10 Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein Danach weiter zur Arbeit, ab an den Schreibtisch. »Ach, die Teilzeit- kollegen treffen auch ein«, tönt es vom Nachbarschreibtisch. Das antrainierte Lächeln kommt zum Einsatz, PC an, ach Mist, heute ja noch gar nichts gefrühstückt, Joghurt aus der Tasche, beim E-Mails- Checken nebenher essen und bloß nicht auf die Tastatur kleckern. »Typisch, fast zu spät kommen und dann als Erstes gleich mal Früh- stückspause«, kommt es vom geliebten Kollegen einen Schreibtisch weiter. E-Mails, Meetings, mittags nebenher am Computer einen Salat hinunterschlingen, im Kopf die Einkaufsliste notieren, zähneknir- schend noch die Kopien für den Kollegen miterledigen (schon wieder nicht geschafft, Nein zu sagen) und dann mal wieder auf den letzten Drücker in den Kindergarten schneien, die vorwurfsvollen Blicke der Erzieherinnen ignorierend. »Haben Sie die fünf Euro für den Ausflug morgen dabei?« Total verges- sen! Man kann doch nicht alles im Kopf haben. Wann waren Sie das letzte Mal am Geldautomaten? Zu lange her, das Portemonnaie ist leer. »Gestern hatten Sie das Geld auch schon nicht dabei.« Stimmt, und vorgestern auch nicht. Beim Kindanziehen noch schnell den Post- It »Bitte neue Windeln mitbringen« von der Garderobe einstecken, da- mit Sie morgen auch wirklich daran denken. Hing der Zettel nicht ges- tern auch schon da?! »Und denken Sie dran, morgen müssen die Kin- der schon um acht hier sein«, ruft die Erzieherin Ihnen noch hinterher, als Sie endlich nach Hause gehen. Der Ausflug, das hätten Sie fast ver- gessen. Dafür müssen Sie morgen ja auch noch eine Getränkeflasche extra einpacken. Das muss jetzt auch noch irgendwo abgespeichert werden, in den Ge- hirnwindungen zwischen der Einkaufsliste, den fünf Euro für den Aus- flug und den Windeln, während die Kinder von ihrem Tag berichten und sich streiten, wer anfangen darf. Der Nachmittag geht so weiter. Irgendjemand will immer etwas von Ihnen. »Mama, kannst du mal?« in der Dauerschleife. Sobald Sie sich hinsetzen und einmal nichts tun, können Sie sich sicher sein, dass eines Ihrer Kinder etwas braucht, dem anderen einen Baustein über die Rübe zieht oder in die Hose gepinkelt hat. Und je fortgeschrittener der Nachmittag, umso quenge-