 2012; 6: 195–209 [51] young sl, marik p, esposito m, coulthard p. supplemental peri- operative steroids for surgical patients with adrenal insuffi- ciency. cochrane database syst rev 2009; (4): cd005367 [48] windecker s et al. 2014 esc/eacts guidelines on myocardial revascularization. eurointervention 2015; 10: 1024–1094 [49] schlaghecke r et al. the effect of long-term glucocorticoid therapy on pituitary-adrenal responses to exogenous cortico- tropin-releasing hormone. n engl j med 1992; 326: 226–230 bibliografie doi https://doi.org/10.1055/s-0043-111784 online-publiziert intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462 © georg thieme verlag kg stuttgart · new york issn 0939-2661 | anästhesiol 462 dgai, dgch, dgim. präoperative evaluation erwachsener … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 446–462

kasuistik ▶ abb. 1 zerebrale computertomografie. a darstellung des ausgedehnten linksseitigen kleinhirninfarkts (roter pfeil) mit einblu- tungsareal (gelber pfeil). b darstellung der deutlich erweiterten inneren liquorräume (blaue pfeile). weitere hbo-sitzungen, die jeweils einen aufwendigen interhospitaltransfer impliziert hätten, wurden nicht mehr durchgeführt. aufgrund der bei aufnahme deutlich erhöhten ck wurde eine forcierte spültherapie eingeleitet: eine auf 200 ml/h erhöhte basale zufuhr an vollelektrolytlösung und be- darfsadaptierte kontinuierliche gabe von furosemid. hie- runter normalisierte sich die ck rasch. hinweise auf eine akute nierenschädigung ergaben sich zu keinem zeit- punkt. bei nun stabiler gesamtsituation konnte zeitnah mit dem weaning des patienten begonnen werden. da ein gerich- tetes aufwachverhalten zunächst ausblieb, wurde zur ge- naueren abbildung des zerebralen schädigungsmusters am tag 6 nach dem initialen ereignis eine magnetreso- nanztomografie (mrt) angefertigt. hierbei zeigten sich ▪ defekte im bereich des globus pallidus beidseits (▶ abb. 3), ▪ ein ausgedehnter defekt aufgrund des kleinhirnin- farkts und der abtragung von infarziertem gewebe, ▪ ein defekt im linksseitigen zervikalmark sowie ▪ kleine umschriebene areale mit diffusionsrestriktion in der linken kleinhirnhemisphäre. weitere zerebrale ischämien waren nicht erkennbar. ▶ abb. 2 zerebrale computertomografie nach subokzi- pitaler kraniotomie mit abtragung von infarziertem kleinhirngewebe (roter pfeil). externe liquordrainage im vorderhorn des rechten seitenventrikels (gelber pfeil). 464 wick m et al. kleinhirninfarkt nach co-intoxikation … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 463–470

kasuistik gefahrenquellen für akzidentelle co-intoxikationen stel- len beispielsweise defekte kamine, öfen und gasthermen sowie lagerräume für holzpellets dar [6, 11]. bei rauch- gasinhalationen ist die kohlenmonoxidtoxizität eine der häufigsten unmittelbaren todesursachen [12]. auch sind fälle einer intoxikation mit kohlenmonoxid durch das rauchen von wasserpfeifen bekannt [13]. autoabgase zur durchführung eines suizids zu verwen- den, verliert seit dem ende des letzten jahrhunderts deutlich an bedeutung. aufgrund der einführung von katalysatoren ist der anteil von kohlenmonoxid in den abgasen deutlich zurückgegangen [14]. zunehmend häufiger ist jedoch, wie im dargestellten fallbericht, der suizid durch abbrennen von holzkohlegrills in geschlos- senen räumen zu verzeichnen [15]. sowohl bei suizidalen als auch bei akzidentellen co-ver- giftungen besteht eine nicht zu unterschätzende gefahr für unbeteiligte dritte oder das personal von feuerwehr und rettungsdienst. aufgrund der unter „hintergrund“ beschriebenen eigenschaften des kohlenmonoxids („si- lent killer“) ist es daher ratsam, dass rettungskräfte co- warngeräte mitführen [16]. im falle des abbrennens von kohlegrills in geschlossenen räumen ist es zudem denk- bar, dass ein größerer wohnungs- oder gebäudebrand mit katastrophalen folgen resultiert. pathophysiologie und symptomatik die affinität von kohlenmonoxid zu hämoglobin ist ca. 200-mal höher als die affinität von sauerstoff zu hämo- globin. dadurch verhindert kohlenmonoxid die bindung von sauerstoff an hämoglobin. es entsteht carboxy- hämoglobin. durch eine zusätzliche linksverschiebung der sauerstoffbindungskurve kommt es zudem zu einer erschwerten abgabe von sauerstoff im gewebe [7]. so- mit nimmt die sauerstofftransportkapazität des blutes ab und es entsteht