ich will kein graues rhino mehr sein 19 tag 1: sie müssen sich ändern wollen freitag, der 20. januar 2012: mein »so geht es nicht mehr weiter«-moment. der tag fing schrecklich an und fand ein besonderes ende. diesen tag werde ich nie vergessen. der erste tag in meinem neuen leben, der startschuss sozusagen. james war fünf jahre alt, edward drei- einhalb, andrew zwei und mac gerade sechs monate. ich war 34 und rastete viel, viel öfter aus, als ich es zu dieser zeit vor irgendjemandem zugegeben hätte. ich hatte mac gerade für sein vormittagsschläfchen hingelegt, seine brüder leise zusammenge- trommelt und mit nach oben genommen, um dort abzupumpen. ich hatte zugeschlos- sen, damit die jungs nicht abhauen konn- ten, setzte mich an die pumpe und hoffte inständig, dass ich damit durch war, bevor der erste streit zu schlichten wäre, der ja unweigerlich aufkommt, wenn man für zehn minuten in einem raum eingesperrt ist. nach einer »traumhaften« nacht (nicht nur einer meiner söhne hatte eine schlechte nacht gehabt, auch nicht zwei, sondern drei) war meine toleranzgrenze für blödsinn so niedrig wie noch nie. es dauerte keine halbe minute, bis die jungs die ersatzteile der pumpe fanden – die ersatzschläuche, den kolben der krankenhauspumpe, die zusätz- lichen brusthauben. bevor ich irgendetwas tun konnte, war das zimmer ein schlacht- feld. die jungs brüllten herum (warum sollte man denn während der schlafenszeit seines bruders auch leise sein?!), einer wedelte mit den schläuchen, als wären es nunchacku, der andere nutzte den kolben als schwert und der dritte warf mit brusthauben um sich. sie gingen in ihrem spiel richtig auf, es wurde wilder und lauter, sie tobten auf dem bett – ja, auf dem bett, das ich gerade erst gemacht hatte und das nun natürlich wieder zerwühlt war. na klasse. ich wollte ausflippen. ich wollte, dass dieser wahnsinn einfach nur aufhörte. ich wollte doch nur zehn minuten ruhe! war das denn zu viel verlangt? okay, blöde frage. ich bat meine kinder freundlich, damit aufzuhören, sich im schni-schna-schneider- sitz hinzusetzen und mir zu sagen, was sie gern tun würden. ich versuchte, ihnen ein buch vorzulesen. verdammt, ich probierte doch wirklich alles, was man so las, um nicht durchzudrehen, wie es leicht bei mir der fall ist, wenn mir einfach alles zu viel wird. es funktionierte natürlich nichts und da ich ja an dieser blöden pumpe festhing, konnte ich auch nicht einfach aufstehen und dazwischengehen. nein, ich konnte auch nicht galant zu ihnen gehen, mich hinknien, blickkontakt aufnehmen, ihnen sanft eine hand auf die schulter legen und in einfachen worten erklären, dass sie sofort aufhören sollten, denn sonst würde mami gleich so richtig an die decke gehen. sie wissen schon, eben das, was in allen ratgebern steht – natürlich nicht das mit dem »an die decke gehen«, aber der rest. ich bat sie erneut ganz höflich, damit aufzuhören, dann noch einmal, aber sie beachteten mich gar nicht (glaubt man denn so was?). also tat ich, was ich eben tun konnte. ich tat das, von dem ich wusste, wie es geht. ich tat, was ich immer tat, wenn meine kin- der mich zur weißglut trieben. ich schrie sie an. 291950101.indd 19 20.01.2017 07:33:18