konsekutiv eine gewebshypoxie. merke die menge an entstandenem carboxyhämoglobin ist abhängig von der expositionsdauer, der konzentra- tion von kohlenmonoxid in der einatemluft und der alveolären ventilation [9]. intrazellulär bindet kohlenmonoxid an cytochrome (cy- tochromoxidase a/a3, cytochrom-p‑450) in den mito- chondrien. somit kann es zu einer beeinträchtigung der atmungskette kommen [7, 9]. die in diesem fall typi- scherweise entstehende laktatazidose konnte auch in der hier aufgeführten kasuistik beobachtet werden. als weiterer pathophysiologischer mechanismus wird die freisetzung von reaktiven sauerstoffspezies angenom- men [9]. p r a x i s symptome von einer co-intoxikation betroffen sind insbeson- dere herz und nervensystem – somit organsysteme, die eine niedrige hypoxietoleranz aufweisen. je nach expositionsdauer und co-konzentration in der ein- atemluft resultieren zunächst unspezifische symp- tome wie kopfschmerzen, myalgien, schwindel und benommenheit. bei schweren intoxikationen sind eine zunehmende vigilanzminderung, verbunden mit neurologischen defiziten wie aphasie oder ata- xie, und krampfanfälle beobachtbar; symptome einer kardialen ischämie sind zu erwarten [17]. hier- bei ist eine deutliche interindividuelle varianz zu be- obachten. identische carboxyhämoglobin-spiegel können deutlich unterschiedliche symptome hervor- rufen [7]. es gibt gehirnregionen wie den kortex, die basalganglien und die purkinje-zellen im kleinhirn, die sensibler auf eine durch co-intoxikation induzierte hypoxie reagieren. so- mit können schädigungsmuster mit entsprechenden um- schriebenen infarktarealen resultieren [9]. merke besonders häufig sind bei co-intoxikationen läsio- nen im bereich der weißen hirnsubstanz und – wie im hier beschriebenen fall – ischämische läsionen im bereich der stammganglien [18, 19]. diese läsionen lassen sich bildmorphologisch in vielen fäl- len nachweisen [20–22]. weit weniger häufig sind jedoch schäden im bereich des kleinhirns anzutreffen. allerdings existieren bereits fallberichte, in welchen von isolierten schäden im bereich des kleinhirns berichtet wird [23–25]. zudem ist, wie im hier vorliegenden beispiel, die entste- hung eines transienten hydrozephalus durch eine schädi- gung im bereich des kleinhirns möglich [26]. neben den akuten, bildmorphologisch fassbaren patho- logien sind bei schweren co-intoxikationen auch neuro- logische spätschäden (delayed neurological sequelae, dns) und psychiatrische störungen zu erwarten. be- schrieben sind hier insbesondere periphere neuro- pathien, gleichgewichtsstörungen und demenzielle so- wie parkinsonoide syndrome [7]. diese können bereits nach leichten intoxikationen mit einem cohb-wert um 10% entstehen und manifestieren sich bei bis zu 50% der betroffenen [10, 27]. therapie – hyperbare oxygenierung unter beachtung des eigenschutzes für die rettungskräf- te ist die erste maßnahme im falle einer intoxikation mit co: den betroffenen aus dem gefahrenbereich retten und die exposition gegenüber co beenden. 466 wick m et al. kleinhirninfarkt nach co-intoxikation … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 463–470

kasuistik ▪ eine persistierende vigilanzminderung besteht oder ▪ die analgosedierung fortgeführt werden muss und dementsprechend eine neurologische evaluation des patienten nicht möglich ist. merke mittels zerebraler schnittbildgebung können in die- sem kontext durchaus mögliche zerebrale ischämien und potenziell assoziierte probleme zeitnah detek- tiert werden. durch den raumfordernden zerebellaren infarkt mit kon- sekutivem hydrozephalus hätten im geschilderten fall letztlich deletäre folgen für den patienten resultieren können. umgekehrt war es durch die neurochirurgische intervention möglich, ein gutes neurologisches outcome zu erzielen. in übersichtsartikeln zur behandlung der co- intoxikation bleibt die sinnhaftigkeit der zeitnahen anfer- tigung einer zerebralen schnittbildgebung bei ausblei- bendem aufwachverhalten oder notwendiger protrahier- ter analgosedierung bisher zumeist unerwähnt. ker nau ssag en ▪ kohlenmonoxidintoxikationen in suizidaler absicht haben in jüngerer vergangenheit an häufigkeit zu- genommen. ▪ aufgrund der physikalischen eigenschaften von co können kohlenmonoxidintoxikationen durch das ersteintreffende medizinische personal leicht übersehen werden. kohlenmonoxid stellt aber gleichzeitig auch für die rettungskräfte eine nicht zu unterschätzende gefahr dar. ▪ falls neurologische symptome vorliegen, sollte unabhängig vom gemessenen cohb-wert nach rauchgasexposition die indikation für eine hyper- bare sauerstofftherapie (hbo) gestellt werden. ▪ durch eine co-intoxikation entstehen folgeschä- den besonders an organen mit niedriger ischämie- toleranz. dabei kann es zu intrazerebralen infarzie- rungen mit potenziell therapierbaren folgeschä- den wie sekundärer einblutung in das infarktareal oder konsekutivem hydrozephalus kommen. ▪ eine zeitnahe zerebrale schnittbildgebung bei an- zunehmender co-intoxikation und ausbleibender aufwachreaktion oder notwendiger fortführung der analgosedierung über einen längeren zeitraum erscheint daher indiziert. interessenkonflikt der korrespondierende autor gibt für sich und seine koauto- ren an, dass kein interessenkonflikt besteht. über die autoren matthias wick dr. med., assistenzarzt an der klinik für anäs- thesiologie des universitätsklinikums regens- burg. andré schneiker dr. med., 1994–2001 studium der human- medizin an der johann wolfgang goethe-uni- versität frankfurt am main, 2007 promotion am klinikum der johann wolfgang goethe-univer- sität frankfurt am main. 2002–2003 arzt im praktikum der medizinischen klinik ii des uni- versitätsklinikums regensburg, seit 2003 assistenz- bzw. facharzt der klinik für anästhesiologie des universitätsklini- kums regensburg, 2011 facharzt für anästhesiologie. sylvia bele dr. med., 1985–1991 studium der humanme- dizin an der ruprecht-karls-universität heidel- berg und promotion. 1992–1995 aip und wis- senschaftliche mitarbeiterin, institut für neuro- pathologie, universität heidelberg, 1995–2003 assistenzärztin klinik für neurochirurgie, uni- versitätsklinikum regensburg. 2003 fachärztin für neurochi- rurgie. seit 2003 oberärztin der klinik für neurochirurgie, universitätsklinikum regensburg. michael pawlik pd dr. med., 1985–1990 studium der human- medizin an der friedrich-alexander-universität erlangen. 1992 promotion. 1992–2009 aip, assistenzarzt, wissenschaftlicher assistent und oberarzt der klinik für anästhesiologie des universitätsklinikums regensburg. 1998 fach- arzt anästhesiologie, 2010 habilitation. seit 2009 direktor der klinik für anästhesiologie, intensiv-, notfall- und palliativme- dizin, caritas-krankenhaus st. josef, regensburg. helmut meyringer dr. med., 1992–1998 studium der humanme- dizin an der universität regensburg und der tu münchen. 1999–2004 facharztweiterbildung anästhesiologie am klinikum st. elisabeth straubing und am uk regensburg, 2006 zu- satzbezeichnung intensivmedizin. 2011 ober- arzt der klinik für anästhesiologie, intensiv- und notfallmedi- zin am caritas-kh st. josef, regensburg, 2015 ärztlicher leiter des druckkammerzentrums regensburg, 2016 stellvertreten- der klinikdirektor. bernhard graf prof. dr. med. m. sc., direktor der klinik für anästhesiologie und stellvertretender ärztlicher direktor des universitätsklinikums regensburg. arzt für anästhesie mit den zusatzbezeichnun- gen spezielle anästhesiologische intensivmedi- zin und notfallmedizin, master of science in health care management der universität mannheim/heidel- berg. 468 wick m et al. kleinhirninfarkt nach co-intoxikation … anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52: 463–470

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impressum ains (anästhesiologie intensivmedizin notfallmedizin schmerztherapie) 52. jahrgang herausgebergremium prof. dr. m. adamzik, bochum; prof. dr. g. geldner, ludwigsburg; prof. dr. dr. t. hachenberg, magde- burg; prof. dr. w. koppert, hannover; prof. dr. g. marx, aachen; prof. dr. dr. n. roewer, würzburg; prof. dr. p. rosenberger, tübingen; prof. dr. j. scholz, kiel; prof. dr. c. spies, berlin; prof. dr. h. wulf, marburg; prof. dr. dr. k. zacharowski, frank- furt/main. die herausgeber sind nicht verantwort- lich für die rubrik „forum der industrie“. verlag georg thieme verlag kg rüdigerstraße 14, 70469 stuttgart oder postfach 30 11 20, 70451 stuttgart tel.: 07 11/89 31-0, fax: 07 11/89 31-298 http://www.thieme.de, http://www.thieme.de/ains http://www.thieme-connect.de/products web-app: http://www.thieme.de/eref-app copyright die zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen beiträgeundabbildungensindfürdiedauerdesurhe- berrechts geschützt. jede verwertung außerhalb der engen grenzen des urheberrechtsgesetzes ist ohne zustimmung des verlages unzulässig und strafbar. das gilt insbesondere für vervielfältigungen, überset- zungen, mikroverfilmungen und die einspeicherung und verarbeitung in elektronischen systemen. redaktion u. watermann (wnu, v. i. s. d. p.) rüdigerstraße 14, 70469 stuttgart, tel.: 07 11/89 31-495, fax: 07 11/ 89 31-107, e-mail: ulrike.watermann@thieme.de; a.-l. vogel (vla): tel. 07 11/89 31-658, fax: 07 11/ 89 31-107, e-mail: anna-luise.vogel@thieme.de verantwortlich für den anzeigenteil thieme.media pharmedia anzeigen- und verlagsservice gmbh andreas schweiger, rüdigerstraße 14, 70469 stutt- gart oder postfach 30 08 80, 70448 stuttgart tel.: 07 11/89 31-245, fax: 07 11/89 31-624 e-mail: andreas.schweiger@thieme-media.de printed in belgium kliemo ag, hütte 53, 4700 eupen layout und herstellung a. lichtenheldt (lt) tel.: 07 11/89 31-498, fax: 07 11/89 31-107 e-mail: anne.lichtenheldt@thieme.de abonnentenservice tel.: 07 11/89 31-321, fax: 07 11/89 31-422, e-mail: aboservice@thieme.de. über kostenpflichtige zugangsmöglichkeiten und lizenzen für institutionen (bibliotheken, kliniken, firmen etc.) informiert sie gerne unser institutional sales team, e-mail: sales@thieme-connect.de allgemeine informationen ains (anästhesiologie intensivmedizin notfall- medizin schmerztherapie), issn 0939-2661, er- scheint mit 12 ausgaben in 10 heften pro jahr. titelbild karl-heinz krauskopf informationen für unsere leser wir bitten unsere abonnenten, adressänderungen dem abonnentenservice mitzuteilen, um eine rei- bungslose zustellung der zeitschrift zu gewährleis- ten. marken, geschäftliche bezeichnungen oder handelsnamen werden nicht in jedem fall beson- ders kenntlich gemacht. aus dem fehlen eines sol- chen hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien handelsnamen han- delt. informationen für unsere autoren manuskriptrichtlinien und andere informationen für autoren entnehmen sie bitte den autorenhin- weisen unter dem reiter „autoren“ auf http:// www.thieme.de/ains. grundsätzlich werden nur solche manuskripte angenommen, die vorher we- der im inland noch im ausland (in vollem umfang, in ähnlicher form oder in jedweder anderen me- dienform) veröffentlicht worden sind. die manu- skripte dürfen auch nicht gleichzeitig anderen publikationsorganen zur publikation angeboten werden. mit der annahme des manuskripts zur veröffentlichung überträgt der verfasser dem ver- lag für die dauer der gesetzlichen schutzfrist (§ 64 urhg) das ausschließliche, räumliche und zeitlich unbeschränkte recht für alle auflagen/updates zur auch auszugsweisen verwertung in gedruckter form sowie in elektronischen medien (datenban- ken, online-netzsysteme, internet cd‑rom, dvd, pda etc.) auch in geänderter form oder in form einer auszugsweisen verknüpfung mit anderen werken einschließlich der übersetzung in andere sprachen sowie durch übertragung von nutzungs- rechten auf dritte. der korrespondierende autor erhält eine pdf-datei seines artikels für seine privaten zwecke. online die inhalte der zeitschrift stehen online in thieme- connect zur verfügung (www.thieme-connect.de/ products). der zugang ist für persönliche abon- nenten im preis enthalten. über kostenpflichtige zugangsmöglichkeiten und lizenzen für institutio- nen (bibliotheken, kliniken, firmen etc.) informiert sie gerne unser institutional sales team, e-mail: sales@thieme-connect.de. for users in the usa authorization of photocopy items for internal or per- sonal use, or the internal or personal use of specific clients, is granted by georg thieme verlag stuttgart. new york for libraries and other users registered with the copyright clearance center (ccc) transac- tional reporting service; 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unverbindlich empfohlene preise. preisänderungen vorbehalten. preis für ein ein- zelheft 40,00 € zzgl. versandkosten ab verlagsort. das abonnement wird zum jahreswechsel im voraus berechnet und zur zahlung fällig. die bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein jahr, wenn nicht eine abbestellung zum 30. september vorliegt. ** der institutionelle jahresbezugspreis inkludiert online-zugriff für 1 standort. weitere informationen finden sie unter http://www.thieme-connect.de. 472 anästhesiol intensivmed notfallmed schmerzther 2017; 52